Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, 10.07.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer war im Besitz eines bis zum 31.03.2024 befristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. und den Zusatzeintragungen „Der Inhaber des Passes ist Träger einer Orthese“, „Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese“ sowie „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“.
Aufgrund des nahenden Ablaufes seines befristeten Behindertenpasses stellte der Beschwerdeführer am 16.02.2024 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Verlängerung des Behindertenpasses samt den Zusatzeintragungen. Mit dem Antrag wurden diverse medizinische Beweismittel vorgelegt.
Das daraufhin von der belangten Behörde eingeholte medizinisches Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.05.2024, liegt im Akt datiert mit 09.05.2024 und mit 03.06.2024 im Akt auf, und wird in den Gutachten Nachfolgendes ausgeführt (Anm. die sich unterscheidenden Inhalte sind fett gedruckt):
„Anamnese:
H-TEP links, Zn. Revisions-OP nach Frühinfekt
H-TEP rechts
K-TEP rechts
chron. Niereninsuffizienz G2-3a
Distal symmetrische, gemischte Polyneuropathie, pAVK
Z.n. Facialisparese li. 01/2023, re 2016
Mehrsegmentale Osteochondrosen HWS
art. Hypertonie
Hyperurikämie - Z.n. einmaligem Gichtanfall
Z.n. Facialisparese
Adipositas
Derzeitige Beschwerden:
Termin vorgezogen, da von der Partei mehrmals telefonisch urgiert.
Nachuntersuchung hinsichtlich UZM da befristet ausgestellt.
Er war 55 Tage ohne Hüfte - er war von einem Tag auf den anderen Rollstuhlfahrer
Die letzte Nachuntersuchung beim Operateur war unauffällig im Verlauf - es sei "das bestmöglich" daraus geworden. So wie früher ist es aber nicht, wird es auch nie werden.
Er hat Schmerzen in der linken Hüfte. Er kann "nicht anständig gehen" trotz Übungen und trotz Reha. Stiegensteigen erfolgt im Nachstellschritt.
Die Niere ist in Abklärung - da hat er ein Gewächs.
Er hatte einmal einen Gichtanfall in der linken Zehe.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Euthyrox 50mg, Candeblo, Febuxostad, Ezeato, Pregamid, neu: Amlodipin, Voltaren bei Bedarf
Spirobene Pause bei Gynäkomastie
Sozialanamnese:
Pensioniert seit Mai 2023. Er war XXXX .
Verheiratet, 2 erwachsene Kinder.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
29.04.2024 Ambulanzbrief UK XXXX 1. Med. Abteilung: DU bei Paraproteinämie
nächste Kontrolle 05.06.2024 Termin Beckenkammpunktion, Vier-Phasen-Nieren-CT und anschl. Vorstellung Urologie
25.04.2024 PET-CT: susp. Läsion am kranialen Nierenpol rechts jedoch ohne metabol. Auffälligkeiten - weitere Abklärung empfohlen. Unspezif. Verdichtungsareal im Interlobium rechts - ebenfalls ohne FDG-Avidität. Verlaufskontrolle empfohlen. In beiden Modalitäten kein Hinweis auf patholog. Lymphknoten.
23.04.2024 PET-CT Befund: metabol. auffällig ist eine intensive FDG-Deposition im Bereich der Zungenspritze sowie unt. Ösophagusabschnitt - läng. imponierend eine mäßig gesteigerte metabol. Aktivität - incip. Entzündungsgeschehen?
08.04.2024 Befund Innere Medizin
Diagnosen: art. Hypertonie, Paraproteinämien IgG-Kappa, chron. NINS G2-3a, Adipositas, pAVK - CT-Angio 02/2022 Stenose der Art. dors. pedis und plantaris sin.
Pat. kommt zur Abklärung der CNI / Amyloidose. Er ist beschwerdefrei, allerdings ist ihm seit 3 Wochen eine Gynäkomastie aufgefallen, er nimmt seit Juni Spironolacton.
Veg. Status: 182cm, 121kg. BMI 36,77. Sport: 3x/Woche Fitnessstudio, Ergometer (daheim), Radfahren
Echo: normal großer, konzentrisch hypertrophierter linker Ventrikel mit global guter Pumpfunktion. keine reg. WBST. Diastol. altersentsprechend, keine relev. Insuffizienzen. Geringe Trikuspidalklappeninsuff. Re Vorhof normal groß und normale Funktion.
28.03.2024 Laborbefund: Kreatinin 1,5mg% GFR 52ml/min
28.02.2024 Ambulanzbrief UK XXXX 1. Med. Abteilung:
Diagnose: Paraproteinämie IgG-Kappa - lfd. DU. CNI Stad. 2-3a - lfd. Abklärung. Polyneuropathie - distal symmetr. sens. + mot. PNP. Zn. Facialisparese links 01/2023 - House-Brackmann V
Hypertonie, Adipositas, pAVK, Zn. H-TEP bds., K-TEP rechts 2013
Therapieempfehlung: Candeblo plus, Spirobene, Eazo, Febuxostad, Gerovit D3, Pregamid. Zuweisung zum Herzecho durch den HA (Ausschluss einer Amyloidose)
15.02.2024 Ärztl. Bericht Neurologie:
Diagnosen: Distal symmetrische, gemischte Polyneuropathie Gamma-Globulinämie Z.n. HTEP rechts, Z. n. HTEP links mit Revisionsoperation Z. n. periphererer Facialisparese links 01/23
Anamnese: Erstvorstellung. seit dem Frühjahr letzten Jahres zunehmende Kribbelparästhesien und Missempfindungen im Bereich der linken Hand und des linken Fußes – wurden im Laufe des letzten Jahres einerseits intensiver andererseits aber auch häufiger. keine eindeutige tageszeitliche Abhängigkeit, bei körperlicher Betätigung eher besser. Es werden kribbelnde Missempfindungen aber keine Taubheit berichtet. nach einer Hüftgelenksoperation links im Jahr zuvor eine Einblutung unter Pradaxa - dann aufwändige Revisionsoperationen durchgeführt.
lange Zeit nur mit Krücken mobil und hatte über mehrere Monate eine antibiotische Behandlung. Diabetes mellitus nicht bekannt. Alkohol trinkt er überhaupt keinen. Status:
Neurologischer Status: Patient wach, voll orientiert zu Person, Situation, Ort und Zeit. Sprache unauffällig. Kein Meningismus. Hirnnervengebiet: Pupillen gleichweit, mittelweit, rund. Prompte und konsensuelle Lichtreaktion. Okulomotorik unauffällig, kein Nystagmus. N. V unauffällig. N. VII: asymmetrisch, aber bds. allseits innerviert. Lidspalte seitengleich. N. IX-XII: Zunge gerade vorgestreckt, keine Zungenatrophie, Uvula median, Gaumensegel hebt seitengleich. Sternocleidomastoideus und Accessorius nicht paretisch. Obere Extremitäten: Kraft seitengleich im Überblick altersentsprechend unauffällig. Normaler Tonus. Sensibilität für Berührung unauffällig. MER stgl. wenig lebhaft. Armvorhalteversuch unauffällig. Finger-Nase-Versuch unauffällig. Eudiadochokinese. Untere Extremitäten: Kraft im Überblick seitengleich altersentsprechend unauffällig. Sensibilität für Berührung unauffällig. PSR seitengleich wenig lebhaft. ASR seitengleich wenig lebhaft. Babinski-Zeichen negativ.
Gangbild: hinkend
Behandlung vom 15.02.2024:
Patient kommt zur geplanten Kontrolle. Sehr gutes Ansprechen auf Pregabalin, wird gut vertragen. Die Beschwerden sind deutlich besser geworden aber doch noch leicht vorhanden. Patient bittet um eine leichte Steigerung der Dosis.
Procedere: Pregabalin 50 mg 0-0-1-0 Vorstellung Ambulanz für Hämatoonkologie im Krankenhaus Sankt Pölten
06.12.2023 MRT HWS:
Deutliche Streckhaltung mit angedeutet paradoxer Hyperkyphosierung C4-C6. Hochgradige Osteochondrosen C4-C7 mit assoziierten deutlichen Intervertebral- und Uncovertebralarthrosen. Leichte Aktivierungszeichen mit diskreten Knochenmarködemzonen der angrenzenden Wirbelkörper. Flache breitbasige Protrusio C4-C6. Kein Nachweis eines signifikanten Discusprolapses. Multifaktoriell bedingte neuroforaminäre Einengungen im Segment C3/C4 links, hochgradig im Segment C4/C5 beidseits mit Betonung der linken Seite, hochgradig C5/C6 beidseits sowie moderat C6/C7 beidseits. Keine Vertebrostenose. Moderate Atlantodentalarthrose, das cervicale Mark ist unauffällig.
NB: Mäßige Osteochondrosen in der oberen miterfassten BWS mit soweit miterfasst breitbasiger rechtsbetonter Protrusio Th3/4.
20.06.2023 Entlassungsbericht Reha XXXX
Coxarthrose links, Implantation einer H-TEP links 11/2022, Explantation einer H-TEP links 12/2022 bei Frühinfekt, Re-Implantation einer H-TEP links 02.02.2023. Z.n. H-TEP rechts, Z.n. K-TEP rechts. Hypertonie, Adipositas.
6min-Gehtest 425m, Gangbild weitgehend normal
27.02.2023 Ärztlicher Entlassungsbrief XXXX Orthopädie: Z.n. Explantation einer Hüft-TEP links 12/22 bei Frühinfekt (Proteus mirabilis, Staphylokokkus epidermis) - geplante Reimplantation der Hüft-TEP links
Diagnosen bei Entlassung: Z.n. Explantation einer Hüft-TEP links bei Frühinfekt 12/22. ND: Arterielle Hypertonie, Z.n. Knie-TEP rechts 2013, Z.n. zementfreier Hüft-TEP rechts 2020
Therapie: 02.02.2023: Replantation einer Hüft-TEP links,
Verlauf: Der Patient wird zur geplanten Operation stationär aufgenommen. Nach präoperativer Vorbereitung kann die Reimplantation der linken Hüfte am 02.02.2023 komplikationsfrei durchgeführt werden
06.01.2023 Ambulanter Arztbrief Neurologie:
Periphere Fazialisprese links House Brackmann V Anamnese: Der Pat. kommt in Begleitung seiner Angehörigen in die neurologische NFA, berichtet er habe seit 2 Tagen eine periphere Fazialisparese li. mit inkompletten Lidschluss. Seit 2 Tagen würde er deshalb einen Uhrglasverband verwenden. Bei dem Pat. besteht ein St.p. periphere Fazialisparese re. 2016, damals wurde eine Infektion ausgeschlossen, eine Therapie mit Urbason eingenommen. keine Kopfschmerzen, kein Schwindel, kein Fieber, keine sensomotorischen Defizite. Der Pat. ist aufgrund einer Hüftprotheseninfektion li. derzeit nur mit Rollstuhl mobil und es wird eine antibiotische Therapie mit Ciprofloxacin und Vibramycin eingenommen.
15.11.2022 Ärztlicher Entlassungsbrief XXXX Orthopädie:
Diagnosen bei Entlassung: Schwere Coxarthrose links. ND: Zustand nach zementfreier Hüft-TEP rechts 2020, arterielle Hypertonie, Z.n. Knie-TEP rechts 2013. Therapie: 10.11.22: Zementfreie Hüft-TEP links
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: AZ unauff.
Ernährungszustand: EZ adipös.
Größe: 182,00 cm Gewicht: 125,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum oB. unauff. SH und Zahnstatus.
Facies gerötet. Leichte Asymmetrie der mimischen Muskulatur ohne dezidierte Halbseitenschwäche (Zn. Facialisparese links, rechts).
Schürzen- und Nackengriff. unauff. Reklination und Inklination unauff.
WS im Lot. Unauff. Rot. in HWS und BWS. LWS n. kd. Paravert. Musk. n. dol.
FBA im Sitzen 0cm. Überkreuzen der Beine im Sitzen - rechts möglich, links wird vermieden nach mehrfacher Hüft- Operation und Narbe.
Einbeinstand bds. mit sanftem Abstützen sicher mögl.
Heranziehen der Beine zum Oberkörper im Sitzen bds. bis dtl. über 90° in Knie und Hüfte.
Kraft OE und UE stgl. unauff.
Faustschluss/Fingerspreizen kräftig mögl. Haut im Bereich der Fingergrundgelenke dorsal verschwielt. Leichte Fingerdeformationen. Schwellungen und leichte Schmerzhaftigkeit im Bereich der Handgelenke, leichte Deformationen in allen DIP- und PIP-Gelenken.
Haut bland. Socken zeichnen sich ab, aber nicht ödematös.
Narben rechtes Knie und beide Hüften bland, reizfrei.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Unauff. Gesamtmobilität, unauff. Gangbild in losem, offenen Konfektionsschuhwerk, eine Stützkrücke rechts mit Seitwärtsneigung rechts. Einbeinstand bds. mit sanftem Abstützen sicher mögl., Fersen- und Zehengang nicht geprüft.
Stiegensteigen erfolgt im Nachstellschritt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert.
Freizeit/Aktivität/Ausgleich: Garten, Radfahren mit E-Bike (Aufsteigen in spezieller Technik, da mit der Hüfte kein Übersteigen möglich ist).
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Durch leiden 2-5 kommt es zu Erhöhung um zwei Stufen, da ungünstige wechselseitige Beeinflussung hinsichtlich Schmerzen und Belastbarkeit daraus hervorgeht.
Leiden 6-9 erhöhen nicht weiter.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Raumforderung rechte Niere - keine Einstufung aus vorgelegten Befunden möglich, da keine resultierende Funktionsstörung.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 1 und 2 gleichbleibend.
Leiden 3, 6 und 9 neu aufgenommen.
Leiden 4 und 5 (zuvor lfd. Leiden 3 und 4) gleichbleibend.
Leiden 7 und 8 (zuvor lfd. 5 und 6) gleichbleibend.
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
GdB steigt um eine Stufe.
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Im Rahmen der festgestellten Funktionseinschränkungen ist die Gesamtmobilität teilweise eingeschränkt durch Schmerzen im Rücken und in der Unteren Extremität, es wird fallweise eine Stützkrücke verwendet. Kurze Wegstrecken können damit aus eigener Kraft zurückgelegt werden. Kraft und Koordination reichen aus um den erforderlichen Niveauunterschied zu überwinden (Ein- und Aussteigen) und zum Anhalten an den dafür vorgesehenen Haltegriffen. (Anm. = GA vom 09.05.2024 und vom 03.06.2024)
Keine Einschränkung des kardiorespiratorischen Systems. Somit ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. (Anm. = nur im GA vom 09.05.2024)
Die Gehfähigkeit ist somit ausreichend sicher (wie auch mehrfach in Befunden - Reha, Neurologie - beschrieben). Eine im Vorgutachten (Aktengutachten ohne klinische Untersuchung) beschriebene Claudicatiosymtpomatik ist aus Anamnese, körperlicher Untersuchung oder vorgelegten Befunden nicht eruierbar. Das Vorgutachten ist ein Aktengutachten - der klinische Zustand bei der Untersuchung am 06.05.2024 entspricht nicht den Begründungen für die Unzumutbarkeit aus dem Vorgutachten. Zusammenfassend liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten bzw. der körperlichen Belastbarkeit oder psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor. Somit ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. (Anm. = nur im GA vom 03.06.2024)
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Kein Hinweis.
Die belangte Behörde brachte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.06.2024 das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis und räumte ihm in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Aufgrund der vom Beschwerdeführer am 11.06.2024 eingebrachten Stellungnahme wurde von der belangten Behörde eine ergänzende ärztliche Stellungnahme von der bereits befassten Ärztin für Allgemeinmedizin vom 01.07.2024 eingeholt, in welcher betreffend die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Einspruch von Seiten des Antragstellers, lautend wie folgt:
(…) "Ich beeinspruche weiters die Aberkennung der Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel: Die Anmerkung, wonach es sich im Vorgutachten um ein Aktengutachten handle, ist schlichtweg falsch, natürlich erfolgte durch Fr. XXXX eine Untersuchung vor Ort. Die Annahme „Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten vor" betrachte ich als Anschlag auf meine Glaubwürdigkeit, die Annahme ist unrichtig."
- Die Erheblichkeit der Einschränkung der unteren Extremität stützt sich - zusätzlich zur körperlichen Untersuchung vom 06.05.2024 - auf die vorgelegten Befunde, unter anderem die fachärztlich-neurologische Befundung mit Untersuchung vom 15.02.2024, worin die Mobilität der unteren Extremitäten und die Gesamtmobilität mit „war lange Zeit nur mit Krücken mobil / Untere Extremitäten: Kraft im Überblick seitengleich altersentsprechend unauffällig. Sensibilität für Berührung unauffällig. PSR seitengleich wenig lebhaft. ASR seitengleich wenig lebhaft. Babinski-Zeichen negativ. Gangbild: hinkend“ beschrieben wurde. Die Verwendung eines Gehbehelfs ist hier nicht erläutert. Somit ist mehrfach durch ärztliche Befundung keine erhebliche Einschränkung festgestellt worden.
- Im Gutachten mit Untersuchung vom 06.05.2024 erfolgt Bezugnahme auf das letztvorliegende Gutachten, bei welchem es sich um das Aktengutachten von Fr. XXXX am 25.04.2022 handelt, da das zuvor erhobene Gutachten mit Untersuchung am 18.01.2022 eine andere Einschätzung ergab.
Im Gutachten mit Untersuchung vom 06.05.2024 erfolgt Bezugnahme auf das letztvorliegende Gutachten, bei welchem es sich um das Aktengutachten von Fr. XXXX am 25.04.2022 handelt, da das zuvor erhobene Gutachten mit Untersuchung am 18.01.2022 eine andere Einschätzung ergab.
Aus der Untersuchung vom 06.05.2024 ergibt sich daher – unter Berücksichtigung eines weiterhin hinkenden Gangbildes und Verwendung einer Stützkrücke und in Zusammenwirken von Wirbelsäulenleiden sowie Hüftleiden – eine Besserung des Gesamtzustandes und der Gesamtmobilität, welche unter anderem aus Zusammenschau der körperlichen Untersuchung sowie vorliegender Befundlage hervorgeht. Es ergibt sich daher keine Änderung der Einschätzung hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.“
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.07.2024 den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die in der Stellungnahme zum Bescheid angeführte Einschätzung einer Besserung des Gesamtzustandes und der Gesamtmobilität seit dem letzten Gutachten vom Jahr 2022 sachlich unrichtig sei. Seither habe er vier Hüftoperationen mit Prothesen-Totalentfernung, eine Fazial-Parese, ein Gichtanfall im linken Fuß sowie Polyneuropathie an Händen und Füßen gehabt. Er könne eine Strecke von 400 Metern trotz Krücke nicht ohne Unterbrechung in einem zumutbaren Zeitraum bewältigen. Überdies müsse die Entfernung des nächsten öffentlichen Verkehrsmittels zu seinem Wohnsitz sehr wohl berücksichtig werden, da es an seinem Wohnort nur ein öffentliches Verkehrsmittel gäbe und das sei 500 Meter von seinem Wohnsitz entfernt. Neue medizinische Beweismittel wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 23.08.2024 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Antragstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen notwendiger Ermittlungen des Sachverhaltes seitens der belangten Behörde.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein nur das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren², § 28 VwGVG, Anm. 11, Stand 01.10.2018).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze klargestellt:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen – im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten – mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. 283/1990 idF BGBl. I 59/2018 (BBG), lauten auszugsweise:
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG ist der Behindertenpass ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. Der Behindertenpass ist kein Nachweis im Sinne des § 14 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung. (3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen. (…)
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II 263/2016, lautet auszugsweise:
(….)
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
(….)
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitige Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen. (…)
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wird unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall relevant – Folgendes ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzise Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. (…)
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses. (…)
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen.
Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 23.02.2011, 2007/11/0142, und vom 25.05.2012, 2008/11/0128, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Eingangs ist festzuhalten, dass die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin basierend lediglich auf einer persönlichen Untersuchung am 06.05.2024 eingeholt hat, dasselbe Sachverständigengutachten jedoch im Verwaltungsakt einmal datiert mit 09.05.2024 und einmal datiert mit 03.06.2024 aufliegt und teils widersprüchliche Inhalte enthält.
So hat die ärztliche Sachverständige in dem mit 09.05.2024 datierten Gutachten unter Leiden 1 ein „Wirbelgleiten L4/5 mit claudicatio-artigem Beschwerdebild“ eingeschätzt, während sie im mit 03.06.2024 datierten Sachverständigengutachten unter Leiden 1 nur mehr „Wirbelgleiten L4/5“ anführt und ausführt: „(…) eine im Vorgutachten (Anm.: gemeint ist das allgemeinmedizinische Gutachten vom 25.04.2022), Aktengutachten ohne klinische Untersuchung, beschriebene Claudicatiosymptomatik ist aus Anamnese, körperlicher Untersuchung (Anm.: Grundlage für das mit 09.05.2024 und das mit 03.06.2024 datierte Gutachten war lediglich die Untersuchung am 06.05.2024) oder vorgelegten Befunden nicht eruierbar.“
Die Einschätzung, ob nun eine Claudicatiosymptomatik vorliegt, ist aber insofern für die Beurteilung der beantragten Zusatzeintragung von wesentlicher Bedeutung, da die ärztliche Sachverständige im Vorgutachten vom 25.04.2022 festgehalten hat, dass das beim Beschwerdeführer vorliegende Wirbelgleiten neben einer Claudicatiosymptomatik mit Gangunsicherheit die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen würde und dem Beschwerdeführer basierend auf diesem Gutachten die beantragte Zusatzeintragung zuerkannt wurde.
Wie oben ausgeführt hat nunmehr die ärztliche Sachverständige nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.05.2024 in dem mit 09.05.2024 datierten Gutachten als Leiden 1 ein „Wirbelgleiten L4/5 mit claudicatio-artigem Beschwerdebild“ diagnostiziert und in dem mit 03.06.2024 datierten Gutachten, welches ebenfalls auf der persönlichen Untersuchung am 06.05.2024 basiert, unter Leiden 1 nur mehr „Wirbelgleiten L4/5“ angeführt und eine Claudicatiosymptomatik ausdrücklich ausgeschlossen und festgehalten, dass diese nicht eruierbar sei. Es ist völlig unplausibel, dass die ärztliche Sachverständige anlässlich einer Untersuchung am 06.05.2024 zu zwei vollkommen konträren Beurteilungen kommt und im mit 03.06.2024 datierten Gutachten noch überdies ausführt, dass die Claudicatiosymptomatik nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung nicht feststellbar sei.
Weiters hält die ärztliche Sachverständige in der ergänzenden ärztlichen aktenmäßig erstellten Stellungnahme vom 01.07.2024 fest, dass sich aus der Untersuchung am 06.05.2024 unter Berücksichtigung eines weiterhin hinkenden Gangbildes und Verwendung einer Stützkrücke in Zusammenwirken von Wirbelsäulenleiden sowie Hüftleiden eine Besserung des Gesamtzustandes und der Gesamtmobilität ergeben habe. Dies ist ebenso nicht nach nachvollziehbar, da die allgemeinärztliche Sachverständige sowohl im mit 09.05.2024 als auch im mit 03.06.2024 datierten Gutachten im Vergleich zum Gutachten vom 25.04.2022 den Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. auf 60 v.H. um eine weitere Stufe erhöht hat, mit der Begründung, dass insbesondere auch das Hüftleiden, das Wirbelsäulenleiden aufgrund ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung hinsichtlich Schmerzen und Belastbarkeit erhöhe.
Diesbezüglich ist die ärztliche Gutachterin auch nicht darauf eingegangen, wie sich allenfalls beim Beschwerdeführer vorliegende Schmerzen bzw. Dauerschmerzen im Zusammenhang mit den diagnostizierten Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken. Dies ist insbesondere auch deshalb nicht nachvollziehbar, da die ärztliche Sachverständige gutachterlich ausgeführt hat, dass durch die festgestellten Funktionseinschränkungen die Gesamtmobilität teilweise durch Schmerzen im Rücken und in den unteren Extremitäten eingeschränkt sei, dies dann aber anhand der Kriterien für das Vorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung gutachterlich überhaupt nicht berücksichtigt hat.
Betreffend das Vorliegen von Schmerzen ist auch auf die ständige Judikatur des VwGH hinzuweisen, wonach im behördlichen Ermittlungsverfahren Art und Ausmaß von Schmerzen und der Umstand, inwieweit ein Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehindert ist, zu erheben sind, um feststellen zu können, ob einem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich zumutbar ist (VwGH27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, zu den oben dargelegten Fragestellungen einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung der vorgelegten medizinischen Beweismittel bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Von den vollständigen Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Im gegenständlichen Fall ist sohin jedenfalls davon auszugehen, dass die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den maßgeblichen Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat bzw. die Ermittlung des Sachverhaltes in entscheidungswesentlichen Fragen an das Bundesverwaltungsgericht delegiert hat. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice zurückzuverweisen.
Betreffend das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, wonach die Entfernung des nächsten öffentlichen Verkehrsmittels zu seinem Wohnsitz sehr wohl berücksichtig werden müsse, da es an seinem Wohnort nur ein öffentliches Verkehrsmittel gäbe und das sei 500 Meter von seinem Wohnsitz entfernt, ist festzuhalten, dass es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258).
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.