BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, ***3***, betreffend Beschwerde vom 15. Mai 2019 gegen den Bescheid des damaligen ***FA*** vom 12. Februar 2019 betreffend Einkommensteuer 2013, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
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}Begründung
Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Zu Spruchpunkt I.
Nach Aktenlage ist kein (erster) Fristverlängerungsantrag hinsichtlich der Beschwerdefrist betreffend Einkommensteuer 2013 eingebracht worden. Der Fristverlängerungsantrag vom 11.3.2019 bezieht sich lediglich auf die Einkommensteuer 2014. Der zweite Fristverlängerungsantrag vom 12.4.2019 bezieht sich wiederum auf die Fristverlängerung der Beschwerdefrist betreffend Einkommensteuer 2013 und 2014. Der Einkommensteuerbescheid für 2013 erwuchs am 12.03.2019 in Rechtskraft. Da also für die Beschwerdefrist betreffend Einkommensteuer 2013 vor dem 12.03.2019 keine Fristverlängerung beantragt wurde, ist der Fristverlängerungsantrag vom 12.4.2019 - sofern er sich auf die Einkommensteuer 2013 bezieht - nach Rechtskraft des Bescheides eingebracht worden und die am 15.5.2019 eingebrachte Beschwerde daher verspätet. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 12.02.2019 erwuchs am 12.03.2019 in Rechtskraft (Zustellung in die Databox). (vgl. Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom 08.10.2019).
Mit Vorlagebericht vom 8.10.2019 im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde dem damaligen und auch nunmehrigen steuerlichen (anwaltlichen) Vertreter der Beschwerdeführerin (Bf.) bereits zur Kenntnis gebracht, dass die Beschwerde verspätet eingebracht wurde.
Ausschnitt aus dem Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich vom 8.10.2019:
[...]
Das Finanzamt Österreich beantragte daher beim Bundesfinanzgericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gegen den oben im Spruch näher bezeichneten Bescheid zurückzuweisen, da diese verspätet eingebracht wurde. (Anmerkung: vgl. § 260 BAO: vgl. o.a. Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich vom 8.10.2019).
Dieser Vorlagebericht wurde demgemäß wie üblich bereits am 8.10.2019, unmittelbar nach Approbation, zur Kenntnis gebracht.
Bereits im Vorlagebericht räumte das Finanzamt Österreich ein diesbezügliches Versehen bzw. Übersehen der Verspätung des Einbringens der Beschwerde durch die Bf. bzw. durch ihren damaligen steuerlichen Vertreter (Steuerberater) ein, weshalb eine rechtsunrichtige Beschwerdevorentscheidung erlassen worden sei.
Gemäß § 98 Abs 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente (insbesondere behördliche schriftliche Erledigungen) als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an. (Vgl Ritz BAO7, § 98 Rz 3 f, VwGH 26.01.2023, Ra 2022/16/0112, VwGH 31.07.2013, 2009/13/0105, BFG 27.7.2022, RV/7101807/2022, BFG 09.05.2023, RV/7101153/2023).
Es liegt im alleinigen und eigenen Verantwortungsbereich eines jeden FON-Teilnehmers sowie auch der steuerlich bzw. anwaltlich vertretenen Bf., ob überhaupt bzw. wann die via FON zugestellten Schriftstücke vom jeweiligen FON-Teilnehmer gelesen werden. Dies unterscheidet sich übrigens nicht von mittels Brief zugestellten Schriftstücken in Papierform.
Daraufhin hielt das Bundesfinanzgericht der Bf. nochmals mit Beschluss vom 11.9.2025 die verspätete Einbringung der gegenständlichen Beschwerde vor und forderte die Bf. auf, allfällige Nachweise für die "erste Fristverlängerung" dem Bundesfinanzgericht vorzulegen und führte aus wie folgt:"In der oben im Spruch angeführten Beschwerde nahm die Beschwerdeführerin auf Seite 2 (Seite 2 von 11 Seiten Beschwerdeschrift) Bezug auf eine zweimal verlängerte Frist zwecks Einbringung der Beschwerde. Dies bedingt auch zweimal gestellte Fristverlängerungsanträge.Tatsächlich ist aber ein erster Fristverlängerungsantrag für das gegenständliche Beschwerdejahr 2013 beim Finanzamt nicht eingegangen. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 15. Mai 2019 wäre daher laut derzeitiger Aktenlage ex lege wegen verspäteter Einbringung zurückzuweisen.(Exkurs: Nur der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass ausschließlich das Beschwerdejahr 2014 betreffend ein "erster Fristverlängerungsantrag", nämlich vom 11.03.2019, beim Finanzamt eingebracht vom damaligen steuerlichen Vertreter [Steuerberater], aktenkundig ist.) Es wird der beschwerdeführenden Partei daher nunmehr die Möglichkeit gegeben, bis spätestens 25.9.2025 einlangend beim Bundesfinanzgericht einen Nachweis über die Einbringung eines "ersten" Fristverlängerungsantrages betreffend Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vorzulegen."
Mit Eingabe datiert mit 19.9.2025, vorab via Mail an das Bundesfinanzgericht übermittelt, unterschrieben eingelangt beim Bundesfinanzgericht am 26.09.2025, führte der anwaltliche Vertreter der Bf. ohne Vorlage der vom Bundesfinanzgericht angeforderten Nachweise Folgendes aus: "Wie der seinerzeitigen Vollmachtsbekanntgabe samt Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist vom 12.04.2019 entnommen werden kann, wurde bereits anlässlich der Vollmachtsbekanntgabe und des Antrages auf Verlängerung der Beschwerdefrist darauf verwiesen, dass der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin vom vormaligen steuerlichen Vertreter ***4*** die Mitteilung erhalten hatte, dass eine Fristverlängerung bis 15.04.2019 erwirkt worden wäre. Diese Information beruht auf einer mündlichen/telefonischen Mitteilung des vormaligen steuerlicher Vertreters, wobei die Beschwerdeführerin und deren nunmehriger rechtsfreundlicher Vertreter keine Ursache hat, an dieser Information zu zweifeln. Bezeichnenderweise hatte auch das Finanzamt Wien 2/20/21/22 keine Ursache dafür, an dieser erteilten Fristverlängerung zu zweifeln, da es andernfalls wohl der amtlichen Erledigung bedurft hätte, der Beschwerdeführerin oder deren rechtsfreundlichen Vertreter mitzuteilen, dass die Fristverlängerung nicht möglich wäre, da bisher keine Fristverlängerung bestanden hätte. Das Finanzamt Wien 2/20/21/22 setzte somit einen Tatbestand, wonach die Fristverlängerung bis 15.04.2019 sowieso bestanden hat und die nunmehrige Fristverlängerung bis 15.05.2019 akzeptiert werde. Welchen anderen Grund hätte das Finanzamt Wien 2/20/21/22 gehabt, diese Fristverlängerung aufgrund des Antrages vom 12.04.2019 zu bewilligen, als wenn dieser Sachverhalt, wie er im Fristverlängerungsantrag vom 12.04.2019 vorgebracht wurde, nicht tatsächlich bestanden hätte. Selbst dann, wenn ein derartiger Fristverlängerungsantrag bis 15.04.2019 nicht bestanden hätte, verwirklichte das zuständige bearbeitende Finanzamt einen Sachverhalt, aufgrund dessen gestützt auf Treu und Glauben die Beschwerdeführerin annehmen und voraussetzen konnte, dass es tatsächlich diese Verlängerung der Beschwerdefrist bis 15.04.2019 gegeben hat. Das Finanzamt Wien 2/20/21/22 würde folgerichtig bei mangelnder Fristverlängerung vorsätzlich der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen haben, allenfalls durch Verfahrensbehelfe wie einen Wiedereinsetzungsantrag, etc. die Versäumung dieser Frist, falls es sie überhaupt gegeben hat, aus der Welt zu schaffen. Nach 6 Jahren die Vorlage eines Fristverlängerungsantrages in Schriftform zu begehren, der von einem steuerlichen Vertreter erstattet wurde, der bereits verstorben ist, widerspricht jeglicher Auffassung von Treu und Glauben, wie diese Grundsätze auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen berücksichtigt werden müssten. Vorgelegt wird daher ausschließlich der Schriftsatz der Vollmachtsbekanntgabe sowie der Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist vom 12.04.2019, aus dem sich der beschriebene Sachverhalt, wie er von Seiten der Beschwerdeführerin im Verfahren zugrunde gelegt wird, ergibt. Beweis: Schriftsatz der Vollmachtsbekanntgabe samt Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist vom 12.04.2019; Einvernahme des rechtsfreundlichen Vertreters (Anmerkung: des derzeitigen steuerlichen Vertreters)"
Der vormalige steuerliche Vertreter (Steuerberater) hat lediglich den Fristverlängerungsantrag betreffend Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 am 11.3.2029 via FinanzOnline eingebracht wie folgt:
[...]
Noch vor Einbringen der gegenständlichen Beschwerde hat der nunmehrige steuerliche (anwaltliche) Vertreter den Akt der Bf. vom vormaligen steuerlichen Vertreter (Steuerberater) übernommen, hat er doch damals zwecks Übernahme des Aktes in einem Schriftsatz vom 12.04.2019 einen Antrag auf Fristverlängerung für das Einbringen der Beschwerde gegen den gegenständlichen im Spruch näher bezeichneten beschwerdegegenständlichen Bescheid eingebracht:Ausschnitt aus dem Schriftsatz des steuerlichen (anwaltlichen) Vertreters:"… "
Die anwaltlich bzw. vormals steuerlich vertretene Bf. hätte alle Nachweise bzw. Belege betreffend das beschwerdegegenständliche Verfahren für die Dauer des Beschwerdeverfahrens im eigenen Interesse der Bf. aufbewahren sollen.Auch allfällige Nachweise über das Einbringen eines Fristverlängerungsantrages für das Einbringen der streitgegenständlichen Beschwerde hätten von der steuerlich vertretenen Bf. im eigenen Interesse der Bf. jedenfalls für die Dauer des Beschwerdeverfahrens aufbewahrt werden sollen. Wenn diesbezügliche Nachweise nicht vorgelegt werden können, geht dies ausschließlich zu Lasten der Partei.
Der Vollständigkeit halber wird auf eine vergleichbare Regelung im § 132 BAO hingewiesen, wonach sich die Aufbewahrungspflicht für Bücher, Aufzeichnungen und Belege, solange die Unterlagen, Belege usw. für Beschwerdeverfahren, Verfahren vor VwGH udgl. von Bedeutung sind, über die grundsätzlichen Aufbewahrungsfristen iSd § 132 BAO hinaus verlängert (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 132 BAO Rz 7).
Den diesbezüglichen Beschwerdevorbringen in der Eingabe der Bf. bzw. ihres Rechtsanwalts datiert mit 19.9.2025 ist zu entgegnen, dass bereits via Vorlagebericht vom 8.10.2019 der durch einen Parteienvertreter vertretenen Bf. vorgehalten wurde, dass die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 laut Aktenlage verspätet eingebracht wurde. Die Bf. bzw. ihr Parteienvertreter haben zum Vorlagebericht des Finanzamtes keine Gegenäußerung vorgebracht.
Gem § 260 Abs 1 lit b ist eine Bescheidbeschwerde, die nicht fristgerecht eingebracht wurde, mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss zurückzuweisen.
Beschwerden (nämlich Bescheidbeschwerden und Maßnahmenbeschwerden) sind fristgerecht, wenn sie spätestens am letzten Tag der Beschwerdefrist eingebracht werden. (vgl. § 260 BAO; Ritz/Koran, BAO8 § 260 BAO Rz 20,21).
Aufgrund der bestehenden Aktenlage ist das Bundesfinanzgericht in Übereinstimmung mit dem diesbezüglichen Antrag des Finanzamtes Österreich auf Zurückweisung der Beschwerde zur Ansicht gelangt, dass die gegenständliche Beschwerde verspätet eingebracht wurde, zumal kein "erster" Fristverlängerungsantrag beim Finanzamt Österreich eingebracht wurde und trotz des diesbezüglichen nochmaligen Vorhalts (zusätzlich zum Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich, in dem bereits die Verspätung der Beschwerde aufgezeigt wurde) des Bundesfinanzgerichts durch Beschluss vom 11. September 2025 kein Nachweis über das Einbringen eines "ersten Fristverlängerungsantrages" vorgelegt wurde, weshalb die Beschwerde ex lege zurückzuweisen ist.
Angemerkt wird, das aus der gesamten Aktenlage hervorgeht, dass die Behauptung, der vormalige Parteienvertreter habe einen Fristverlängerungsantrag eingebracht, nicht glaubhaft erscheint, zumal ein derartiger Antrag beim Finanzamt Österreich nicht eingegangen ist (bspw. sind elektronische Eingangsdaten über tatsächliche Eingänge via FinanzOnline natürlich auch für beschwerdegegenständlichen Zeitraum abrufbar), und überdies laut Aktenlage der Akt bereits im Frühjahr 2019 vom nunmehrigen Parteienvertreter übernommen wurde, und dennoch im gesamten Verfahren kein Nachweis über einen eingebrachten ersten Fristverlängerungsantrag vorgelegt werden konnte (vgl. o.a. Vorlagebericht des Finanzamtes, dem Bf. bereits zur Kenntnis gebracht am 8.10.2019).
Im Sinne des § 274 Abs 3 BAO iVm § 272 Abs 5 BAO wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen, da eine Formalentscheidung über die Beschwerde, nämlich eine Zurückweisung der Beschwerde, ex lege zu erfolgen hat (vgl. § 260 BAO; Ritz/Koran, BAO8 § 260 BAO Rz 11).
Das Bundesfinanzgericht wie auch die Behörden sind aufgrund des Legalitätsprinzips an die geltenden Gesetze gebunden, weshalb verspätet eingebrachte Beschwerden ex lege ohne Ermessensspielraum zurückzuweisen sind. Daher kann auch aus den diesbezüglichen Vorbringen der Bf. bzw. ihres steuerlichen (anwaltlichen) Vertreters mit Bezugnahme auf den Grundsatz auf Treu und Glauben schon allein aus diesem Grund nichts gewonnen werden.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass auch bei reformatorischen Entscheidungen das Bundesfinanzgericht die bekämpften Bescheide abweichend von davor vom Finanzamt erlassenen Beschwerdevorentscheidungen ersatzlos aufheben oder abändern kann bzw. die Beschwerde abweisen kann (§ 279 BAO).
Die gegenständliche im Spruch näher bezeichnete Beschwerde vom 15.5.2019 gegen den Einkommensteuerbescheid 2013, Einkommensteuerbescheid 2013 zugestellt am 12.2.2019 (s. o.a. Vorlagebericht des Finanzamtes Österreich), in Rechtskraft erwachsen am 12.3.2019, ist daher verspätet erhoben worden.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn er von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da der gegenständliche Beschluss der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.
Wien, am 26. September 2025