Spruch
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Ungarn, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zahl XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, zu Recht erkannt:
A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF), ein ungarischer Staatsangehöriger, weist seit XXXX eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf.
Der BF ist ledig und kinderlos. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin, welche ebenso ungarische Staatsbürgerin ist, an der gemeinsamen Adresse XXXX . (vgl. Stellungnahme vom XXXX , AS 230)
Er ging seit XXXX in Österreich immer wieder einer Erwerbstätigkeit nach. So ging er von XXXX mit einer kurzen Unterbrechung bei unterschiedlichen Arbeitgebern einer Vollzeitbeschäftigung nach. Auch aktuell scheint eine angemeldete Erwerbstätigkeit auf. Bisher wurde vom BF jedoch keine Anmeldebescheinigung beantragt. (vgl. AJWeb Auszug vom XXXX ; IZR-Auszug vom XXXX )
Am XXXX wurde der BF verhaftet und in die JA XXXX eingeliefert, wo er von XXXX bis XXXX inhaftiert war. (vgl. Vollzugsinformation vom XXXX , AS 1)
Mit Schreiben vom XXXX wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und darüber informiert, dass beabsichtigt werde ein Aufenthaltsverbot gegen ihn zu erlassen. Es wurde ihm eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen gewährt, um Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen, seines Aufenthalts im Bundesgebiet sowie seiner beruflichen und privaten Anbindungen in Österreich zu beantworten. Dieses Schreiben wurde vom BF nachweislich am XXXX übernommen. Der BF ist dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen und hat innerhalb der gewährten Frist keine Stellungnahme eingebracht.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde der BF rechtskräftig wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 3 SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der BF im Zeitraum von XXXX bis zu seiner Festnahme am XXXX vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich
A.Cannabiskraut (Reinheitsgehalt von zumindest 11,48% THCA und 0,88% Delta-9-THC), Cannabisharz („Haschisch“, Reinheitsgehalt von zumindest 28,42% THCA und 2,17% Delta-9-THC) und Kokain, in einer insgesamt das 15-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende Menge anderen überlassen, nämlich zu nicht feststellbaren Zeitpunkten im oben genannten Zeitraum
1. zumindest 6.000 Gramm Cannabiskraut sowie 250 bis 350 Gramm Cannabisharz zu Grammpreisen von 8 bis 10€ an nicht festzustellende Abnehmer
2. 100 Gramm Kokain (davon 50 Gramm mit Reinheitsgehalt von zumindest 75,14% Cocain und 50 Gramm mit Reinheitsgehalt von zumindest 26,82% Cocain) zu Grammpreisen von 80 bis 100€ an M. K. und nicht festzustellende Abnehmer darunter ua. AF. W.
B. Cannabiskraut sowie Cannabisharz (beides enthält THCA und Delta-9-THC) erworben und besessen hat.
Als mildernd wurde seine Unbescholtenheit, sein Geständnis sowie sein wesentlicher Beitrag zur Ausforschung der Mittäter, die teilweise Schadensgutmachung bzw. teilweise Sicherstellung des Suchtgifts, als erschwerend das Zusammentreffen strafbarer Handlungen und der lange Tatzeitraum gewertet. (vgl. Urteil des LG XXXX vom XXXX , AS 71 ff)
Der BF verbüßte seine Freiheitsstrafe in der JA XXXX . Derzeit befindet er sich im elektronisch überwachtem Hausarrest. (vgl. ZMR-Auszug vom XXXX ; Bestätigung Neustart vom XXXX , AS 225)
Mit Schreiben vom XXXX wurde der BF abermals vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und darüber informiert, dass beabsichtigt werde eine Ausweisung bzw. ein Aufenthaltsverbot gegen ihn zu erlassen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG für die Dauer von 8 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass im Falle des BF die sofortige Ausreise geboten sei, da es sich bei ihm um einen gefährlichen Straftäter mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit handle. Es müsse angenommen werden, dass ohne Setzung dieser Maßnahme das Risiko der Vereitelung oder Verzögerung der von der Behörde zu setzenden Verfahrensschritte bestehe. Es sei davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes – nach Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen des BF – geboten sei, da durch das vom BF gesetzte Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sei.
Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte erhoben. Gleichzeitig wurde ein Schreiben des Arbeitgebers des BF, ein Schreiben von Neustart betreffend des elektronisch überwachten Hausarrests sowie ein E-Mail des BF an das BFA mit der Stellungnahme vom XXXX in Vorlage gebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) und insbesondere aus dem Bescheid des BFA vom XXXX , den Angaben in der Beschwerde vom XXXX , der aktenkundigen Vollzugsinformation, dem einliegenden Strafurteil des LG Wels vom XXXX , dem Auszug aus dem Strafregister, sowie aus dem ZMR und dem Zentralen Fremdenregister.
Die Erwerbstätigkeit des BF ergibt sich aus dem eingeholten Sozialversicherungsdatenauszug.
Dass dem BF Parteigehör gewährt wurde ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Schreiben des BFA vom XXXX und vom XXXX . Die Stellungnahme des BF vom XXXX , welche er mit E-Mail einbringen wollte, ist aufgrund der gleichzeitigen Vorlage mit der Beschwerde aktenkundig.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann u.a. bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Der BF hat bereits kurz nach seiner Einreise ab XXXX massiv gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen und erstreckten sich diese Tathandlungen über einen langen Zeitraum, bis hin zu seiner Verhaftung am XXXX . Es ist daher von einer besonders hohen Wiederholungsgefahr auszugehen. Darüberhinaus haben ihn seine beruflichen und privaten Anbindungen nicht vor der Begehung seiner massiven Straftaten abhalten können.
Zwar befindet sich der BF derzeit im elektronisch überwachtem Hausarrest, geht er einer Beschäftigung nach und lebt im Bundesgebiet in einer Lebensgemeinschaft mit einer ungarischen Staatsbürgerin, jedoch überwiegen die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen aufgrund der hohen Wiederholungsgefahr eindeutig die privaten Interessen des BF.
Der Beschwerde ist daher derzeit die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.
Zu Spruchteil B):
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu lösen waren. Die Beurteilung, ob die aufschiebende Wirkung zu Recht aberkannt wurde, ist eine typische Beurteilung des Einzelfalles.