Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX , Erziehungsberechtigte des mj. XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 7. Oktober 2024, Zl. 9132.003/0556-Präs3b/2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Am 30. September 2024 (Datum des Einlangens bei der belangten Behörde) beantragte die Beschwerdeführerin für ihren minderjährigen Sohn XXXX für den Zeitraum 2. September 2024 bis 28. Februar 2025 die Erteilung der Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht. Als Grund gab sie ihren temporären beruflichen Aufenthalt im Ausland an.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 9 Abs. 6 Schulpflichtgesetz (SchPflG) als verspätet zurück.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus:
Zwar habe die Beschwerdeführerin ein Formular für ein Ansuchen um Bewilligung eines Schulbesuches im Ausland verwendet. Eine Bewilligung für den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule sei hingegen nur für ein Schuljahr zu erteilen. Aus dem objektiven Erklärungswert des Ansuchens ergebe sich daher, dass die Beschwerdeführerin eigentlich einen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht habe stellen wollen. Dieser Antrag sei jedoch erst am 30. September 2024 bei der belangten Behörde eingegangen, weshalb gegenständlich daher nicht geprüft habe werden können, ob ein begründeter Anlass vorliege.
3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig die vorliegende Beschwerde, in der sie im Wesentlichen vorbringt:
Ihr Arbeitsvertrag sei ihr erst Ende Juli ausgehändigt worden und nur von kurzer Dauer. Der Verbleib ihres Sohnes in Wien und die Verweigerung der Einschulung in der Schweiz entspreche nicht dem Kindeswohl. Der Lebensmittelpunkt ihres Sohnes bleibe weiterhin in Wien. Eine Ummeldung würde daher nicht den Tatsachen entsprechen. Auch habe die Beschwerdeführerin im August keine Informationen erhalten können, da die bei der belangten Behörde zuständige Person verreist und keine Vertretung vorhanden gewesen sei. Zudem habe sie das betreffende Formular erst am 23. September 2024 erhalten.
4. Am 18. November 2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Sohn der Beschwerdeführerin namens XXXX ist am XXXX geboren, verfügt über einen Hauptwohnsitz in Österreich und ist an der Volksschule in XXXX Wien, XXXX , angemeldet.
Die Beschwerdeführerin plant, sich aus beruflichen Gründen von 1. September 2024 bis 28. Februar 2025 gemeinsam mit ihrem Sohn in der Schweiz aufzuhalten.
Am 30. September 2024 beantragte die Beschwerdeführerin für ihren Sohn für den Zeitraum 2. September 2024 bis 28. Februar 2025 die Erteilung der Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Gemäß Art. 14 Abs. 7a B–VG beträgt die Schulpflicht zumindest neun Jahre und es besteht auch Berufsschulpflicht.
Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht allgemeine Schulpflicht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten.
Gemäß § 2 Abs. 1 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.
Gemäß § 3 SchPflG dauert die allgemeine Schulpflicht neun Jahre.
Gemäß § 9 Abs. 2 SchPflG ist ein Fernbleiben von der Schule während der Schulzeit nur im Falle gerechtfertigter Verhinderung des Schülers zulässig.
Als Rechtfertigungsgründe für die Verhinderung gelten gemäß § 9 Abs. 3 SchPflG insbesondere: 1. Erkrankung des Schülers, 2. mit der Gefahr der Übertragung verbundene Erkrankungen von Hausangehörigen des Schülers, 3. Erkrankung der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie der Hilfe des Schülers bedürfen, 4. außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers, in der Familie oder im Hauswesen des Schülers, 5. Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist.
Gemäß § 9 Abs. 6 SchPflG kann die Erlaubnis zum Fernbleiben aus begründetem Anlass für einzelne Stunden bis zu einem Tag der Klassenlehrer (Klassenvorstand) und für mehrere Tage bis zu einer Woche der Schulleiter erteilen. Die Entscheidung des Klassenlehrers (Klassenvorstandes) bzw. des Schulleiters ist durch Widerspruch nicht anfechtbar. Für die Erlaubnis zu längerem Fernbleiben ist die zuständige Schulbehörde zuständig.
Gemäß § 56 Abs. 1 Wiener Schulgesetz beginnt das Schuljahr am ersten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres.
3.1.2. Eine verweigerte Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht kann nicht nachträglich erteilt werden (vgl. VwGH 26.03.2007, 2006/10/0234).
Begibt sich ein in Österreich der Schulpflicht unterliegendes Kind ins Ausland, so führt dieser Auslandsaufenthalt nicht von vornherein zum Erlöschen der Schulpflicht in Österreich. Entscheidend für das Erlöschen der Schulpflicht nach § 1 Abs. 1 SchPflG ist die Frage, ob der Auslandsaufenthalt den dauernden Aufenthalt in Österreich nur unterbricht (und letzterer nach dem Auslandsaufenthalt fortgesetzt werden soll), oder ob er ihn beendet, weil auch keine Rückkehrabsicht besteht. Die Schulpflicht erlischt wegen Beendigung des dauernden Aufenthalts in Österreich erst dann, wenn weder die körperliche Anwesenheit noch die Absicht zur Rückkehr vorhanden ist (vgl. VwGH 29.09.2017, Ra 2017/10/0044).
Im Unterschied zu den in den § 9 Abs. 2 und 3 SchPflG angeführten, im Allgemeinen unvorhersehbaren Ereignissen, bezieht sich Abs. 6 leg. cit. auf vorhersehbare Umstände, die den Anlass zu einer vor dem Fernbleiben einzuholenden Erlaubnis bilden (vgl. Jonak/Kövesi, Schulrecht, 14. Auflage, FN 20 zu § 9 SchPflG).
3.1.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:
Zunächst ist festzuhalten, dass der am XXXX geborene Sohn der Beschwerdeführerin namens XXXX aufgrund seines Alters und seines – lediglich kurzfristig unterbrochenen – dauernden Aufenthaltes in Österreich gemäß §§ 1 ff SchPflG schulpflichtig ist.
Da die berufliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Ausland bereits Ende Juli 2024 absehbar war, liegt gegenständlich ein vorhersehbares Ereignis i.S.d. § 9 Abs. 6 SchPflG vor. Demnach hätte die Beschwerdeführerin die Erlaubnis von der belangten Behörde jedenfalls vor dem geplanten Fernbleiben vom Unterricht, also vor dem 1. September 2024, einzuholen gehabt (vgl. Jonak/Kövesi, Schulrecht, 14. Auflage, FN 20 zu § 9 SchPflG sowie VwGH 26.03.2007, 2006/10/0234).
Der gegenständliche Antrag vom 30. September 2024 war demnach verspätet, weshalb die belangte Behörde diesen zutreffend als verspätet zurückgewiesen hat.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Abschließend ist festzuhalten, dass, auch wenn es sich beim gegenständlichen Antrag tatsächlich um ein Anbringen nach § 13 SchPflG gehandelt haben sollte, ein solches Anbringen von der belangten Behörde (ebenfalls) als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. VwGH 04.06.2024, Ro 2024/10/0007, wonach ein Anbringen nach § 13 SchPflG von der Behörde zurückzuweisen ist, wenn es nicht vor Beginn des Schuljahres – in Wien begann das Schuljahr 2024/2025 gemäß § 56 Abs. 1 Wiener Schulgesetz am 2. September 2024 – gestellt wurde).
Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe etwaFister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2. Zu Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine Erlaubnis nach § 9 Abs. 6 SchPflG nicht nachträglich erteilt werden kann und daher vor dem Fernbleiben einzuholen ist, ergibt sich aus der oben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.