Spruch
W227 2303867-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin XXXX , Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführers XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 17. September 2024, Zl. 9131.101/0087-Präs3a1/2024, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Am 21. Juni 2024 zeigte die Erstbeschwerdeführerin die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/2025 bei der belangten Behörde an.
2. Mit Schreiben vom 27. August 2024 wies die belangte Behörde die Erstbeschwerdeführerin darauf hin, dass die Anzeige unvollständig sei, da kein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2023/2024, kein Meldezettel und kein Bescheid über den sonderpädagogischen Förderbedarf vorgelegt worden seien. Die fehlenden Unterlagen seien binnen einer Frist von einer Woche nachzureichen.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Anzeige zur Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/2025 gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) i.V.m. § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zurück (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass die Erziehungsberechtigten im Schuljahr 2024/2025 für die Erfüllung der Schulpflicht des Zweitbeschwerdeführers an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu sorgen hätten (Spruchpunkt II.) und schloss die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde aus (Spruchpunkt III.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Die Erstbeschwerdeführerin sei der Aufforderung im Verbesserungsauftrag vom 27. August 2024 nicht nachgekommen, da sie kein Jahreszeugnis für das Schuljahr 2023/2024 übermittelt habe.
4. Dagegen erhob die Erstbeschwerdeführerin am 6. Oktober 2024 die vorliegende Beschwerde.
5. Erst am 6. Dezember 2024 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Am 21. Juni 2024 zeigte die Erstbeschwerdeführerin die Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/2025 bei der belangten Behörde an.
Am 27. August 2024 sendete die belangte Behörde an die unvertretene Erstbeschwerdeführerin einen „Verbesserungsauftrag“ mit folgendem Inhalt:
„Sehr geehrte Erziehungsberechtigte!
Die Anzeige zur Teilnahme an häuslichem Unterricht war unvollständig.
Gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG hat die Anzeige jedenfalls folgende Angaben und Urkunden zu enthalten:
a) Vor- und Familiennamen, Geburtsdatum und Anschrift jener Person, welche das Kind führend unterrichten wird,
b) den Ort, an dem der Unterricht erfolgen soll,
c) das Jahreszeugnis über das vorangehende Schuljahr oder ein Zeugnis über die Externistenprüfung über die vorangehende Schulstufe,
d) den Lehrplan, nach welchem, und die Schulstufe, auf der der Unterricht erfolgen soll, sowie
e) eine Zusammenfassung des pädagogischen Konzepts für den Unterricht.
Bitte legen Sie folgende Unterlagen binnen einer Frist von einer Woche ab Erhalt dieses Schreibens dem Referat Präs/3a - Schulrecht – am besten unter Anführung von GZ 9131.103/0111-Präs3a1/2024 und dem Namen des Schulpflichtigen an office@bildung-wien.gv.at – der Bildungsdirektion für Wien vor:
Jahreszeugnis aus dem Schuljahr 2023/24
Meldezettel
SPF-Bescheid (sonderpädagogischer Förderbedarf)
Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass Sie im vorliegenden Verfahren als Partei eine Mitwirkungspflicht trifft. Sollten die angeforderten Unterlagen nicht fristgerecht nachgereicht werden, ergeht die Entscheidung der Behörde, möglicherweise zu Ungunsten des Antragstellers, aufgrund des Akteninhaltes.“
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Vorab ist festzuhalten, dass der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichts die „Sache“ des bekämpften Bescheides im Sinne des § 27 VwGVG ist (vgl. etwa VwGH 24.04.2018, Ra 2017/17/0895, m.w.H.). Wenn also die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. etwa VwGH 29.09.2022, Ra 2021/15/0052, m.w.N.).
Verfahrensgegenstand ist daher ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde die Anzeige zur Teilnahme des Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/2025 zu Recht zurückgewiesen hat.
3.1.2. Gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten (unter anderem) die Teilnahme ihres Kindes an häuslichem Unterricht der Bildungsdirektion anzuzeigen. Diese Anzeige hat jeweils bis eine Woche nach dem Ende des vorhergehenden Unterrichtsjahres zu erfolgen (Z 1), und nach Z 2 jedenfalls die folgenden Angaben und Urkunden zu enthalten: Vor- und Familiennamen, Geburtsdatum und Anschrift jener Person, welche das Kind führend unterrichten wird, den Ort, an dem der Unterricht erfolgen soll, das Jahreszeugnis über das vorangehende Schuljahr oder ein Zeugnis über die Externistenprüfung über die vorangehende Schulstufe, den Lehrplan, nach welchem, und die Schulstufe, auf der der Unterricht erfolgen soll, sowie eine Zusammenfassung des pädagogischen Konzepts für den Unterricht.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.
3.1.3. Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG muss eine Fristsetzung und bei (unvertretenen) Parteien einen Hinweis auf eine drohende Zurückweisung des Antrages enthalten (vgl. VwGH 11.12.2018, Ra 2018/02/0241 sowie 18.12.2014, 2012/07/0200, jeweils m.w.N). Nur ein dem Gesetz entsprechender Verbesserungsauftrag kann Grundlage für eine Zurückweisung eines Antrages sein (vgl. VwGH 26.04.2017, Ra 2016/05/0040 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 29 [Stand 01.01.2014, rdb.at]). Die Zurückweisung ohne ein ordnungsgemäß durchgeführtes Verbesserungsverfahren ist als Verweigerung der Sachentscheidung und somit als Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zu qualifizieren (siehe VfGH 27.11.2006, B 1084/06 sowie VwGH 09.09.2015, Ra 2015/08/0076, m.w.N.).
3.1.4. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
In ihrem Schreiben vom 27. August 2024 wies die belangte Behörde die unvertretene Erstbeschwerdeführerin nicht auf die rechtlichen Folgen des Unterbleibens einer Verbesserung – die Zurückweisung der Anzeige – hin. Dieser mangelhafte Verbesserungsauftrag ermächtigte die belangte Behörde somit nicht dazu, die Anzeige der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG i.V.m. § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen.
Der Beschwerde ist daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid ist aufzuheben.
Angesichts der gegenständlichen Entscheidung erübrigt sich ein Abspruch über die aufschiebende Wirkung.
Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (siehe etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2. Zu Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass nur ein dem Gesetz entsprechender Verbesserungsauftrag zu einer Zurückweisung eines Antrages führen kann, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.