JudikaturBVwG

W117 2316546-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
12. August 2025

Spruch

W117 2316546-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX StA. Syrien, vertreten durch den Verein „Asyl in Not – Unterstützungskomitee für politisch verfolgte Ausläner*innen“, A-1100 Wien, Sibeliusstraße 5/1/R01, dieser vertreten durch Max Markom, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2025, Zahl: 1289181709-250011168, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 03.01.2025 mitgeteilt, dass am 03.01.2025 ein Aberkennungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten eingeleitet worden sei, weil sich aufgrund des Regimewechsels in Syrien die Umstände bzw. Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Schutzstatus geführt haben, wesentlich geändert hätten. Das BFA hole aktuell Informationen zur allgemeinen Lage in Syrien ein und werde den Beschwerdeführer dann auffordern, dazu und zu seinen persönlichen Umständen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer müsse auf dieses Schreiben weder antworten noch mit der Behörde in Kontakt treten. Das Schreiben enthält den Hinweis, dass der Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Beendigung oder der Einstellung des Aberkennungsverfahrens jedenfalls zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

2. Am 14.05.2025 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Einstellung des Aberkennungsverfahren und wies daraufhin, dass sich die Sicherheitslage in Syrien keinesfalls wesentlich und dauerhaft verändert habe.

3. Mit Bescheid vom 13.06.2025 wies das BFA den Antrag auf Einstellung des am 03.01.2025 eingeleiteten Aberkennungsverfahren zurück.

4. Am 11.06.2025 wurde beim BFA Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.06.2025 eingebracht. In der Beschwerde wurde zusammengefasst vorgebracht, dass schon die Einleitung des Aberkennungsverfahrens Eingriffe in die Rechtspositionen des Beschwerdeführers mit sich bringen würde. Das anhängige Aberkennungsverfahren bedeute für den Beschwerdeführer ein Erteilungshindernis im Verfahren zur Zusammenführung mit seinen Familienangehörigen. Darüber hinaus ergibt sich auch durch die mittlerweile erschienenen Analysen der Staatendokumentation sowie weiterer Quellen keine Situation in Syrien, welche eine Einleitung eines Aberkennungsverfahrens rechtfertigen würde.

5. Die Beschwerde wurde dem BVwG am 25.07.2025 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Schreiben des BFA vom 03.01.2025 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 2a AsylG 2005 mitgeteilt, dass mit 03.01.2025 ein Aberkennungsverfahren gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten eingeleitet worden sei.

Mit Schriftsatz vom 14.05.2025 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers sowie der Verfahrensgang ergeben sich zweifelsfrei und unbestritten aus dem vorliegen Verwaltungsakt im Zusammenhang mit der gegenständlichen Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde

Zum Antrag auf Einstellung des Aberkennungsverfahrens:

Zunächst ist festzuhalten, dass im AsylG 2005 kein Recht auf Einstellung eines eingeleiteten Aberkennungsverfahrens normiert ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum rechtlichen Interesse an der bescheidmäßigen Feststellung der Einstellung eines Verfahrens ausgesprochen, dass ein solches Interesse zu verneinen sei, wenn erst durch die Bescheiderlassung im amtswegig eingeleiteten Verfahren ein Eingriff in die Rechtsposition der Partei erfolgt (vgl. VwGH 31.01.2001, 98/09/0159; 04.05.2023, Ra 2023/09/0014).

Im gegenständlichen Antrag macht der Beschwerdeführer in der Begründung des Einstellungseintrags geltend, dass durch den Rechtsakt der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens in sein unionsrechtlich gewährleistetes Recht auf Familienzusammenführung eingegriffen und über ein den Beschwerdeführer betreffendes Rechtsverhältnis abgesprochen werde. Die Einleitung des Aberkennungsverfahrens würde dem Beschwerdeführer nämlich die Eigenschaft nehmen, als Bezugsperson im Verfahren zur Erteilung von Einreisetiteln für seine Familienangehörigen zu fungieren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung darstellt, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck für die nachziehenden Personen nach Einreise in das Bundesgebiet ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 zu eröffnen und ihnen denselben Schutz dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zukommt, zu gewähren. Die Familienzusammenführungs-RL hat nicht zum Regelungsinhalt, wann einem Familienangehörigen eines anerkannten Flüchtlings ebenfalls der Flüchtlingsstatus zuzuerkennen ist, sondern enthält nur Vorgaben dazu, unter welchen Voraussetzungen einem Familienangehörigen ein für den Zweck der Familienzusammenführung vorgesehener Aufenthaltstitel zu erteilen ist. Sofern sich eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 als nicht möglich erweist, steht es einem Antragsteller frei, einen anderen Weg im Rahmen weiterer ebenfalls die Familienzusammenführungs-RL umsetzender Vorschriften zu beschreiten, um die Familienzusammenführung zu erreichen. Insbesondere ist hier § 46 NAG zu erwähnen, der im Rahmen der Familienzusammenführung die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglicht, wenn der Zusammenführende Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt (§ 46 Abs 1 Z 2 lit c NAG). Dass einem Drittstaatsangehörigen die Zuerkennung desselben Schutzstatus wie dem bereits in Österreich lebenden Fremden versagt bleibt, kann somit von vornherein nicht zur Verletzung der Familienzusammenführungs-RL führen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0218, Rz 37-39).

Der Beschwerdeführer ist trotz Einleitung des Aberkennungsverfahrens hinsichtlich des Status des Asylberechtigten bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens Asylberechtigter und steht ihm und seinen Familienangehörigen deshalb auch § 46 Abs. 1 Z 2 lit c NAG für die Zwecke der Familienzusammenführung zur Verfügung.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass obgleich das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Aberkennungsverfahren dazu führt, dass das BFA im Verfahren auf Erteilung von Einreisetiteln keine positive Mitteilung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Stattgabe der Anträge auf internationalen Schutz seiner Familienmitglieder abgeben darf, damit noch kein absoluter Verlust der Möglichkeit der Familienzusammenführung einhergeht. Im Falle einer Einstellung des Aberkennungsverfahrens seitens des BFA oder dem rechtskräftigen Abschluss des Aberkennungsverfahrens zugunsten des Beschwerdeführers steht den Familienangehörigen jedenfalls eine erneute Antragstellung auf Erteilung von Einreisetiteln offen.

In einer Gesamtbetrachtung ist somit nicht zu erkennen, dass bereits durch die Einleitung des Aberkennungsverfahrens hinsichtlich des Status des Asylberechtigten in die Rechtspositionen des Beschwerdeführers eingegriffen wird. Eine Antragslegitimation liegt dementsprechend nicht vor und wurde der Antrag auf Einstellung des eingeleiteten Aberkennungsverfahrens vom BFA zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision somit gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.