Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Gambia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.03.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise ins Bundesgebiet am 17.03.2016 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, den er in der Erstbefragung wie folgt begründete: „Weil ich schwul bin und das wird in Gambia nicht geduldet. Ich wurde am Strand bei schwulem Sex erwischt und ins Gefängnis gesteckt.“
Mit Bescheid vom 02.06.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich Asyl und subsidiären Schutz ab, erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, erließ eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot für die Dauer von zehn Jahren und stellte fest, dass die Abschiebung nach Gambia zulässig sei. Ferner wurde festgestellt, dass er sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 07.11.2016 verloren hat.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 01.08.2018, GZ: W159 2200380-1/8E, als verspätet zurück.
2. Nach Abschluss des ersten Asylverfahrens verblieb der Beschwerdeführer im Bundesgebiet und stellte am 27.05.2019 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am 29.06.2024 begründete er seinen Asylantrag damit, dass seine alten Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien.
Er sei bisexuell und verlobt. Sein Verlobter (damit entsprechend seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vom 12.03.2025 gemeint seine – seit Oktober oder November 2023 - Verlobte) wohne hier in Österreich. Homosexualität sei in Gambia streng verboten. Das seien alle Gründe.
3. Am 12.03.2025 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.
Zu seinen Gründen für seinen aktuellen Asylantrag erstattete er folgendes Vorbringen:
„In Afrika wird die Homosexualität nicht akzeptiert. Mein Leben wäre in Gefahr wenn ich zurückkehren müsste. Ich war zuvor Moslem. Aber ich bin kein gläubiger mehr. Ich glaube nicht mehr an die Religion. Für mich bedeutet die Religion Trennung und ich glaube nicht daran. Wenn ich in mein Land zurückkehren müsste wäre mein Leben in Gefahr von Seiten der Regierung und von meiner Familie. Ich bin also hierhergekommen um internationalen Schutz zu bekommen um mein Leben zu retten. Mein Leben ist dort in Gefahr.“
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.05.2019 hinsichtlich Asyl sowie subsidiären Schutz wegen entschiedener Sache zurück und erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz.
5. Dagegen richtet sich die im vollen Umfang erhobene Beschwerde vom 28.03.2025.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Gambia und gehört der Volksgruppe der Mandinka an.
Er leidet aktuell an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, nimmt keine Medikamente ein und befindet sich nicht in ärztlicher Behandlung.
Im Jahr 2016 reiste der Beschwerdeführer unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und stellte am 17.03.2016 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamts vom 02.06.2018 abgewiesen wurde.
Seinen ersten Asylantrag begründete er im Wesentlichen damit, er sei homosexuell.
Im gegenständlichen Asylverfahren brachte er vor, er sei bisexuell, in Gambia sei Homosexualität verboten und er sei nicht mehr Moslem bzw. glaube nicht mehr an die Religion.
In Bezug auf die Situation in Gambia trat nach dem ersten Asylverfahren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides keine wesentliche Änderung, welche den Beschwerdeführer konkret und individuell betrifft, ein.
Ebenso wenig liegt eine entscheidungswesentliche Änderung in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers und der Rechtslage vor.
1.2. Zur (auszugsweise wiedergegebenen) Lage im Herkunftsstaat (mit Angabe der Quellen), soweit sie für den vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz sind:
4. Sicherheitslage
Es bestehen anhaltende Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit transnationalen Akteuren in Gambia. Dazu gehört der immer noch schwelende Konflikt in der benachbarten Casamance. Erst im November 2020 soll die wichtigste Rebellengruppe, der Casamance (MFDC) Gambia mit einem Angriff gedroht haben, falls das Land die Bemühungen Senegals in der Region unterstützen würde (BS 2022).
Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage hat die Kriminalität zugenommen. Kleinkriminalität wie Taschendiebstahl und Handtaschenraub, aber auch gewalttätige Überfälle sind keine Seltenheit (BMEIA 24.7.2023). Aber auch die grenzüberschreitende Kriminalität stellt ein Problem dar. In den letzten Jahren kam es in Gambia zu mehreren erheblichen Drogenbeschlagnahmungen (BS 2022).
Letztlich ist Gambia zwar vom islamistischen Terror verschont geblieben (BS 2022; vgl. BMEIA 24.7.2023, AA 18.9.2023), dies kommt jedoch in der Region vor und die Terrorismusbekämpfung ist Teil des laufenden Reformprogramms für den Sicherheitssektor (BS 2022). Angesichts der unsicheren Lage in anderen Regionen Westafrikas kann aber auch für Gambia ein „Spill-Over“ - Effekt bzw. ein Anschlagspotenzial nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 24.7.2023; vgl. AA 18.9.2023).
So kam es am 12.9.2023 zu einem Attentat auf Polizeibeamte durch zwei UDP-Mitglieder; die Regierung stufte diesen Angriff, bei dem zwei Polizisten getötet und ein weiterer schwer verletzt wurden, als Terroranschlag ein. Der mutmaßliche Hauptverdächtige habe inzwischen gestanden, ein vormaliges Mitglied der senegalesischen Bewegung demokratischer Kräfte in Casamance (MFDC) zu sein (BAMF 25.9.2023). Die Mitglieder griffen die Beamten tödlich an, sodass der Angriff durch die Regierung als Terroranschlag eingestuft wurde (Garda 25.4.2022). Es wird von zunehmenden bewaffneten Raubüberfällen, Banditentum und Morden berichtet (BS 2022). Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage sind Kleinkriminalität, aber auch gewalttätige Überfälle in Gambia keine Seltenheit mehr. Es finden außerdem häufig Demonstrationen zu verschiedenen lokalen und nationalen politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Themen statt (Garda 25.4.2022). Es gibt Berichte über übermäßige Gewaltanwendung der Polizei gegen Demonstranten (BS 2022). Während die meisten dieser Versammlungen friedlich verlaufen, kam es zwischenzeitlich zu polizeilichem Einsatz durch ungenehmigte Fortsetzung von Protesten (FH 2023). Zwar sind erhebliche Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie zu verzeichnen, doch wächst die Unzufriedenheit über die Unfähigkeit der Regierung, die Sicherheit aufrechtzuerhalten (GOCI 2023).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.9.2023): Gambia: Reise und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/gambiasicherheit/213624#content_1, Zugriff 3.11.2023AMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (25.9.2023): Briefing Notes, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28971178/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_KW_39%2C_25.09.2023.pdf?nodeid=28971179 vernum=-2, Zugriff 17.11.2023
- BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (24.7.2023): Gambia, Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/gambia, Zugriff 3.11.2023
- BS - Bertelsmann Stuftung (2022): BTI Gambia Country Report 2022, https://bti-project.org/en/reports/country-report/GMB#pos3, Zugriff 13.11.2023
- FD - France Diplomatie [France] (15.10.2023): Gambia, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/gambie/#securite, Zugriff 3.11.2023
- FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023
- Garda - Garda World (25.4.2022): Gambia Country Report https://crisis24.garda.com/insights-intelligence/intelligence/country-reports/gambia?origin=de_riskalert, Zugriff 13.11.2023
- GOCI - Global Organized Ctrime Index (2023): Gambia country Profile, https://ocindex.net/assets/downloads/2023/english/ocindex_profile_gambia_2023.pdf, Zugriff 3.11.2023
11. Allgemeine Menschenrechtslage
Während unter der Regierung Jammeh willkürliche Rechtsverletzungen üblich waren, hat die neue Regierung unter Präsident Barrow sich zum umfassenden Schutz der Menschenrechte bekannt (AA 12.1.2022). Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert (USDOS 20.3.2023). Die Nationale Menschenrechtskommission ist ein unabhängiges Regierungsgremium, das für die Verbesserung der Menschenrechtsstandards im Lande und die Förderung einer Kultur der Achtung der durch die Rechtsstaatlichkeit geschützten Rechte und Freiheiten zuständig ist (USDOS 20.3.2023).
Das Büro des Ombudsmanns unterhält eine nationale Menschenrechtseinheit (NHRU) mit dem Auftrag, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen und gefährdete Gruppen zu unterstützen (USDOS 20.3.2023).
Unter der Regierung Barrow haben die Menschen in Gambia mehr Freiheit, ihre politischen Ansichten zu äußern. Die nach wie vor geltenden Gesetze gegen Volksverhetzung könnten jedoch genutzt werden, um Kritik an der Regierung zu kriminalisieren, auch in den sozialen Medien (FH 2023).
Auch ist der Schutz des Rechts auf Privatsphäre begrenzt und die Überwachung von Informations- und Kommunikationstechnik bleibt, aufgrund der rechtlichen und technologischen Rahmenbedingungen problematisch. Weiterer Kritikpunkt ist die Strafbewährung für einvernehmliche homosexuelle Handlungen (AA 12.1.2022).
Menschenrechtsverletzungen die im Land außerdem auftreten sind Menschenhandel, Genitalverstümmelungen und mangelhafte Haftbedingungen (AA 12.1.2022).
Die Verfassung garantiert die Versammlungsfreiheit, aber das Public Order Act (POA) verlangt von Veranstaltungsorganisatoren, für öffentliche Versammlungen eine polizeiliche Genehmigung einzuholen (FH 2023). Dennoch geht die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen Demonstrierende vor. Sowohl das Gambia Centre for Victims of Human Rights Violations als auch die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) verurteilten die übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei, und die NHRC forderte den Generalinspektor der Polizei auf, die Umsetzung der Leitlinien der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker für die Kontrolle von Versammlungen durch Vollzugsbeamte in Afrika sicherzustellen (AI 28.3.2023).
Die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) fordert in ihrem Jahresbericht 2022 eine Änderung von Art. 5 des geltenden Gesetzes über die öffentliche Ordnung von 1961 (Public Order Act, POA), der die Grundrechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit einschränkt. Zudem erinnert sie die Regierung des Weiteren, Maßnahmen zur Förderung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu ergreifen und die Kapazitäten, Schulung zu Methoden und Ausbildung der Sicherheitskräfte im Bereich der Kontrolle von Menschenmengen zu verbessern. Besonders da 21 % der im Jahr 2022 eingegangenen Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen sich gegen die nationalen Sicherheitskräfte wie die Polizei, die Armee sowie die Drogen- und Einwanderungsbehörden richtete (BAMF 30.6.2023).
Wesentliche Fortschritte betreffen die Verbesserung des Umfelds für Medien und die damit einhergehende Wiederansiedlung von Medieninstitutionen, die Aufhebung mancher restriktiver Gesetze durch den Obersten Gerichtshof, die Verringerung von Belästigungen und Einschüchterungen von Journalisten sowie Verbesserungen der Meinungsfreiheit im Internet. Die Beschränkungen des Internets haben seit der Amtsübernahme Barrow’s stark abgenommen, und zuvor geblockte Webseiten der Opposition, Apps und Kommunikationsplattformen und soziale Netzwerke sind wieder zugänglich (ÖB 19.4.2023). Gemäß RSF-Korrespondent in Gambia, hat das Land in diesem Jahr erhebliche Fortschritte im World Press Freedom Ranking gemacht. Er betont das Fehlen willkürlicher Verhaftungen, Folter, Töten oder Verbrennen von Medienhäusern oder Büros ist, weil Journalisten ihren Job oder Beruf ausüben und fügt hinzu, dass die Situation der Journalisten in Gambia „jetzt viel besser“ sei als in der Jammeh-Ära (TSN 4.5.2023). Dennoch sind nach wie vor eine Reihe von Gesetzen in Kraft, die die Meinungsfreiheit einschränken - Medienunternehmen wurden willkürlich suspendiert, und Journalisten wurden im Rahmen ihrer Arbeit gelegentlich verhaftet oder tätlich angegriffen (FH 2023).
Die Regierung betreibt eine Null-Toleranz-Politik gegenüber allen Formen des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, und bekräftigt das stetige Engagement der Regierung für Prävention, Schutz und strafrechtliche Verfolgung jeglicher Fälle des Menschenhandels (BAMF 30.6.2023). Die Regierung wird für ihre Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels gelobt, erfüllt jedoch noch nicht alle Mindeststandards, da die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie die Kapazitäten der Regierung beeinträchtigt haben. Zu den Bemühungen der Regierung gehört, dass mehr Opfer identifiziert wurden, und Beamte wurden in Bezug auf Verfahren zur Identifizierung von Opfern geschult. Allerdings erhielt das Personal in staatlichen Unterkünften keine spezifische Ausbildung, und den mit der Bekämpfung des Menschenhandels beauftragten Behörden fehlt es weiterhin an Ressourcen (USDOS 8.6.2023).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty Report Gambia 2022, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/gambia-2022, Zugriff 10.11.2023
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (30.6.2023): Briefing Notes Zusammenfassung Gambia, Kurzüberblick zu aktuellen Entwicklungen (Jänner bis Juni 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28833665/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes_Zusammenfassung_%E2%80%93_Gambia%2C_Januar_bis_Juni_2023%2C_30.06.2023_DEU.pdf?nodeid=28863014 vernum=-2, Zugriff 17.11.2023
- ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023
- TSN - The Standard Newspaper (4.5.2023): ‘Gambia makes significant progress in press freedom ranking’, https://standard.gm/gambia-makes-significant-progress-in-press-freedom-ranking/, Zugriff 15.11.2023
- USDOS - United States Department of State (8.6.2023): 2023 Trafficking in Persons Report: The Gambia, https://www.state.gov/reports/2023-trafficking-in-persons-report/the-gambia, Zugriff 17.11.2023
- USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023
15. Religionsfreiheit
Die gambische Bevölkerung ist zu 90-95 % muslimisch (die Mehrheit ist sunnitisch), etwa 5-10 % bekennen sich zum Christentum. Die Gesellschaft ist traditionell religiös tolerant (AA 12.1.2023). Nach Aussage des Präsidenten Barrow ist Gambia eine säkulare Gesellschaft, in der Angehörige aller Religionen ihre Religion frei ausüben können (USDOS 15.5.2023). Die verschiedenen Ethnien sowie Religionen können friedlich Koexistieren (ÖB 19.4.2023). Hochzeiten zwischen Christen und Muslimen sind geläufig. Religionsfreiheit ist in der Verfassung verankert. Die Verfassung verbietet religiöse Diskriminierung, die Einführung einer Staatsreligion und die Gründung von auf Religion basierender politischer Parteien. Manche Diskriminierungen bleiben jedoch weiter bestehen (AA 12.1.2023; vgl. ÖB 19.4.2023, USDOS 15.5.2023). Im April 2023 kam es zu einem Angriff auf eine christliche Kirche in Bakau, welche zu Verletzten führte (BAMF 30.6.2023). Aufgrund kultureller und geschlechtsspezifischer Normen müssen Frauen in der Regel zur Religion ihres Mannes konvertieren und alle Kinder in der Religion ihres Mannes aufziehen (USDOS 15.5.2023). Der Staat hat sowohl muslimische als auch christliche Feiertage zu staatlichen Feiertagen erklärt (AA 12.1.2023). Christliche Kirchenarbeit wird nicht behindert und ist öffentlich sichtbar. Religiöse Gruppen, die weniger als 1 % der Bevölkerung ausmachen, sind Ahmadi Muslime, Baha’is, Hindus und Eckankar Mitglieder oder Gemeinden, die Mischformen von indigenen Glauben und Islam und Christentum praktizieren. Muslime der Ahmadiyya-Gemeinschaft sind von Festlichkeiten der übrigen Muslime ausgeschlossen, und durch eine Fatwa des Obersten Islamischen Rates aus dem Jahr 2015 wird u.a. die Beerdigung auf muslimischen Friedhöfen weiterhin verwehrt (ÖB 19.4.2023).
Seit dem Regierungswechsel 2016 bzw. Anfang 2017 liegen keine Berichte über staatliche Einschränkungen der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Glaubensangelegenheiten oder in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe bzw. ihrem Sozialengagement vor. Zudem verpflichtete sich die Regierung von Präsident Barrow in ihrem Weißbuch vom 25.5.2022 zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen der TRRC u.a. dazu, den einflussreichen und quasi-staatlichen Obersten Islamische Rat (GSIC) zu reformieren, sowie Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Personen einschließlich des Altpräsidenten Jammeh einzuleiten, denen schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Angehörige der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft angelastet werden. Sheriff Abba Sanyang, derzeitiger Minister für Land, Lokalverwaltung und religiöse Angelegenheiten, erklärte Mitte 2022, dass Ahmadiyya-Glaubensangehörigen die gleichen Rechte zustehen wie anderen Bürgerinnen und Bürgern des Landes. Staatspräsident Barrow und der stellvertretende Parlamentssprecher würdigten zuletzt das starke Engagement der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Gambia, vor allem im Bereich der Bildung und Gesundheitsversorgung. Die Ahmadiyya-Gemeinde betreibt in Gambia Schulen und ein Krankenhaus. Dennoch geht aus Erkenntnisquellen hervor, dass auch nach Regierungsübernahme Barrows Diskriminierungen gegen Ahmadiyya-Glaubensangehörige bestehen bleiben. Der GSIC hat die Ahmadiyya weiterhin nicht in die muslimische Gemeinschaft integriert (BAMF 6.2023).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (30.6.2023): Briefing Notes Zusammenfassung Gambia, Kurzüberblick zu aktuellen Entwicklungen (Jänner bis Juni 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28833665/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes_Zusammenfassung_%E2%80%93_Gambia%2C_Januar_bis_Juni_2023%2C_30.06.2023_DEU.pdf?nodeid=28863014 vernum=-2, Zugriff 17.11.2023
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (6.2023): Länderanalyse: Kurzinformation Gambia – Lage der Ahmadiyya-Gemeinde, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093162/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Lage_der_Ahmadiyya-Gemeinde%2C_01.06.2023._%28Kurzinformation_-_%C3%B6ffentlich%29.pdf, Zugriff 15.11.2023
- ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023
- USDOS - United States Department of State [USA] (15.5.2023), 2022 Report on International Religious Freedom: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091923.html, Zugriff 20.11.2023
17.3. Homosexuelle/Sexuelle Minderheiten
Nach dem gambischen Strafgesetzbuch (1934) sind sexuelle Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Erwachsenen im Privaten nach Artikel 144 ("unnatürliche Straftaten") kriminalisiert und können mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden (UKHO 2.2023; vgl. AA 12.1.2022). Der im Oktober 2014 in Kraft getretene Artikel 144a des Strafgesetzbuches sieht in bestimmten Fällen der „aggravated homosexuality“ gar eine lebenslange Freiheitsstrafe vor (UKHO 2.2023; vgl. USDOS 20.3.2023). Das Gesetz stellt auch das sogenannte Cross-Dressing unter Strafe. Die Behörden setzten diese Bestimmungen nicht durch (USDOS 20.3.2023). Homosexualität und sexuelle Minderheiten sind in der breiten Öffentlichkeit in Gambia verpönt (AA 19.4.2023). Die LGBTQI+ Gemeinschaft in Gambia ist im Alltag sowie im Beruf Diskriminierung ausgesetzt und sexuelle Handlungen werden sowohl zwischen Männern als auch zwischen Frauen unter Strafe gestellt (FH 2023; vgl. USODS 20.3.2023, AA 12.1.2022). Die letzten bekannt gewordenen Verhaftungen erfolgten nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes im Jahr 2015; zu Verurteilungen kam es nach Kenntnis des Auswärtigen Amts nicht (AA 12.1.2022).
Das gambische Justizministerium hat auf Anfrage vom Oktober 2020 hin bestätigt, dass unter der seit 2017 amtierenden gambischen Regierung keine Verhaftungen oder Strafverfolgung aufgrund von Homosexualität mehr erfolgten. Gleichwohl beabsichtigt die Regierung an der Kriminalisierung von Homosexualität festzuhalten, wie der Regierungssprecher im August 2020 öffentlich erklärte; und Präsident Barrow gab ausdrücklich zu verstehen: „homosexuality is not an issue in The Gambia“ (AA 12.1.2022).
Das Gesetz befasst sich nicht mit der Diskriminierung von sexuellen Minderheiten bei wesentlichen Gütern und Dienstleistungen wie Wohnraum, Beschäftigung und Zugang zu staatlichen Dienstleistungen, einschließlich der Gesundheitsversorgung. Aufgrund der starken gesellschaftlichen Diskriminierung, gab es nur wenige Informationen über den gleichberechtigten Zugang zu Wohnraum, Beschäftigung und Bildung. Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft berichteten über mangelnden Zugang zu HIV- und AIDS-Versorgung und -Behandlung aufgrund fehlender Privatsphäre in Gesundheitseinrichtungen und Stigmatisierung durch das Gesundheitspersonal (USDOS 20.3.2023).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023
- UKHO - UK Home Office [United Kingdom] (2.2023), Country information and guidance: sexual orientation and gender identity, Gambia, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/1140252/GMB_CPIN_sexual_orientation_and_gender_identity.pdf, Zugriff 15.11.2023
- USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023
19. Grundversorgung und Wirtschaft
Die Wirtschaft Gambias stützt sich auf Landwirtschaft, Tourismus und Geldüberweisungen (UNEP 27.1.2023) und ist stark anfällig für externe wirtschaftliche Krisen (ÖB 19.4.2023; vgl. UNEP 27.1.2023). Unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität fällt Gambia unter die ärmsten Länder der Welt (LI o.D.c). Trotz eines deutlichen Anstiegs der Lebenserwartung zwischen 1990 und 2015 ist das Armutsniveau im Wesentlichen unverändert geblieben. Ein hohes Maß an Armut führt zu einer prekären Ernährungssicherheit; ein Viertel der Bevölkerung ist von Ernährungsunsicherheit betroffen. Bauern und Landarbeiter, insbesondere Frauen und junge Menschen, machen einen großen Teil der armen und extrem armen Bevölkerung aus; und so leben 73,9 % der Einwohner in ländlichen Gebieten unterhalb der Armutsgrenze (UNEP 27.1.2023).
Die NHRC forderte in ihrem Jahresbericht 2022 die Regierung auf, gegen die kontinuierlich angestiegenen Lebenshaltungskosten vorzugehen und soziale Sicherheitsnetze für die vulnerabelsten vor allem unterhalb der Armutsgrenze lebenden Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Auch in der Zeit nach der COVID-19-Pandemie kommt es zu sehr hohe Lebenshaltungskosten und die Kosten für Güter des täglichen Gebrauchs, Treibstoff und Transport sind weiter angestiegen. Zu den pandemiebedingten Folgewirkungen gehören zudem ein Anstieg der Armuts- und Arbeitslosenrate. Zuletzt gab es Berichte über die Verschärfung der Ernährungsunsicherheit sowie die schlimmsten Hungersnöte seit zehn Jahren im Land, für die es mehrere Ursachen gibt (BAMF 6.2023). In der Zeit nach der COVID-19-Pandemie sind die Lebenshaltungskosten nach wie vor hoch, und die Preise für lebensnotwendige Güter, Kraftstoffe und Verkehrsmittel sind stetig gestiegen. Die Entwicklung des ländlichen Raums ist von zentraler Bedeutung für ein integratives Wachstum, Ernährungssicherheit, Arbeitsplätze und Armutsbekämpfung (UNEP 27.1.2023; vgl. IFAD 11.4.2019). Das Welternährungsprogramm (WFP) in Gambia unterstützt die Versorgung der von der Krise betroffenen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln und bietet Grundschulkindern in ernährungsunsicheren Gebieten nahrhafte Mahlzeiten aus lokalen Erzeugnissen an. Das WFP entwickelt derzeit seinen nächsten Länderstrategieplan für 2024-2028, um gefährdete Bevölkerungsgruppen zu unterstützen, und die Fortschritte bei der Verringerung der mäßigen akuten Unterernährung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Unterstützung für Haushalte, die von den hohen Nahrungsmittelpreisen betroffen sind (WFP 11.2023). Über 60 % der Gambier leben von der Landwirtschaft, die etwa ein Drittel des BIP des Landes erwirtschaftet (UNEP 27.1.2023).
Laut gambischer Integrated Household Survey 2010 (IHS) gehen 73 % der Bevölkerung einer Beschäftigung (Kleinhandel, Kleinhandwerk, Gelegenheitsjobs, Straßenverkauf, etc.) nach, wovon 96 % im informellen Sektor tätig sind. Der gesetzliche Mindestlohn (im formellen Sektor) für ungelernte Arbeiter beträgt GMD 50 pro Tag [0,68 Euro] bei einer staatlich festgelegten Armutsgrenze von GMD 38/Tag [0,52 Euro] (ÖB 19.4.2023). In Gambia liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei jährlich 769 Euro und liegt damit im weltweiten Vergleich extrem niedrig (LI o.D.a). Die Lebenshaltungskosten liegen deutlich unterhalb des weltweiten Durchschnitts und weisen auf massive sozioökonomische Probleme hin (LI o.D.c). Die Einwohner in ländlichen Gebieten leben meist unterhalb der Armutsgrenze (UNEP 27.1.2023), und die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist in diesen ländlichen Gegenden grundsätzlich nur beschränkt gewährleistet (AA 12.1.2022).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (30.6.2023): Briefing Notes Zusammenfassung Gambia, Kurzüberblick zu aktuellen Entwicklungen (Jänner bis Juni 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28833665/Deutschland._Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes_Zusammenfassung_%E2%80%93_Gambia%2C_Januar_bis_Juni_2023%2C_30.06.2023_DEU.pdf?nodeid=28863014 vernum=-2, Zugriff 17.11.2023
- IFAD - International Fund for Agricultural Development (11.4.2019), Republic of The Gambia Country Strategic Opportunities Programme 2019-2024, https://webapps.ifad.org/members/eb/126/docs/EB-2019-126-R-19.pdf, Zugriff: 18.11.2023
- LI - Laenderdaten.info (o.D.a): Gambia (Präsidiale Republik), https://www.laenderdaten.info/Afrika/Gambia/index.php, Zugriff 15.11.2023
- LI - Laenderdaten.info (o.D.c): Korruption in Gambia, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Gambia/korruption.php, Zugriff 15.11.2023
- ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023
- UNEP - United Nations Environment Programme [USA] (27.1.2023): The Gambia. Climate resilient food security alliance (CRFS) - Case study, https://unfccc.int/sites/default/files/resource/crfs_gambia_casestudy.pdf, Zugriff 2.11.2023
- WFP - World Food Programm (11.2023): WFP Global Operational Response Plan 2023 Update #9, https://docs.wfp.org/api/documents/WFP-0000153758/download/, Zugriff 16.11.2023
19.1. Sozialbeihilfen
Die Institution, von der die Bürger/-innen Gambias Unterstützung für ihre Sozialfürsorge erhalten können, ist das Ministerium für Sozialfürsorge (IOM 7.2022). Für bedürftige Frauen und Kinder bietet der staatliche „Social Welfare Service“ Unterbringung, Nahrung und soweit erforderlich auch Kleidung. Dennoch sind nach Angaben von UNICEF, WHO und Weltbank 11,6 % der Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt. Sozialhilferegelungen etc. bestehen nicht. Das World Food Programme hat ein Projekt aufgelegt, das kostenloses Schulessen bereitstellt. Einige NGOs geben finanzielle Starthilfen für Berufsanfänger. Sozialhilferegelungen gibt es keine (AA 12.1.2022).
Allerdings bietet die Social Security Housing Finance Cooperation (SSHFC) Sozialschutzdienste an (IOM 7.2022). Viele Gambier sind auf jede Unterstützung angewiesen, die sie auf informellem Wege über beispielsweise erweiterte Verwandtschaft erhalten können (BS 2022). Staatsbedienstete erhalten Pensionsleistungen. Die SSHFC bietet ein zusätzliches Rentensystem an, das auf Angestellte öffentlicher oder halb-öffentlicher Einrichtungen beschränkt ist. Private Pensionsleistungen sind selten. Die SSHFC leitet auch einen Entschädigungsfonds für Arbeitsunfälle und bietet Hypotheken zu festen Zinssätzen an (BS 2022).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- BS - Bertelsmann Stuftung (2022): BTI Gambia Country Report 2022, https://bti-project.org/en/reports/country-report/GMB#pos3, Zugriff 13.11.2023
- IOM - Internatinale Organisation für Migration Deutschland (7.2022), Gambia Länderinformationsblatt 2021, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2021_Gambia_DE.pdf, Zugriff 2.11.2023 20. Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung in Gambia ist trotz einiger Fortschritte mangelhaft und nicht flächendeckend verfügbar (AA 12.1.2022; vgl. ÖB 19.4.2023). Das gambische Gesundheitssystem wird zu rund 46 % von externen Quellen finanziert. Die Gesundheitsausgaben betrugen 3,82 % des BIP (ÖB 19.4.2023). Eine allgemeine Krankenversicherung existiert nicht (AA 12.1.2022). Die gambischen Einrichtungen konzentrieren sich auf städtische Gebiete. Dies erschwert den Zugang zur Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, wo die traditionelle Heilkunst weit verbreitet ist. Traditionelle Heilkundige stellen auch im Allgemeinen die erste Anlaufstelle der Bevölkerungsmehrheit dar. Staatliche Krankenhäuser bieten zwar eine quasi kostenlose Versorgung, diese ist jedoch aufgrund mangelnder Ärzte, Geräte, Ausstattung und Medikamente unzureichend (IOM 7.2022; vgl. AA 12.1.2022). Insgesamt wird pro Einwohner eine Summe von 17,65 Euro veranschlagt, die jährlich auf Staatskosten für gesundheitliche Maßnahmen ausgegeben wird (LI o.D.d). Die Ärztedichte liegt bei 1,1 Ärzten pro 10.000 Einwohnern und 11 Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohnern (ÖB 19.4.2023; vgl. LI o.D.d). Somit stehen mit rund 291 ausgebildeten Ärzten in Gambia pro 1.000 Einwohner rund 0,11 Ärzte zur Verfügung (LI o.D.d). Dies hat die Bereitstellung von Gesundheitsdiensten für die allgemeine Bevölkerung stark beeinträchtigt (IOM 7.2022). Auch im privaten Sektor ist nur eine begrenzte Diagnostik und Behandlung möglich. Die Versorgung ist besonders bei Notfällen, z. B. nach Autounfällen, aber auch im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles sehr eingeschränkt (AA 18.9.2023). Jedoch kann durch die medizinische Versorgung die Sterblichkeit wesentlicher, bekannter Krankheiten weitestgehend reduziert werden. So sterben nach aktuellem Stand nur etwa 21 % aller Menschen, die an Krebs, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen oder der Chylomikronen-Retentions-Krankheit (CRD) leiden (LI o.D.d). Da die Erbringung von Gesundheitsdiensten weiterhin stark beeinträchtigt ist, ist auch die Erbringung von psychiatrischen Diensten aufgrund des Personalmangels und der begrenzten Finanzierung des Gesundheitswesens sehr eingeschränkt (IOM 7.2022). Es existiert eine staatliche psychiatrische Einrichtung, in der es allerdings oft an Medikamenten und gelegentlich an Lebensmitteln fehlt (AA 12.1.2022; vgl. IOM 7.2022).
Die COVID-19-Pandemie hat die Schwächen des Gesundheitssystems vor Augen geführt, wobei seit Ausbruch der Krise die Bestrebungen zur Verbesserung des Gesundheitssystems mit Unterstützung internationaler Geber wie der EU intensiviert wurden. Erfolgreiche Programme zur Aidsbekämpfung sorgten dafür, dass die Aids-Rate in Gambia rückläufig ist und somit niedriger als im weltweiten Durchschnitt von neun Prozent liegt. Auch das Malaria-Kontroll-Programm Gambias gilt als vorbildlich für ganz Westafrika. Ebenfalls problematisch gestaltet sich die hohe Hepatitis B Infektionsrate, welche bei 8,8 % der Bevölkerung liegen soll. Dennoch sinkt die Infektionsrate aufgrund der Bemühungen zu einer hohen Durchimpfungsrate, derzeit sind rund 96 % der Bevölkerung gegen HepB3 geimpft (ÖB 19.4.2023).
Gängige Medikamente sind in der Regel in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen erhältlich und werden kostenlos abgegeben (IOM 7.2022). Einige der nicht erhältlichen Medikamente müssen jedoch in einer privaten Apotheke gekauft werden, sodass die meisten hoch entwickelten Medikamente nicht ohne Weiteres erhältlich sind. Aufgrund des besseren Zugangs zu medizinischer Versorgung stieg im Zeitraum 2001-2020 die durchschnittliche Lebenserwartung von 53,7 auf 62,61 Jahre (ÖB 19.4.2023).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- IOM - Internatinale Organisation für Migration Deutschland (7.2022), Gambia Länderinformationsblatt 2021, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2021_Gambia_DE.pdf, Zugriff 2.11.2023
- ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023
- LI - Laenderdaten.info (o.D.d): Gesundheitswesen in Gambia, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Gambia/gesundheit.php, Zugriff 15.11.2023 21. Rückkehr
Es existieren keine staatlichen Einrichtungen zur Aufnahme von Rückkehrerinnen und Rückkehrern (AA 12.1.2022). Rückkehrer werden in der Regel wieder durch die (Groß-)Familie aufgenommen. Allerdings werden Rückkehrer selten mit offenen Armen empfangen, da die meisten Familien sich für die Reise des Familienmitglieds nach Europa oft verschuldet haben. Die ökonomische Situation der Haushalte hat sich durch die COVID-Pandemie zusätzlich verschlechtert (ÖB 19.4.2023).
Im Dezember 2020 brachte die gambische Regierung ihre erste Nationale Migrationsrichtlinie ("National Migration Policy") auf den Weg, die als Orientierungsrahmen für die künftige nationale Migrationspolitik dienen sollte. Die Richtlinie befasst sich mit verschiedenen zentralen Migrationsdimensionen wie Binnen-, Arbeits-, Diasporamigration und Rückkehr; und wurde mit starker Unterstützung der IOM entwickelt (AA 12.1.2022).
Mit Oktober 2022 hat IOM mehrere Meilensteine bei der Unterstützung der Migrationssteuerungsbemühungen der Regierung Gambias erreicht, wie technische Hilfe zur Einrichtung eines Nationalen Koordinierungsmechanismus für Migration (NCM), welcher im November 2019 ins Leben gerufen wurde. IOM trug auch zur Entwicklung der ersten eigenständigen Nationalen Migrationspolitik (NMP) Gambias bei, die im Dezember 2020 offiziell eingeführt wurde (IOM 2022).
Ferner hat IOM auch dazu beigetragen Richtlinien für den National Referral Mechanism (NRM) zum Schutz schutzbedürftiger Migranten, einschließlich Opfer von Menschenhandel; eine Arbeitsmigrationsstrategie; Ethische Einstellungsrichtlinien; ein Schulungshandbuch vor der Abreise; und verschiedene nationale Rahmenwerke und Standardarbeitsanweisungen (SOPs) zu Grenzmanagement, Gesundheit (einschließlich psychischer Gesundheit und psychosozialer Unterstützung (MHPSS)), Schutz unbegleiteter und getrennter Migrantenkinder sowie Rückkehr und Reintegration, einzuführen. Zwischen Januar 2017 und Oktober 2022 ermöglichte IOM die Rückkehr von mehr als 7.500 gambischen Migranten, von denen fast 6.000 Wiedereingliederungshilfe erhielten (IOM 2022).
Daneben gibt es allgemeine Berufsbildungs- und Förderungsprogramme, von denen auch Rückkehrende profitieren können. Rückkehrende bzw. rückgeführte Personen unterliegen keiner besonderen Behandlung (AA 12.1.2022).
Der lokale Partner der österreichischen Rückkehr-Beratung (BBU) in Gambia ist Frontex − Joint Reintegration Services“ (FX JRS). Das Reintegrationsprogramm bietet folgende Unterstützung bei der Reintegration nach der Rückkehr: Bei freiwilliger Rückkehr aus Österreich ins Heimatland, wird ein Post-arrival-Paket im Wert von 615 Euro zur unmittelbaren Unterstützung nach der Ankunft ausgehändigt. Das beinhaltet auch die Begrüßung durch den Reintegrationspartner (Caritas Belgien) direkt am Flughafen und Übergabe eines Willkommenspakets:
Pre-Paid SIM-Karte, Hygieneartikel (Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Shampoo, etc.), 1 Flasche Wasser, 1 warmes Essen (auch als Gutschein möglich), altersgerechtes Spielzeug für Kinder; Airport Pick-up, bzw. Unterstützung bei der Weiterreise (Organisation und Kostenübernahme), temporäre Unterkunft bis zu 3 Tage nach der Ankunft und Unmittelbare medizinische Unterstützung (BMI 2023).
Benötigt eine rückgeführte Person keine oder weniger Sofortleistungen, wird der Betrag von 615 Euro vom lokalen Partner in Bar ausbezahlt (BMI 2023).
Bei längerfristiger Reintegrationsunterstützung erhalten Rückgeführte Personen ein Post-return Paket in der Höhe von 2.000 Euro. Davon 200 Euro Bargeld und 1.800 Euro in Form von Sachleistungen auf Grundlage eines Reintegrationsplans, der mit Hilfe der lokalen Partnerorganisation in den ersten 6 Monaten nach der Rückkehr erstellt wird (BMI 2023).
Zu den angebotenen Sachleistungen des Post-return Pakets gehören unter anderem: Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens; Bildungsmaßnahmen und Trainings; Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt; Unterstützung bei der Einschulung von mitausreisenden Kindern; Rechtliche administrative Beratungsleistungen; Familienzusammenführung; Medizinische und Psychosoziale Unterstützung und Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Haushalt (Einrichtung) (BMI 2023).
Minderjährige haben die Möglichkeit die Einrichtung des ‚Social Welfare Service‘ in Anspruch zu nehmen, in der vor allem junge Kinder untergebracht werden können (AA 12.1.2022).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023
- BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich] (2023): Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH) - Guinea - So funktioniert die Rückreise in Ihre Heimat, https://www.returnfromaustria.at/gambia/gambia_deutsch.html, Zugriff 16.11.2023
- IHD - Integral Human Development (6.2022): Migration Profile The Gambia, https://migrants-refugees.va/country-profile/the-gambia/, Zugriff 3.11.2022
- IOM (2022): Interim Country Strategy IOM The Gambia 2022-2023, https://gambia.iom.int/sites/g/files/tmzbdl1631/files/documents/IOM%20The%20Gambia%20Interim%20Country%20Strategy%202022-2023.pdf, Zugriff 17.11.2023
- ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Gambia.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen ergeben sich primär aus dem Bescheid vom 02.06.2018 und aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung am 29.06.2024 und der niederschriftlichen Einvernahme am 12.03.2025.
2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hatte in Österreich im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz erklärt, homosexuell zu sein. Im nunmehrigen zweiten Asylverfahren behauptet der Beschwerdeführer erneut, sich sexuell zu Männern hingezogen zu fühlen, und bringt erstmals vor, kein Moslem mehr zu sein.
Eine wesentliche Verschlechterung der Sicherheits- und Versorgungslage in Gambia, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, ist nach Abschluss des ersten Asylverfahrens nicht eingetreten, wie ein Vergleich zwischen den im Bescheid vom 02.06.2018 zitierten Informationen zur Lage in Gambia und den aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation für Gambia vom 21.11.2023 ergibt.
Zudem sind in der Zeit nach Abschluss des ersten Asylverfahrens Bescheides auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung, die in Gambia nicht behandelbar wäre, oder sonstige auf seine Person bezogene außergewöhnliche Umstände, welche eine neuerliche umfassende Prüfung notwendig erscheinen ließen. Der Beschwerdeführer gab in der niederschriftlichen Einvernahme an, sich zurzeit nicht in ärztlicher Behandlung zu befinden und keine Medikamente einzunehmen.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den aktuellen Länderinformationen der Staatendokumentation für Gambia vom 21.11.2023 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Diese Länderinformationen stützen sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Zurückweisung des Asylantrages wegen entschiedener Sache:
Da das Bundesamt mit dem angefochtenen Bescheid den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76). Von verschiedenen "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG ist auszugehen, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24.02.2005, 2004/20/0010).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235).
Einem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.03.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom BFA unter dem Gesichtspunkt "entschiedene Sache" vorgenommenen Antragszurückweisung ist jener der Erlassung des behördlichen Bescheides (vgl. VwGH 26.6.2020, Ra 2017/22/0183, wonach für diese Prüfung jene Umstände maßgeblich sind, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind). Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391).
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der „Berufung“ nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil die damals ergangene Entscheidung des Bundesamts vom 02.06.2018, mit der das erste Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, in Rechtskraft erwuchs.
Das Bundesamt hat - wie sich aus dem (oben) festgestellten Sachverhalt und der dargelegten Beweiswürdigung ergibt - zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Bundesamtes an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht dazu geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken.
Mit seinen Aussagen, er fühle sich sexuell zu Männern hingezogen und in Gambia sei Homosexualität verboten, stützt der Beschwerdeführer sich auf Umstände, welche er bereits im Rahmen seines ersten Asylverfahrens geltend machte.
Der behaupteten Sachverhaltsänderung, er sei kein Moslem mehr, kommt zudem keine Entscheidungsrelevanz zu:
Nach den aktuellen Länderberichten ist Gambia traditionell religiös tolerant und die verschiedenen Ethnien sowie Religionen können friedlich koexistieren. Religionsfreiheit ist in der Verfassung verankert. Die Verfassung verbietet religiöse Diskriminierung. Laut der Aussage des Präsidenten Barrow ist Gambia eine säkulare Gesellschaft, in der Angehörige aller Religionen ihre Religion frei ausüben können.
Aus den aktuellen Länderinformationen zu Gambia lässt sich keine Verfolgungsgefahr für Personen, die ohne Bekenntnis sind und/oder sich nicht mehr zum Islam bekennen, ableiten. Ebenso wenig geht aus den Länderinformationen hervor, dass Personen ohne Bekenntnis und/oder ehemalige Muslimen eine den Art 2 und 3 EMRK widersprechende Behandlung droht.
Des Weiteren haben sich auch keine wesentlichen Änderungen in der Person des Beschwerdeführers und in der Lage in Gambia ergeben. Er wird im Fall seiner Rückkehr nach Gambia weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
Die Zurückweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache durch das Bundesamt war daher rechtmäßig, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.
3.2. Zur Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht dargelegt und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keine Hinweise, die es nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz als unbegründet abzuweisen.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach § 24 Abs 2 VwGVG entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist.
Da der verfahrenseinleitende Folgeantrag auf Asyl wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder fehlt es an einer Rechtsprechung betreffend die Zurückweisung eines Folgeantrages auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.