IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom 18. Juli 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 5. Juli 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2023, Steuernummer ***Bf-StNr***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Bisheriger Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 den Familienbonus Plus zur Gänze einkommensteuermindernd zu berücksichtigen.
Das Finanzamt gewährte mit Bescheid vom 5. Juli 2024 nur die Hälfte des beantragten Familienbonus Plus. Begründend wurde ausgeführt, der Familienbonus könne nur zur Hälfte berücksichtigt werden, weil für dieses Kind die andere Hälfte die Unterhaltszahlerin beantragt habe.
In der gegen den Bescheid gerichteten Beschwerde vom 18. Juli 2024 führte der Beschwerdeführer an, er habe den ganzen Familienbonus Plus deshalb beantragt, weil seine geschiedene Frau bei der Scheidung darauf verzichtet habe. Der Familienbonus Plus stünde ihm daher laut gerichtlichem Bescheid zur Gänze zu. Die Ex-Frau habe sehr wohl auch diesen Bescheid bekommen und wisse genau, dass sie darauf verzichtet habe. Sie habe ihn auch die Jahre zuvor nie beantragt und hätte diese falschen Angaben zur Beantragung des Familienbonus Plus seines Erachtens nicht machend dürfen. Er ersuche daher um Auszahlung des ganzen Familienbonus Plus, der ihm laut gerichtlichem Bescheid zustehe.
Die belangte Behörde wies mit Beschwerdevorentscheidung vom 2. Oktober 2024 die Beschwerde als unbegründet ab. Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. a und b EStG 1988 sei bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Werde von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgehe, sei jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen. Laut Einkommensteuergesetz 1988 stehe jedem Elternteil die Hälfte des Familienbonus Plus zu. Gerichtliche Vereinbarungen seien nicht heranzuziehen, daher könne die übermittelte Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichtes ***Ort*** vom ***Datum*** nicht herangezogen werden.
Am 7. Oktober 2024 erhob der Beschwerdeführer den als Vorlageantrag zu wertenden "Einspruch gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 2. Oktober 2024". Er sei alleinerziehender Vater eines Sohnes. Es gebe einen rechtskräftigen Bescheid des Bezirksgerichtes ***Ort*** und seine geschiedene Frau habe ausdrücklich auf die Hälfte des Familienbonus Plus verzichtet. Der Familienbonus Plus sei an ihn, wie alle Jahre davor seit dem rechtskräftigen Bescheid, auszuzahlen. Die geschiedene Frau habe den Familienbonus Plus nicht rechtmäßig beantragt und er beantrage die Berücksichtigung des rechtskräftigen Bescheides des Bezirksgerichtes ***Ort***. Er beantrage den ganzen Familienbonus Plus und die weitere Untersuchung des Einspruches durch das Bundesfinanzgericht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde am 29. Oktober 2024 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Zusätzlich führte die belangte Behörde an es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Scheidungsvergleich den gesamten Familienbonus Plus zugestanden bekommen habe. Ein Vergleich sei nach herrschender Lehre ein entgeltlicher Vertrag. Mit einem Vertrag könne die Behörde nicht verpflichtet werden. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenverwaltung gehe Verträgen vor. Der Antrag auf den Familienbonus Plus könne gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. e EStG 1988 jedoch zurückgezogen werden. Dies sei bis zu fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich.
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerde richtet sich gegen die Berücksichtigung des Familienbonus Plus in lediglich halber Höhe von 1.000,08 Euro im Einkommensteuerbescheid 2023.
Der Sohn des Beschwerdeführers ist am ***TMJ*** geboren. Von der Kindesmutter ist der Beschwerdeführer seit ***Datum*** geschieden. Im Scheidungsvergleich wurde Folgendes vereinbart: "Der Familienbonus plus steht dem Zweitantragsteller zur Gänze alleine zu. Die Erstantragstellerin erklärt ausdrücklich auf die Geltendmachung zu verzichten. Sollte diesbezüglich eine weitere Verzichtserklärung der Erstantragstellerin erforderlich sein, so verpflichtet sich die Erstantragstellerin diese unverzüglich abzugeben." Die Obsorge für den gemeinsamen Sohn kommt beiden Elternteilen gemeinsam zu, wobei der hauptsächliche Aufenthaltsort beim Kindesvater vereinbart wurde. Die Kindesmutter verpflichtete sich, einen monatlichen Geldunterhalt in Höhe von ***Betrag*** Euro zu bezahlen.
Das Finanzamt berücksichtigte bei der Kindesmutter im Einkommensteuerbescheid 2023 den Unterhaltsabsetzbetrag für zwölf Monate. Sie beantragte den halben Familienbonus Plus und dieser wurde vom Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2023 vom 28. Februar 2024 entsprechend berücksichtigt.
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2023 die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag. Er beantragte am 4. Juli 2024 in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 den Familienbonus Plus zur Gänze. Aufgrund der antragsgemäßen Berücksichtigung bei der Kindesmutter wurde dieser jedoch im Einkommensteuerbescheid 2023 vom 5. Juli 2024 nur zur Hälfte anerkannt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt - soweit entscheidungsrelevant - ergibt sich aus dem vorgelegten Akt und der Einsicht in die elektronischen Veranlagungsakten des Beschwerdeführers und seiner geschiedenen Ehefrau. Daraus folgt, dass im beschwerdegegenständlichen Jahr der Beschwerdeführer (Kindesvater) die Familienbeihilfe bezog und bei der Kindesmutter der Unterhaltsabsetzbetrag berücksichtigt wurde. Der Familienbonus Plus wurde bei beiden Elternteilen je zur Hälfte berücksichtigt.
Die Verpflichtung der Kindesmutter zur Unterhaltsleistung und der Verzicht auf die Geltendmachung des Familienbonus Plus sind dem vorgelegten Scheidungsvergleich zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist im beschwerdegegenständlichen Fall, ob beim Beschwerdeführer für sein minderjähriges Kind im Einkommensteuerbescheid 2023 der volle oder der halbe Familienbonus Plus zu berücksichtigen ist.
§ 33 Abs. 3a EStG 1988 in der im Veranlagungsjahr 2023 anzuwendenden Fassung lautet (auszugsweise): "Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird […], steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:1. Der Familienbonus Plus beträgta) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro, […]3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen: […]b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen."
Nach der geltenden Rechtslage sind sowohl der Beschwerdeführer als Familienbeihilfenberechtigter als auch die Kindesmutter, der für das Jahr 2023 der Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zustand, anspruchsberechtigt.
Die Aufteilung des Betrages richtet sich nach der Antragstellung in der Steuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung). Der Familienbonus Plus kann entweder von einem Anspruchsberechtigten zur Gänze oder von beiden Anspruchsberechtigten je zur Hälfte in Anspruch genommen werden.
Wenn die beiden Anspruchsberechtigten jedoch die Berücksichtigung in einer Höhe beantragen, die insgesamt über das zustehende Ausmaß von monatlich 166,68 Euro (= jährlich 2.000,16 Euro) hinausgeht (der Beschwerdeführer beantragte den vollen Familienbonus Plus in Höhe von jährlich 2.000,16 Euro, die Kindesmutter beantragte den halben Familienbonus Plus in Höhe von 1.000,08 Euro), dann kommt es zu einer zwangsweisen Aufteilung und es ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen. Auch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 33 Abs. 3a EStG 1988 wird angeführt, dass "der Familienbonus Plus…im Rahmen der Veranlagung entsprechend der Antragstellung zu berücksichtigen [ist]. Werden Anträge gestellt, die über das zustehende Ausmaß des Familienbonus Plus hinausgehen, soll es zu einer zwingenden Hälfteaufteilung kommen" (siehe ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 10).
Das Gesetz stellt unzweifelhaft auf die Antragstellung der für den Familienbonus Plus anspruchsberechtigten Personen ab. Haben beide Anspruchsberechtigten den Familienbonus Plus beantragt, so steht jedem der Berechtigten nur mehr der anteilige Betrag zu (siehe dazu VwGH Ra 2022/15/0057 vom 26. April 2023).
In einer Scheidungsfolgenvereinbarung (Vergleich vom ***Datum***) getroffene Regelungen zum Familienbonus Plus können, aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b zweiter Anstrich EStG 1988, nicht berücksichtigt werden.
Solange die Anträge der beiden Anspruchsberechtigten aufrecht sind, besteht eine Bindung an die zwingende Hälfteaufteilung. Ein Antrag auf den Familienbonus Plus kann jedoch bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides formlos zurückgezogen werden. Dies wurde dem Beschwerdeführer auch im Vorlagebericht, dem Vorhaltscharakter zukommt (siehe u.a. BFG RV/7104249/2024 vom 17. Jänner 2025 mwN), mitgeteilt.
Nach Eintritt der Rechtskraft würde das Zurückziehen sowohl für die Zurückziehende (Kindesmutter) als auch für den anderen Antragsberechtigten (Beschwerdeführer) als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO gelten. Dass der Beschwerdeführer bereits den vollen Familienbonus Plus im Rahmen seiner Veranlagung beantragte, wäre von Amts wegen zu berücksichtigen (siehe Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2025, § 33 Rz 39). Laut Aktenlage ist der (dem Vergleich vom ***Datum*** widersprechende) Antrag der Kindesmutter auf Berücksichtigung des halben Familienbonus Plus für das Veranlagungsjahr 2023 aufrecht.
Da sowohl der Beschwerdeführer (Kindesvater) als Familienbeihilfenberechtigter als auch die Kindesmutter als Unterhaltsabsetzbetragsberechtigte anspruchsberechtigt waren und beide den Familienbonus Plus in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 beantragten, war bei jedem Berechtigten von Gesetzes wegen der halbe Familienbonus Plus zu berücksichtigen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Berücksichtigung des Familienbonus Plus im Einkommensteuerbescheid bei Antragstellung durch zwei anspruchsberechtigte Personen stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der zitierten gesetzlichen Bestimmung. Es war daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Graz, am 30. April 2025