Spruch
W173 2290596-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie durch die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von DI XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch Duschel – Hanten – Kurz Rechtsanwälte, St.-Wendelin-Platz 6, 1220 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 07.03.2024, OB: XXXX , betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Frau DI XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) stellte im Jahr 2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF ein.
1.2. Im Gutachten vom 30.08.2027 wurde Nachfolgendes ausgeführt:
„…………………
Anamnese: keine Operationen
…………………
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 2) bis 3) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Fettleber (Steatosis hepatis) ohne nachgewiesene Syntheseleistungsstörung erreicht bei gutem Ernährungszustand keinen Grad der Behinderung.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Erstgutachten
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Erstgutachten
X Dauerzustand
Herr Dipl.Ing. XXXX kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit
Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb
(allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
X Ja
…………………“
2. Nach einem weiteren Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 % ermittelt. Diesem Ergebnis lagen das Sachverständigengutachten des beauftragten Sachverständigen Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18.01.2019 - beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des BF - samt Stellungnahme vom 28.02.2019 zugrunde.
2.1. Im Gutachten von Dr. XXXX vom 18.01.2019 wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
„…………………
Anamnese:
Es gibt ein VGA von 14.6.2017 30% (Psoriasis 30, WS 20, Depressio 10)
Derzeitige Beschwerden:
Ich habe nach wie vor Psoriasis. Trotz der Medikamente die ich dagegen nehme, flammt die Psoriasis ca. alle zwei Monate wieder auf. Außerdem sind meine Depressionen stärker geworden. Voriges Jahr war ich wieder für einige Monate in XXXX zur Entzugsbehandlung. Auch meine Knochenschmerzen sind stärker geworden.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
AQUATEARS AU-GEL, CLARELUX SCHAUM 500MCG/G CYMBALTA MSR HARTKPS 60MG DAIVOBET GEL APPLIKATOR DOMINAL FTBL FTE 80MG EBETREXAT TBL 10MG, EXCIPIAL U LIPOLOT 4% UREA, FOLSAN TBL 5MG MIRTEL FTBL 45MG, PANTIP MSR TBL 20MG, QUETIALAN FTBL 25MG, THYREX TBL 50MCG
Sozialanamnese:
Taxilenker, derzeit AMS, ist verheiratet und hat erwachsene Kinder.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Bericht XXXX : Herr XXXX war in der Zeit vom 2018-07-25 bis 2018-10-19 in unserem Institut stationär aufgenommen.
Der Patient wird zum 4. Mal hierorts zur Behandlung seines seit Jahren bestehenden Alkoholabhängigkeitssyndroms vor dem Hintergrund einer rezidivierenden depressiven Störung stationär aufgenommen.
Dg.: 0.2 Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom F10.3 Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Entzugssyndrom, Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom, Rezidivierende depressive Störung
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: gut
Größe: 165,00 cm; Gewicht: 67,00 kg; Blutdruck: 140/80
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum: keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung
Sensorium: Umgangssprache wird anstandslos verstanden
Haut und Schleimhäute: psoriatische Effloreszenzen an Unterarmen, Beinen, Stamm und capillitiun und auch Nagelveränderungen.
Hals: unauffällig, keine Einflußstauung
Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch
Lunge: sonorer Klopfschall, Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer
Herz: reine Herzgeräusche, rhythmisch, normfrequent
Abdomen: unauffällig, im Thoraxniveau, rektal nicht untersucht
Neurologisch: grob neurologisch unauffällig
WIRBELSÄULE:
Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet.
HWS: altersentsprechend frei beweglich, Drehung und Seitneigung beidseits frei. KJA: 1 cm
BWS: Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich
LWS: Endlagige Bewegungseinschränkungen, Finger-Bodenabstand im Stehen:
unterhalb der Knie Obere Extremitäten:
Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert.
Schultergelenk rechts Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne: 160°
Schultergelenk links Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne: 160°
Nackengriff: bds möglich Schürzengriff: bds möglich
Hand- und Fingergelenke: keine signifikanten Funktionseinschränkungen, Feinmotorik und Fingerfertigkeit altersentsprechend Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich.
Der Faustschluß ist beidseits mit allen Fingern möglich
Untere Extremitäten:
grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert.
Hüftgelenk rechts: Beugung: 120° Rotation: 40-0-40°
Hüftgelenk links: Beugung: 120° Rotation: 40-0-40°
Kniegelenk rechts: 0-0-140°
Kniegelenk links: 0-0-140°
Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit, Fußheben und -senken bds durchführbar, alle Funktionen ungestört.
Zehenstand und Fersenstand beidseitig möglich, Einbeinstand bds möglich, Fußpulse bds palpabel. Keine Ödeme, keine postthrombotischen Veränderungen.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt selbstständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel.
Das Gangbild ist hinkfrei in altersentsprechend normalem Tempo.
Status Psychicus:
Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, die Stimmungslage ist gedrückt. Aufmerksamkeit und Konzentration scheinen nicht beeinträchtigt. Merkfähigkeit scheint unauffällig.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden Position 1 wird von den anderen Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: xxx
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 3 des VGA (aktuell Pos 1) verschlechtert, da rezenter stationärer Aufenthalt belegt.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung: Funktionelle Verschlechterung von Leiden 3 des VGA
X Dauerzustand
Herr XXXX kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf
einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
X JA
…………………“
2.2. Aufgrund der gegen das Ergebnis erhobenen Einwendungen im Rahmen des Parteiengehörs holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des Sachverständigen Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, auf Basis der Akten ein.
Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 28.02.2019 im Wesentlichen Folgendes aus:
„…………………
Frage(n):
Antwort(en):
Es wird die Höhe des GdB. beeinsprucht.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass infolge der Schwere seiner Leiden ein höherer gesamt Gdb gerechtfertigt sei.
Es werden neue Befunde vorgelegt.
RÖ 2019-01 beide Schultern, beide Kniegelenke, beide Vorfüße, beide Hände, beide
Ellbogen, HWS, BWS u. LWS: PG 2019-01 beide Schultern, beide Kniegelenke, beide Vorfüße, beide Hände, beide Ellbogen, HWS, BWS u. LWS. Inzipiente Gonarthrose beidseits und inzipiente Femoropatellargelenksarthrose beidseits.
HWS, BWS und LWS a.p. und seitlich: Inzipiente Spondylosis deformans lumbalis.
Beide Schultern a.p. und axial:
Subchondrale Sklerosierung im Bereich des kranialen Abschnittes des Tuberculum majus beidseits, rechts mehr als links.
Insgesamt ergeben sich, auch nach Durchsicht der neu vorgelegten Befunde, keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht adäquat berücksichtigter, behinderungswirksamer Funktionseinschränkungen und daher auch keine Änderung des Gutachtens.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass ein behinderungsrelevantes, ungünstiges Zusammenwirken zwischen dem Alkoholabhängigkeitssyndrom Nr.1, und den Haut-und Gelenksleiden, Nr.2 u.3, nicht objektivierbar ist.
…………………“
3. Am 24.10.2023 stellte der BF wiederum einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (in der Folge: belangte Behörde). Als Gesundheitsschädigungen gab er eine Psoriasisarthritis, Rheuma, Thyreoiditis, Depression und einen Bandscheibenprolaps an.
3.1. Im Rahmen der Überprüfung des Antrages holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, ein.
Im Gutachten von Dr. XXXX vom 29.01.2024, auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 15.01.2024 basierend, wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
„…………………
Anamnese:
VGA vom 9.1.2019: Alkoholabhängigkeit mit Depression, Psoriasis vulg./Gelenksbeteiligung, deg. WS-Veränderungen. Gesamt-GdB 40%.
Derzeitige Beschwerden:
Die Haut sei schon besser unter Therapie geworden, habe auch WS-Beschwerden seit vielen Jahren, weiters Schilddrüsenstörung. Hinsichtlich des Äthylismus keine rezente Befundlage, keine stat. Aufenthalte oder spezifische Behandlungen zuletzt belegt.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Duloxetin, Saroten, Neurobion, Vimovo, Excipiol, Balneum, Thyrex, Taltz.
Sozialanamnese:
AMS.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
18.10.2023 XXXX : Psoriasis vulgaris, deg. WS-Veränderungen/BS-Schädigung, Z.n. C2H5OH, rez. Depression.
26.9.2023 Rö XXXX : MRT li. Hand.
6.9.2022 Dr. XXXX : ärztl. Befundbericht.
22.5.2023 Rö XXXX : Thyreoiditis.
Befundnachreichung:
12.12.2023 GZ XXXX : Psoriasis vulg., DD PsoA, Lumbalgie/deg. WS-Veränderungen, Hashimoto, Z.n. C2H5OH, rez. Depression.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: Normal, Ernährungszustand: Normal.
Größe: 167,00 cm; Gewicht: 67,00 kg; Blutdruck: 135/75
Klinischer Status – Fachstatus:
KOPF, HALS:
Keine Stauungszeichen, keine Stenosegeräusche, keine Atemnot, Pupillen unauffällig, Lidschluß komplett, kein Nystagmus. Sprache verständlich, kein inspiratorischer oder exspiratorischer Stridor.
THORAX / LUNGE / HERZ:
Vesiculäratmen, normale Atemfrequenz. Keine Dyspnoe, keine Spastik auskultierbar. Rhythmische Herztöne, normofrequent. Kardial kompensiert.
ABDOMEN:
Weich, Peristaltik gut auskultierbar.
WIRBELSÄULE:
Geringe Einschränkung lumbal, ansonsten keine relevanten funktionellen Einschränkungen.
EXTREMITÄTEN:
Kreuz / Nacken / Pinzetten / Spitzgriff durchführbar, vollständiger Faustschluß li., nicht ganz vollständig rechts (verlangsamt gezeigt), Pro- und Supination möglich. Greiffunktion und Fingerfertigkeit beidseits ausreichend erhalten. Flüssiges Aus/Ankleiden. Hüftgelenke frei beweglich, Kniegelenke beidseits aktiv im Sitzen 0-0-120°, Sprunggelenke frei
beweglich. Stehen und Gehen im Untersuchungszimmer ohne Hilfsmittel möglich. Zehen / Fersenstand beidseits möglich, Einbeinstand wird durchgeführt.
GROB NEUROLOGISCH:
Keine relevanten motorischen Defizite, Vorfußhebung beidseits gut möglich, kein Rigor, kein relevanter Tremor, Feinmotorik ausreichend.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Keine Hilfsmittel, ausreichend sicher und selbstständig, Setzen/Erheben selbst möglich.
Status Psychicus:
Orientiert, Ductus relevant, sozial integriert, kognitive Funktionen erhalten.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird durch 2,3 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht. Leiden 4 erhöht nicht weiter, da von zu geringer funktioneller Relevanz.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: -
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Absenkung im GdB bei Leiden 1, da zuletzt keine maßgeblichen Komplikationen,
Entzugsbehandlungen oder stat. Aufenthalte an psych. Fachabteilung belegt. Neuaufnahme Leiden 4.
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Absenkung um 1 Stufe.
X Dauerzustand
…………………“
3.2 Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 29.01.2024 wurde dem Parteiengehör unterzogen. Der BF gab dazu keine Stellungnahme ab.
4. Mit Bescheid vom 07.03.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom 24.10.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Begründend wurde ausgeführt, dass die ärztliche Begutachtung einen Grad der Behinderung von 30 % ergeben habe. Demnach würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das eingeholte Gutachten des beauftragten Sachverständigen Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 29.01.2024, das einen Bestandteil der Begründung des Bescheides bilden würde.
5. Mit E-Mail vom 17.04.2024 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.03.2024. Darin führte er erneut seine gesundheitlichen Leiden, darunter die Psoriasis-Arthritis, einen Bandscheibenprolaps L5/S1, Hashimoto-Thyreoiditis, eine eingeschränkte Lungenfunktion, chronische Dauerschmerzen und eine depressive Störung, an. Zugleich verwies er auf die damit einhergehenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen und übermittelte medizinische Unterlagen, deren Überprüfung er beantragte.
6. Am 22.04.2024 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
6.1. Aufgrund des Vorbringens des BF holte das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, ein.
6.2. Der Sachverständige MR Dr. XXXX führte in seinem Gutachten vom 10.07.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag, im Wesentlichen Folgendes aus:
„ ……………………
Anamnese:
Eingangs wird auf die anamnestischen Eckdaten der vorliegenden Vorgutachten vom 14.6.2017, vom 9.1.2019, vom 28.2.2019 und vom 15.1.2024 verwiesen.
Keine Operationen. Aus dem medizinischen Fragebogen: Bandscheibenprolaps L5/S1 2008, Psoriasis 2009, Hashimoto Thyreoiditis 2016, Psoriasis-Arthritis 2019, Depression 2017, Rheuma 2022.
19.3.-9.4.2024 wurde ein stationäres Heilverfahren in XXXX absolviert.
Sozialanamnese: Krankenstand, seit 2016 ohne Beschäftigung, verheiratet, zwei Kinder.
Derzeitige Beschwerden: Herr XXXX gibt an, dass seine psoriatrischen Hautprobleme durch regelmäßige Salbenbehandlung halbwegs in Ordnung sind. Er hat aber Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden — dadurch kommt es zu Durchschlafstörungen und zu morgendlichen „Anlaufbeschwerden" mit der Dauer von 1-2 Stunden.
Derzeitige Behandlung/en/Medikamente: Duloxetin, Saroten, Neurobion, Vimovo, Excipal, Thyrex, Daivobet Gel, Balneum Hermal, Taltz ® 80 mg Injektionslösung.
Hilfsbefunde z.B. Labor, bildgebende Verfahren, Behandlungsberichte – Exzerpt:
Akteninhalt.
Rheumatologische Befundnachreichung - Gesundheitszentrum XXXX - 23.5.2024: Psoriasisarthritis - St. p. NB-UVB sine effectu - St. p. Fumarsäure - St. p. MTX (ex 2020 wegen Alkoholabusus), IXE 11/22-3/24 (Tendinitis), RIS ab 4/24, Lumbalgie bei breitbasigen Bandscheibenprolaps und ausgeprägter Foramenstenose L5/S1, Hashimoto-Thyreoiditis, Z. n. C2H50H, rezid. Depressio
Radiologische - Röntgen XXXX - 14.6.2024:
BWS+LWS: geringe Fehlhaltung, multisegmentale Spondylose, Diskopathie L5/S1, geringer
1.4/5, Höhenerniedrigung von LWK 1, Caudale lumbale Intervertebralarthrose.
Beckenübersicht: geringe bilaterale Coxarthrose
Technische Hilfsmittel I orthopädische Behelfe:
Keine.
Untersuchungsbefund:
Größe: ~ 167 cm Gewicht: ~ 66 kg Blutdruck: 135/80
Status – Fachstatus: Normaler AZ.
Kopf/Hals: voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ; Haut und sichtbare Schleimhäute normal durchblutet, Visus und Gehör altersentsprechend unauffällig, keine Einflussstauung, Schilddrüse äußerlich unauffällig.
Thorx: inspektorisch unauffällig.
Lunge: auskultatorisch unauffällig, raucht 3 Zig. täglich, keine Atemauffälligkeiten.
Herz: normale Grenzen, HT-rein, rhythmisch, normfrequent, kompensiert.
Abdomen: im TN, weich, normale Organgrenzen.
Achsenorgan: normal strukturiert, normales Bückvermögen.
Obere Extremitäten: Gelenke frei beweglich, kein Tremor.
Untere Extremitäten: Gelenke frei beweglich, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.
Haut: keine wesentlichen Auffälligkeiten.
Gesamtmobilität – Gangbild: freies, unauffälliges, sicheres Gangbild. Keinerlei Probleme beim Aus- und Ankleiden.
Ergebnis der durchgeführten Untersuchung vom 10.07.2024:
Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 - überlagert von Leiden 2 - wird durch Leiden 3 und 4 wegen fehlendem maßgeblichem ungünstigem funktionellen Zusammenwirken und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht.
STELLUNGNAHME ZU DEN PUNKTEN DER VORSCHREIBUNG;
ad 1.1.) Ausführliche Stellungnahme, ob sich auf Grundlage des Vorbringens des BF zu seinen Erkrankungen in der Beschwerde vom 17.4.2024 (ABL 48-49) und den vorgelegten medizinischen Unterlagen (ABL 13-23, 32-47) unter Berücksichtigung des bereits vorliegenden Sachverständigengutachtens (ABL 24-26) eine Änderung zum GdB des BF nach dem BGBG das Leiden betreffend nach der Einschätzungsverordnung (EVO) ergibt.
Antwort: NEIN —
Abl. 13 und 39 bestätigen: Psoriasis unter Taltz in Remission, aber trotzdem Tendinitis.
Abl. 14 bestätigt sonografisch die Thyreoiditis und unauffällige Befunde am Oberbauch, Nieren und Unterbauch.
Abl. 17 ist ein rheumatologischer Ambulanzbefund des XXXX : Hochgradiger Verdacht auf Psoriasis-Arthritis mit überwiegend enthesitischem Muster - in der Beurteilung entsprechend ihrer funktionellen Auswirkungen berücksichtigt.
Abl. 18 und 40 beschreiben einen V. a. PNP - für die Beurteilung nicht wirklich relevant.
Die Depression wurde berücksichtigt.
Abl. 19 und 34: MRT der linken Hand - wurde in der Beurteilung berücksichtigt.
Abl. 20, 44 und 45 - Laborbefund - der positive Rheumafaktor fand seine Berücksichtigung.
Abl. 21, 41, 42 und 46 sind rheumatologische Ambulanzbefunde - - alle Diagnosen fanden in der Beurteilung entsprechend ihrer funktionellen Auswirkungen ihre Berücksichtigung.
Abl. 22 und 43 ist ein LWS-Befund ohne relevante Besonderheiten.
Abl. 32 ist ein Sprunggelenksbefund ohne relevante Besonderheiten.
Abl. 33 ist ein Handgelenksbefund ohne relevante Besonderheiten.
Abl. 35 ist ein Vorfußbefund ohne relevante Besonderheiten.
Abl. 36 und 47: Lungenfunktionsbefund ohne relevante Besonderheit.
1.2. Bewertung und Begründung des GdB für die einzelnen Leiden des BF nach der Einschätzungsverordnung (EVO).
Antwort: siehe oben.
1.3. Neueinschätzung und -begründung des Gesamt-GdB [bitte mit der allenfalls neuen Richtsatzpositionen berücksichtigen]. Ausführliche Stellungnahme, inwieweit und warum eine bzw. warum keine relevante wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussung zwischen den Leiden besteht. Wie wirkt sich das auf den Gesamtgrad der Behinderung aus?
Antwort: siehe oben.
1.4. Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung. SV-Gutachten Dr. XXXX siehe ABL 24-26
Antwort: entfällt, da in den Kernpunkten der Bewertung keine abweichende Beurteilung durchgeführt wurde.
1.5. Feststellung, ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist.
Antwort: eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
1.6. Feststellung, ab wann und warum ab diesem Zeitpunkt der Gesamt-GdB anzunehmen ist.
Antwort: Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antragstellung anzunehmen, da bereits am 24.10.2023 – siehe Abl. 11 – die nun gelisteten Gesundheitsschädigungen in diesem Ausmaß bestanden haben – es ist durch gegenüber 2019 durch die Beendigung des Alkoholmissbrauches zu einer kalkülsrelevanten Besserung gekommen.
Zusammenfassung:
Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher allgemeinmedizinischer Untersuchung und nach Berücksichtigung der im Akt vorliegenden und nachgereichten Befunde der Gesamtgrad der Behinderung GdB weiterhin 30 v. H. beträgt.
…………………“
6.3. Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten vom 10.07.2024 wurde dem Parteiengehör unterzogen.
6.4. Die Rechtsanwälte Duschl – Hanten – KURZ gaben die Erteilung der Vollmacht durch den BF bekannt. Dem Ansuchen auf Übermittelung einer Aktenkopie kam das Bundesverwaltungsgericht nach. Auf Antrag wurde die Frist zur Stellungnahme zum Gutachten, das zur Stellungnahme dem Parteiengehör unterzogen wurde, erstreckt. Der BF sah von einer Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF erreichte im Rahmen seines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses im Jahr 2017 auf Grund seiner Leiden einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 % und im Jahr 2018 einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 %. Am 24.10.2023 stellte er (erneut) den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde. Er ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz im Inland.
1.2. Der BF leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern:
Gesamtgrad der Behinderung 30 %
1.3. Der medizinische Sachverständige Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, hat die Einschätzung des Grades der Behinderung am 10.07.2024 in Ergänzung zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 30.08.2017, zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18.01.2019 sowie dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 28.02.2019 und zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 29.01.2024 auf Basis der Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010 idgF, vorgenommen.
1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 30 %. Der BF erfüllt nicht die Voraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur vorliegenden Antragstellung, zum Wohnsitz des BF sowie zu seiner Staatsbürgerschaft ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des BF und zum Gesamtgrad der Behinderung stützen sich auf das oben in Teilen wiedergegebene vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 10.07.2024, das auf einer persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag beruht. Es wurde in Ergänzung zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 30.08.2017, auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 14.06.2017 basierend; zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18.01.2019, auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 09.01.2019 basierend samt dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 28.02.2019 und zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 29.01.2024, auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 15.01.2024 basierend, eingeholt.
Der BF brachte in der Beschwerde begründend vor, die vorgenommene Einstufung der Leiden bzw. den festgestellten Gesamtgrad der Behinderung von 30 % als zu gering zu erachten. Er unterließ es jedoch in der Folge auszuführen, inwiefern die (jeweils) vorgenommene Einstufung seiner Leider konkret unzutreffend sein sollte. Basierend auf den vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage des zuletzt vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX erfolgte vielmehr eine korrekte Einstufung seiner Funktionseinschränkungen.
So ging der beauftragte Sachverständige MR Dr. XXXX ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei auf die Leiden des BF und deren Ausmaß ein und berücksichtigte dabei die Vorgutachten von Dr. XXXX vom 30.08.2017, von Dr. XXXX vom 18.01.2019 samt dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 28.02.2019 sowie von Dr. XXXX vom 29.01.2024.
Die getroffenen Einschätzungen der genannten Sachverständigen basieren auf den vorgelegten medizinischen Befunden und Unterlagen und entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010 idgF, wurde von den beauftragten Sachverständigen als Maßstab für die Einschätzung des Grades der Behinderung des BF herangezogen. Sie ist in den gesetzlichen Bestimmungen (§ 41 Abs. 1 BBG) verankert.
Das Psoriasis vulgaris Leiden wurde von MR Dr. XXXX als führendes Leiden 1 übereinstimmend mit den anderen Sachverständigen der Positionsnummer 01.01.02 zugeordnet. Die übergreifende Positionsnummer 01.01 umfasst entzündliche, exanthematische, toxische, allergische, infektiöse, immunologische bzw. autoimmunologische, nicht entzündliche Erkrankungen und gutartige Neubildungen der Haut, sichtbarer Schleimhäute und der Hautanhangsgebilde; Narben, Fehlbildungen und Pigmentstörungen. Die konkret herangezogene Positionsnummer 01.01.02 betrifft diesbezüglich mittelschwere, ausgedehnte Formen und sieht einen möglichen Rahmensatz von 20-30 % unter folgenden Voraussetzungen vor: „Bei länger dauerndem Bestehen; weitgehend begrenzt, mit funktionellen Beeinträchtigungen, trotz adäquater Therapie protrahierter Verlauf, Rezidiv. Atopisches Ekzem (Neurodermitis, endogenes Ekzem) bei länger dauerndem Bestehen. Rosazea, Rhinophym stärkere Ausdehnung, entstellende Wirkung. Akne schweren Grades mit vereinzelter Abszess- und Fistelbildung und lokalisationsbedingten Beeinträchtigungen.“
Bereits die korrekte Einschätzung in den Vorgutachten der Sachverständigen Dr. XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX basierte auf einer mehrmonatigen bzw. medikamentösen Dauertherapie ohne festgestellte signifikante Funktionsstörungen oder Gelenksdeformitäten (unter Berücksichtigung der Art und Dauer der Erkrankung sowie der subjektiven Beschwerdesymptomatik). Diese Bewertung des Leidens 1 wurde von Dr. XXXX mit Ergänzungen weiter bestätigt.
MR Dr. XXXX begründete nachvollziehbar den Rahmensatz von 30 % damit, dass der BF seit 2009 mit rezidivierenden Hauterscheinungen und seit 2019 auch mit Gelenksproblemen konfrontiert ist. Aufgrund seiner glaubhaften klinischen Symptomatik ist beim BF ein ständiger Behandlungsbedarf gegeben. Nichtsdestotrotz profitiert der BF von der als „sehr gut“ bezeichneten medikamentösen Einstellung. Zudem bestehen bei ihm keine relevanten Gelenksfunktionseinschränkungen. Auch nach gründlicher Untersuchung des BF konnte der Sachverständige keine wesentlichen Auffälligkeiten der Haut feststellen. Sowohl die Gelenke der oberen als auch der unteren Extremitäten waren frei beweglich. Ein Tremor der oberen Extremitäten oder Ödeme bzw. sonstige sensomotorische Defizite der unteren Extremitäten konnten nicht erkannt werden.
Die Schlussfolgerungen von MR Dr. XXXX decken sich auch mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen. So wurde im Befundbericht der Rheumaambulanz des XXXX vom 17.05.2019 (AS 17) die Diagnose eines hochgradigen Verdachts auf Psoriasis arthritis mit überwiegend enthesitischem Muster gestellt. Aus der Anamnese lässt sich diesbezüglich eine ambulante Erstbegutachtung im Oktober 2009 ableiten. Seit 2016 besteht eine lokale und systemische Therapie der Psoriasis, wobei im Mai 2017 auch mit MTX (Mythotrexat) begonnen wurde und damit eine Besserung der Gelenksschwellungen eingetreten ist. Der BF berichtete zum damaligen Zeitpunkt auch über wiederholte Schmerzen in beiden Händen, Knien und Ellbögen. Ein dem Befundbericht vom 17.05.2019 zugrunde liegendes Röntgen aus Jänner 2019 zeigte incipiente Arthrosen im Bereich Hüfte und PIP sowie den Verdacht auf Impingement (Engpass-Syndrom der Schulter). Es gab jedoch damals noch keine Hinweise auf erosive Veränderungen im Sinne einer rheumatischen Grunderkrankung in allen Aufnahmen.
Erst im Laborbefund von XXXX vom 24.08.2022 (AS 20 und 45) wurde ausgewiesene positive Rheumafaktor festgestellt, die von MR Dr. XXXX berücksichtigt wurden. Ebenso fanden alle Diagnosen der im Akt aufliegenden rheumatologischen Ambulanzbefunde entsprechend ihrer funktionellen Auswirkungen Berücksichtigung bei der Beurteilung des Sachverständigen: Aus der Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des Gesundheitszentrums XXXX vom 10.10.2023 (AS 15 und 42) lässt sich ableiten, dass der BF weiterhin über Schmerzen im rechten Fuß, in den Händen und in den Oberarmen berichtete. Aus der Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des XXXX vom 18.10.2023 (AS 21 und 41) geht hervor, dass der BF wegen einer Sonographie der linken Hand und des rechten Fußes vorstellig wurde und eine Sehnenscheidenentzündung sowie eine Sehnenentzündung am Fuß im Raum standen. Ein Zusammenhang mit einer Psoriasisarthritis wurde als wahrscheinlich angesehen. Zusammengefasst wurden folgende Diagnosen gestellt: „Psoriasis vulgaris (ED 2008) DD PsoA; St.p. NB-UVB sine effectu; St.p. Fumarsäure; St.p. MTX 15mg /d zuerst p.o., am Ende auch s.c., hat ein bisschen gewirkt, ex 2020 wegen Alkoholabusus; IXE ab 11/22; Lumbalgie bei breitbasigem Bandscheibenprolaps u ausgeprägter Foramenstenose L5/S1; Hashimoto-Thyreoiditis; Z.n. C2H50H; Rezid. Depressio“. Ähnliche Diagnosen finden sich in der nachfolgenden Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des Gesundheitszentrums XXXX vom April 2024 (AS 46).
Unter Bezugnahme auf die klinischen Angaben des Verdachts auf eine Psoriasisarthritis bzw. Psoriasis und der damit zusammenhängenden Schmerzen wurden auch Radiologiebefunde zum Sprunggelenk beidseits am 22.08.2023 (AS 32), zu den Händen am 31.08.2022 (AS 33) und zum Vorfuß beidseits am 31.08.2022 erstellt (AS 35). Nach Sichtung all dieser Befunde durch MR Dr. XXXX konnten diesbezüglich keine relevanten Besonderheiten erkannt werden.
Zudem wurde ein Röntgen der linken Hand vom Röntgenzentrum XXXX am 26.09.2023 (AS 19 und 34) aufgrund des Verdachts auf eine Psoriasisarthritis bzw. Synovitis erstellt. Im Ergebnis konnten ein Bild einer Tendovaginitis stenosans de Quervain; eine hochgradige, deformierende, aktivierte Rhizarthrose sowie mäßiggradige Arthrosen der übrigen dargestellten Gelenke festgestellt werden. Es gab keine rezenten Synovitiszeichen im Bereich der dargestellten Gelenke.
Das im Akt aufliegende Überweisungsschreiben der Rheuma Ambulanz des XXXX vom 18.10.2023 (AS 13 und 39) bestätigt ebenfalls die Psoriasis. Zugleich wird aber auch dargelegt, dass die Erkrankung unter Taltz (einer Injektionslösung in einer Fertigspritze) in Remission ist. Dennoch wurde auch eine Tendinitis, demnach eine entzündliche Erkrankung der Sehnen im Rahmen einer Gewebeschädigung der betroffenen Sehnenstruktur, diagnostiziert.
Die Zuweisung zur Überprüfung der Lungenfunktion durch die Rheuma-Ambulanz führte zu keinen relevanten Besonderheit. Diesbezüglich wurde vom Gesundheitszentrum XXXX am 11.03.2024 laut vorliegender Ambulanzkartei (AS 36 und 47) eine Testung der Lungenfunktion, CO-Diffusion und Pulsoxymetrie durchgeführt.
MR Dr. XXXX berücksichtigte zudem die vom BF nachgereichte Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des Gesundheitszentrums XXXX vom 23.05.2024. Darin wurde u.a. eine Psoriasisarthritis und eine gute Verträglichkeit der Injektion festgestellt. Die Tendinitis wurde als unverändert beschrieben. Die Haut hat sich aber zuletzt verschlechtert.
Zu einer weiters im Akt aufliegenden Aufenthaltsbestätigung des Kurzentrums XXXX vom 09.04.2024 (AS 38) wurden keine abschließenden Ergebnisse oder Berichte vorgelegt. Aus der Bestätigung geht lediglich hervor, dass der BF im Zeitraum vom 19.03.2024 bis 09.04.2024 ein stationäres Heilverfahren absolviert hat.
Im vorliegenden Fall liegt in Bezug auf die Psoriasis vulgaris kein atopisches Ekzem (Neurodermitis, endogenes Ekzem) mit generalisierenden Hauterscheinungen vor, was einen Grad der Behinderung von 40 % rechtfertigen würde. Derartiges lässt sich weder aus den vorgelegten Befunden noch aus den persönlichen Untersuchungen durch die Sachverständigen ableiten. Demnach erweist sich die Einstufung von Leiden 1 unter der Positionsnummer 01.01.02 mit einem Grad der Behinderung von 30 % als schlüssig.
Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule fasste der Sachverständige MR Dr. XXXX als Leiden 2 unter der Positionsnummer XXXX (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule geringen Grades) und bewertete das Leiden mit einem Grad der Behinderung von 20 %. Damit wich er im Ergebnis nicht von den drei Vorgutachten von Dr. XXXX vom 30.08.2017, Dr. XXXX vom 18.01.2019 samt dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 28.02.2019 ab und von Dr. XXXX vom 29.01.2024 ab.
Die gewählte Positionsnummer XXXX setzt akute Episoden selten (2‐3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage), mit mäßigen radiologischen Defiziten voraus, wobei Veränderungen im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Berufsleben nach sich ziehen und keine Dauerbehandlung erforderlich ist.
Der Sachverständige begründete den oberen Rahmensatz nachvollziehbar damit, dass einerseits entsprechende Befunde dazu und nachvollziehbare belastungsabhängige klinische Beschwerden vorliegen. Andererseits verwies er auf das Fehlen neurologischer Defizite und das Vorliegen unwesentlicher Funktionseinschränkungen.
Im Hinblick auf die Einschätzung des Wirbelsäulenleidens des BF hielt der Sachverständige im Rahmen der persönlichen Untersuchung zum Achsenorgan schlüssig fest, dass dieses normal strukturiert ist und ein normales Bückvermögen beim BF besteht. Die Ausführungen des Sachverständigen decken sich auch in diesem Fall mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Diesbezüglich wurde in einigen der oben genannten ärztlichen Unterlagen (Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des XXXX vom 18.10.2023 auf AS 21 und 41; Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des Gesundheitszentrums XXXX vom April 2024 auf AS 46) bezüglich des Leidens 2 auch die Diagnose einer Lumbalgie bei breitbasigem Bandscheibenprolaps und ausgeprägter Foramenstenose L5/S1 gestellt. Ein radiologischer Befund der Lendenwirbelsäule des Gesundheitszentrums XXXX vom 31.08.2022 (AS 22 und 43) ergab aber keine relevanten Besonderheiten. Im Wesentlichen wurden eine flachbogige, rechtskonvexe Achsenfehlhaltung mit angedeuteter rotatorischer Komponente und akzentuierter Lendenlordose sowie intakte Abschlussplatten mit inzipienter, dorsal betonte Chondrosen lumbosacral sowie lumbosacrale Spondylarthrosen und ein inzipienter Morbus Baastrup interspinalis festgestellt. Das dorsale knöcherne Alignement war regulär.
Auch der vom BF nachgereichte Radiologiebefund des Röntgenzentrums XXXX vom 14.06.2024 wurde von MR Dr. XXXX seiner Entscheidung zugrunde gelegt. In Hinblick auf die Brust- und Lendenwirbelsäule ergab das Röntgen eine geringe Fehlhaltung; eine multisegmentale geringe Spondylose; Discopathie L5/S1 und geringer L4/5; eine Höhenerniedrigung von LWK 1 und eine caudale lumbale Intervertebralarthrose. Zudem konnte bei der Beckenübersicht stehend eine geringe bilaterale Coxarthrose festgestellt werden.
Aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen lässt sich nicht ableiten, dass ein höherer Grad der Behinderung indiziert wäre. Für eine höhere Einschätzung von Leiden 2 wären rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, radiologische Veränderungen und ein andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika erforderlich, was sich in Summe aus den eingeholten Gutachten und vorgelegten Befunden nicht ableiten lässt. Eine Einschätzung des Leidens mit einem höheren Grad der Behinderung kommt somit nicht in Betracht.
Die rezidivierende depressive Störung nach Dependenz erfasste der Sachverständige MR Dr. XXXX – wie Dr. XXXX - als Leiden 3 unter der Positionsnummer 03.06.01 (depressive Störung leichten Grades) mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz und einem Grad der Behinderung von 20 %. Als Begründung gab er nachvollziehbar an, dass der BF unter der stabilisierenden Medikation sozial integriert ist. Eine fallweise beginnende Rückzugstendenz, die eine Einstufung mit einem Grad der Behinderung von 30% unter der Positionsnummer 03.06.01 begründen würde, belegte der BF nicht mit einem aktuellen Befund. Die Depression wurde bereits von Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, im ärztlichen Befundbericht vom 06.09.2022 (AS 18 und 40) diagnostiziert und wiederholt in den oben behandelten ärztlichen Unterlagen angeführt (Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des XXXX vom 18.10.2023 auf AS 21 und 41; Ambulanzkartei der Rheumatologischen Ambulanz des Gesundheitszentrums XXXX vom April 2024 auf AS 46).
Im Vergleich dazu wurde im Vorgutachten von Dr. XXXX vom 30.08.2017 die Depression und der Zustand nach erfolgreicher Entwöhnungsbehandlung nach Alkoholabusus zwar auch der Positionsnummer 03.06.01 zugeordnet, jedoch mit dem unteren Rahmensatz von 10 % eingestuft. Dr. XXXX stellte in seinem Vorgutachten vom 18.01.2019 wiederum ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit Depression fest und wählte dafür den oberen Rahmensatz der Positionsnummer 03.08.01 (Suchterkrankung mit leichten körperlichen und psychischen Veränderungen) mit 40 %.
Die Erkrankung Thyreoiditis Hashimoto wurde vom Sachverständigen MR Dr. XXXX – wie von Dr. XXXX - als Leiden 4 schlüssig der Positionsnummer 09.01.01, damit als Endokrine Störung leichten Grades, dem unteren Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 10 % untergeordnet. Für eine höhere Einstufung müsste eine geringe Entgleisungswahrscheinlichkeit bestehen und die subjektive Wahrnehmbarkeit bei beginnender medikamentöser Überdosierung/Unterdosierung der Substitutions-, Inhibitionstherapie lediglich gut bis mäßig sein. Zudem müsste die Freizeitgestaltung bereits gering eingeschränkt sein. All dies ergibt sich aus den vorgelegten medizinischen Befunden nicht. Der Befund des Röntgenzentrums XXXX vom 22.05.2023 (AS 14) bestätigt sonografisch die Thyreoiditis. Darüber hinaus waren die Befunde am Oberbauch, Nieren und Unterbauch unauffällig.
Der Sachverständige MR Dr. XXXX legte zusammengefasst schlüssig dar, dass das Leiden 1 – überlagert von Leiden 2 – durch die Leiden 3 und 4 nicht weiter erhöht wird. Begründend verwies er dazu auf das fehlende maßgebliche ungünstige funktionelle Zusammenwirken und die fehlende maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz. Er merkte aber an, dass es im Vergleich zum Jahr 2019 zu einer kalkülsrelevanten Besserung durch die Beendigung des Alkoholmissbrauchs gekommen ist.
Dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX vom 10.07.2024 brachte der BF im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen entgegen. Vielmehr hat er den Inhalt des Sachverständigengutachtens auch nach Bekanntgabe seiner Vertretung und Verlängerung der Stellungnahmefrist unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen. Insofern erfolgte vom BF auch kein Vorbringen dahingehend, die Tauglichkeit des Sachverständigen oder dessen Beurteilung in Zweifel zu ziehen, weshalb die Ausführungen bedenkenlos den Feststellungen zugrunde gelegt werden konnten. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen und der Beweisergebnisse konnte daher auch von der Einholung weiterer medizinischer Fachgutachten abgesehen werden.
Das oben auszugsweise angeführte Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX vom 10.07.2024 in Ergänzung zum Vorgutachten von Dr. XXXX vom 30.08.2017, von Dr. XXXX vom 18.01.2019 samt dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 28.02.2019 sowie von Dr. XXXX vom 29.01.2024 war als widerspruchsfrei und mit den Erfahrungen des Lebens im Einklang zu werten. Sämtliche im laufenden Verfahren vom BF vorgelegten medizinischen Befunde wurden in die Beurteilung des Sachverständigen aufgenommen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).
Zu A)
Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz, BGBl Nr. 283/1990, idgF (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzustellen.
§ 4 der Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010 idgF sieht vor, dass die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens bildet. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen – beispielsweise Psychologen – zur ganzheitlichen Beurteilung heranzuziehen.
Da – wie oben ausgeführt - vom beauftragten Sachverständigen Dr. XXXX festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsbeeinträchtigungen des BF ein Ausmaß von 30 % erreichen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall ist für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen des BF ein Ausmaß über einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 % erreichen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein aktuelles ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt, das wie oben ausgeführt, als nachvollziehbar und schlüssig erachtet wurde. Der Sachverhalt ist darüber hinaus geklärt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig. Dazu wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Würdigung verwiesen.