Spruch
W138 2295800-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ, als erster Vertreter des Leiters der Gerichtsabteilung W138 über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Arabische Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz, vom 06.06.2024, Zahl 1360446706/231337610, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.01.2025 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX , geboren am XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, ein Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in Österreich am 12.07.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. In der Erstbefragung am 13.07.2023 gab er an, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Muslim zu sein.
Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF aus, dass er in Syrien nicht mehr in Sicherheit leben könne. Er fürchte sich vor der dort vorherrschenden Kriegssituation.
3. Bei seiner Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 25.04.2024 bestätigte der Beschwerdeführer seine im Rahmen der Erstbefragung gemachten Angaben und führte ergänzend aus, dass er am XXXX in der Stadt Idlib, in Syrien geboren sei. Er habe Syrien im Jahr 2011, im Alter von acht Jahren mit seiner Familie verlassen und bis zum Jahr 2023 im Libanon gelebt. Ein von ihm beauftragter Anwalt, habe für ihn im Jahr 2019 einen syrischen Reisepass besorgt. Er sei gesund und arbeitsfähig.
Er habe drei Jahre lang in Sarakeb, in Idlib eine Schule besucht. Seine Familie habe gemeinsam in Sarakeb in einem Einfamilienhaus gelebt, bis dieses im Krieg zerstört worden sei. Im Libanon hätten sie in einem Flüchtlingslager gelebt.
Er habe noch einen Onkel und eine Großmutter väterlicherseits in Idlib, zu welchen jedoch kein Kontakt bestehe.
Seine Mutter, sein Vater und drei Brüder befänden sich im Libanon.
Drei Brüder, ein Onkel mütterlicherseits und eine Schwester würden sich in Österreich aufhalten.
Österreich sei sein Zielland gewesen, weil drei seiner Brüder schon länger hier leben würden.
Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass er Syrien, im Alter von acht Jahren, aufgrund des Krieges gemeinsam mit seiner Familie verlassen habe. Bei seiner Rückkehr würde er als Soldat eingezogen werden. Da er aus Idlib stamme, könne er nicht zurückkehren, da die Bewohner von Idlib nicht „gemocht“ werden würden. Nachgefragt warum die Bewohner von Idlib nicht „gemocht“ werden würden führte er aus, dass man in Idlib das Regime von Assad nicht „wolle“. Das seien alle seine Flucht- und Asylgründe.
Der auslösende Vorfall für die Flucht seiner Familie aus Syrien seien Gefechte in ihrer Heimatregion gewesen.
Er sei aus dem Libanon abgeschoben worden. In Syrien sei er drei Tage lang angehalten worden. Dabei habe er eine schriftliche Aufforderung erhalten, sich innerhalb von 15 Tagen bei einer syrischen Rekrutierungsstelle zu melden. Er habe diese Aufforderung jedoch ignoriert und habe dieses Schreiben vernichtet. In weiterer Folge habe er Syrien verlassen und sei über die Türkei nach Österreich gereist. Sein Bruder, XXXX , welcher gemeinsam mit ihm nach Österreich gereist sei, sei ebenfalls damals festgehalten worden.
Er lehne den Wehrdienst ab, weil er nicht getötet werden wolle.
Trotz der Möglichkeit sich vom Wehrdienst freizukaufen, würde er eingezogen werden. Auf Nachfrage, warum er glaube, dass er trotzdem eingezogen werden würden, gab der BF an, dass die Lage dort „so sei“. Es gebe in Syrien keine Arbeit, nicht genug Essen und man könne sich dort kein Leben aufbauen. Jeder trage eine Waffe und es gebe Luftangriffe und Morde. Die Bedingungen in Syrien seien sehr schlecht. Idlib stehe unter türkischer Kontrolle. Bei einer Rückkehr nach Idlib befürchte er „als Regimeangehöriger angesehen“ und deshalb getötet zu werden. In Idlib habe er auch keine Familienangehörige, bei welchen er Zuflucht finden könne.
Mit Bescheid des BFA vom 06.06.2024, Zahl 1360446706/231337610, wurde sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs.1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der BF den Libanon aus rein wirtschaftlichen Gründen in Erwartung besserer Lebensbedingungen verlassen habe. Die bloße Ausreise aus Syrien werde von den syrischen Behörden/Organen nicht als Zeichen einer oppositionellen Gesinnung gewertet. Es seien keine konkreten Maßnahmen gegen den BF gesetzt worden, obwohl er Kontakt zu syrischen Behörden im Zuge seiner Reisepassausstellung im Jahre 2019, wenngleich auch durch einen Anwalt, gehabt habe. Der BF weise keinerlei Vorstrafen auf und gehöre keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an. Im Falle der Rückkehr nach Syrien habe der BF keine aktuell unmittelbare und ihn persönlich betreffende konkrete Verfolgung oder Bedrohung durch das Regime oder durch sonstige Gruppen wegen einer ihm zumindest unterstellten, oppositionellen politischen Gesinnung zu befürchten. Die bloße Ableistung des Wehrdienstes vermöge die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus stehe ihm die nach syrischem Wehrrecht legale Möglichkeit offen, als Alternative zur Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee, eine nach syrischem Recht vorgesehene Wehrersatzgebühr zu leisten. Er würde aufgrund seiner Herkunft aus der Stadt Sarakeb, Gouvernement Idlib, weder vom syrischen Regime noch von Seiten der Oppositionellen als Gegner gesehen und verfolgt werden.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, im Weiteren: BBU, mit Schriftsatz vom 10.07.2024 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
In dieser Beschwerde wird vorgebracht, dass dem BF bei einer Rückkehr die Einberufung zum Wehrdienst im syrischen Assad-Militär drohe. Eine Wiedereinreise nach Syrien sei legal nur über Grenzübergänge, die sich in der Hand des syrischen Regimes befänden, sicher und legal möglich. Der BF wolle sich nicht am syrischen Bürgerkrieg beteiligen und an Kriegshandlungen teilnehmen. Aufgrund seiner Weigerung, sich auf Seiten des syrischen Assad-Regimes am Bürgerkrieg zu beteiligen, seiner Herkunft aus Idlib, seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland werde ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vom syrischen Assad-Regime eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt. Im Falle der Weigerung, den Wehrdienst in der syrischen Armee abzuleisten, drohe dem BF zumindest eine Gefängnisstrafe. Der BF wolle das syrische Regime finanziell nicht unterstützen und könne sich die Befreiungsgebühr nicht leisten. Der BF legte mit der Beschwerde eine Ablichtung einer schriftlichen Aufforderung, sich bei einer syrischen Rekrutierungsstelle zu melden, welche er im Gefängnis nach seiner Wiedereinreise in Syrien, erhalten habe, vor. Aus dieser gehe hervor, dass der BF eine Frist von 15 Tagen erhalten habe, um sich bei den Militärbehörden zu melden. Der BF sei nicht in der Lage gewesen dieses Beweismittel früher vorzulegen, da er sich erst kürzlich erinnert habe, dass er damals ein Foto dieser Aufforderung an einen Verwandten geschickt habe, welcher nunmehr dieses Foto an ihn weitergeleitet habe. Wie bereits in der Einvernahme geschildert, habe der BF damals das Original dieses Aufforderungsschreibens aus Angst vor dem syrischen Regime vernichtet.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG am 18.07.2024, mit Schreiben des BFA vom 15.07.2024, zur Entscheidung vorgelegt.
6. Mit der Ladung vom 22.11.2024 zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 10.01.2025 zur GZ W138 2295800-1/3Z, wurde eine umfangreiche Liste von aktuellen Dokumenten, die damit in das verfahrensgegenständliche Beschwerdeverfahren eingebracht wurden, zum Parteiengehör übermittelt. In der Ladung wurde darauf hingewiesen, dass erforderlichenfalls diese Dokumente auch beim BVwG bezogen werden könnten. Das BFA und der vertretene BF verzichteten auf eine Zurverfügungstellung von einzelnen Dokumenten.
7. Am 13.12.2024 wurde den Parteien ein Bericht der Staatendokumentation vom 03.12.2024 zur Sicherheitslage in Syrien im Dezember 2024 mit dem Hinweis, dass HTS in Nordsyrien die Kontrolle über syrische Städte übernommen habe und ein Bericht von UNHCR vom 11.12.2024 betreffend „Regional Flash Update-Syria situation crisis“ zum Parteiengehör übermittelt. Es wurde durch das BVwG insbesondre auf den Umstand hingewiesen, dass in Syrien das Assad-Regime nach dessen Fall und der Flucht von Baschar al-Assad nach Moskau aktuell keine Rolle mehr spiele und damit sämtliches Vorbringen hinsichtlich einer drohenden Verfolgungsgefahr durch das syrische Assad-Regime, insbesondere eine drohende Zwangsrekrutierung zu den Streitkräften der Assad-Administration faktisch nicht mehr bestehen könne und damit sämtliches dahingehendes Vorbringen nicht dazu führen könnte, dass sich daraus eine Verfolgungsgefahr ergebe, die zu einer Anerkennung als Asylberechtigter in Österreich auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention führen könne.
8. Weder das BFA noch der BF oder seine Rechtsvertretung haben vor der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 10.01.2025 zum vom BVwG ins Beschwerdeverfahren eingebrachten Länderinformationsmaterial eine Stellungnahme abgegeben.
9. Am 10.01.2025 fand in Abwesenheit eines Vertreters des BFA im BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer hinsichtlich der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit seiner von ihm behaupteten Fluchtgründe und einer allenfalls daraus sich ergebenden Verfolgungsgefahr befragt wurde.
In dieser Verhandlung gestand der Beschwerdeführer selbst ein, in seinem Heimatort Sarakeb, im Gouvernement Idlib aktuell von niemanden mehr verfolgt zu werden.
Die in der Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung aufgestellten Behauptungen hinsichtlich einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehenden Verfolgungsgefahr durch das syrische Regime im Falle seiner Rückkehr in sein syrisches Herkunftsgebiet widerlegte er, indem er inhaltlich eine aktuelle und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vorliegende Verfolgungsgefahr ausdrücklich verneinte.
Von einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses wurde Abstand genommen, jedoch die mündliche Verhandlung als auch das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 12.07.2023, der diesbezüglichen Erstbefragung am 13.07.2023 und der Einvernahmen des BF vor dem BFA am 25.04.2024, dem vom BFA am 25.04.2024 vorgelegten syrischen Reisepasses des BF, des angefochtenen Bescheides des BFA vom 06.06.2024, Zl. 1360446706/231337610, der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom 10.07.2024, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verfahrensunterlagen des BFA, der Berücksichtigung aktueller nationaler und internationaler Medienberichte zur Situation in Syrien und der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024, einer Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers und das Grundversorgungsregister und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der am 10.01.2025 im BVwG durchgeführten Beschwerdeverhandlung bzw. des persönlichen Eindruckes, den sich das erkennende Gericht in dieser mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer verschaffen konnte, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und wurde XXXX in Sarakeb, im Gouvernement Idlib, geboren. Er ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist ledig und kinderlos. Im Jahr 2011 hat der Beschwerdeführer im Alter von acht Jahren, gemeinsam mit seiner Familie Syrien verlassen und hielt sich bis ins Jahr 2023 im Libanon auf.
Im Libanon arbeitete er als Tischlergehilfe. Seine Eltern und drei Brüder des BF befinden sich aktuell im Libanon. Drei Brüder, ein Onkel mütterlicherseits und eine Schwester des BF halten sich derzeit in Österreich auf.
Der Geburtsort des Beschwerdeführers Sarakeb, im Gouvernement Idlib wird aktuell von der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) kontrolliert. Das syrische Assad-Regime bzw. die Assad-Administration hat in ganz Syrien die Kontrolle verloren.
Nachdem der BF im Jahr 2023 vom Libanon nach Syrien abgeschoben wurde und dort bei der Anhaltung in einem Gefängnis, eine Aufforderung zur Meldung bei den Militärbehörden erhielt, hat er Syrien verlassen und ist über die Türkei bis nach Österreich weitergereist, wo er am 12.07.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig und strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Für männliche syrische Staatsbürger war im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes in der syrisch-arabischen Armee (SAA) des syrischen Assad-Regimes gesetzlich verpflichtend. Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht ist nicht absehbar, ob auch die neue erst im Aufbau befindliche syrische Administration nach der „Assad-Zeit“ an einer allgemeinen Wehrpflicht für Männer in Syrien festhalten wird. Jedenfalls wurden aktuell alle Soldaten des ehemaligen syrischen Assad-Militärs vom syrischen Armeekommando außer Dienst gestellt.
1.2.2. Nach dem Sturz von Staatspräsident Baschar al-Assad am 08.12.2024 steht das syrische Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers unter der Kontrolle oppositioneller Gruppierungen unter Dominanz der islamistischen Miliz Hayat Tahrir al-Scham (HTS; bedeutet: „Komitee zur Befreiung der Levante“). Die Assad-Administration hat die Kontrolle über das Herkunftsgebiet des BF zur Gänze verloren. Die Assad-Administration wie auch ehemalige von der Assad-Administration kontrollierte Sicherheits- oder Militäreinheiten sind nicht in der Lage, den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien asylrelevant zu verfolgen.
Daher ist auch eine Verfolgung des BF in Idlib durch syrische Assad-Kräfte infolge einer ihm allenfalls unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung auszuschließen.
1.2.3. Der Beschwerdeführer selbst hat auch in der Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 10.01.2025 dargelegt, dass er aktuell in seinem Herkunftsgebiet von niemanden bedroht oder verfolgt werden würde.
1.2.4. Dem BF droht in Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
1.3.1. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024:
„Am frühen Morgen des 08.12.2024 verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 08.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 09.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 08.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 08.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 08.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde in Russland Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 09.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 06.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zor im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 07.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 07.12.2024).
1.3.2. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der Akteure mit Stand zum 03.01.2025, der zwischenzeitig weitgehend unverändert ist.:
(vgl. https://syria.liveuamap.com/, Zugriff am 03.01.2025 sowie Einschau am 17.01.2025)
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der dem BVwG vom BFA vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität (Name, Geburtsdatum und –ort und Nationalität) des BF ergeben sich aus seinen Angaben in seiner Erstbefragung, vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und dem vorgelegtem syrischem Reisepass.
Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren immer gleichbleibende Angaben zur Herkunft und zu seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber und zu seinem Religionsbekenntnis und seinen Sprachkenntnissen gemacht, sodass auch das erkennende Gericht diesen Angaben Glauben schenkt, zumal diese Angaben auch von niemandem bestritten wurden und auch vom BFA festgestellt wurden.
Dem BF wird auch geglaubt, wenn er im Asylverfahren angegeben hat, dass sich seine Eltern und drei Brüder im Libanon und drei Brüder, ein Onkel mütterlicherseits und eine Schwester in Österreich aufhalten. Auch dass sich der Beschwerdeführer im Jahr 2011 mit seiner Familie in den Libanon begab und er im Jahr 2023, aufgrund einer Abschiebung vom Libanon nach Syrien über die Türkei bis nach Österreich weiterreiste, wird ihm geglaubt.
Ebenfalls geglaubt wird den gleichbleibenden Angaben des BF, dass er ledig und kinderlos sei.
Die Feststellung, dass Sarakeb, im Gouvernement Idlib der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist und aktuell von der HTS kontrolliert wird, ergibt sich aus einer Internetabfrage auf https://syria.liveuamap.com/de. Der BF wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG darauf hingewiesen, dass dieser Ort aktuell von den syrischen Rebellen kontrolliert wird, dass das syrische Assad-Regime seit dem 08.12.2024 nicht mehr existent ist und nicht zu erwarten ist, dass dieses Regime wieder an die Macht kommt. Der BF gab dazu an, dass er keine anderen Informationen dazu habe. Zudem führte er aus, dass man jetzt nach Syrien zurückkehren könne.
Davon, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, konnte sich das erkennende Gericht in der Beschwerdeverhandlung selbst überzeugen. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister des BF.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Es obliegt dem Beschwerdeführer, die Gründe für seine Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus den Angaben des Beschwerdeführers lässt sich jedoch keine nachvollziehbare Handlung erkennen, die nach den momentanen Entwicklungen in Syrien objektiv betrachtet geeignet wäre, einen asylrelevanten Verfolgungsgrund zu verwirklichen.
2.2.2. Der Beschwerdeführer hat in seinen Ausführungen im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA und in der Beschwerde zusammengefasst vorgebracht, dass er befürchte, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien vom syrischem Regime verfolgt zu werden, weil er sich nach schriftlicher Aufforderung, im Zuge seiner Abschiebung aus dem Libanon, nicht innerhalb von 15 Tage bei der Rekrutierungsbehörde gemeldet habe.
Zudem werde ihm vom syrischem Regime wegen seiner Ausreise aus Syrien, seiner Asylantragstellung im Ausland und seiner Herkunft aus Idlib, eine oppositionelle Gesinnung (gegen die syrische Assad-Administration) unterstellt.
2.2.3. Aus den herangezogenen Länderberichten und der medialen Berichterstattung ergibt sich, dass das syrische Regime am 08.12.2024 gestürzt wurde und Staatspräsident Baschar al-Assad Syrien Richtung Russland verlassen hat. Oppositionelle Kräfte und kurdische Kämpfer kontrollieren nun Syrien. Da das syrische Assad-Regime die Kontrolle über Syrien verloren hat, ist es diesem faktisch nicht mehr möglich, den BF zu verfolgen. Das gesamte Vorbringen des BF in Bezug auf die Befürchtung einer möglichen Verfolgung durch das syrische Regime geht daher ins Leere, da das syrische Regime aufgehört hat zu existieren und daher keine Verfolgung durch dieses – auch aus den vom BF genannten Gründen– mehr vorliegen kann.
2.2.4. Der Beschwerdeführer selbst hat in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG auf die Frage, von wem er aktuell bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet Sarakeb, in Syrien verfolgt werden würde angegeben, dass er von niemandem verfolgt oder bedroht werden würde. Auf ergänzende Fragen hat er ausgeführt, dass er seinen Antrag auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten aufrechterhält, weil er andere Familienmitglieder aus dem Libanon nach Österreich nachholen und die Sprache lernen wolle. Er habe in seiner Heimat nichts erreicht und wolle sich in Österreich ein Leben aufbauen. Diese Angaben des BF lassen erkennen, dass der BF aus wirtschaftlichen Gründen nicht nach Syrien zurückkehren möchte. Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr wurde durch den BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ausdrücklich verneint. Aus dem Vorbringen des BF ist zu schließen, dass der BF sich und seiner Familie (welche sich nicht in Syrien, sondern im Libanon aufhält) in Österreich ein besseres Leben ermöglichen möchte. Der BF gab zudem vor dem BFA an, dass Österreich sein Zielland gewesen sei, weil seine Brüder hier leben würden. Es ist daher davon auszugehen, dass den BF familiäre und wirtschaftliche, jedoch keine asylrelevanten Gründe zur Ausreise aus Syrien bzw. zum Verbleib in Österreich bewogen haben.
2.2.5. Insgesamt konnte der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in sein syrisches Herkunftsgebiet keine ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung, die zudem mit einem in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Konventionsgrund in Zusammenhang gebracht werden kann, glaubhaft machen.
2.2.6. Da dem BF somit in ganz Syrien keine asylrelevante Verfolgung droht und er auch selbst in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage angab, dass man jetzt über die Grenzübergänge nach Syrien zurückkehren könne, war auf die Erreichbarkeit der Herkunftsregion des BF nicht mehr näher einzugehen.
2.2.7. Der Vollständigkeit wegen wird zu den Ausführungen in dem Bericht der UNHCR „UNHCR-Position on Returns to the Syrian Arab Republic, Dezember 2024“ indem UNHCR dafür plädiert, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, erlassen werden, Folgendes angemerkt: Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das Assad-Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den – in zahlreichen Medien veröffentlichten – Informationen, auf die sich das BVwG in seiner Entscheidung stützt. Soweit UNHCR allerdings vermeint, dass andere Risiken fortbestehen oder zunehmen könnten, ist zu betonen, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung ausschließlich durch das Assad-Regime behauptet hat.
Der Sturz des Assad-Regimes und der Machtwechsel in Syrien sind – aufgrund der öffentlich zugänglichen und weit verbreiteten Medienberichte – als allgemein bekannt („notorisch“) anzusehen.
Im Falle des Entstehens neuer Asylgründe infolge der Lageänderung in Syrien ab dem 08.12.2024 wäre eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen- Beschwerdeführer gelegen, welcher jedoch ausführte, dass er von niemanden mehr verfolgt werde. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass dem Beschwerdeführer ohnedies bereits der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennt wurde.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Beschwerdeverfahren vom BVwG eingebrachten Länderberichten, hinsichtlich derer auch im Vorfeld der beim BVwG abgehaltenen mündlichen Verhandlung das Parteiengehör durchgeführt wurde. Dabei ist besonders auf die mediale Berichterstattung und die Kurzinformationen der Staatendokumentation zu Syrien – „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 hinzuweisen, welche auf öffentlich zugänglichen Medienberichten aufbaut und daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte. Für das BVwG bestand kein Grund, an der Richtigkeit der Länderberichte bzw. der stringenten medialen Berichterstattung zu zweifeln.
Auch der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung haben gegen die ins Verfahren eingebrachten Berichte kein Vorbringen erstattet, sodass diese Berichte ungekürzt und unwidersprochen in voller Länge dem Beschwerdeverfahren zugrunde gelegt werden können.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
3.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:
„Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
…“
3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.1.3. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).
3.1.4. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist ein Flüchtling, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
3.1.5. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.).
3.1.6. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.05.2021, Ra 2019/19/0428 mwN).). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
3.1.7. Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 2005 setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627). Nach ständiger Rechtsprechung stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, 92/01/0560). Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Das Asylverfahren bietet, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten –genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3.1.8. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erscheint es nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat, spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 23.01.1997, 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).
3.1.9. Einzelfallrelevant kann aber immer nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Die Verfolgungsgefahr muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
3.1.10. Die Verfolgungsgefahr muss ferner dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; VwGH 23.07.1999, 99/20/0208; VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177; VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
3.1.11. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt zusammenfassend dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
3.2.1. Wie sich aus den obigen Feststellungen und der zugehörigen Beweiswürdigung ergibt, ist es dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem BVwG nicht gelungen, eine aktuelle, konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund eines Konventionsgrundes im Sinne der GFK für den Fall seiner Rückkehr in seine Herkunftsregion in Syrien darzutun bzw. glaubhaft zu machen.
3.2.2. Zur behaupteten Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer Rekrutierung zum Wehrdienst des syrischen Militärs:
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, besteht für den Beschwerdeführer seit dem Fall des syrischem Assad-Regimes nicht mehr die Gefahr, zum Wehrdienst des syrischen Assad-Regimes zwangsweise rekrutiert zu werden. Alle Soldaten der militärischen Einheiten des syrischen Assad-Regimes wurden außer Dienst gestellt und nach Hause geschickt. Der Beschwerdeführer hat daher nicht glaubhaft machen können, dass er bei einer hypothetischen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in diesem Zusammenhang einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt sein würde.
Auch eine Verfolgung des BF durch das syrische Assad-Regime, aufgrund seiner Ausreise aus Syrien, seiner Asylantragstellung im Ausland oder seiner Herkunft aus Idlib, ist aufgrund des Sturzes des syrischen Regimes faktisch nicht mehr möglich. Zudem brachte der BF explizit vor, bei einer Rückkehr von niemanden mehr verfolgt zu werden.
Da im vorliegenden Fall weder eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung durch das syrische Regime noch durch nichtstaatliche Akteure, die Teile des syrischen Staatsgebietes kontrollieren, festgestellt werden konnte – und somit in Bezug auf das gesamte syrische Staatsgebiet keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd § 3 AsylG 2005 vorliegt -, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Heimatregion des Beschwerdeführers für ihn erreichbar ist, ohne dass ihm am Weg dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht (vgl. VfGH 29.06.2023, E 3450/2022; VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108).
Im Ergebnis droht dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten oder sonstigen Gründen in seiner Herkunftsregion keine asylrelevante Verfolgung.
3.2.3. Auch aus der aktuellen allgemeinen Lage in Syrien lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; VwGH 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.
3.2.4. Insgesamt liegen sohin keine Umstände vor, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre. Daher war die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das BFA im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des BVwG auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Zudem ist die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung – soweit diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN).