JudikaturBVwG

W118 2311620-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Umweltrecht
08. Juli 2025

Spruch

W118 2311620-1/26Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gernot ECKHARDT und die Richterinnen Mag. Katharina DAVID und Dr. Barbara WEISS als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , vom 01.06.2025 gegen den Bescheid der XXXX Landesregierung vom XXXX , betreffend die Erteilung der Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens XXXX beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird wegen Verspätung zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 12.05.2023 beantragten die XXXX und die XXXX (im Folgenden: Projektwerberinnen), beide vertreten durch die ONZPARTNER Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Vorhabens XXXX nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000).

2. Die Niederösterreichische Landesregierung (im Folgenden: belangte Behörde) leitete unter Einbindung einer Mehrzahl an Sachverständigen eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im vereinfachten Verfahren ein.

3. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wurde den Projektwerberinnen mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25.03.2025 unter Festsetzung einer Vielzahl von Auflagen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens XXXX nach dem UVP-G 2000 erteilt.

4. Gegen diesen Bescheid wurde von einer Mehrzahl von Personen, zwei davon vertreten vom Vertreter der hier gegenständlichen Beschwerdeführerin, Beschwerde erhoben.

5. Im Rahmen einer Stellungnahme vom 01.06.2025 teilte der Vertreter der Beschwerdeführerin mit, dass er nunmehr auch diese, seine Tochter, vertrete. Diese sei Eigentümerin eines Grundstücks in der Standortgemeinde und als Anrainerin unmittelbar vom Vorhaben betroffen.

6. Nach Weiterleitung des Schreibens vom 01.06.2025 an die belangte Behörde legte diese das Schreiben mit eigenem Schreiben vom 14.06.2025 dem BVwG als Beschwerde vor und merkte an, die Beschwerde sei nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebracht worden.

7. Mit Schreiben des BVwG vom 16.06.2025 wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass die Beschwerdefrist am 13.05.2025 abgelaufen sei, weshalb aus aktueller Sicht davon auszugehen sei, dass die Beschwerde verfristet sei. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin nicht angegeben, in welchen subjektiven öffentlichen Rechten sie sich als potenzielle Nachbarin gefährdet bzw. belästigt sehe. Schließlich wurde die Vorlage einer Vollmacht aufgetragen. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurde eine Frist von einer Woche gesetzt.

Der angeführte Vorhalt wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 22.06.2025 zugestellt. Eine Stellungnahme ist in der vorgesehenen Frist nicht erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der XXXX Landesregierung vom XXXX , wurde den Projektwerberinnen die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens XXXX erteilt.

Die ediktale Zustellung des gegenständlichen Bescheids gemäß § 44a ff. AVG erfolgte mit Datum vom 01.04.2025. Konkret wurde das Edikt mit dem Hinweis auf die Auflage des Bescheids mit Datum vom 01.04.2025 in der NÖ Krone, im NÖ Kurier, auf der elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes sowie in den Amtlichen Nachrichten Niederösterreich (Amtsblatt) kundgemacht und der Bescheid bei der belangten Behörde sowie im Internet auf der Homepage der belangten Behörde zugänglich gemacht.

Der Genehmigungsantrag wurde auf dieselbe Weise kundgemacht. Im Bezug habenden Edikt wurde darauf hingewiesen, dass Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren (ebenfalls) durch Edikt vorgenommen werden können.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und erweisen sich als unbestritten. Im Akt liegen lückenlose Nachweise für die ediktale Kundmachung des Bescheides auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Senate, ausgenommen in Verfahren nach § 3 Abs. 7 leg. cit..

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Rechtliche Beurteilung:

a) Wesentliche Rechtsgrundlagen in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung:

„Großverfahren

§ 44a. (1) Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;

2. eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;

3. den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;

4. den Hinweis, daß die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.“

„§ 44f. (1) Ist der Antrag gemäß § 44a Abs. 1 kundgemacht worden, so kann die Behörde Schriftstücke durch Edikt zustellen. Hiezu hat sie gemäß § 44a Abs. 3 zu verlautbaren, daß ein Schriftstück bestimmten Inhalts bei der Behörde zur öffentlichen Einsicht aufliegt; auf die Bestimmungen des Abs. 2 ist hinzuweisen. Mit Ablauf von zwei Wochen nach dieser Verlautbarung gilt das Schriftstück als zugestellt.

(2) Die Behörde hat das Schriftstück während der Amtsstunden mindestens acht Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Sie hat den Beteiligten auf Verlangen Ausfertigungen des Schriftstückes auszufolgen und den Parteien auf Verlangen unverzüglich zuzusenden. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten hat sie das Schriftstück im Internet bereitzustellen.“

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 26/2023:

„Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis

§ 19. (1) Parteistellung haben

5. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;

6. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z 1 Parteistellung zukommt;

7. der Umweltanwalt gemäß Abs. 3;

8.das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zur Wahrnehmung der wasserwirtschaftlichen Interessen gemäß §§ 55, 55g und 104a WRG 1959;

9. Gemeinden gemäß Abs. 3;

10. Bürgerinitiativen gemäß Abs. 4;

11. Umweltorganisationen, die gemäß Abs. 7 anerkannt wurden und

12. der Standortanwalt gemäß Abs. 12.

[…].“

b) Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 44a Abs. 1 AVG kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen, sofern an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt sind (Großverfahren).

Von dieser Möglichkeit hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht und im Rahmen der ediktalen Kundmachung des Genehmigungsantrags darauf hingewiesen, dass die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren (ebenfalls) durch Edikt vorgenommen werden können (§ 44a Abs. 2 Z 4 AVG).

Wird ein Schriftstück im Rahmen eines Großverfahrens ediktal zugestellt, gilt das Schriftstück gemäß § 44f Abs. 1 AVG mit Ablauf von zwei Wochen nach dieser Verlautbarung als zugestellt.

Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Bescheid mit Datum vom 01.04.2025 ediktal kundgemacht. Damit galt der Bescheid mit Datum vom 15.04.2025 als zugestellt.

Die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG ist dementsprechend mit dem 13.05.2025 abgelaufen. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 01.06.2025 erweist sich somit als verfristet. Auf einen Verspätungsvorhalt hat die Beschwerdeführerin nicht reagiert.

Der Vollständigkeit halber kann darauf hingewiesen werden, dass die Beschwerde gerade noch den Mindestanforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 VwGVG entspricht. In Anbetracht der klaren Verfristung sowie in Anbetracht des Umstandes, dass der Vertreter der Beschwerdeführerin Jurist ist und in seinen Schreiben umfangreich juristisch argumentiert, wäre – die wirksame Vollmachtserteilung unterstellt – aber zu erwägen, ob nicht das Rechtsmittel auch als solches zurückzuweisen wäre; vgl. idZ etwa VwGH 29.05.2018, Ra 2018/20/0059.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Rechtslage eindeutig ist und die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des VwGH abweicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.