JudikaturBFG

RV/1100029/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
13. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***1***, die Richterin***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***2*** und ***3***, in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 2. Dezember 2022 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 9. November 2022 betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind ***4*** ***5***, VNR ***6***, ab Juli 2022, in Anwesenheit der Schriftführerin ***7*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 9. November 2023 wurde der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für das namentlich genannte Kind ab Juli 2022 abgewiesen und begründend ausgeführt:

"Familienbeihilfe steht bei einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung zu. Wann gilt die Ausbildung als ernsthaft und zeilstrebig?

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Bei Ihrem Kind trifft das nicht zu.

Für ein volljähriges Kind steht die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung zu. Bei Ihrem Kind trifft diese Voraussetzung nicht zu (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."

In ihrer Beschwerdeschrift vom 1. Dezember 2022 wandte die Beschwerdeführerin gegen obgenannten Bescheid wie folgt ein:

"***5*** ***4***, geboren am ***12***.2003, hat im Sommersemester 2022, beginnend am 01.04.2022, mit dem Studium zum Programmierer an der ***8*** ***9*** gestartet. Die Bildungseinrichtung hat ihren Sitz in ***10***. ***5*** ***4*** interessiert sich für den Bereich Informationstechnologie und Programmierung. Da dieser Studienzweig bzw. eine gleichwertige Ausbildung zum Zeitpunkt der Inskription von ***5*** ***4*** im März 2022 in Österreich nicht angeboten wurde, musste er sich für ein Studium in ***10*** entscheiden. In der Beilage finden Sie den Nachweis über die Inskription (Anlage 1) sowie den Nachweis über die aktuelle Teilnahme am Studium (Anlage 2), jeweils ausgewählt von der Bildungseinrichtung. Wie Sie den Nachweisen entnehmen können, handelt es sich um ein Vollzeitstudium, wodurch es ***5*** ***4*** unmöglich ist, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Seit Beginn des Studiums hat ***5*** ***4*** neben unzähligen Projekten 3 Examen positiv absolviert. Die Prüfungsnachweise vom 17.05.2022 (Anlage 3), 28.06.2022 (Anlage 4) sowie 20.10.2022 (Anlage 5) sind der Beschwerde beigelegt. Somit ist von einer ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung auszugehen und die Familienbeihilfe zu gewähren.

***5*** ***4*** ist volljährig, hat das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet und ist nachweislich seit März 2022 an der ***8*** ***9*** als Vollzeitstudent inskribiert. Somit erfüllt er die Voraussetzungen für den Anspruch der Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz idgF.

Ich beantrage, die oben angeführten Begründungen sowie die beigelegten Nachweise zu berücksichtigen und einen neuen Bescheid zu erlassen, in dem die Gewährung der Familienbeihilfe ab erstmaliger Antragstellung im Juli 2022 bewilligt wird."

Laut Schriftsatz vom 5. Juli und 10. Oktober 2022 wurde bestätigt, dass der Sohn des Beschwerdeführers im Sommersemester 2022 und Wintersemester 2022/23 an der ***8*** ***9*** als Studierender eingeschrieben war. Studienstart war am 21. März 2022. ***8*** sei eine Programmierschule an der man in Vollzeit und in Präsenz in ***9*** studiert. Es werde das traditionelle Lernmodell herausgefordert. Es werde eine branchenführende Programmierausbildung, welche insgesamt auf etwa drei Jahre angelegt ist, angeboten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17. Jänner 2023 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt ausgeführt:

"Die Ausbildung, die ***4*** seit März 2022 an der Programmierschule ***8*** ***9*** betreibt, erfüllt nicht die Kriterien einer Berufsausbildung iSd FLAG. Es fehlt ein nachvollziehbares und geregeltes Ausbildungsverfahren, da es lt. Ihrer Ausführung keine Kurse oder Stundenpläne gibt. Dadurch kann auch die Anwesenheit bzw. die Anwesenheitspflicht nicht überprüft werden, da lt. Ihrer Ausführung die Programmierschule 24 Stunden geöffnet hat und die Teilnehmer können jederzeit, wann sie wollen, ihre Projekte weitermachen. Zudem fehlt es an regelmäßigen Wissensüberprüfungen. Die Teilnehmer müssen lt. Homepage Erfahrungspunkte mit den Projekten sammeln, damit man mit der Zeit von Level zu Level aufsteigen kann, "fast wie in einem Video-Spiel". Dieses "Gamification" kann nicht als Wissensüberprüfung iSd FLAG gewertet werden."

Mit Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vom 8. Feber 2023 hat die Beschwerdeführerin ihre bisherigen Angaben wie folgt ergänzt:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

***4*** ***5***, geboren am ***12***.2003, ist volljährig, hat das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet und ist seit 01.04.2022 an der ***8*** ***9*** gGmbH inskribiert, um die Berufsausbildung zum Programmierer zu absolvieren. Sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe liegen demnach vor.

Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu in ständiger Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, um das Vorliegen einer Berufsausbildung annehmen zu können. Ziel einer Berufsausbildung ist es demnach, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dabei muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Jede Berufsausbildung weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen. (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 35 mit Judikaturnachweisen; BFG 4.6.2014, RV/5100540/2013; BFG 20.1.2015, RV/5100019/2014).

***4*** ***5*** ist seit 01.04.2022 an der ***8*** ***9*** gGmbH inskribiert (Beilage 1 und Beilage 2) und hat seit der Inskription seinen Wohnort in ***9*** (Beilage 3). Das angebotene Studium ist ein Vollzeitstudium (40 h/Woche), das präsent am Campus absolviert wird. Die Anwesenheitstage sowie die Leistungen des Studierenden werden elektronisch erfasst und überprüft (Seite 2 Beilage 9 - türkis gefärbte Tage im Kalender stellen die Anwesenheitstage des Studierenden dar). Ziel des Studenten ist es, eine Ausbildung als Programmierer zu absolvieren. Der seit April 2022 vorliegende Ausbildungserfolg kann mit den bereits absolvierten Projekten sowie den positiv abgelegten Prüfungen nachgewiesen werden, sodass ein ernstliches und zielstrebiges, nach außen erkennbares Bemühen gegeben ist. ***4*** ***5*** hat neben Absolvieren von unzähligen Projektarbeiten bis dato 3 Prüfungen abgelegt (Beilagen 4 - 6), die alle fehlerfrei und positiv beurteilt wurden. Somit ist auch der essenzielle Bestandteil der Berufsausbildung nach den Kriterien des VwGH erfüllt.

Im Einzelnen hat der VwGH zum Begriff "Berufsausbildung" in seiner ständigen Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt (s für viele zB VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050; VwGH 8.7.2009, 2009/15/0089; VwGH 18.11.2009, 2008/13/0015). Hier sind sämtliche Kriterien aufgelistet mit der jeweils auf ***4*** ***5*** bezogenen Begründung:

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***4*** ***5***: Bei der Ausbildung an der ***8*** ***9*** gGmbH in ***10***, ***11*** ***9***, handelt es sich um eine Programmierschule (Informatik), an welcher die Studierenden durch projektbasiertes Lernen und durch aktive Auseinandersetzung mit Herausforderungen und Problemen der realen Welt ein tieferes Wissen über ein bestimmtes Thema erlangen. Das Curriculum sieht eine Studienzeit von 2 bis 4 Jahren vor. Zu Beginn liegt der Fokus auf Projekten zu Kommandozeileninteraktion, C Programmierung und Algorithmen. Anschließend kommen herausfordernde Projekte zu den Themen Programmierung, Algorithmen, C Unix Programmierung und Web-Programmierung. Das Grundlagenstudium dauert etwa 12 - 18 Monate. Nach dem Grundlagenstudium ist das 1. Praktikum im Ausmaß von 4 bis 6 Monaten zu absolvieren. Der Hauptteil des Lehrplanes mit 100 Projektaufgaben dauert etwa 18 Monate. Das Studium wird sodann mit dem finalen Praktikum und Examen im Ausmaß von 6 Monaten abgeschlossen (Beilage 11). Während des Studiums sind Spezialgebiete auszuwählen, in welchen sich die Studierenden vertieftes Wissen aneignen, wie zB Algortihmen, Künstliche Intelligenz, Web, Netzwerk, Systemadministration, etc.

Somit ist nach Art der Ausbildung und deren Rahmen beim Studium an der ***8*** ***9*** gGmbH von einer Berufsausbildung auszugehen.

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            "Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen."
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***4*** ***5***: Das Berufsbild der Informationstechnologie ist sehr weit, angefangen vom Programmierer, Web-Designer, Softwareentwickler etc. bis hin zum Unternehmer. ***4*** ***5*** interessiert sich für den Beruf des Programmierers und möchte die Ausbildung für diesen Beruf absolvieren, wozu er sich bei ***8*** ***9*** gGmbH inskribiert hat. Entsprechend den Angaben der international vertretenen Bildungseinrichtung (seit Oktober 2022 auch in Österreich) bekommen 100 % der Absolventen einen Job, 80 % werden bereits vor Abschluss in eine Anstellung aufgenommen und 30 % bauen ihre eigenen Unternehmen auf. An der ***8*** ***9*** wird den Studierenden eine fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zum Programmierer vermittelt. Somit ist das Ziel der Berufsausbildung, die Erlangung einer fachlichen Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes in der IT-Branche, ebenfalls erfüllt und eine Berufsausbildung iSd FLAG liegt vor.

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***4*** ***5***: Das Studium an der ***8*** ***9*** kann zeitlich flexibel gestaltet werden, die Leistungen sind vor Ort am Campus zu erbringen und in Zeiten steigender Techniknutzung werden alle erdenklichen Informationen, wie Anwesenheitsdaten, Prüfungsergebnisse, Fortschritt, Projekte, etc. elektronisch erfasst und dargestellt. Zu großen Teilen ist das Studium an der ***8*** ***9*** mit dem Fernstudium an der Johannes Kepler Universität vergleichbar, da auch hier sämtliche Daten, wie die Anwesenheit, Prüfungen und Prüfungsergebnisse, online oder gestreamte Vorlesungsbesuche, etc. elektronisch abgewickelt und erfasst werden.

Nichtsdestotrotz hat der VwGH anerkannt, dass die Gewährung der Familienbeihilfe nicht davon abhängt, ob die Berufsausbildung ein "gesetzlich anerkannter Ausbildungsweg" ist, sondern davon abhängt, ob die Voraussetzungen der Berufsausbildung erfüllt sind. Im konkreten Fall von ***4*** ***5*** sind die Voraussetzungen der Berufsausbildung wie bereits o.a. erfüllt.

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            "Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. (VwGH 14.12.2015, ",
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***4*** ***5***: Der seit April 2022 vorliegende Ausbildungserfolg kann mit den bereits absolvierten Projekten sowie den positiv abgelegten Prüfungen nachgewiesen werden, sodass ein ernstliches und zielstrebiges, nach außen erkennbares Bemühen gegeben ist. Siehe dazu sämtliche Beilagen im Anhang.

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            "Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus."
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***4*** ***5***: ***4*** ***5*** hat seit Beginn seines Studiums am 01.04.2022 drei Prüfungen abgelegt:

1. Prüfung am 17.05.2022: positiv, fehlerfrei mit voller Punktezahl (Beilage 4)

2. Prüfung am 28.06.2022: positiv, fehlerfrei mit voller Punktezahl (Beilage 5)

3. Prüfung am 20.10.2022: positiv, fehlerfrei mit voller Punktezahl (Beilage 6)

Weitere Prüfungen sind in regelmäßigen Abständen, jeweils wöchentlich, donnerstags, vorgesehen (siehe Beilage 7). Die Berechtigung zu den Prüfungen erhalten die Studierenden mit der positiven Absolvierung der Projekte, vergleichbar mit dem Besuch von Lehrveranstaltungen an österreichischen Universitäten, wonach dem Studierenden die Berechtigung zum Antritt zur Prüfung erteilt wird bzw. mit dem positiven Absolvieren von Lehrveranstaltungsprüfungen oder auch mit der Erbringung von Hausarbeiten, wodurch ein Student die Berechtigung erlangt, zur Diplomprüfung anzutreten. Im Falle von ***8*** ***9*** stellen die zu absolvierenden Projekte die Zugangsvoraussetzung zum Prüfungsantritt der Studierenden dar. In der Beilage 8 sehen Sie ein Beispiel, bei welchem die Prüfungsvoraussetzung noch nicht erfüllt ist.

Wie den o.a. Beilagen zu entnehmen ist, hat ***4*** ***5*** seit dem Beginn seines Studiums 3 Prüfungen abgelegt und diese positiv absolviert. Weitere Prüfungen sind noch ausstehend und werden mit der Absicht zur erfolgreichen Ablegung seitens ***4*** ***5*** verfolgt. Das Studium wird mit einem Abschlussexamen absolviert (Beilage 11). Somit ist der essenzielle Bestandteil der Berufsausbildung, Ablegung von vorgeschriebenen Prüfungen, im konkreten Fall gegeben und die Voraussetzung der Berufsausbildung erfüllt.

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            "Unter den Begriff \"Berufsausbildung\" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Für das Vorliegen einer Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen bestimmend (so z.B. schon VwGH 7.9.1993, 93/14/0100 mwN)."
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***4*** ***5***: ***4*** ***5*** hat am 01.04.2022 mit dem Studium an der ***8*** ***9*** in Vollzeit begonnen. Die Ausbildung, die ***4*** ***5*** an dieser Einrichtung erhält, befähigt ihn, künftig als Programmierer tätig zu sein. Programmiererinnen entwickeln und adaptieren EDV-Programme auf der Grundlage eines Anforderungskataloges. Die gewünschten Funktionen eines Programms formulieren sie in einer Programmiersprache. Zum Schreiben und Testen der Programme bedienen sie sich diverser Hilfsmittel, wie z.B. Entwicklungsumgebungen oder Programmbibliotheken. Zu ihren Aufgaben gehören sowohl die Programme als auch deren Funktionsweise zu dokumentieren. ProgrammiererInnen arbeiten vor allem bei Computerkonzernen, Softwarehäusern, EDV-Beratungsfirmen und in IT-Abteilungen größerer Unternehmen aller Branchen. Auf Online-Arbeitsplattformen ("click working") kann auch Beschäftigung in Form von spezifischen Auftragsarbeiten für Selbständige gefunden werden (vgl. ProgrammiererIn - Beruf - AMS Berufsinformationssystem).

Somit gilt die Ausbildung an der ***8*** ***9*** als Berufsausbildung, in deren Rahmen Wissen für das künftige Berufsleben der ProgrammiererInnen vermittelt wird.

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            "Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet."
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***4*** ***5***: Das Curriculum der ***8*** ***9*** sieht einen Zeitplan für die Studierenden von 2 bis 4 Jahren vor und bereitet die Studierenden auf das Berufsleben in der IT-Branche vor. Wie bereits oben erläutert, ist von einer Berufsausbildung auszugehen. Somit liegt weder eine kursmäßige Veranstaltung vor noch handelt es sich um einen Besuch aus privatem Interesse.

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            "Die oben angeführten Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd ",
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            "können aber auch dann vorliegen, wenn ein Kind erforderliche Prüfungen ablegen will und sich hierauf tatsächlich und zielstrebig vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (VwGH 8.7.2009, 2009/15/0089, zur Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung)."
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***4*** ***5***: ***4*** ***5*** studiert seit April 2022 an der ***8*** ***9*** gGmbH in Vollzeit. Das Studienkonzept, das international ist, sieht vor, dass das Studium in Vollzeit (40 h/Woche) und vor Ort auf dem Campus zu absolvieren ist. ***4*** ***5*** arbeitet seit Beginn seines Studiums an den Projekten, um die Antrittsberechtigung zu den Prüfungen zu erlangen. Die Projekte stellen die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfung dar und nehmen die volle Zeit des Kindes in Anspruch. Die bereits erledigten Projekte sowie die Anwesenheitstage von ***4*** ***5*** sind der Beilage 10 (die türkisen Projekte und Prüfungen sind bereits erfolgreich eingereicht und bewertet, die grauen hingegen noch zu erledigen) sowie der Seite 2 der Beilage 9 zu entnehmen (die Anwesenheitstage sind im Kalender türkis gefärbt). Die bereits positiv abgelegten Prüfungen sind in den Beilagen 4 - 6 dokumentiert.

Der VwGH geht auch von einer Berufsausbildung iSd FLAG aus, wenn ein Kind die erforderliche Prüfung ablegen will und sich hierauf tatsächlich und zielstrebig vorbereitet. Der VwGH setzt kein nachvollziehbares und geregeltes Ausbildungsverfahren voraus, das Kurse und Stundenpläne erfordert und verlangt auch nicht, dass die Anwesenheit überprüft werden muss (Stichwort: Externistenreifeprüfung!). Im Falle von ***4*** ***5*** ist davon auszugehen, dass er sich mittels der absolvierten Projekte und den erfolgreich abgelegten Prüfungen tatsächlich und zielstrebig auf die Prüfungen vorbereitet hat und zu den festgesetzten Terminen angetreten ist (siehe Beilagen) und daher die Voraussetzung einer Berufsausbildung iSd FLAG erfüllt ist. Für den Fall, dass ein Stundenplan für die Beurteilung der Frage, ob eine Berufsausbildung vorliegt, essenziell ist, finden Sie in der Beilage 7 eine Kopie des digitalen Stundenplanes.

Entsprechend den Ausführungen sind sämtliche vom VwGH definierten Kriterien zur Feststellung, ob eine Berufsausbildung iSd FLAG vorliegt, erfüllt und im Fall von ***4*** ***5*** liegt eine Berufsausbildung iSd FLAG vor und erfüllt ***4*** ***5*** sämtliche Voraussetzungen, die für die Gewährung der Familienbeihilfe erforderlich sind.

Erwähnenswert erscheint uns auch, dass Studienkollegen von ***4*** ***5***, ebenfalls aus Österreich stammend, volljährig unter 24. Jahren, an der selben Bildungseinrichtung, das selbe Ausbildungsziel verfolgen und seit Beginn ihrer Ausbildung im Jahr 2022 ohne Unterbrechung Familienbeihilfe beziehen."

Mit Vorhalt vom 9. Mai 2025 wurde die Beschwerdeführerin (BF) ersucht, nachstehende Fragen innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:

"1. Welche Prüfungen, Hausarbeiten bzw. Projekte etc. hat Ihr Sohn während seiner Berufsausbildung an der ***8*** ***9*** bis dato abgelegt bzw. absolviert? Bitte geben Sie auch deren Inhalt und Bezeichnungen bekannt. Schlüsseln Sie bitte die diesbezüglichen Arbeits- bzw. Studienzeiten pro Woche für den Zeitraum ab Juli 2022 bis dato auf.

2. Wurde das Studium bereits beendet? Wenn ja, wird um Vorlage des Zeugnisses gebeten.

3. Hat Ihr Sohn nach Beendigung der Berufsausbildung an der ***8*** ***9*** eine Berufstätigkeit begonnen? Wenn ja, wird um deren Bekanntgabe gebeten.

4. Laut Ihren Angaben besteht der Hauptteil des Lehrplanes z.B. aus 100 Projektaufgaben. Geben Sie bitte deren Inhalte und zeitlichen Aufwand pro Woche ab Juli 2022 bekannt (siehe Punkt 1.).

5. Das Basic Training beinhaltet 27 learning modules. Geben Sie bitte deren Inhalte, Bezeichnungen und den jeweiligen zeitlichen Aufwand pro Woche ab Juli 2022 bekannt (siehe Punkt 1.).

6. Es wird um Vorlage der Einloggzeiten für den gesamten Zeitraum ab Juli 2022 gebeten (Beilage 9 ist nicht lesbar).

7. Es wird zusammenfassend und ergänzend zu Punkt 1. um Angabe folgender Informationen pro Woche ab Juli 2022 bis dato gebeten:

• Anwesenheitsdaten

• Absolvierte Prüfungen mit Angabe der Inhalte und des Datums und Zeitaufwandes

• Absolvierte Projekte mit Angabe der Inhalte und der zeitlichen Lagerung und des jeweiligen Zeitaufwandes

• Besuchte bzw. gestreamte Vorlesungen mit Angabe der Inhalte und zeitlichen Lagerung und des jeweiligen Zeitaufwandes

• Im Vorlageantrag geben Sie drei Prüfungen an. Diesbezüglich wird um Bekanntgabe der jeweiligen Inhalte und des zeitlichen Aufwandes gebeten.

• Erledigte Hausarbeiten mit Angabe des zeitlichen Aufwandes und des Inhaltes

• Vorlage des digitalen Stundenplanes mit Lerninhalten und absolviertem Zeitaufwand

8. Zum Punkt überwiegende Kostentragung wird um Vorlage folgender Unterlagen ab Juli 2022 bis dato gebeten:

• Monatsaufstellung der gesamten Kosten Ihres Sohnes

• Nachweis über jene Kosten, die von Ihnen getragen wurden."

Die Verständigung über die Hinterlegung des obigen Schriftstückes wurde in die Abgabeneinrichtung eingelegt und als Beginn der Abholfrist der 16. Mai 2025 ausgewiesen. Am 27. Mai 2025 erfolgte ein Telefonat mit der Beschwerdeführerin, worin sie auf die Beantwortung der Fragen des Vorhaltes und Vorlage der Unterlagen hingewiesen wurde. Die Beschwerdeführerin gab an, nicht alle Fragen beantworten bzw. Nachweise erbringen zu können.

Bis dato erfolgte keine Antwort und Vorlage etwaiger Unterlagen etc.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Beschwerdeführerin (BF) wurde am ***12*** 2003 geboren und hat im Sommersemester 2022, beginnend am 1. April 2022, mit dem Studium zum Programmierer an der ***8*** ***9*** gestartet. Laut Studienbescheinigung vom 5. Juli 2022 ist der Sohn der BF als Studierender eingeschrieben. Laut dieser Bescheinigung wird an dieser Programmierschule in ***9*** in Vollzeit und Präsenz studiert. Die branchenführende Programmierausbildung ist insgesamt auf etwa drei Jahre angelegt.

Die Studierenden haben die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche am Campus zu studieren. Sie dürfen dabei die Zeit nach eigener Maßgabe einteilen, die Anwesenheits- bzw. Log-in-Zeiten werden im System erfasst und dokumentiert. Abgeschlossene Projekte werden evaluiert und beurteilt. Es gibt regelmäßig Examen, die die Teilnehmer absolvieren müssen.

Bei dieser Ausbildung gibt es keine Lehrer und keinen Unterricht, keine Noten oder Sammelzeugnisse, keinen fixen Lehrplan und keine feste Prüfungsordnung.

Das Curriculum weist folgenden Inhalt auf:

"Der Lernplan von ***8*** ***9*** baut auf dem innovativen Programm und den Inhalten der École ***8*** aus Paris auf und wird bereits in über 45 Campus in mehr als 25 Ländern angewandt - jetzt endlich bringen wir es mit ***8*** ***9*** auch nach ***10***.

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Alle Studierenden starten an demselben Punkt. Von hier aus haben alle Studierenden die Freiheit, ihren eigenen Weg und die gewünschte Spezialisierung zu wählen. Der Lernplan bietet über 250 Projekte und wird regelmäßig von einem Expertenteam in Frankreich geprüft und überarbeitet, so dass er stets auf dem neuesten Stand ist. Schauen wir doch mal auf die Phasen des Studiums:

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Nach der Piscine liegt der Fokus auf Projekten zu Kommandozeileninteraktion, C Programmierung und Algorithmen. Anschließend kommen etwas herausfordernde Projekte zu den Themen Programmierung, Algorithmen, C Unix Programmierung und Web Programmierung. (12 - 18 Monate)

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Teste deine Fähigkeiten und dein Programmierwissen in der echten Welt. (4-6 Monate)

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Der Hauptteil des Lehrplans: 100 Projekte fordern dich mit lebensnahen Problemstellungen. (1,5 Jahre)

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Verwirkliche deinen Traum und verfeinere dein Können in der echten Welt. (6 Monate)"

Bei der obgenannten Bildungseinrichtung handelt es sich um keine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung und auch keine Schule im Sinne des Schulorganisationsgesetzes 1962, BGBl. Nr. 242/1962 idgF oder des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962, idgF, sondern um ein privat geführtes Unternehmen.

Laut Angaben der BF wohnt der Sohn während seiner Ausbildung in ***9***. Unterhaltskosten werden von den Eltern getragen. Eine Aufstellung der gesamten Lebenshaltungskosten im strittigen Zeitraum sowie ein Nachweis, ob die Unterhaltskosten überwiegend von der BF getragen werden, wurde nicht vorgelegt.

Strittig ist insgesamt, ob erstens eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 vorliegt und die Unterhaltskosten im Streitzeitraum überwiegend von der BF getragen wurden.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem gesamten Akteninhalt, vorliegenden Unterlagen und Internetrecherchen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. Gesetzliche Bestimmungen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

3.1.2. Berufsausbildung:

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Hierunter fallen auch Universitätslehrgänge (VwGH 27.9.2012, 2010/16/0013). Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (VwGH 23.2.2011, 2009/13/0127).

Im Einzelnen hat der VwGH zu dem Begriff der Berufsausbildung in seiner ständigen Rechtsprechung folgende - für den vorliegenden Beschwerdefall wesentliche - Kriterien entwickelt (vgl. für viele z.B. VwGH 18.11.2008, 2007/15/0050; 8.7.2009, 2009/15/0089; 18.11.2009, 2008/13/0015; 18.12.2018, Ra 2018/16/0203 - Fettdruck und Anmerkungen in der Folge durch das BFG):

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        "Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen."
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        "Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen."
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        "Eine Berufsausbildung kann unabhängig davon vorliegen, ob ein \"gesetzlich anerkannter Ausbildungsweg\", \"ein gesetzlich definiertes Berufsbild\" oder ein \"gesetzlicher Schutz der Berufsbezeichnung\" existiert (s VwGH 26.6.2001, 2000/14/0192)."
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        "Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Auf die allenfalls nur wenige Monate währende Dauer eines dabei zu beurteilenden Lehrganges kommt es nicht an (VwGH 14.12.2015, ",
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        "Unter den Begriff \"Berufsausbildung\" sind jedenfalls (Anmerkung: aber nicht ausschließlich) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird."
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        "Es kommt nicht darauf an, ob die schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend organisiert ist (VwGH 27.9.2012, 2010/16/0013)."
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        "Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, die die Behörden in freier Beweiswürdigung zu beantworten haben (VwGH 30.3.2017, ",
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Nach dieser Judikatur weist jede anzuerkennende Berufsausbildung ein qualitatives und ein quantitatives Element auf: Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausübung anzusehen sein (Ausnahme: allgemeinbildende Schulausbildung; hier besteht zumindest nicht zwingend ein Konnex zu einem späteren konkreten Beruf) und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen.

Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG kommt es nicht nur - qualitativ - auf das "ernste und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungserfolg" an, sondern eine Berufsausbildung muss grundsätzlich auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (VwGH 23.3.2011, 2009/13/0127, VwGH 28.1.2003, 2000/14/0093).

In diesem Zusammenhalt liegt eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes - analog zum Besuch einer AHS oder BHS - generell nur dann vor, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungen von mindestens 30 Wochenstunden anfällt (BFG 29.2.2016, RV/7105391/2014 u.a.).

Bei Schulen für Berufstätige nimmt das Bundesfinanzgericht einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an. Das heißt, um von einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG zu sprechen, sind mindestens 30 Wochenstunden nachzuweisen (BFG 19.10.2017, RV/7102012/2016; BFG 12.11.2018, RV/7103779/2018 u.a.).

Beim zeitlichen Umfang ist zwischen Ausbildungsmaßnahmen, die im Rahmen einer schulischen oder kursmäßigen Ausbildung erfolgen, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, die Vorbereitung auf die Prüfung(en) also im Wege des Selbststudiums erfolgt, zu differenzieren. Beiden Ausbildungsmaßnahmen ist gemeinsam, dass sie die volle Zeit des Auszubildenden in Anspruch nehmen müssen, sodass dem Kind (im Sinne des FLAG 1967) neben eben dieser Bildungsmaßnahme die Ausübung eines Berufes nicht möglich ist. Die erforderliche zeitliche Intensität muss auch dann vorliegen, wenn keine kursmäßige Vorbereitung auf eine Prüfung stattfindet (VwGH 15.12.2009, 2007/13/0125).

Im vorliegenden Fall besucht der Sohn der BF das angegebene Studium an der ***8*** ***9*** (= Computerschule). Dieses Studium ist nach dem Curriculum in mehrere Abschnitte gegliedert. Die Studierenden müssen sich die Inhalte selber durch die Abarbeitung von Projekten aneignen, diese Projekte positiv abschließen (Anmerkung: bei einer negativen Beurteilung wäre das Projekt zu wiederholen) und über die jeweiligen Projekte entsprechende Examen ablegen. Die Bildungsmaßnahme ist dergestalt aufgebaut, dass einzelne Level absolviert werden müssen. Der Umstand, dass die Studierenden sich das erforderliche Wissen selbständig aneignen und dass der "Studienfortschritt" (ähnlich wie bei einem Computerspiel) in absolvierten Level dargestellt wird, schließt nicht aus, dass diese Bildungsmaßnahme eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 darstellen kann. Auch der Umstand, dass diese Bildungsmaßnahme nicht schulisch oder kursmäßig organisiert ist, schließt für sich genommen das Vorliegen einer Bildungsmaßnahme nicht aus. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich ausgesprochen, dass unter den Begriff "Berufsausbildung" jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu subsummieren sind. Der Umkehrschluss, dass nicht schulisch oder kursmäßig organisierte Ausbildungen keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 darstellen, ist nach der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts nicht zulässig.

Nach dem vorliegenden Akteninhalt hat der Sohn der BF 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche die Möglichkeit, am Campus zu studieren. Die Log-in-Zeiten des Kindes werden zwar protokolliert. Der zeitliche Umfang dieser Log-in-Zeiten sagt jedoch nichts über die zeitliche Intensität aus, mit der der Sohn der BF diese Bildungsmaßnahme betreibt.

Deshalb wurde im Vorhalt vom 9. Mai 2025 gebeten, durch Beantwortung der Fragen und Übermittlung geeigneter Beweisstücke, die zeitliche Intensität des Studiums bzw. der Berufsausbildung nachzuweisen.

Die erforderliche zeitliche Quantität, welche für das Vorliegen einer Berufsausbildung im vorliegenden Fall unabdinglich ist, wurde aufgrund des unbeantwortet gebliebenen vorgenannten Vorhaltes sowie der bis dato vorgelegten Unterlagen (siehe Akteninhalt) nicht nachgewiesen.

Folgt man obgenannten Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung nach den allgemeinen Bestimmungen - denn ein Studium im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 lag nicht vor -, dann wurde das quantitative Ausmaß der Lern- bzw. Ausbildungsintensität im Streitzeitraum im gesamten Beschwerdeverfahren nicht nachgewiesen. Eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 war daher schon aus diesem Grunde ab Juli 2022 zu verneinen.

Ob das hier vorliegende Studium aus qualitativer Hinsicht eine Berufsausbildung darstellt, ist aufgrund des Nichtvorliegens des quantitativen Merkmales einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 daher nicht mehr relevant.

3.1.3. Haushaltszugehörigkeit - überwiegende Kostentragung

Laut Akteninhalt (Angaben der BF und der Abgabenbehörde) befand sich der Sohn der BF während seines Studiums in ***9***. Nachdem das Studium somit keinen nur vorübergehenden Aufenthalt in ***10*** zur Folge hatte und daher weder § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 (vorübergehender Aufenthalt des Kindes außerhalb der gemeinsamen Wohnung) noch § 2 Abs. 2 lit. b FLAG 1967 (das Kind bewohnt für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft) greift, ist jene Person familienbeihilfenanspruchsberechtigt, welche die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.

Um überprüfen zu können, ob die Kindesmutter und Beschwerdeführerin die Unterhaltskosten ihres Sohnes überwiegend trägt, wurde sie mit Vorhalt vom 9. Mai 2025 aufgefordert, eine Monatsaufstellung der gesamten Kosten ihres Sohnes sowie einen Nachweis über jene Kosten, die von ihr getragen wurden, vorzulegen.

Da bis dato keine Unterlagen und Nachweise vorgelegt wurden, ergibt sich auch aufgrund dieses Punktes kein Anspruch auf Familienbeihilfe für den namentlich genannten Sohn.

Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ausgeführt - als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der Fragen, ob in qualitativer und vor allem in quantitativer Hinsicht alle Voraussetzungen für eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG ab Juli 2022 sowie der Nachweis betreffend überwiegende Kostentragung für den Zeitraum des Nichtvorliegens einer Haushaltszugehörigkeit vorgelegen waren, ergibt sich anhand der tatsächlichen Umstände in Anwendung der obgenannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wie auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes sowie der Würdigung des konkreten Nachweises. Insofern liegen keine strittigen Rechtsfragen vor. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am 13. Juni 2025