Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Natascha BAUMANN, MA und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen Spruchpunkt A) des Bescheides des Arbeitsmarktservice XXXX vom 16.07.2024, VN: XXXX betreffend den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum von 15.04.2024 bis 23.06.2024 gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt A) des Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) stand zuletzt ab 04.03.2024 im Bezug von Arbeitslosengeld.
1.2. Der BF wurde vom Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: AMS) am 28.03.2024 ein Kontrollmeldetermin gemäß § 49 AlVG für 15.04.2024 vorgeschrieben.
1.3. Die BF hat den Kontrollmeldetermin am 15.04.2024 nicht wahrgenommen.
1.4. Mit Schreiben des AMS vom 11.06.2024 wurde die BF darüber informiert, dass sie ihren Kontrollmeldetermin am 15.04.2024 nicht eingehalten habe und ihre Leistung eingestellt worden sei. Sie solle umgehend persönlich in der Informationsstelle des AMS vorsprechen.
1.5. Die BF übermittelte am 16.06.2024 ein Schreiben an das AMS, in dem sie erklärte, wie es zur Versäumung des Kontrollmeldetermins gekommen sei und angab, dass sie erst bei der Kontrolle ihres Bankkontos realisiert habe, dass sie seit März keine weiteren Eingänge gehabt habe. Sie habe die Bruttoerklärungen nachgereicht und verstanden, dass nur auf Eigeninitiative ein weiterer Termin stattfinde und ihr nun die Streichung des Leistungsanspruches drohe.
1.6. Mit Schreiben des AMS vom 17.06.2024 wurde die BF erneut darauf hingewiesen, dass nach einem Kontrollmeldeterminversäumnis eine persönliche Wiedermeldung nötig sei. Sie werde gebeten, umgehend bei ihrer regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen.
1.7. Am 17.06.2024 informierte die BF das AMS darüber, dass ein persönliches Erscheinen erst am 24.06.2024 wieder möglich sei, da sie ihre Schwester in den USA besuche. Ihr sei bewusst, dass sie ihren Auslandsaufenthalt hätte melden müssen.
1.8. Am 24.06.2024 sprach die BF persönlich beim AMS vor. Ihr wurde ein neuer Antrag auf Arbeitslosengeld ausgefolgt.
1.9. Am 08.07.2024 wurde die BF vor dem AMS niederschriftlich zur Nichteinhaltung der Kontrollmeldung am 15.01.2024 befragt. Dabei gab die BF an, aufgrund von ADHS Probleme zu haben, sich an unabänderbare Abfolgen zu gewöhnen. Laut dem Befund sei sie aufgrund der Neurodiversität beim ersten Mal nicht in der Lage, neue Anforderungen umzusetzen, Schriften genau zu lesen und Fristen einzuhalten. Erst bei der Wiederholung der Abläufe sei es ihr möglich, die Vielzahl der Aufgaben als Ganzes zu bewältigen. Aufgrund von Überforderung komme es bei ADHS zu einem „Ausblenden“ des Problems (Reizüberflutung).
1.10. Am 11.07.2024 wurde eine neue Niederschrift zur Nichteinhaltung des Kontrollmeldetermins am 15.04.2024 (mit dem korrekten Datum des Kontrollmeldetermins) aufgenommen.
1.11. Mit Bescheid des AMS vom 16.07.2024, VN: XXXX , wurde in Spruchpunkt A) festgestellt, dass die BF den Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 15.04.2024 bis 23.06.2024 gemäß § 49 AlVG verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, dass die BF den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 15.04.2024 nicht eingehalten und sich erst wieder am 24.06.2024 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS gemeldet habe. In Spruchpunkt B) wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ausgeschlossen.
1.12. Gegen den unter Punkt 1.11. genannten Bescheid richtet sich die von der BF fristgerecht erhobene Beschwerde. Die BF führte aus, dass die Erfassung neuer Aufgaben und Anforderungen für sie sehr schwierig sei. Das Einhalten von Formalitäten sei für sie aufgrund des Diagnosebildes ADHS mit vielen negativen Erfahrungen verbunden. Sie habe das AMS innerhalb der Frist zweimal kontaktiert, jeweils mit der Frage, wie eine Bruttoerklärung einzureichen sei. Sofern sie nachgefragt hätte, was sie tun solle, wenn sie keine weiteren Kontoeingänge erhalte, wäre sie am Telefon darüber aufmerksam gemacht worden, dass sie einen Termin ausmachen müsse.
1.13. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2024, GZ: W255 2298444-1/4E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt B) als unbegründet abgewiesen.
1.14. Am 17.09.2024 wurde die BF vor dem AMS niederschriftlich zur Einleitung einer ärztlichen Untersuchung mit Leistungsbezug einvernommen. Die BF wurde informiert, dass sich Zweifel über ihre Arbeitsfähigkeit ergeben hätten. Es wurde ein Untersuchungstermin bei der Pensionsversicherungsanstalt für den 09.10.2024 um 11:30 Uhr vereinbart. Diesen nahm die BF wahr.
1.15. Am 24.10.2024 wurde dem AMS von der Pensionsversicherungsanstalt ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 AlVG übermittelt.
1.16. Am 07.11.2024 wurde eine ergänzende Stellungnahme durch die Pensionsversicherungsanstalt übermittelt, laut der die BF terminfähig sei.
1.17. Am 08.11.2024 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
1.18. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.2024 wurde die BF von der Beweisaufnahme verständigt, ihr das ärztliche Gutachten sowie die Stellungnahme übermittelt und der BF die Möglichkeit gegeben, binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme einzubringen.
1.19. Mit Schreiben vom 13.01.2025 führte die BF aus, dass ihr eine generelle Einhaltung von Terminen möglich sei. Sie habe keine Schwierigkeiten Termine einzuhalten, ihre Schwierigkeit bestehe aufgrund ihrer Diagnose (ADHS) darin, den Überblick zu bewahren, Prioritäten zu setzen, stringente Handlungen zu planen und auszuführen.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. Feststellungen
2.1.1. Die BF ist am XXXX geboren und seit 13.06.2018 mit Hauptwohnsitz in XXXX gemeldet.
2.1.2. Die BF stand zuletzt ab 04.03.2024 im Bezug von Arbeitslosengeld.
2.1.3. Mit Schreiben des AMS vom 28.03.2024 wurde die BF von einem Kontrollmeldetermin gemäß § 49 AlVG am 15.04.2024 informiert. In dem Schreiben wurde die BF auch über ihre Verpflichtung, zu diesem Kontrollmeldetermin zu erscheinen, andernfalls sie ab diesem Tag bis zu dem Tag, den sie sich wieder persönlich bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS meldet, kein Arbeitslosengeld mehr erhält, belehrt. Dieses Schreiben wurde der BF per eAMS-Konto übermittelt. Die BF hat das Schreiben mit der Vorschreibung des Kontrollmeldetermins am 28.03.2024 erhalten und am 29.03.2024 gelesen.
2.1.4. Die BF ist zu dem Kontrollmeldetermin am 15.04.2024 nicht erschienen.
2.1.5. Ein triftiger Grund für das Versäumen des Kontrollmeldetermins lag nicht vor. Die BF war in der Lage, den Termin am 15.04.2024 wahrzunehmen.
2.1.6. Die BF sprach am 24.06.2024 (erstmals wieder) persönlich in der zuständigen Geschäftsstelle des AMS vor.
2.1.7. Am 11.07.2024 wurde die BF durch das AMS zu der Nichteinhaltung des Kontrollmeldetermins niederschriftlich befragt und der BF die Möglichkeit gegeben, die Gründe, weswegen sie nicht zur dem Kontrollmeldetermin erschienen sei, zu nennen.
2.1.8. Mit Bescheid des AMS vom 16.07.2024, VN: XXXX , wurde festgestellt, dass die BF für den Zeitraum von 15.04.2024 bis 23.06.2024 gemäß § 49 AlVG kein Arbeitslosengeld erhält. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
2.1.9. Die BF brachte gegen den unter Punkt 2.1.8. genannten Bescheid am 29.07.2024 fristgerecht Beschwerde ein.
2.1.10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2024, GZ: W255 2298444-1/4E, wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt B) als unbegründet abgewiesen.
2.2. Beweiswürdigung
2.2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2.2. Das Geburtsdatum und die Wohnsitzverhältnisse der BF (Punkt 2.1.1.) ergeben sich aus dem vorliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
2.2.3. Die Feststellungen hinsichtlich des Bezugs von Arbeitslosengeld (Punkt 2.1.2.) stützen sich auf den vorliegenden Bezugsverlauf des AMS sowie die Einsichtnahme in die Daten des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger.
2.2.4. Die Feststellungen zur Vorschreibung eines Kontrollmeldetermins am 15.04.2024 und der Belehrung über die Folgen des Nichterscheinens (Punkt 2.1.3.) beruhen auf dem im Verfahrensakt enthaltenen Schreiben des AMS vom 28.03.2024. Dass die BF dieses Schreiben am selben Tag erhalten und am 29.03.2024 gelesen hat, ergibt sich aus dem im Verfahrensakt einliegenden Sendeprotokoll des eAMS-Systems und ist unstrittig.
2.2.5. Die Feststellungen zum Nichterscheinen der BF zum Kontrollmeldetermin am 15.04.2024 (Punkt 2.1.4.) beruhen auf dem Verfahrensakt und sind ebenfalls unstrittig.
2.2.6. Die Feststellung, dass kein triftiger Grund für das Nichterscheinen zum Kontrollmeldetermin vorlag und die BF in der Lage gewesen wäre, den Termin wahrzunehmen (Punkt 2.1.5.), stützt sich auf das ärztliche Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom 20.10.2024, der chefärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2024 und der Stellungnahme der BF vom 13.01.2025.
Zum Vorbringen, dass für die BF aufgrund ihrer ADHS-Erkrankung das Erfassen neuer Aufgaben und Anforderungen schwer sei, ist beweiswürdigend auszuführen, dass die BF laut der Stellungnahme der Landesstellenchefärztin vom 23.10.2024 terminfähig ist. Die BF wurde von einem Arzt für Allgemeinmedizin untersucht, der im Gutachten darlegte, dass die Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit der BF unauffällig seien. Ihr Gedächtnis sei (soweit beurteilbar) unauffällig und die Konzentrationsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Ausgeführt wurde weiters, dass die ADHS-Beschwerden im Vordergrund stünden und die BF derzeit an depressiver Verstimmung und Energielosigkeit leide. Als Diagnose werden ADHS (Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung), F90.0, und Depressive Störung, F33.0, genannt. Das Gutachten ist schlüssig und die BF ist dem Gutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Das Vorbringen der BF, aufgrund der Neurodiversität unter anderem nicht in der Lage zu sein, neue Anforderungen umzusetzen und Fristen einzuhalten, ist nicht geeignet, das Gutachten der befassten Allgemeinmedizinerin zu entkräften. In ihrer Stellungnahme vom 13.01.2025 führte die BF zwar aus, dass es ihr schwerfalle, Tätigkeiten auszuüben, die ganz genaue Vorschriften und Verhaltensweisen benötigen würden. Es erfordere auch sehr viel Aufmerksamkeit für sie, Formulare mit Anleitungen zu lesen. Sie habe jedoch keine Schwierigkeiten damit, Termine einzuhalten. Sie bestätigte explizit terminfähig zu sein.
2.2.7. Dass die BF am 24.06.2024 erstmals wieder bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS vorsprach (Punkt 2.1.6.), basiert auf dem Verwaltungsakt und ist unstrittig.
2.2.8. Die Feststellung, dass die BF am 11.07.2024 zu den Gründen für die Nichteinhaltung der Kontrollmeldung befragt wurde (Punkt 2.1.7.), stützt sich auf die im Akt aufliegende Niederschrift. Die BF wurde bereits am 08.07.2024 erstmalig niederschriftlich einvernommen, wobei das falsche Datum des Kontrollmeldetermins eingetragen wurde (15.01.2024 statt korrekterweise 15.04.2024), weswegen die BF am 11.07.2024 erneut niederschriftlich einvernommen wurde. Die beiden Niederschriften weisen – mit Ausnahme des Datums des Kontrollmeldetermins – denselben Inhalt auf.
2.2.9. Die Feststellungen hinsichtlich des ergangenen Bescheides (Punkt 2.1.8.) sowie der Beschwerde der BF (Punkt 2.1.9.) ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
2.2.10. Die Feststellung betreffend das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2024 (Punkt 2.1.10.) stützt sich auf die Einsichtnahme in zu den GZ: W255 2298444-1 geführten Akt des Bundesverwaltungsgerichts.
2.3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm. § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
Zu A)
2.3.1. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten:
„Kontrollmeldungen
§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.
(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören.“
2.3.2. Abweisung der Beschwerde
2.3.2.1. Dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht liegt der Zweck zu Grunde, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Um Missbräuche hinsichtlich des Leistungsbezuges in der Arbeitslosenversicherung hintanzuhalten, wurde im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, als Sanktion für die Versäumung eines Kontrollmeldetermins der Anspruchsverlust auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe festgelegt.
Gemäß § 49 Abs 2 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, vom Tag der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezugs den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Der Verlust des Anspruchs aufgrund der Nichteinhaltung einer Kontrollmeldung besteht bis zur Geltendmachung des Fortbezuges (Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 18. Lfg. (Juni 2021), § 49, Rz 829).
2.3.2.2. Der Anspruchsverlust als Sanktion einer Kontrollterminversäumnis hängt von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung ab. Die wirksame Vorschreibung verlangt wiederum die Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung und hängt andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 18. Lfg. (Juni 2021), Rz 825; VwGH vom 20.11.2002; Zl. 2002/08/0136).
Im gegenständlichen Fall wurde der BF, wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, mit Schreiben vom 28.03.2024 der Kontrollmeldetermin am 15.04.2024 vorgeschrieben und ihr per eAMS-Konto übermittelt. Die BF hat das Schreiben erhalten. Dieses Schreiben enthielt Ort und Zeit des Kontrollmeldetermins sowie eine Rechtsfolgenbelehrung gemäß § 49 AlVG. Der Kontrollmeldetermin wurde der BF daher ordnungsgemäß zugewiesen und ihr die Folgen der Nichteinhaltung des Termins zur Kenntnis gebracht.
2.3.2.3. Angesichts der Sanktion des § 49 Abs. 2 AlVG kommt der Entschuldigung für das Versäumnis der Kontrollmeldung aus triftigem Grund wesentliche Bedeutung zu. Die Sanktion des § 49 Abs 2 AlVG tritt, wenn die Kontrollterminfestsetzung überhaupt ordnungsgemäß erfolgt ist, dennoch nicht ein, wenn die arbeitslose Person ihre Säumnis mit triftigen Gründen entschuldigen kann. Eine generelle Aufzählung von Entschuldigungsgründen ist nicht möglich, es bedarf in jedem Fall einer individuellen Prüfung. Durch die Verwendung des Begriffes "triftig" hat allerdings der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei um einen Begriff handeln muss, der den Arbeitslosen tatsächlich behindert hat, die Kontrollmeldung einzuhalten, oder der die Einhaltung des Kontrollmeldetermins für den Arbeitslosen unzumutbar macht.
Grundsätzlich hat die Prüfung eines Entschuldigungsgrundes einzelfallbezogen zu erfolgen. Triftige Gründe, die zum Ausschluss einer Sanktionsverhängung führen können, sind z.B. Erkrankung des Arbeitslosen bzw. eines Kindes, wichtige persönliche Gründe (vergleichbar den Dienstverhinderungsgründen gemäß § 8 AngG), Arbeitssuche (Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 18. Lfg. (Juni 2021), § 49, Rz 828).
Da von einer ordnungsgemäßen Kontrollterminfestsetzung auszugehen ist, ist in weiterer Folge einzelfallbezogen das Vorliegen eines triftigen Entschuldigungsrundes zu prüfen. Die BF brachte vor, aufgrund ihrer Diagnose ADHS neue Aufgaben und Anforderungen schwer erfassen zu können. Sie sei grundlegend eingeschüchtert von Formalitäten. Ein eingeschränkter Geisteszustand kann als triftiger Grund zu einer Entschuldigung einer Kontrollmeldeversäumnis führen, aber, soweit er den Arbeitslosen daran gehindert hat, die Bedeutung der aktuellen Kontrollterminvorschreibung zu erfassen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, die Wirksamkeit der Vorschreibung überhaupt in Frage stellen (weshalb ein aktuelles medizinisches Gutachten erforderlich ist; VwGH 9. 8. 2002, 2002/08/0039).
Das AMS hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die Arbeitsfähigkeit der BF abzuklären. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, war die BF zum Zeitpunkt des Kontrollmeldetermins terminfähig. Ein triftiger Grund als Entschuldigung iSd. § 49 Abs. 2 AlVG liegt sohin nicht vor.
Das bloße Vergessen eines Termins stellt keinen triftigen Grund dar. Der BF war es möglich, organisatorische Vorkehrungen zu treffen, die die Einhaltung des Kontrollmeldetermins sicherstellen, zB die Eintragung in einen Kalender (vgl. VwGH 23. 10. 2014, Ro 2014/08/0067).
Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Leistungsbezug der BF vom Tag des versäumten Kontrollmeldetermins am 15.04.2024 bis zu ihrer neuerlichen Meldung beim AMS am 24.06.2024 gemäß § 49 Abs 2 AlVG einzustellen war.
2.3.2.4. Mit Spruchpunkt B) des angefochtenen Bescheides wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 – sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist – dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.09.2024, GZ: W255 2298444-1/4E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt B) abgewiesen, sodass im gegenständlichen Verfahren noch über Spruchpunkt A) zu entscheiden war.
2.3.2.5. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt A) des Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.
2.3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg cit hat die BF die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 leg cit kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anders bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (EMRK), noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C vom 30.03.2010 S. 389 (GRC), entgegenstehen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt schien. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig, noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor. Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. In der rechtlichen Beurteilung zu Punkt A) wurde ausführlich auf die Judikatur des VwGH eingegangen und diese zitiert.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.