Spruch
W101 2249251-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende, die fachkundige Laienrichterin Mag. Viktoria HAIDINGER als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas GSCHAAR als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Orsini und Rosenberg Rechtsanwälte, gegen den Spruchteil 1. des Bescheides der Datenschutzbehörde vom 14.10.2021, GZ. D124.3012, 2021-0.604.695, beschlossen:
A)
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist aufgrund einer Zurückziehung gemäß § 13 Abs. 7 AVG idgF als gegenstandslos einzustellen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Am 23.09.2020, verbessert mit Schreiben vom 30.10.2020 aufgrund eines Mängelbehebungsauftrags der Datenschutzbehörde, brachte Frau XXXX (= Beschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht und Antragstellerin vor der Datenschutzbehörde) eine Datenschutzbeschwerde gegen Herrn XXXX (= mitbeteiligte Partei vor dem Bundesverwaltungsgericht und Beschwerdegegner vor der Datenschutzbehörde) ein, weil sie in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden sei. Sie begründete ihre Datenschutzbeschwerde im Wesentlichen folgendermaßen:
Beim Spazierengehen auf den Grundstücken XXXX , sei sie am 04.09.2020 sowie am 14.09.2020 auf eine Videoüberwachungsanlage aufmerksam geworden. Dabei handle es sich um internetfähige 4-G Wildüberwachungskameras des Typs „Dörr Wildkamera Snapshot multi mobile 4G mit 60 LEDs“, welche jedoch zweckwidrig zur Personenbeobachtung verwendet werden würden. Da die Kameras auf einen beliebten Wanderweg zeigen, würden nichtsahnende Wanderer fotografiert und auch gefilmt werden, wobei auch Tonaufnahmen gemacht werden würden.
Mit Stellungnahme vom 26.07.2021 führte die mitbeteiligte Partei zur Datenschutzbeschwerde der Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes aus:
Sie bestreite, unzulässige Bildaufnahmen u.a. von der Beschwerdeführerin angefertigt zu haben. Diese sei vielmehr als Mutter der beiden Kinder der mitbeteiligten Partei auf dieser Liegenschaft regelmäßig zu Besuch, um die Kinder abzuholen bzw. um sie wieder an die mitbeteiligte zu übergeben. Ebenso sei die Beschwerdeführerin im Jahr 2020 Abschusspartner des Jagdreviers XXXX gewesen und sei im Zuge dessen immer wieder beim besagten Haus anwesend gewesen. Die Beschwerdeführerin sei sich bewusst, dass es beim Jagdhaus eine Videoüberwachung gebe. Grund hierfür sei die Vorbeugung gegen Einbruchsdiebstahl und die Überwachung der im Jagdhaus aufbewahrten Wertgegenstände bzw. Jagdwaffen. Beim Jagdhaus sei eine Kamera installiert, die Bildaufnahmen vom Vorplatz und vom Eingangsbereich des Hauses mache. Außerdem sei die gesamte Liegenschaft eingezäunt und für fremde Personen nicht zugänglich.
Mit Spruchteil 1. des Bescheides vom 14.10.2021, GZ. D124.3012, 2021-0.604.695, wies die Datenschutzbehörde die Datenschutzbeschwerde vom 23.09.2020 ab.
In diesem Bescheid traf die Datenschutzbehörde hinsichtlich des Spruchteils 1. im Wesentlichen folgende Sachverhaltsfeststellungen:
Die mitbeteiligte Partei betreibe an ihrem Wohnsitz, einem Jagdhaus an der Adresse XXXX , eine Videokamera des Herstellers „DÖRR“, Typ „SNAPSHOT CLOUD 4G“. Die Kamera sei durch die Beschwerdeführerin (wohl gemeint die mitbeteiligte Partei) wegen Eigentumsschutz (im Jagdhaus seien Wertgegenstände und Jagdwaffen eingesperrt) angebracht worden. Sie sei nicht gekennzeichnet. Die mitbeteiligte Partei könne auf die Kameraaufnahmen durch die „DÖRR-App“ auf ihrem Smartphone cloudbasiert zugreifen. Der Speicherzyklus sei nicht zeitlich beschränkt, sondern überschreibe sich, wenn der verfügbare Speicherplatz aufgebraucht sei.
Der Aufnahmebereich der Kamera sei auf den Eingangsbereich bzw. den Vorplatz des Jagdhauses gerichtet.
Die Beschwerdeführerin sei mehrfach, z.B. am 04.09.2020, 14.09.2020 und am 10.07.2021, von der Videokamera in Bild und zumindest teilweise auch in Ton erfasst worden.
Die Beschwerdeführerin sei im Zuge einer Abschusspartnerschaft des Jagdreviers XXXX im Jahr 2020 immer wieder beim Jagdhaus anwesend gewesen.
Die Beschwerdeführerin werde nach wie vor, wenn sie die gemeinsamen Kinder mit der mitbeteiligten Partei vom Jagdhaus abhole oder dieser übergebe, von der Videokamera erfasst.
Auf der Grundlage dieser Sachverhaltsfeststellungen folgerte die Datenschutzbehörde hinsichtlich des Spruchteils 1. in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen Folgendes:
Im gegenständlichen Fall bestehe ein berechtigtes Interesse der mitbeteiligten Partei, das im Jagdhaus zulässigerweise verwahrtes Eigentum bzw. als gemeldeten Wohnsitz verwendete Jagdhaus vor Eingriffen Dritter zu schützen. Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen hervorgehe, werde von der Kamera lediglich der Eingangsbereich bzw. der Vorplatz des Jagdhauses gefilmt und halte sich die Beschwerdeführerin auch nur sporadisch beim Jagdhaus auf (Abholung und Übergabe der gemeinsamen Kinder).
In der gegen den Spruchteil 1. dieses Bescheides fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:
Zwar sei es korrekt, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch die Videoüberwachung gerechtfertigt sein könnte, wenn berechtigte Interessen des Verantwortlichen vorliegen würden, jedoch hätte im gegenständlichen Fall die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass durch die Bild- und Tonaufnahmen, welche nicht stationär aufgezeichnet, sondern vielmehr über das Internet bzw. unbekannte Server (Cloud) verbreitet werden würden und abrufbar seien, die Rechte der Beschwerdeführerin jedenfalls verletzt worden seien. Zudem habe die mitbeteiligte Partei die maximal zulässige Speicherdauer weit überschritten.
Des Weiteren habe die belangte Behörde festgestellt, dass der Aufnahmebereich der Kamera auf den Eingangsbereich bzw. den Vorplatz des Jagdhauses beschränkt sei. Grundsätzlich sei dies auch zutreffend, allerding übersehe die belangte Behörde, dass über den Vorplatz des Jagdhauses auch ein beliebter (Wander-)Weg führe. Konkret sei ersichtlich, dass ein Hauptweg zum Gebäude hinführe und drei Spazierwege nördlich, östlich und westlich wegführen würden. Die Videoüberwachung erfasse daher auch den öffentlichen Raum und beschränke sich nicht auf Orte der reinen Befugnis des Verantwortlichen.
Mit Schreiben der Datenschutzbehörde vom 09.12.2021 war die Beschwerde samt Verwaltungsakt an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt worden.
Mit Parteiengehör vom 29.01.2025 wurde die Beschwerdeführerin von der Richterin aufgefordert, binnen 3 Wochen zu den amtswegigen Rechercheergebnissen betreffend einen behaupteten Wanderweg im Erfassungsbereich der Videokamera Stellung zu nehmen und die Frage zu beantworten, ob ihres Wissens nach die Videokamera der mitbeteiligten Partei nach wie vor in Betrieb sei.
Mit Parteiengehör vom 29.01.2025 wurde die mitbeteiligte Partei von der Richterin aufgefordert, binnen 3 Wochen die Frage zu beantworten, ob die Videokamera nach wie vor in Betrieb sei, und Beweise für die behaupteten strafbaren Handlungen gegen die Jagdhütte vorzulegen.
Mit einem Schreiben, eingelangt am 20.02.2025, zog die Beschwerdeführerin durch die einschreitende Rechtsvertretung die Beschwerde ausdrücklich zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 27 Abs. 1 DSG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Senat über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 leg. cit. und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde. Gemäß § 27 Abs. 2 erster Satz DSG besteht der Senat aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung einer Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Der Verwaltungsgerichtshof hält in seinem Beschluss vom 29. April 2015, Fr 2014/20/0047-11, fest, aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG gehe hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass – auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung – eine Verfahrenseinstellung (u.a.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen.
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG idgF können Anbringen (hier: eine Beschwerde) in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Aufgrund der oben genannten Zurückziehung der gegenständlichen Beschwerde ist das Verfahren mit Beschluss als gegenstandslos einzustellen. Dies bewirkt, dass auch der Spruchteil 1. des o.a. Bescheides vom 14.10.2021 in Rechtskraft erwächst.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.