BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom 9. Oktober 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 24. August 2023 betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für ***1***, geb. ***2***, für den Zeitraum 01/2023 - 04/2023, Ordnungsbegriff ***3***, beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Die Beschwerdführerin (Bf.) beantragte am 04.08.2023 die Zuerkennung von Familienbeihilfe für ihre Tochter ***1*** für den Zeitraum 01 - 04/2023. Ihre Tochter werde einen Aufenthalt über ***4*** auf einer Husky Ranch in ***5*** absolvieren. Das Programm diene der Vorbereitung auf ein Studium im Bereich der Landwirtschaft, Tiermedizin, Biologie oder verwandten Bereichen.
Das Finanzamt (FA) wies den Antrag auf Familienbeihilfe für das Kind ***1*** für den Zeitraum 01/2023 - 04/2023 mit Bescheid vom 24.08.2023 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Programm um keine Berufsausbildung iS des Familienlastenausgleichsgesetzes handle.
Der Abgabenbescheid konnte an der Abgabestelle der Bf. nicht zugestellt werden. Nachweislich wurde die Bf. von der Hinterlegung des behördlichen Dokumentes verständigt; das Dokument wurde vom 31.08.2023 - 18.09.2023 zur Abholung in der Post Geschäftsstelle ***6*** für die Bf. bereitgehalten.
Die Bf. holte das Dokument nachweislich am 12.09.2023 von der Post Geschäftsstelle ab.
Gegen den Bescheid erhob die Bf. mit Schriftsatz vom 06.10.2024 - Eingang beim FAÖ (lt. Stampiglie Rückschein) am 09.10.2023 Beschwerde. Die Bf. begründet die Beschwerde damit, dass ihre Tochter mit 19.10.2023 die Ausbildung zur Psychotherapie beginne. Ziel sei es diesen Beruf in Zukunft mit Unterstützung eines Therapiehundes auszuüben. Das professionelle Erlernen und die Übung mit Hunden sei unumgänglich. Deshalb habe ihre Tochter einen Auslandsaufenthalt auf der Husky-Farm gewählt. In der Folge zitiert die Bf. Auszüge aus der "Richtlinie Assistenzhunde" und § 39a Abs. 9 Bundesbehindertengesetz. Die darin enthaltenen Tätigkeiten würden von ihrer Tochter während des Aufenthaltes auf der Husky-Farm erlernt. Aus diesem Grunde ersuche sie den Anspruch auf Familienbeihilfe nochmals zu überprüfen.Beigelegt wurde eine Teilnahmebestätigung der ***4***, wonach die Tochter der Bf. in der Zeit von 09.01.2023 - 03.04.2023 auf einer Husky Ranch in ***5*** das Programm zur Vorbereitung auf ein Studium/eine Ausbildung im Bereich Landwirtschaft, Tiermedizin, Biologie oder verwandten Bereichen absolvieren werde. Die Teilnahme verbessere die Sprachkenntnisse, interkulturellen Kompetenzen und würden Einblicke in die Arbeit schottischer Farmer gewährt.
Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.02.2024 zurück. Begründet wurde die Zurückweisung damit, dass die Berufungsfrist (gemeint wohl: Beschwerdefrist) gemäß § 245 bzw. § 276 (gemeint wohl: § 278) BAO bereits am 25.09.2023 (richtig: 02.10.2013) abgelaufen sei. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte nachweislich durch Hinterlegung und wurde der Bf. am 21.02.2024 ausgehändigt.
Am 08.03.2024 langte der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) nachweislich beim FA ein. Hinsichtlich Zurückweisung der Beschwerde führte die Bf. aus: "Aufgrund meines Urlaubes habe ich das Poststück am 11.09.2023 vom hinterlegenden Postamt abgeholt und war penibel darauf bedacht, die Beschwerde innerhalb dieser Frist einzubringen, was nach meinem Verständnis mit dem Einlangen des Schriftstückes am 09.10.2023 bei Ihnen gegeben ist". Im Übrigen wiederholte die Bf. ihre Vorbringen von der Beschwerde.
Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom 03.02.2025 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme wurde die Abweisung der Beschwerde wegen Verspätung in eventu in der Sache selbst beantragt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Dem Beschluss zugrundeliegender Sachverhalt
Der Abweisungsbescheid vom 24.08.2023 konnte der Bf. an der Abgabestelle nicht zugestellt werden. Die Verständigung über die Hinterlegung dieses Dokumentes wurde am 30.08.2023 an der Abgabestelle der Bf. hinterlegt. Der Verständigung ist zu entnehmen, dass das Dokument von 31.08.2023 - 18.09.2023 bei der Post ***6*** zur Abholung bereitgehalten wird.
Der Bf. wurde der Bescheid nachweislich am 12.09.2023 von der Post Geschäftsstelle ausgehändigt.
Die Bf. übermittelte die mit 06.10.2023 datierte Beschwerde mittels eingeschriebenen Brief. Die Beschwerde langte beim FA nachweislich am 09.10.2023 ein.
Die Beschwerdevorentscheidung (Zurückweisung der Beschwerde wegen verspäteter Einbringung), datiert mit 14.02.2024, wurde von der Bf. - nach Hinterlegung bei der zuständigen Poststelle - am 21.02.2024 übernommen.
Im Vorlageantrag vom 08.03.2024 verweist die Bf. auf die einmonatige Beschwerdefrist und dass sie aufgrund ihres Urlaubes den Abweisungsbescheid erst am 11.09.2023 abgeholt hat.
Zeitliche Angaben über eine Ortsabwesenheit wurden von der Bf. nicht getätigt. Beweismittel, die eine Ortsabwesenheit belegen, wurden nicht vorgelegt.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteilen.Der Umstand der Verspätung wurde der Bf. durch die Beschwerdevorentscheidung und die Übermittlung des Vorlageberichtes bekannt, worin die belangte Behörde unter Anführung der maßgeblichen Umstände die Zurückweisung (Abweisung) der Beschwerde beantragt. Sowohl der Beschwerdevorentscheidung wie auch dem Vorlagebericht kommt Vorhaltscharakter zu (BFG 06.07.2016, RV/5101257/2015).
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 245 Abs. 1 erster Satz Bundesabgabenordnung (BAO) beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.
Nach § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung;…
§ 108. (1) BAO lautet: Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet.(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.(3) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.(4) Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet.
§ 260. (1) BAO lautet: Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn siea) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.
§ 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) lautet: Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung ist schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
Nach Abs. 3 leg. cit. ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Die Zustellung des Abweisungsbescheides erfolgte - nach vorangegangenen Zustellversuch vom 30.08.2023 - am 31.08.2023 (Beginn der Abholfrist). Die Beschwerde wurde am 09.10.2023 eingebracht (Datum Poststempel sowie Eingangsstempel FAÖ). Die einmonatige Beschwerdefrist hat nach § 108 Abs. 2 BAO am Montag, den 02.10.2023, geendet. Damit ist die Beschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 245 Abs. 1 BAO eingebracht worden.
Gemäß § 17 Abs. 3 ZuStG gelten Dokumente als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger …wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Ein von einem Postbediensteten ordnungsgemäß ausgestellter Rückschein über die Zustellung durch Hinterlegung macht als öffentliche Urkunde Beweis über die Rechtswirksamkeit der Zustellung. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen zu lassen.Eine - weder zeitlich konkretisierte noch in irgendeiner Weise belegte Behauptung - ortsabwesend gewesen zu sein genügt hier nicht (VwGH 12.11.1992, 91/17/0047). Es bedarf eines konkreten, mit geeigneten Beweismitteln belegten Vorbringens, das klare Aussagen über den Umstand und die Dauer der Abwesenheit von der Abgabestelle enthält (VwGH 24.3.2004, 2004/04/0033; 7.1.2005, 2004/16/0197; 19.12.2012, 2012/06/0094).
Das Wirksamwerden der Zustellung tritt auch ein, wenn der Empfänger nach seiner Rückkehr an dem Tag, an dem die Abholung möglich wäre, oder vorher die Abgabestelle wieder verlässt (VwGH 10.4.2003, 99/18/0395; Ritz, BAO7, ZustG § 17, Rz 19). Nach VwGH 19.9.1995, 95/14/0067, 0114, kommt es nicht darauf an, ob der Empfänger auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung der Sendung findet. Entscheidend ist, ob er innerhalb der Abholfrist - wenn auch nur zu einem kurzen Aufenthalt - an die Abgabestelle zurückkehrte und die Abholung der Sendung beim Postamt möglich gewesen wäre.
Die Bf. verweist im Vorlageantrag auf eine weder datumsmäßig konkretisierte noch durch sonstige Beweismittel (zB Hotelbuchung, Flugtickets, Zeugenaussagen etc.) untermauerte Ortsabwesenheit von der Abgabestelle. Sie führt nur aus, dass sie das Poststück am 11.09.2023 abgeholt habe. Tatsächlich hat sie den Abweisungsbescheid am 12.09.2023 nachweislich übernommen. Für die Abwesenheit bis 11. bzw. 12.09.2023 wurde eine Ortsabwesenheit iSd oben angeführten Rechtsprechung nicht glaubhaft gemacht, weshalb die Zustellung des Abweisungsbescheides daher mit 31.08.2023 (Beginn der Abholfrist) wirksam wurde.
Am 09.10.2023, dem Tag der Einbringung der Beschwerde beim FA, war die Frist von einem Monat bereits abgelaufen. Die Beschwerde wurde verspätet eingebracht und war somit iSd §§ 260 Abs. 1 iVm 278 BAO als verspätet zurückzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ob von einer Ortsabwesenheit während des Hinterlegungszeitraumes auszugehen war, ist eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führt.
Wien, am 11. Februar 2025