Spruch
L519 2151223-2/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Susanne SINGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2024, Zl. 831131903-241098205, wegen § 88 Abs. 2a Fremdenpolizeigesetz (FPG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.11.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge „BF“) ist irakischer Staatsangehöriger. Dem BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge „BFA“) vom 15.02.2017 gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
I.2. Eine gegen Spruchpunkt I. des Bescheides (Nichtzuerkennung von Asyl) erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.04.2017, L502 2151223-1/5E, als unbegründet abgewiesen.
I.3. Dem BF wurde vom BFA befristet von 28.04.2023 bis 27.04.2024 gemäß § 88 FPG ein Fremdenpass für subsidiär Schutzberechtigte ausgestellt, mit der Bedingung, sich bei einer irakischen Vertretungsbehörde in einem EU-Mitgliedstaat einen irakischen Reisepass zu beschaffen.
I.4. Der BF ließ die Befristung des Fremdenpasses zur Ausstellung eines irakischen Reisepasses in einem anderen EU-Staat ungenutzt verstreichen.
I.5. Am 18.07.2024 stellte der BF bei der belangten Behörde neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte (§ 88 Abs. 2a FPG).
I.6. Mit gegenständlichem Bescheid des BFA wurde der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs 2a FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF keinen Nachweis darüber erbracht habe, warum es ihm während der Gültigkeitsdauer des befristeten Fremdenpasses nicht möglich gewesen sei, ein Reisedokument seines Heimatlandes bei einer irakischen Vertretungsbehörde in einem anderen EU-Land zu erlangen. Vom BF sei keine nachvollziehbare Begründung vorgebracht worden, warum er die Befristung zur Beschaffung eines irakischen Reisepasses verstreichen habe lassen.
I.7. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass der BF aufgrund seines subsidiären Schutzstatus in Österreich keinen Kontakt zu den irakischen Behörden – auch nicht in einem anderen EU-Staat – aufnehmen wolle und könne diese Fallkonstellation letztendlich unter den Tatbestand subsumiert werden, dass eine Antragstellung unzumutbar sei.
I.8. Am 19.11.2024 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durchgeführt. Die Rechtsvertretung blieb der mündlichen Verhandlung entschuldigt fern. Da der BF die deutsche Sprache ausgezeichnet beherrscht, fand seine Befragung in der Verhandlung auf Deutsch statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist irakischer Staatsangehöriger. Der BF besaß einen irakischen Reisepass, Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX und gültig bis XXXX . Aufgrund der Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten steht die Identität fest (OZ 8). Aus der Aktenlage ergibt sich, dass dem BF in Österreich der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und wurde mit 15.03.2024 sein befristeter Aufenthaltstitel für zwei Jahre verlängert.
Der BF war im Besitz eines österreichischen Fremdenpasses mit einer Gültigkeitsdauer vom 28.04.2023 bis 27.04.2024. Der BF wurde vom BFA darüber informiert, dass ihm ein befristeter österreichischer Fremdenpass zwecks Beschaffung eines Reisedokumentes für den Herkunftsstaat (Irak) ausgefolgt wurde.
Die Konsularabteilung der Republik Irak in Wien stellt in Ermangelung eines Reisepasssystems keine Reisepässe aus und nimmt auch keine Anträge auf Ausstellung eines irakischen Reisedokumentes entgegen. Die Ausstellung erfolgt entweder im Irak, durch die irakische Botschaft in Berlin oder das Generalkonsulat der Republik Irak in Frankfurt bzw. eine irakische Vertretungsbehörde in anderen EU-Ländern.
Während der Gültigkeitsdauer des befristeten Fremdenpasses hat sich der BF keinen irakischen Reisepass ausstellen lassen. Dem BF war die Erlangung eines gültigen irakischen Reisedokumentes möglich. Somit kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der BF die Ausstellung eines nationalen irakischen Reisepasses persönlich bei der irakischen Vertretungsbehörde in einem anderen EU-Staat tatsächlich erfolglos versucht hat und die irakische Botschaft bzw. das Generalkonsulat dem BF die Ausstellung eines irakischen Reisepasses tatsächlich verweigert hat.
Ein substantiierter Grund dafür, dass dem BF die Kontaktaufnahme mit der irakischen Vertretungsbehörde unzumutbar ist, liegt nicht vor. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass aufgrund einer Vorsprache bei einer irakischen Vertretungsbehörde der BF selbst im Irak verfolgt würde oder er Repressalien ausgesetzt (gewesen) wäre. Die Antragstellung bei der irakischen Botschaft in einem anderen EU-Land war dem BF sohin zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend die Staatsangehörigkeit des BF sowie die befristete Aufenthaltsberechtigung stützen sich auf die Ausführungen im Zuge der Beschwerdeverhandlung sowie die vorgelegten Dokumente (OZ 8).
Die Feststellungen zum gestellten Antrag auf internationalen Schutz und zum Ausgang des Asylverfahrens basieren auf der unbestrittenen Aktenlage, insbesondere auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, auf einer Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) sowie auf dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.04.2017, L502 2151223-1/5E.
Die Feststellung, wonach dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte verlängert wurde, fußt auf seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung sowie der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).
Die Feststellungen hinsichtlich seiner Beschäftigung und seines Einkommens ergeben sich aus den Angaben des BF im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie einem Auszug aus dem AJ-Web.
Die Feststellungen hinsichtlich der in Österreich an der selben Wohnadresse lebenden Geschwister und Eltern ergibt sich aus den Angaben des BF im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und der Einsichtnahme in die Akte L519 1418387-3, L519 2151219-2, L519 2151220-2.
Die Feststellung, dass dem BF der österreichische Fremdenpass unter der Bedingung ausgehändigt wurde, um ihm die Beschaffung eines irakischen Reisepasses im Wege der irakischen Vertretungsbehörden in einem EU-Staat zu ermöglichen, stützt sich auf den Akteninhalt.
Dass die Konsularabteilung der Republik Irak in Wien keine Reisepässe ausstellt und die Ausstellung entweder im Irak, durch die Botschaft in Berlin oder dem Generalkonsulat der Republik Irak in Frankfurt erfolgt, ist notorisch.
Die Unzumutbarkeit der Beantragung der Ausstellung eines Reisedokumentes bei den irakischen Vertretungsbehörden vermochte der BF aufgrund folgender Erwägungen nicht darzulegen:
Dass dem BF bereits einmal ein befristeter Fremdenpass ausgestellt und ausgehändigt wurde, um sich in einem anderen Staat der EU einen Reisepass ausstellen zu lassen und er diese Gelegenheit ungenützt verstreichen hat lassen, ist aus dem Akteninhalt und seinen Angaben im Zuge der Beschwerdeverhandlung ersichtlich. Der BF hat auch in der Beschwerdeverhandlung keinerlei Nachweis erbracht, dass ihm die Ausstellung eines Reisepasses von einer irakischen Behörde verweigert worden wäre oder er aus gesundheitlichen Gründen die Anreise zu einer Botschaft bzw. eines Konsulats nicht antreten hätte können (OZ 7, S. 14 und 16). Es ist notorisch, dass die irakischen Vertretungsbehörden in Deutschland im Falle von veralteten Dokumenten zur Ausstellung eines irakischen Reisepasses entweder einen biometrischen, irakischen Personalausweis oder den Zivilregisterauszug für die Passbeantragung verlangen (OZ 9). In der mündlichen Verhandlung dezidiert gefragt, ob der BF im Besitz eines Geburtsregisterauszuges oder Staatsbürgerschaftsnachweises im Original ist, vermeinte er, dass er dies nicht wisse (OZ 7, S. 16). Im Zuge des Verfahrens legte er dem erkennenden Gericht die relevanten Dokumente letztlich aber vor (OZ 8). Ergänzend hält das erkennende Gericht fest, dass für den BF auch in Anbetracht von fehlenden bzw. veralteten Dokumenten die Möglichkeit bestünde über einen Vertreter im Herkunftsstaat mittels Vollmacht durch das Generalkonsulat bspw. in Frankfurt (fehlende) Dokumente zu beantragen (OZ 9). Insoweit der BF im Zuge der Beschwerdeverhandlung angibt, das Verwandte in der Herkunftsregion leben (O 7, S. 15f), wäre es demnach auch möglich gewesen über das Generalskonsulat eine Vollmacht ausstellen zu lassen, um relevanten Dokumente für die Passbeantragung zu beschaffen.
Seitens der Behörde wurde der BF über die Gründe der Befristung für des ausgestellten Fremdenpasses belehrt (AS 21 und 23). Aus der Belehrung geht dezidiert die Information zur Ausstellung eines irakischen Reisepasses und zu auszustellenden Behörden in anderen EU-Staaten sowie die Befristung(sbegründung) des Fremdenpasses hervor. Insbesondere, dass der BF von der Ausstellung eines Reisepasses lediglich in Deutschland wusste, indiziert, dass der BF Kenntnis von der Befristung des Fremdenpasses und der behördlichen Belehrung zur Beschaffung eines irakischen Reisepasses hatte (OZ 7, S. 16). Einem persönlichen Erscheinen bzw. einer Beantragung entsprach er trotzdem nicht.
Wie sich insgesamt aus seinem Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung ergibt, hat der BF derartige Bemühungen, sich persönlich an die irakischen Vertretungsbehörden zu wenden, unterlassen und hat er seinem Beschwerdevorbringen entnehmend dies auch in der Zukunft offenbar nicht vor (AS 61): Der Beschwerde ist konkludent zu entnehmen, dass der BF auch weiterhin nicht die Absicht hat, sich an eine Vertretungsbehörde seines Heimatlandes in einem anderen EU-Staat zu wenden, um ein irakisches Reisedokument zu erhalten, zumal er (erstmals) in der Beschwerde vorbringt, dass es ihm als subsidiär Schutzberechtigten nicht zumutbar sei, sich an eine irakische Vertretungsbehörde zu wenden, um sich dort einen irakischen Reisepass ausstellen zu lassen.
Dass der BF die Möglichkeit hat(te), sich ein gültiges irakisches Reisedokument zu beschaffen, ergibt sich aus den öffentlich zugänglichen Informationen zur Möglichkeit einer Antragstellung für irakische Reisepässe (siehe https://mofa.gov.iq/berlin/?page_id=517, zuletzt eingesehen am 06.12.2024) und der befristeten Ausstellung eines Fremdenpasses für ein Jahr. Wenn in der Beschwerde moniert wird, dass dem BF aufgrund seines Status als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich der Kontakt zu den irakischen Behörden nicht zumutbar sei, hält das erkennenden Gericht fest, dass ihm dieser befristete Aufenthaltstitel im Hinblick auf die allgemein prekäre Lage in der Herkunftsregion zuerkannt wurde. Im Zuge der Nichtzuerkennung des Asylstatus steht für das Bundesverwaltungsgericht fest, dass keinerlei Verfolgung des BF durch den irakischen Staat vorliegt. Die Vorsprache bei der irakischen Botschaft in Berlin, dem Generalkonsulat in Frankfurt oder bei einer irakischen Vertretungsbehörde in einem anderen EU-Staat ist aufgrund der Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Asylstatus nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zumutbar. Der BF hat weder bei der Beantragung des Fremdenpasses einen Nachweis erbracht, dass er kein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates erlangen konnte, noch eine solche Bestätigung im weiteren Verfahren trotz Aufforderung bei der belangten Behörde, vorgelegt. Selbst bei einer Kontaktaufnahme mit den irakischen Vertretungsbehörden und der Weitergabe von personenbezogenen Daten sowie seinem Aufenthaltsort, seinem Aufenthaltsstatus in Österreich und seinem aktuellen Aussehen (Passfoto) und seinem Familienstand erblickt das Bundesverwaltungsgericht keine konkrete Gefährdung des BF. Ferner unterlässt der BF Ausführungen, dass ihm die Beantragung eines herkunftsstaatlichen Reisepasses aufgrund seines Status als subsidiär Schutzberechtigter nicht zumutbar oder möglich sei in der gesamten Beschwerdeverhandlung und findet sich dieses Vorbringen lediglich im Beschwerdeschriftsatz.
Im Übrigen vermochte der BF insgesamt nicht substantiiert darzulegen, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar war, ein herkunftsstaatliches Reisedokument zu erlangen. Das erkennende Gericht erblickt im Beschwerdevorbringen keine nachvollziehbare Begründung, dass es dem BF konkret nicht möglich (gewesen) wäre, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen, insbesondere, da er in der Beschwerdeverhandlung lediglich angibt, dass er einen Fremdenpass zu Reisezwecke benötige, um unter anderem seine Verwandten in Deutschland zu besuchen (OZ 7, S. 15). Dass dem BF eine Beantragung in einem anderen EU-Land, insbesondere Deutschland, aufgrund von Reisekosten bzw. der längeren Reiseroute nicht zumutbar wäre, wurde nicht behauptet und ist angesichts der Reisevorhaben des BF - Besuch der Verwandten in Deutschland - auch nicht glaubwürdig bzw. nachvollziehbar. Insgesamt zeigte er sich nicht antragswillig.
Dass er im Besitz eines Staatsbürgerschaftsnachweises bzw. einer Geburtsurkunde im Original ist, bestätigte er zuletzt durch Vorlage der Originaldokumente im verwaltungsgerichtlichem Verfahren. Ferner hätte er etwa die Möglichkeit durch eine Bevollmächtigung seiner Verwandten im Herkunftsstaat bzw. Beauftragung eines Rechtsvertreters im Herkunftsstaat an fehlende Dokumente zu gelangen und wäre ihm dies bereits im Zuge der letztmaligen Ausstellung des Fremdenpasses möglich gewesen. Wäre der BF bei einer irakischen Vertretungsbehörde in Deutschland vorstellig gewesen, wären ihm spätestens bei der Antragstellung die erforderlichen Voraussetzungen, auch bei Nichtvorliegen, durch die irakische Vertretungsbehörde zur Kenntnis gebracht worden.
Der BF hat im gesamten Verfahren kein substantiiertes begründetes Vorbringen erstattet und keinen Nachweis erbracht, dass er die Ausstellung eines irakischen Reisedokumentes bei der irakischen Botschaft oder dem Generalkonsulat beantragt hätte und dass ihm die Ausstellung eines irakischen Reisepasses versagt worden wäre, sodass nicht festgestellt werden kann, dass der BF die Ausstellung eines nationalen irakischen Reisepasses tatsächlich erfolglos versucht hat und ihm die Ausstellung eines irakischen Reisepasses tatsächlich verweigert wurde. Somit hat der BF den Nachweis des Vorliegens einer Erteilungsvoraussetzung nicht erbracht.
Insgesamt ist kein objektiv nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb der BF nicht in der Lage war, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatlandes zu beschaffen. Es liegen auch keine Hinweise vor, dass die irakische Botschaft dem BF bei Vorliegen der Voraussetzungen die Ausstellung eines Reisepasses verweigern würde. Der BF hat nach der Aktenlage – trotz Ausstellung eines Fremdenpasses und diesbezüglich ergangener Information – keine Anstrengungen zur Erlangung eines irakischen Reisepasses unternommen. Im gegenständlichen Fall wurden dem BF seitens der Behörde die Voraussetzungen für die Ausstellung eines irakischen Reisepasses mitgeteilt. Es war ihm daher möglich, die erforderlichen Unterlagen vorzubereiten und hätte er jedenfalls durch persönliches Erscheinen innerhalb der gesetzten Frist von einem Jahr bei den irakischen Vertretungsbehörden vorstellig werden können.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses:
3.1.1. § 88 Fremdenpolizeigesetz (FPG) lautet:
Ausstellung von Fremdenpässen
„§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.“
3.1.2. § 88 Abs. 2a FPG regelt die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte in Umsetzung von Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU), welche vor dem Hintergrund einer Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Umständen einen (ansonsten nicht bestehenden) Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses vorsieht (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 88 FPG, K7).
Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat, vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wurde durch § 88 Abs. 2a FPG umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (ErläutRV 2144 BlgNR 24. GP S. 25 zu § 88 Abs. 2 und 2a FPG, FNG-Anpassungsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2013).
Dem Fremden muss es konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, § 88 FPG 2005, K9).
Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem BF ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen. Erst wenn der Fremde keine Reisedokumente erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 88 FPG E7 und E8).
Die Beurteilung der (Un-)Zumutbarkeit bzw. der faktischen (Un-)Möglichkeit der Beschaffung eines gültigen Reisedokuments iSd § 88 Abs. 2a FPG stellt eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, die - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht erfolgreich mit Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG bekämpft werden kann (vgl. VwGH 27.07.2023, Ra 2021/21/0363).
Im hier zu entscheidenden Beschwerdefall hat der BF die Ausstellung eines irakischen Reisepasses bei einer irakischen Vertretungsbehörde nicht beantragt und damit keinen Versuch unternommen, auf diesem Wege einen gültigen nationalen Reisepass zu erhalten, dies obwohl er über die dafür erforderlichen Dokumente verfügt bzw. sich fehlende Dokumente beschaffen hätte können. Der BF konnte sohin während der Befristung seines Fremdenpasses in der irakischen Vertretungsbehörde einen Reisepass beantragen und ist nicht davon auszugehen, dass die Vertretungsbehörde die Ausstellung desselben verweigerte.
Wie beweiswürdigend ausgeführt, war es dem BF auch zumutbar sich zwecks Ausstellung eines Reisepasses an die irakischen Vertretungsbehörden zu wenden. Der BF konnte keine substantiellen Gründe für die Unzumutbarkeit einer Antragstellung ins Treffen führen und war dem Vorbringen rund um eine Gefährdung seiner Person aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen.
Somit hat sich nicht ergeben, dass der BF nicht in der Lage war, einen Reisepass seines Herkunftsstaates zu erlangen. Sollte ihm die Ausstellung eines Reisepasses durch die Vertretungsbehörden seines Herkunftsstaates künftig tatsächlich verweigert werden, steht es ihm offen – unter Nachweis dieser Umstände – beim Bundesamt neuerlich die Ausstellung eines Fremdenpasses zu beantragen.
Im Ergebnis hat die Annahme des BF, er sei nicht in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates ausstellen zu lassen, keinerlei substantielle Grundlage. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes kann daher im vorliegenden Fall nicht im Sinne des § 88 Abs. 2a FPG davon ausgegangen werden, dass der BF als in Österreich subsidiär Schutzberechtigter nicht in der Lage ist, ein gültiges Reisedokument seines Herkunftsstaates Iraks zu erhalten. Ein zwingendes Tatbestandsmerkmal (eine Erfolgsvoraussetzung) für die Ausstellung eines Fremdenpasses ist sohin im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Beschwerde war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.