JudikaturBFG

RV/7105427/2019 – BFG Entscheidung

Entscheidung
19. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LGH - Wirtschaftstreuhand u. Bilanzbuchhalter GmbH, Tigergasse 26-28 Tür 9, 1080 Wien, über die Beschwerde vom 11. Juni 2018 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom 22. Mai 2018 betreffend Haftungs- und Abgabenbescheid 22.05.2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 6.530,15 eingeschränkt:

AbgabenartZeitraumBetrag in Euro
Lohnsteuer200656,49
Lohnsteuer200856,49
Lohnsteuer01-12/20081010,69
Lohnsteuer01-12/20092524,57
Lohnsteuer01/2010458,70
Lohnsteuer02/2010465,42
Lohnsteuer03/2010445,16
Lohnsteuer04/2010371,50
Lohnsteuer05/2010407,63
Lohnsteuer06/2010349,17
Lohnsteuer07/2010384,32
SUMME6.530,15

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.) infolge der Insolvenz der *** Gesellschaft m.b.H. (Primärschuldnerin) als ehemaliger Geschäftsführer für die aushaftenden Abgabenschulden zur Haftung herangezogen werden kann.

Mit Schreiben vom 3. April 2018 wurde der Bf. von der belangten Behörde über eine mögliche Haftungsinanspruchnahme in Kenntnis gesetzt und er wurde aufgefordert zu beweisen, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen. Dieser Vorhalt wurde mit Schreiben vom 3. Mai 2018 beantwortet.

Mit Haftungsbescheid vom 22. Mai 2018 wurde der Bf. als ehemaliger Geschäftsführer für die aushaftende Abgabenschuld der *** Gesellschaft m.b.H.in Höhe von € 43.875,92 in Anspruch genommen.

Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom 11. Juni 2018 Beschwerde und brachte vor, dass die Verjährung betreffend des Haftungsbescheides Ende 2015 eingetreten sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19. Juni 2019 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Es wurde ausgeführt, dass das Recht die fälligen Abgaben einzuheben noch nicht verjährt sei.

Mit Eingabe vom 24. Juli 2018 beantragte der Bf. die Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht.

Mit Vorlagebericht vom 4. Oktober 2019 erfolgte die Vorlage der Beschwerde samt Verwaltungsakt an das Bundesfinanzgericht.

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wurde, mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses, vom 29. Jänner 2024, im Zuge einer Altaktenumverteilung dem erkennenden Richter zur Erledigung übertragen.

Mit Vorhalt vom 7. März 2025 ersuchte das Bundesfinanzgericht die belangte Behörde um Stellungnahme zum festgestellten Sachverhalt. Mit E-Mail vom 11. April 2025 wurde das Bundesfinanzgericht darüber in Kenntnis gesetzt, dass seitens des Finanzamtes keine Stellungnahme erfolgen wird.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. war ab 14. Jänner 1992 alleiniger Geschäftsführer der *** Gesellschaft m.b.H. (Primärschuldnerin).

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom ***Datum 1*** wurde über die Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom ***Datum 2*** wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgeboben. Am ***Datum 3*** wurde die Firma gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) aus dem Firmenbuch gelöscht.

Mit Haftungsbescheid vom 22. Mai 2018 wurde der Bf. als ehemaliger Geschäftsführer für die aushaftende Abgabenschuld der Primärschuldnerin in Höhe von € 43.875,92 in Anspruch genommen:

AbgabenartZeitraumBetrag in Euro
Umsatzsteuer07/20101.615,88
Umsatzsteuer04/2009266,21
Umsatzsteuer05/20092.537,18
Umsatzsteuer06/20095.442,11
Umsatzsteuer07/20092.438,68
Umsatzsteuer08/20091.785,58
Umsatzsteuer09/2009659,52
Umsatzsteuer10/2009649,61
Umsatzsteuer11/20092.409,28
Umsatzsteuer12/20094.354,03
Umsatzsteuer02/20101.058,90
Umsatzsteuer03/20101.750,11
Umsatzsteuer04/20102.417,39
Umsatzsteuer06/20101.559,88
Umsatzsteuer2007381,13
Lohnsteuer200694,15
Lohnsteuer200894,15
Lohnsteuer01-12/20081.684,48
Lohnsteuer01-12/20094.207,62
Lohnsteuer01/2010764,50
Lohnsteuer02/2010775,70
Lohnsteuer03/2010741,94
Lohnsteuer04/2010619,17
Lohnsteuer05/2010679,39
Lohnsteuer06/2010581,95
Lohnsteuer07/2010640,54
Kammerumlage04-06/201045,99
Dienstgeberbeitrag20069,72
Dienstgeberbeitrag20079,72
Dienstgeberbeitrag20089,72
Dienstgeberbeitrag01-12/2008700,23
Dienstgeberbeitrag01-12/20091.212,56
Dienstgeberbeitrag01/2010211,46
Dienstgeberbeitrag02/2010212,14
Dienstgeberbeitrag03/2010213,39
Dienstgeberbeitrag04/2010168,14
Dienstgeberbeitrag05/2010194,10
Dienstgeberbeitrag06/2010162,60
Dienstgeberbeitrag07/2010220,58
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag20060,86
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag20070,86
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag20080,86
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag01-12/200862,24
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag01-12/2009107,78
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag01/201019,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag02/201018,86
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag03/201018,97
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag04/201014,95
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag05/201017,25
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag06/201014,45
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag07/201019,61

Das Schuldenregulierungsverfahren vom ***Datum 4*** wurde berücksichtigt. Es wurden entsprechend der Quote nur 20% der Abgabenschuld für die Haftungsinanspruchnahme berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, Abfragen aus dem Firmenbuch, Datenbankabfragen (Abgabenkonto der Primärschuldnerin) sowie ergänzende Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Die in den §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung (BAO) bezeichneten Vertreter haften gemäß § 9 Abs. 1 BAO neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Damit eine Person nach diesen Bestimmungen zur Haftung für eine fremde Abgabenschuld herangezogen werden kann, müssen daher die folgenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sein:

1. Persönlicher Anwendungsbereich - Vertreter iSd §§ 80ff BAO

2. Bestehen einer Abgabenschuld

3. Uneinbringlichkeit der Abgabe

4. Schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten durch den Vertreter

5. Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit der Abgabe (Kausalität)

3.1.1. Zum persönlichen Anwendungsbereich - Vertreter iSd §§ 80ff BAO

Der Bf. kommt grundsätzlich als Haftungsschuldner gemäß §§ 9 iVm 80 BAO in Betracht, da er ab 14. Jänner 1992 Geschäftsführer der Primärschuldnerin und damit zur Vertretung der GmbH berufen war.

3.1.2. Zum Bestehen einer Abgabenschuld

Das Bestehen des Abgabenanspruchs ist zwischen den Parteien unstrittig und ergibt sich auch klar aus dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin.

Daher geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Abgabenschuld gegenüber der Primärschuldnerin bestanden hat.

3.1.3. Zur Uneinbringlichkeit der Abgaben

Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung (vgl. VwGH 28.4.2011, 2011/16/0082). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (vgl. VwGH 17.12.2009, 2009/16/0092). Die Einbringung einer möglichen Konkursquote vom Primärschuldner ist zu berücksichtigen (vgl. VwGH 24.2.2010, 2006/13/0071).

Der Haftungsbescheid wurde am 22. Mai 2018 erlassen. Zu diesem Zeitpunkt war der Konkurs der Primärschuldnerin nach Schlussverteilung bereits aufgehoben, die ausständigen Abgaben waren bei der Primärschuldnerin daher uneinbringlich.

3.1.4. Zur schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten durch den Vertreter

Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die Vertreter von juristischen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die vorgeschriebenen und schlussendlich im Haftungsbescheid genannten Abgaben sind nicht zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht bei der Frage, ob der Vertreter schuldhaft eine Abgabenpflicht verletzt hat, eine qualifizierte Mitwirkungspflicht des Vertreters. Der Vertreter hat dabei darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten nicht möglich war. Andernfalls kann eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden (vgl zB 18.3.2013, 2011/16/0184; 19.3.2015, 2013/16/0166; 22.4.2015, 2013/16/0208; 19.5.2015, 2013/16/0016). In diesem Zusammenhang muss der Vertreter allerdings keinen negativen Beweis dafür vorbringen, dass keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegt, sondern lediglich eine konkrete, schlüssige Darstellung der Gründe, die einer rechtzeitigen Abgabenentrichtung im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben entgegengestanden sind (vgl zB 4.4.1990, 89/13/0212; 27.10.2008, 2005/17/0259).

Die Haftung kann in diesem Zusammenhang insbesondere dann begrenzt werden, wenn der Haftungspflichtige nachweist, dass ihm im Haftungszeitraum nicht ausreichend liquide Mittel zur Verfügung gestanden sind und er den Abgabengläubiger nicht schlechter behandelt hat (sogenannter Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung).

Nachweis der Gläubigergleichbehandlung

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die fehlende Benachteiligung des Abgabengläubigers nur dann nachgewiesen werden, wenn die liquiden Mittel im Haftungszeitraum zu keiner Zeit ausreichten, um sämtliche fällige Verbindlichkeiten zu tilgen. Im Abgabenrecht gilt der Grundsatz der vollständigen Mittelausschüttung. Der Vertreter handelt schuldhaft, wenn die Primärschuldnerin über Mittel verfügt hätte, um sämtliche fällige Verbindlichkeiten zu bedienen und die Abgaben dennoch nicht vollständig bezahlt wurden. Reichen diese Mittel nicht aus, kann allerdings ein Gleichbehandlungsnachweis angetreten werden (vgl eine übersichtliche Darstellung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Lachmayer, Einzelfragen zur Haftung gem § 9 BAO, RdW 2023, 682ff).

Erbringt der Vertreter den Nachweis, dass der Abgabengläubiger ebenso viel an vorhandenen Mitteln erhalten hat, wie andere Gläubiger, dann haftet er überhaupt nicht (vgl VwGH 22.9.1999, 96/15/0049). Dabei ist nachzuweisen, dass kein einziger Gläubiger dem Abgabengläubiger vorgezogen wurde (vgl VwGH 29.4.2010, 2008/15/0085; 14.12.2005; 2002/13/0196; 30.10.2001, 98/14/0082). Es ist daher nicht darzustellen, dass der Abgabengläubiger nicht weniger als der Durchschnitt der Gläubiger bekommen hat, sondern dass kein anderer Gläubiger mehr als der Abgabengläubiger erhalten hat. Wird also ein einziger Gläubiger (z.B. ausstehende Löhne, Lieferanten, Bankverbindlichkeiten, Zug-um-Zug-Geschäfte etc) voll bezahlt, liegt eine Schlechterstellung des Abgabegläubigers iSd Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor (vgl VwGH 23.3.2010, 2010/13/0042; 25.1.2006, 2001/14/0126; 19.4.2006, 2003/13/0111; 29.4.2010, 2008/15/0085; 7.9.1990,89/14/0132; 18.6.1993, 93/17/0051). In diesem Zusammenhang ist es nicht relevant, dass solche Zahlungen betriebsnotwendig waren (VwGH 28.9.2004, 2001/14/0176). Tilgt der Vertreter andere Verbindlichkeiten voll oder in einem höheren Ausmaß, dann ist der Abgabengläubiger im gleichen Ausmaß zu befriedigen.

Der Bf. hat allerdings dargetan, dass er über die Bücher der Gesellschaft nicht mehr verfüge, da die Verwahrungsfrist bereits abgelaufen sei.

Dazu ist festzustellen:

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es dem Vertreter auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (VwGH 19.05.2015, 2013/16/0016).

Allerdings normiert § 132 BAO eine siebenjährige Aufbewahrungspflicht.

Die siebenjährige Aufbewahrungsfrist des § 132 Abs. 1 BAO beginnt für Bücher und Aufzeichnungen mit Schluss des Kalenderjahres, für das die Eintragungen vorgenommen worden sind bzw. für Belege, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen vom Schluss des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehen.

Die Aufbewahrungsfrist verlängert sich für Bücher, Aufzeichnungen und hiezu gehörige Belege, solange die Unterlagen für (am Ende der Siebenjahresfrist anhängige) Verfahren, die die Abgabenerhebung betreffen, von Bedeutung sind, wenn in solchen Verfahren diejenigen Parteistellung haben, für die auf Grund von Abgabenvorschriften (z.B. § 125 BAO, § 76 EStG 1988, § 18 Abs. 1 UStG 1994) die Bücher bzw. Aufzeichnungen zu führen waren oder ohne gesetzliche Verpflichtung Bücher geführt wurden.

Die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist stellt zwar nicht auf die subjektive Kenntnis von der Anhängigkeit des Verfahrens ab. Jedoch wird die Partei meist hievon Kenntnis haben (Ritz, BAO, 8. Aufl. 2025, § 132 RZ 7).

Nachdem das Finanzamt mehrere Jahre keine Schritte gegen den Bf. als möglichem Haftungsschuldner gesetzt hat kommt dem Beschwerdeeinwand, dass der Bf. (hier: auf Grund des Verstreichens der siebenjährigen Aufbewahrungspflicht) in Beweisschwierigkeiten wäre, Berechtigung zu. Die Aufbewahrungsfrist der Unterlagen für die haftungsgegenständlichen Abgaben der Jahre 2006 bis 2010 endete gemäß § 132 Abs. 1 BAO spätestens am 31. Dezember 2013, 31. Dezember 2014, 31. Dezember 2015, 31. Dezember 2016 und 31. Dezember 2017.

Da von einem potenziell Haftungspflichtigen nach Ablauf der siebenjährigen Aufbewahrungspflicht im Falle einer späteren Haftungsinanspruchnahme kein Nachweis für die Gleichbehandlung der Verbindlichkeiten gefordert werden kann (vgl. UFSW vom 05.07.2007, RV/0310-W/07), war der Beschwerde daher hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Umsatzsteuern, Kammerumlage, Dienstgeberbeiträgen und Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen stattzugeben.

Vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen sind allerdings im Abzugsweg einzubehaltende Abgaben wie Lohnsteuer.

Diese haftet wie folgt aus:

AbgabenartZeitraumBetrag in Euro
Lohnsteuer200694,15
Lohnsteuer200894,15
Lohnsteuer01-12/20081.684,48
Lohnsteuer01-12/20094.207,62
Lohnsteuer01/2010764,50
Lohnsteuer02/2010775,70
Lohnsteuer03/2010741,94
Lohnsteuer04/2010619,17
Lohnsteuer05/2010679,39
Lohnsteuer06/2010581,95
Lohnsteuer07/2010640,54
SUMME10.883,59

3.1.5. Zur Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit der Abgabe (Kausalität)

Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall voraus.

Wie im Vorpunkt dargestellt, geht das Bundesfinanzgericht auf Basis der Aktenlagen und mangels anderer Vorbringen des Beschwerdeführers davon aus, dass er seine abgabenrechtlichen Pflichten als Geschäftsführer für die vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen Abgaben (Lohnsteuer) schuldhaft verletzt hat. Nach der Judikatur des VwGH spricht bei schuldhafter Pflichtverletzung die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgabe. (vgl zB 28.2.2014, 2012/16/0001; 19.5.2015, 2013/16/0016; 27.5.2020, Ra 2020/13/0027). Da der Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang keine gegenteiligen Nachweise vorlegen konnte, geht das Bundesfinanzgericht der ständigen Rechtsprechung des VwGH folgend von einer Kausalität zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers und der Uneinbringlichkeit der Abgabe aus.

Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass alle Tatbestandsmerkmale der anwendbaren Haftungsbestimmung im vorliegenden Fall erfüllt sind.

3.1.6. Ermessen

Sind alle Tatbestandsmerkmale für eine Haftung erfüllt, liegt die Inanspruchnahme eines zur Haftung Verpflichteten schlussendlich im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde hat sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (VwGH 30.9.1993, 92/17/0215).

Im vorliegenden Fall liegen für die Abgaben, die spätestens bis zum 16. August 2010 fällig waren, und der schlussendlichen Haftungsinanspruchnahme mit Bescheid vom 22. Mai 2018 mehr als sieben Jahre. Dieser Zeitraum übersteigt die reguläre Vollstreckungsverjährung von fünf Jahren gemäß § 238 BAO. Aufgrund der ungewöhnlich späten Heranziehung zur Haftung der in den Jahren 2006-2010 fälligen Abgaben war der Haftungsbetrag im Rahmen des Ermessens daher um 40% zu reduzieren.

3.1.7. Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch genannten Abgabenschuldigkeiten der *** Gesellschaft m.b.H. im Ausmaß von nunmehr € 6.530,15 zu Recht.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am 19. August 2025