JudikaturBVwG

W173 2288072-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2024

Spruch

W173 2288072-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie durch die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 28.02.2024, OB: XXXX , betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX , geboren am XXXX , (in der Folge BF) stellte am 18.07.2023 den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (Sozialministeriumservice, in der Folge: belangte Behörde). Als Gesundheitsschädigungen gab er eine Sozialphobie, depressive Störungen und Panikattacken an. Dem Antrag waren medizinische Unterlagen angeschlossen.

2. Im Rahmen der Überprüfung des Antrages holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, ein.

2.1. Im Gutachten von Dr. XXXX vom 20.12.2023, auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 20.11.2023 basierend, wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

„…………………

Anamnese:

Erstbegutachtung

TE

Depressionen seit ca. 10 Jahren, behandelt erstmals seit ca. 7 Jahren, diesbezüglich kein stat. Aufenthalt, Reha 2020 in XXXX , was ihm geholfen habe, alle 2-3 Monate bei der Neurologin, derzeit keine Psychotherapie, Medikamente helfen ihm

Derzeitige Beschwerden:

Der Antragswerber klagt „über Ängstlichkeit und Nervosität, Angst, dass er was falsch oder schlecht mache, bei Magenbeschwerden nehme er Pantoloc, gelegentlich auch Paspertin.

Migräne sei zurzeit besser.“

Keine spezifizierte Allergie bekannt

Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.

Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Wellbutrin, Pantoloc b. Bed: Seractil

Sozialanamnese:

seit 3/2023 bei Haus aktiv als Gärtner beschäftigt, keine Kündigungsgefahr, kein relevanter Krankenstand, ledig, keine Kinder

wohnt alleine in einer Gemeindewohnung mit 2 Katzen, im 5. Stock mit Lift, einige Stufen sind zu überwinden.

Kein Pflegegeld

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2023-7 Dr. XXXX , Neurologie: Kopfschmerz vom Spannungstyp depressive Störung ggw. mittelgradig F 33.0 Sozialphobie Panikstörung

2020-11 Gesundheitsresort XXXX : Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Nichtorganische Insomnie, Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang, (V.a.) Posttraumatische Belastungsstörung Angststörung, nicht näher bezeichnet

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: 38-jähriger AW in gutem AZ kommt alleine ins Untersuchungszimmer

Rechtshänder,

Ernährungszustand: gut

Größe: 175,00 cm Gewicht: 67,00 kg Blutdruck: 130/80

Klinischer Status – Fachstatus:

Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose

Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal

PR unauffällig, Rachen: bland,

Gebiss: saniert,

Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig

Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflussstauung, keine Stenosegeräusche

Thorax: symmetrisch,

Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min

Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer

Abdomen: Bauchdecken unter Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,

NL bds. frei

Extremitäten:

OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig.

Nacken und Schürzengriff gut möglich, in den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich, Faustschluss beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben, Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.

UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. In den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität,

keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich,

Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.

Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme

PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.

Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 5 cm, Aufrichten frei,

kein Klopfschmerz, Schober, Ott: unauffällig,

altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,

Hartspann der paravertebralen Muskulatur,

Gesamtmobilität – Gangbild:

kommt mit Halbschuhen frei gehend unauffällig, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits gut möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten nahezu vollständig durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen

Status Psychicus:

Bewusstsein klar, gut kontaktfähig, allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten; keine produktive oder psychotische Symptomatik, Antrieb unauffällig, Affekt: dysthym

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 2 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Durch Protonenpumpenhemmer behandelbare Magenbeschwerden bei gutem Ernährungszustand erreichen keinen Grad der Behinderung.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

keines vorliegend

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

 Dauerzustand

…………………“

2.2. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 20.12.2023 wurde dem Parteiengehör unterzogen. Der BF gab dazu keine Stellungnahme ab.

3. Mit Bescheid vom 28.02.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom 18.07.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Begründend wurde ausgeführt, die ärztliche Begutachtung habe einen Grad der Behinderung von 20 % ergeben. Demnach würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das eingeholte Gutachten des beauftragten Sachverständigen Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 20.12.2023, welches einen Bestandteil der Begründung des Bescheides bilden würde.

4. Mit E-Mail vom 06.03.2024 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.02.2024. Zusammengefasst führte er aus, derzeit aktiv auf Therapiesuche zu sein. Dies sei ihm in der Reha aufgrund seiner Traumaerfahrung und seinen Angststörungen empfohlen worden. Entgegen den Ausführungen im Gutachten nehme er das Medikament Wellbutrin 150mg täglich. Bei Bedarf nehme er Pantoloc aufgrund seiner chronischen Gastritis. Zudem verwies er auf seine rückläufigen, aber immer noch bestehenden Migräneanfälle. Der BF hoffe, dass es aufgrund seiner Ausführungen zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung komme. Im Zuge der Beschwerde legte der BF eine Bestätigung von Dr. in XXXX , Fachärztin für Neurologie, vom 05.02.2024 vor, welche als Vorlage beim zuständigen Krankenversicherungsträger dient.

5. Am 11.03.2024 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF beantragte am 18.07.2023 die Ausstellung eines Behindertenpasses. Er ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der BF leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern:

Gesamtgrad der Behinderung 20 %

1.3. Der medizinischen Sachverständige Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, hat die Einschätzung des Grades der Behinderung auf Basis der Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010 idgF, vorgenommen.

1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 20 %. Der BF erfüllt nicht die Voraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Antragstellung, zum Wohnsitz des BF sowie zu seiner Staatsbürgerschaft ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zu den Funktionseinschränkungen des BF stützen sich auf das oben in Teilen wiedergegebene, von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 20.12.2023, das auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 20.11.2023 beruht. Der beauftragte Sachverständige ging ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei auf die Leiden des BF und deren Ausmaß ein. Die getroffenen Einschätzungen des genannten Sachverständigen basieren auf den vorgelegten medizinischen Befunden und Unterlagen und entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010 idgF, wurde von dem von der belangten Behörde beauftragten Sachverständigen als Maßstab für die Einschätzung des Grades der Behinderung des BF herangezogen. Sie ist in den gesetzlichen Bestimmungen (§ 41 Abs. 1 BBG) verankert.

Das führende Leiden 1, eine depressive Störung mit Sozialphobie und eine Panikstörung stufte der Sachverständige Dr. XXXX , nachvollziehbar unter der Positionsnummer 03.06.01, somit als depressive Störung leichten Grades, mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz, mit einem Grad der Behinderung von 20 % ein. Begründend führte der Sachverständige aus, dass das Leiden durch eine regelmäßige Medikamenteneinnahme stabilisierbar ist.

Zum psychopathologischen Status hielt der Sachverständige schlüssig fest, dass das Bewusstsein des BF klar ist, der BF gut kontaktfähig und allseits orientiert ist. Die Gedanken qualifizierte der Sachverständige sowohl der Form als auch dem Inhalt nach als geordnet. Überdies stellte der Sachverständige beim BF eine psychomotorische Ausgeglichenheit, eine erhaltene Merk- und Konzentrationsfähigkeit ohne produktive oder psychotische Symptomatik fest. Den Antrieb bewertete der Sachverständige als unauffällig und den Affekt als dysthym. Zur Medikation des BF zählte der Sachverständige die Einnahme von Wellbutrin, Pantaloc bei Bedarf und Seractil.

Sofern der BF in der Beschwerde vorbrachte, entgegen den Ausführungen im Gutachten das Medikament Wellbutrin 150mg täglich und nicht nur bei Bedarf einnehme, ist dem entgegenzuhalten, dass dies im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 20.12.2023 auch richtig festgehalten wurde. Der Sachverständige ist nämlich nicht davon ausgegangen, Wellbutrin nur bei Bedarf einzunehmen. Die Einnahme von Pantaloc bei Bedarf hat der BF selbst in seiner Beschwerde bestätigt.

Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. XXXX decken sich auch mit den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Aus dem ärztlichen Befundbericht von Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie, vom 06.07.2023 lässt sich nämlich ein waches und allseits orientiertes Bewusstsein des BF entnehmen. Anhand der Anamnese und des festgestellten Status hat die Fachärztin für Neurologie sodann einen Kopfschmerz basierend auf einer gegenwärtig mittelgradigen depressiven Störung, eine Sozialphobie und eine Panikstörung diagnostiziert. Verzeichnet wurde außerdem eine Dauermedikation mit Seractil sowie einem Magenschutz. Zudem wurde eine Medikation mit Wellbutrin erfasst.

Der BF bestätigte im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen am 20.11.2023, dass ihm die Medikamente helfen. Zudem gab er an, dass er derzeit auch keine Psychotherapie absolviert, was auch nochmals in der Beschwerde vom 06.03.2023 bekräftigt wurde. Insbesondere führte der BF in der Beschwerde aus, zurzeit aktiv auf Therapiesuche entsprechend der Empfehlung bei seinem Reha-Aufenthalt im Hinblick auf seine Trauma-Erfahrung und Angststörungen zu sein. Sofern der BF sich in diesem Zusammenhang darauf stützte, dazu kaum Zeit zu finden, ist anzumerken, dass der BF eine Reha im Gesundheitsresort XXXX absolvierte. Bereits aus dem damaligen ärztlichen Entlassungsbericht vom 18.11.2020 geht hervor, dass der BF seinen eigenen Angaben zufolge zum Zeitpunkt der Aufnahme noch an Existenzängste, Gedankenkreisen, Zukunftssorgen, eine Antriebsverminderung sowie einer reduzierten Befindlichkeit und Stimmungslage litt. Im Zuge des Aufenthalts im Gesundheitsresort konnte eine Spannungsregulation, eine Verbesserung der Schlafqualität sowie Regulierung der Ängste und eine deutliche Verbesserung der Stimmungs- und Antriebslage erreicht werden. Ihn wurde zudem eine weiterführende Therapie zur langfristigen Stabilisierung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit empfohlen. Davon hat der BF jedoch seither nicht Gebrauch gemacht. Sofern der BF in der Beschwerde meinte, er habe in der Corona Zeit kaum ein passendes Therapieangebot finden können, mag dies zwar zutreffen. Nichtsdestotrotz war es nach Ende der COVID-19-Pandemie jedenfalls möglich, wieder unbeschränkt Therapieangebote wahrzunehmen. Es liegt demnach in seinem Verantwortungsbereich, sich um eine entsprechende Weiterbetreuung zu kümmern. Der BF erhielt während der Reha im Gesundheitsresort XXXX auch eine ausreichende sozialarbeiterische Unterstützung. Es wurden diverse Themen, darunter auch die in der Beschwerde angesprochenen finanziellen Situation, mit ihm behandelt und auch berufliche Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten besprochen. Mit Hilfe der Sozialarbeit im Gesundheitsresort konnte er auch schon einige Anträge stellen. Vor seiner Entlassung erhielt der BF auch die Kontaktdaten von der Männerberatung, Fit2Work, Pro mente, des VAP (Verein für ambulante Psychotherapie) und der WGPV (Wiener Gesellschaft für psychotherapeutische Versorgung). Eine Nachschau auf der Website der WGPV (https://www.wgpv.at/) ergibt, dass es sich hierbei um eine kassenfinanzierte Psychotherapiemöglichkeit handelt. Diese wird damit zur Gänze von der Krankenkasse bezahlt. Voraussetzung ist lediglich, dass der Betroffene sozialversichert ist. Dem BF wurden demnach auch einige Optionen zur Weiterbetreuung aufgezeigt.

Darüber hinaus wurde dem BF im Rahmen des Aufenthaltes im Gesundheitsresorts XXXX eine dauerhafte Rauchentwöhnung und ein Alkoholverzicht nahegelegt, was auch die vorliegenden Magenbeschwerden beim BF positiv beeinflussen würde. Cannabis konsumierte der BF laut eigenen Angaben bis 2019, seitdem nicht mehr. Zudem wurde dem BF hinsichtlich der Gastritis in dem diesbezüglichen Entlassungsbericht eine ballaststoffreiche, zuckerreduzierte und fettmodifizierte Ernährung sowie eine milde und schonende Zubereitungsart und Zurückhaltung bei Rohkost angeraten.

Zusammengefasst erfolgte die Einstufung des Sachverständigen Dr. XXXX in Hinblick auf das Leiden 1 daher in korrekter und nachvollziehbarer Weise. Ein höherer Grad der Behinderung war nicht indiziert. Für einen höheren Grad der Behinderung innerhalb dergleichen Positionsnummer 03.06.01 müsste zusätzlich eine fallweise soziale Rückzugstendenz vorliegen. Beim BF ist aber davon nicht auszugehen. Darauf lässt der ärztliche Entlassungsbericht des Gesundheitsresorts XXXX vom 18.11.2020 schließen. Darin wird der BF von Anfang an als sehr offen, verlässlich, ehrlich und zugewandt beschrieben. Der BF hat auch motiviert am Therapieprogramm teilgenommen. Er konnte dadurch auch viele unterschiedliche Möglichkeiten kennenlernen, die er zukünftig einsetzen kann, um Bewegung als positiven Aspekt in seinem Alltag zu integrieren und dadurch sein körperliches und geistiges Wohlbefinden langfristig zu verbessern.

In der im Zuge der Beschwerde vom 06.03.2024 vorgelegten Bestätigung von Dr. in XXXX , Fachärztin für Neurologie, vom 05.02.2024, welche als Vorlage beim zuständigen Krankenversicherungsträger dient, wurden nur die gegenwärtig mittelschwere depressive Störung und die Sozialphobie angeführt. Diese Erkrankungen wurden bereits im ärztlichen Befundbericht vom 06.07.2023 dokumentiert. Zudem wurden sie vom Sachverständigen Dr. XXXX nachweislich berücksichtigt und beurteilt. Weitere Ausführungen enthält diese Bestätigung nicht. Der BF legte auch keine weiteren medizinischen Unterlagen vor.

In Hinblick auf das Leiden 2 (Kopfschmerz vom Spannungstyp) begründete der medizinische Sachverständige Dr. XXXX die gewählte Positionsnummer 04.11.01 mit dem unteren Rahmensatz und einem Grad der Behinderung von 10 % damit, dass beim BF keine Intervalltherapie stattfindet. Die Positionsnummer 04.11. umfasst unter dem Oberbegriff „Chronisches Schmerzsyndrom“ Kopfschmerzen, Schmerzen seitens des Stütz- und Bewegunsapparates und Neuralgien und Neuropathien. Die konkret gewählte Positionsnummer 04.11.01 ist bei leichten Verlaufsformen – wie vorliegend korrekt festgestellt – anzuwenden.

Der Sachverständige bezog sich auch nachweislich auf den ärztlichen Befundbericht der Fachärztin für Neurologie Dr.in XXXX vom 06.07.2023, worin dieses Leiden angeführt wurde. Selbst der BF gab gegenüber dem Sachverständigen am 20.11.2023 eine derzeitige Besserung seines Migräneleidens an, die er auf die Einnahme von entsprechender Medikation zurückführte. Diesbezüglich wurde auch im ärztlichen Entlassungsbericht des Gesundheitsresorts XXXX vom 18.11.2020 vermerkt, die Kopfschmerzen mit der Behandlung durch Seractil in den Griff zu bekommen. Für das erkennende Gericht ist demnach auch die Einstufung des Leidens 2 unter die Positionsnummer 04.11.01 mit 10 % korrekt erfolgt.

Ein höherer Grad der Behinderung innerhalb der Positionsnummer 04.11.01 mit 20 % war nicht angezeigt. Dazu müssten nicht opioidhaltige oder schwach opioidhaltige Analgetica zur Anwendung gelangen. Die Intervallprophylaxe Triptane würde zur Schmerzcoupierung nicht immer ausreichen. Zudem wäre von Schmerzattacken an weniger als 10 Tagen pro Monat auszugehen. Derartiges trifft auf den BF nicht zu.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Leiden war das Argument der Sachverständige Dr. XXXX , wonach das Leiden 2 mangels funktioneller Relevanz zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führt, schlüssig.

Der Sachverständige merkte schließlich noch an, dass die beim BF weiters vorliegenden Magenbeschwerden keinen Grad der Behinderung erreichen. Diesbezüglich konnte er nachvollziehbar darlegen, dass die Beschwerden durch Protonenpumpenhemmer behandelbar sind und beim BF darüber hinaus ein guter Ernährungszustand besteht. Gegenteiliges ließ sich außerdem aus den vorliegenden medizinischen Befunden nicht ableiten. So ergibt sich aus dem Befund der Fachärzte für Innere Medizin, Angiologie, Kardiologie, Gastroenterologie, Hepatologie und Intensivmedizin von XXXX vom 17.08.2022 die Diagnose Antrumgastritis sowie eine Bedarfstherapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) nach Durchführung einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie. Die Ileocoloskopie am 17.08.2022 zeigte laut Befund derselben Fachärzte keine Auffälligkeiten.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass das Vorbringen des BF nicht geeignet ist, dem schlüssigen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX substantiiert entgegen zu treten. Dieses war als nachvollziehbar und schlüssig zu werten und steht auch nicht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen in Widerspruch. Es war auch nicht die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Sämtliche im laufenden Verfahren vom BF vorgelegten medizinischen Befunde wurden in die Beurteilung des Sachverständigen aufgenommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz, BGBl Nr. 283/1990, idgF (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzustellen.

§ 4 der Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010 idgF sieht vor, dass die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens bildet. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen – beispielsweise Psychologen – zur ganzheitlichen Beurteilung heranzuziehen.

Da – wie oben ausgeführt - vom beauftragten Sachverständigen festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsbeeinträchtigungen des BF ein Ausmaß von 20 % erreichen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall ist für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen des BF ein Ausmaß über einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 % erreichen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt, das wie oben ausgeführt, als nachvollziehbar und schlüssig erachtet wurde. Der Sachverhalt ist darüber hinaus geklärt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig. Dazu wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Würdigung verwiesen.