IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 16. Juni 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 7. Mai 2024 betreffend Körperschaftsteuer 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom 3.9.2024 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist im Beschwerdeverfahren nach Ergehen der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom 3.9.2024 die beantragte Berücksichtigung von Verlusten der Vorjahre bei der Veranlagung zur Körperschaftssteuer 2021.
I. Verfahrensgang
Für die Jahre 2018 bis 2020 ergingen jeweils wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen Schätzungsbescheide. Dabei wurden folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb rechtskräftig festgestellt und davon 25% Körperschaftssteuer festgesetzt:
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II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Aus dem oben geschilderten Verfahrensgang und der somit gegebenen Aktenlage ergibt sich unwidersprochen, dass in den Jahren 2018 bis 2020 bescheidmäßig keine Verluste festgestellt wurden. Vielmehr liegen rechtskräftige Bescheide vor, die infolge der nicht erfolgten Einreichung von Steuererklärungen gem. § 184 BAO geschätzte Gewinne aufweisen.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
§ 18 Abs. 6 EStG 1988 normiert: Als Sonderausgaben sind auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur,
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Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.
Der VwGH judiziert dazu in ständiger Rechtsprechung: VwGH 20.2.2008, 2006/15/0026, VwGH 26.11.2015, 2012/15/0038:
Nach ständiger Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Höhe eines Verlustes mit rechtskraftfähiger Wirkung im Einkommensteuerbescheid des Verlustjahres festgesetzt. Es wird damit im Sinne des § 92 Abs. 1 lit. b BAO eine abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache festgestellt. Der Ausspruch eines Verlustes oder eines negativen Gesamtbetrages der Einkünfte im betreffenden Einkommensteuerbescheid wirkt auf ein späteres Verlustabzugsverfahren derart ein, dass der ursprüngliche Verlustausspruch für den nachfolgenden Verlustvortrag betragsmäßig verbindlich wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1994, 93/13/0208, vom 20. November 1996, 94/13/0011, und vom 21. Jänner 2004, 2003/13/0093, sowie Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 18 Abs. 6 und 7,Tz. 4; Doralt/Renner , EStG10, § 18, Tz. 297ff; Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuer-Handbuch, § 18, Tz. 106).
So auch sinngemäß VwGH 20.12.2016, Ra 2015/15/0059, und viele andere Erkenntnisse des VwGH.
Da hinsichtlich der Bf für die Jahre vor 2021 kein Verlust bescheidmäßig festgestellt wurde, kann auch bei der Veranlagung zur KöSt 2021 kein Verlustvortrag berücksichtigt werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn nach Rechtskraft der Jahresbescheide Gewinnermittlungen mit ausgewiesenen Verlusten vorgelegt werden. Für die Vortragsfähigkeit eines ist entscheidend, ob durch die Mitwirkung des Steuerpflichtigen im Rahmen des abgabenbehördlichen Verfahrens vor der Abgabenbehörde letztlich ein Rechenwerk vorgelegen ist, das es unter Einbeziehung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben der ihm zugerechneten Einkunftsquelle erlaubt hat, den Verlust seiner Höhe nach in überprüfbarer Form zu errechnen.
Unterlagen, die nicht Teil des Rechenwerks des Abgabepflichtigen waren und erst nach rechtskräftigem Abschluss der das Verlustentstehungsjahr betreffenden Veranlagung vorgelegt werden, können ein ursprünglich fehlerhaftes Rechenwerk nicht zu einer ordnungsmäßigen Buchführung bzw Einnahmen-Ausgaben-Rechnung machen.
Da dies unstrittig bei den Veranlagungsverfahren der Jahre 2018 und 2020 nicht der Fall war, war die Beschwerde hinsichtlich des begehrten Verlustvortrages abzuweisen.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da es zur (Nicht)Berücksichtigung nicht bescheidmäßig festgestellter Verluste eine ständige Rechtsprechung des VwGH gibt, war die Revision als unzulässig zu erklären.
Linz, am 19. Mai 2025