Spruch
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Deutschland, vertreten durch AUSTROLAW Sommerbauer Dohr Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2025, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , betreffend Spruchpunkt III. - Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - zu Recht erkannt:
A)
I. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III.) des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen.
III.Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 16.07.2025 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde im Wege der Rechtsvertretung innerhalb offener Frist vollinhaltlich Beschwerde erhoben. Der BF führte unter anderem aus, dass die Gefährlichkeitsprognose nicht nachvollziehbar sei. Der von der Behörde angenommene Verdacht erscheine nicht ausreichend. Der BF verfüge zudem über ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich, da er hier seit 3 Jahren selbständig sei. Nebst Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Stattgebung der Beschwerde werde unter anderem beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
3. Am 13.08.2025 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Identität und ist deutscher Staatsangehöriger. Er leidet an keiner lebensbedrohenden Erkrankung und ist erwerbsfähig.
1.2. Von XXXX .2023 bis XXXX .2025 war der BF mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Derzeit verfügt er über keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet. Als Wohnsitzadresse nannte der BF eine Adresse in Deutschland.
1.3. Er verfügt in Österreich über 4 Gewerbeberechtigungen (Reparatur von Teppichen, Reinigen von Polstermöbel und nicht fest verlegten Teppichen, Handelsgewerbe und Hausbetreuung). Der BF hat im Zeitraum 01.09.2023 bis 01.06.2025 SV-Beiträge nach dem BSVG, GSVG bzw FSVG nicht entrichtet.
1.4. Es besteht der dringende Verdacht, dass der BF in Österreich wiederholt straffällig geworden ist. Es wurden folgende Abschlussberichte gegen den BF erstattet:
- Abschlussbericht einer Polizeiinspektion (PI) vom 23.06.2023 wegen des Verdachts der Erpressung und gefährlicher Drohung
- Abschlussbericht einer PI vom 21.07.2023 des Verdachts der versuchten Erpressung und des Betruges
- Abschlussbericht einer PI vom 05.03.2025, Verdacht des Sachwuchers und Betruges
- Abschlussbericht einer PI vom 16.03.2025, Verdacht des Sachwuchers
1.5. Der BF ist in Österreich derzeit unbescholten, es wurde von der Staatsanwaltschaft gegen ihn am 09.07.2025 eine Anklage wegen des Verdachts der §§ 146, 147 Abs 2 StGB erhoben. Ein Verhandlungstermin ist noch nicht feststehend.
1.6. Ein Verfahren gegen den BF zu einem anderen Faktum wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
1.7. Es ist nicht hervorgekommen, dass der BF in Österreich über Angehörige verfügt.
2. Beweiswürdigung:
Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die unter II. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt.
Herangezogen wurden weiters Registerabfragen aus dem ZMR, AJ-WEB, SV-Register, Gewerberegister, Strafregister, etc.
Die Feststellungen zu den Abschlussberichten ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Diesen zufolge stand der BF im Verdacht, dass er im Zuge seiner beruflichen Tätigkeit als reisender Selbständiger von einem Kunden mit gefährlicher Drohung die Herausgabe von 10.000,00 Euro und später die Herausgabe von 50.000,00 Euro erpresst habe. Weiters bestand der Verdacht, er habe damit gedroht, die Familie des Opfers umzubringen. In einem anderen Fall besteht der Verdacht, der BF habe Teppiche nicht ordnungsgemäß gereinigt und später vom Opfer Goldschmuck im Wert von ca 6.000,00 Euro herausgelockt. In einem weiteren Fall wurde der BF wegen des Verdachts des Sachwuchers zur Anzeige gebracht. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Sachverhalte in den genannten Fällen sehr ähnlich gelagert sind, obwohl die Abschlussberichte von verschiedenen Polizeiinspektionen stammen. In den meisten Fällen machte der BF von seinem Recht auf Verweigerung der Aussage Gebrauch.
Aus dem ZMR ergibt sich die Wohnsitzmeldung des BF im Inland. Es ist aus dem ZMR auch ersichtlich, dass der BF derzeit keinen Wohnsitz im Inland hat.
Die Anklageerhebung gegen den BF ergibt sich aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 09.07.2025.
Der BF brachte in der Beschwerde ein schützenswertes Privat- und Familienleben vor, da er in Österreich seit drei Jahren selbständig erwerbstätig sei. Nahe Angehörige des BF sind im Bundesgebiet nicht aufhältig, ein Familienleben iSd Art 8 EMRK konnte nicht festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides
Die vollinhaltliche Beschwerde richtet sich (auch) gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.
Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (Spruchpunkt A.I.).
Mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen das mit Spruchpunkt I. ausgesprochene Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten, vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.
Solche Gründe liegen hier nicht vor. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Bundesrepublik Deutschland) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG. Es steht außer Zweifel, dass der BF (auch) in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann.
Es ist der Beschwerde dahingehend zwar zuzustimmen, dass der BF in Österreich derzeit noch unbescholten ist. Eine strafgerichtliche Unbescholtenheit ist jedoch – im Einklang mit höchstgerichtlicher Judikatur - nicht damit gleichzusetzen, dass von einem Fremden keine Gefährdung ausgeht. Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle der Umstand, dass gegen den BF eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht wurde und hier eine Hauptverhandlung ausständig ist. Der BF steht demnach im dringenden Tatverdacht des wiederholten Sachwuchers und des Betruges. Im Lichte der Abschlussberichte verschiedener Polizeidienststellen steht daher im Raum, dass der BF im Zuge seiner mobilen Erwerbstätigkeit offenbar an verschiedenen Orten im Bundesgebiet Straftaten gegen fremdes Vermögen verwirklicht hat. Delikte wie diese berühren die Grundinteressen der Gesellschaft und zeigen zudem einen mangelnden Respekt vor den österreichischen Gesetzen.
Unter Berücksichtigung aller Umstände ist daher das Bestehen einer aktuellen, tatsächlichen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu bejahen. Aus diesem Grund ist die Gefährlichkeitsprognose des BFA nicht zu beanstanden.
Der BF hatte sowohl im Parteiengehör als auch in seiner Beschwerde die Möglichkeit, ein mögliches Privat- und Familienleben darzulegen. Das Bestehen eines Familienlebens ist mangels entsprechender Vorbringen oder Feststellungen zu verneinen. Das Vorbringen des BF bezog sich vorrangig darauf, dass er in Österreich selbständig berufstätig sei. Derzeit verfügt der BF in Österreich über keinen Wohnsitz mehr.
Die privaten und beruflichen Interessen des BF müssen angesichts der Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit jedoch in den Hintergrund treten. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.
Hinsichtlich einer möglichen Verhandlungsteilnahme vor Gericht darf auf die Bestimmungen des § 27a FPG verwiesen werden, wonach für diese Fälle eine Wiedereinreisegenehmigung erteilt werden kann.
In der Gesamtheit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III.) des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen (Spruchpunkt A.II.) und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuzuerkennen (Spruchpunkt A.III.).
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung Im gegenständlichen Fall konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.
3.3. Zu B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, und von der für den Fall zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.