Das Bundesfinanzgericht hat durch R über die Beschwerde des H, vertreten durch V, vom 18.02.2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 17.01.2025, Steuernummer s, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 33 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Mit dem Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom Datum1 wurde über das Vermögen der im Jahr 2016 errichteten X.GmbH das Konkursverfahren eröffnet, das mit dem Beschluss des Gerichtes vom Datum2 nach der Schlussverteilung aufgehoben wurde.Am Datum3 wurde die GmbH von Amts wegen gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.Der Beschwerdeführer (Bf.) fungierte von der Errichtung bis zur Konkurseröffnung als Geschäftsführer der X.GmbH (Auszug aus dem Firmenbuch FN).
Mit dem Vorhalt vom 14.10.2024 setzte das Finanzamt den Bf. in Kenntnis, dass die Umsatzsteuer 08/2022 im Ausmaß von 2.438,12 € (3.014,98 € abzüglich Quote in der Höhe von 19,133 %) am Abgabenkonto der X.GmbH uneinbringlich aushafte.Dem Bf. sei in seiner Funktion als Geschäftsführer die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der vertretenen Gesellschaft oblegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliege es dem Bf., Nachweise dafür, wie viel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden seien und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger Befriedigung erlangt haben, zu erbringen. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise gehe das Finanzamt davon aus, dass der Bf. die Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt habe, und diese Pflichtverletzung für den Abgabenausfall bei der X.GmbH ursächlich gewesen sei. In diesem Fall hafte der Bf. für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß.Sofern die X.GmbH bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügt habe, werde der Bf. ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit den zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssten alle damaligen Gläubiger der Firma X.GmbH (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem seien alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.
Der Vorhalt des Finanzamtes blieb unbeantwortet.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.01.2025 zog das Finanzamt den Bf. als Haftungspflichtigen gemäß § 9 iVm §§ 80 ff. BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der X.GmbH im Ausmaß von 2.438,12 Euro (Umsatzsteuer 08/2022) heran und forderte ihn auf, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
Gegen den Bescheid brachte der steuerliche Vertreter des Bf. am 18.02.2025 das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Die Inanspruchnahme des Geschäftsführers als Haftungspflichtiger sei nicht zulässig, weil sich im Zeitpunkt der Belastung der Umsatzsteuer 08/2022 auf dem Abgabenkonto der X.GmbH ein Guthaben befunden habe, das die Zahllast aus der UVA 08/2022 nahezu gänzlich abgedeckt habe. Bis zur Konkurseröffnung hätten keine Finanzamtsschulden, sondern vielmehr ein Guthaben bei der Finanzbehörde bestanden. Eine Gläubigerbenachteiligung der Finanzbehörde liege daher nicht vor.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 12.06.2025 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.Am Abgabenkonto habe im Zeitpunkt der Verbuchung der Umsatzsteuer 08/2022 (Zahllast 19.720 €) ein Guthaben in der Höhe von 16.706 bestanden, weshalb für den verbleibenden Betrag die Haftungsinanspruchnahme auszusprechen gewesen sei.
Im Vorlageantrag gem. § 264 (1) BAO vom 13.07.2025 führte der steuerliche Vertreter des Bf. aus:"Sehr geehrte Damen und Herren! Im Auftrag unseres Mandanten stellen wir den Antrag auf Vorlage der Beschwerde beim BFG! Wir ersuchen um Berücksichtigung der beiliegenden Berechnungen der Quote im Zusammenhang mit der Gläubigerbevorzugung! Danke für Ihre Bemühungen!"
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der Aktenlage war der Bf. von der Errichtung der Gesellschaft bis Datum1 und daher im haftungsrelevanten Zeitraum alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der X.GmbH (Auszug aus dem Firmenbuch FN).
Zu den Pflichten des Bf. als Geschäftsführer gehörte daher die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft: die Pflicht zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie deren Aufbewahrung, die Erfüllung der Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten der Gesellschaft, die Abgabenerklärungspflicht, und insbesondere auch die Wahrnehmung der Vorsorge, für die Entrichtung der Abgaben der Gesellschaft aus den verwalteten Mitteln zu sorgen (siehe VwGH 25.04.2016, Ra 2015/16/0139).
Am 28.10.2022 wurde am Abgabenkonto der X.GmbH die am 17.10.2022 fällige Umsatzsteuer 08/2022 in der Höhe von 19.720,98 € verbucht. Durch das zu diesem Zeitpunkt bestehende Guthaben von 16.706 € verblieb ein Rückstand an Umsatzsteuer 08/2022 in der Höhe von 3.014,98 €, der bis zur Konkurseröffnung am Datum1 nicht abgedeckt wurde (Buchungsabfrage Abgabenkonto StNr. s).
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus (VwGH 22.09.1999, 96/15/0049).Da die Gesellschaft nach der Aufhebung des Konkurses wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht wurde, steht fest, dass die Abgabenschuld bei der nicht mehr existenten Primärschuldnerin zur Gänze uneinbringlich ist. Bei der Geltendmachung der gegenständlichen Abgabenschuld hat das Finanzamt die im Zuge der Schlussverteilung ausbezahlte Quote in der Höhe von 19,133 % bereits berücksichtigt.
Die Umsatzsteuer 08/2022 wurde dem Finanzamt mittels Umsatzsteuervoranmeldung bekannt gegeben. Die Höhe der Umsatzsteuerschuld wurde im Haftungsverfahren nicht bestritten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfährt die Haftung des Vertreters nur dann eine Einschränkung, wenn er den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei gleichmäßiger Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre. Damit der Geschäftsführer seine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast erfüllt, ist die Darstellung der konkreten finanziellen Situation der Gesellschaft und ihrer Gebarung im fraglichen Zeitpunkt erforderlich. Konsequenterweise haftet der Geschäftsführer ansonsten für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (VwGH 27.05.2020, Ra 020/13/0027, mwN).
Ein Nachweis, ob dem Bf. ausreichende Mittel zur Abgabenentrichtung fehlten bzw. ob sämtliche Gläubiger der Gesellschaft gleich behandelt wurden, wurde vom Bf. trotz Aufforderung im Vorhalt vom 14.10.2024 und ausführlicher Darlegung der Rechtslage im Haftungsbescheid und in der Beschwerdevorentscheidung nicht erbracht.
Dem Antrag des Bf. auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht lag trotz Ankündigung keine Quotenberechnung bei. Auf diesen Umstand wurde vom Finanzamt im Vorlagebericht vom 09.10.1925 hingewiesen. Von der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde der Bf. gemäß § 265 Abs. 4 BAO unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes verständigt. Die Darstellung einer Gläubigergleichbehandlung wurde bis dato nicht vorgelegt.
Dem Vorbringen, bis zur Konkurseröffnung hätten keine Finanzamtsschulden, sondern vielmehr ein Guthaben bei der Finanzbehörde bestanden, steht die Tatsache entgegen, dass am Abgabenkonto der Gesellschaft die Umsatzsteuer 08/2022 in der Höhe von 3.014,98 € unberichtigt ausgehaftet hat (Buchungsabfrage Abgabenkonto StNr. s).
Hat der Geschäftsführer im Haftungsverfahren nicht den ihm obliegenden Entlastungsbeweis in Bezug auf die Abgabenentrichtung erbracht, kann die Behörde schon deshalb eine die Inanspruchnahme zur Haftung rechtfertigende schuldhafte Pflichtverletzung annehmen (VwGH 24.03.2009, 2006/13/0156).
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.5.2004, 2003/17/0134), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles.
Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (VwGH 25.06.1990, 89/15/0067).
Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist jedoch ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf (VwGH 19.05.2021, Ra 2019/13/0046).
Ein solcher Umstand liegt hier nicht vor, wurde doch das Konkursverfahren über die X.GmbH Ende 2023 aufgehoben und die Gesellschaft am Datum3 im Firmenbuch gelöscht. Noch im gleichen Jahr hat das Finanzamt dem Bf. mit dem Vorhalt vom 14.10.2024 die Möglichkeit eröffnet, zur beabsichtigten Haftungsinanspruchnahme Stellung zu beziehen. Auch ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld und der Haftungsinanspruchnahme liegt nicht vor, handelt es sich beim gegenständlichen Haftungsbetrag doch um die kurz vor der Eröffnung des Konkursverfahrens fällig gewordene Umsatzsteuer 08/2022.
Zur Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung beruht auf der zitierten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb über keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Graz, am 3. November 2025
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