IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache
***Bf.*** ***A***, Steuernummer ***BF1StNr1*** vertreten durch ***A******StB***,
über die Beschwerde vom 19. September 2022 gegen die Bescheide des ***FA*** vom 23. August 2022 betreffend Einkommensteuer 2020 und vom 12. September 2022 betreffend Einkommensteuer 2021 zu Recht erkannt:
I. Die angefochtenen Bescheide werden angeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Fortgesetztes Verfahren nach VwGH 29.5.2024, Ra 2023/15/0087 (Aufhebung von BFG, RV/2100165/2023):
Strittig ist im fortgesetzten Verfahren die Abzugsfähigkeit von Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Dem Beschwerdebegehr wurde ursprünglich nicht gefolgt, weil das BFG fälschlich der Ansicht war, es seien niemals die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vorgelegen (Aufgabe des Wohnsitzes am Beschäftigungsort aus privaten Gründen ihrer Eheschließung).
Mit Erkenntnis vom 29. Mai 2024, Ra 2023/15/0087 hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 07. Juli 2023, RV/2100165/2023 auf. Begründend führte der VwGH in den Rz 16ff Folgendes aus:
"16 Im Revisionsfall übten im Jahr 2012 sowohl die Revisionswerberin als auch ihr Ehemann eine Erwerbstätigkeit aus. Die Entfernung zwischen den beiden Wohnsitzen in ***B*** und ***A*** machte eine tägliche Rückkehr unzumutbar. Dass es in einem solchen Fall nahelag, dass einer der beiden Ehepartner seinen bisherigen als Familienwohnsitz geeigneten Wohnsitz am Beschäftigungsort beibehalten werde, liegt auf der Hand, woraus sich in der Folge eine Unzumutbarkeit der Aufgabe des Wohnsitzes am Beschäftigungsort ergab. Die Verlegung des Wohnsitzes nach ***B*** durch die erstmalige Begründung eines Familienwohnsitzes im Jahr 2012 erfolgte zwar privat, die Beibehaltung des Wohnsitzes am Beschäftigungsort war im Revisionsfall allerdings beruflich veranlasst (vgl. VwGH 26.7.2007, 2006/15/0047, mwN). Dass (auch) private Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes am Beschäftigungsort ausschlaggebend gewesen wären, wurde vom Bundesfinanzgericht nicht festgestellt.
17 Die Ansicht des Bundesfinanzgerichts würde dazu führen, dass Steuerpflichtige, die nach einer Eheschließung bzw. Begründung einer Lebensgemeinschaft einen gemeinsamen Familienwohnsitz am bisherigen Hauptwohnsitz eines der Partner erst dann begründen, wenn schon beide berufstätig sind, und beide bis zu diesem Zeitpunkt in weit voneinander entfernten Orten ihren Wohnsitz am Beschäftigungsort hatten, niemals Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten geltend machen könnten, weil immer aus der jeweiligen Sicht des einen Steuerpflichtigen die Begründung des Familienwohnsitzes in Entfernung zum Beschäftigungsort als privat veranlasst anzusehen ist. Dieses Ausblenden der Auswirkungen des Eingehens einer Lebensgemeinschaft oder Ehe entspricht nicht der Rechtslage (vgl. VwGH 21.6.2007, 2005/15/0079).
18 Wenn das Bundesfinanzgericht in dem Zusammenhang auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verweist, wonach eine berufliche Veranlassung nicht vorliege, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort sei, weg verlege und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führe, ist darauf zu verweisen, dass alle vom Bundesfinanzgericht zitierten Erkenntnisse Fälle betrafen, bei denen ein ursprünglich schon länger bestehender gemeinsamer Familienwohnsitz am Beschäftigungsort weitgehend aus privaten Gründen von dort wegverlegt wurde oder der Wohnsitz am Beschäftigungsort aus privaten Gründe aufrecht erhalten wurde (zur Bedeutung der Ursache der doppelten Haushaltsführung vgl. auch Sutter/Pfalz; in HR EStG § 16 Abs. 1 Z 6 Rz 77)."
Im fortgesetzten Verfahren hat sich das Bundesfinanzgericht damit auseinanderzusetzen, ob in den Jahren 2020 und 2021 nach der Pensionierung des Ehemannes der Bf. noch eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach ***A*** vorlag, oder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in der privaten Lebensführung der Eheleute begründet ist (vgl. Rn 20).
Im Schriftsatz vom 30. August 2024 führte die Bf. dazu ergänzend aus, die Wohnsitzverlegung sei aus folgenden Gründen unzumutbar:
- Berufliche Unzumutbarkeit sei deshalb gegeben, weil die Bf. seit 2012 für strategische Planung und Netzwerkarbeit zuständig ist. Bei den Projekten sei sie auf internationale Netzwerkpartner angewiesen, die vorwiegend über ***B*** Kontakte geknüpft werden könnten. Der Umzug nach ***A*** hätte sie von diesem Netzwerk abgeschnitten, was sich negativ auf ihre berufliche Tätigkeit auswirken würde. Der Familienwohnsitz in ***B*** biete ihr die Möglichkeit, mit den Kontakten in Verbindung zu blieben und diese für ihre berufliche Tätigkeit als Expertin in der Abteilung zu nützen.
- Eine Unzumutbarkeit aus Gründen ihres Alters sei gegeben, weil eine Pensionierung im Jahr 2027 erfolge bzw. eine vorzeitige Pensionierung wegen Krankheit im Raum stehe. Es könne nicht starr auf fünf Jahre abgestellt werden, die Befristung mit 7 Jahren sei ausreichend, um den Umzug unzumutbar zu machen.
- Ebenso sei eine Unzumutbarkeit aus Gründen des Alters ihres Ehemannes gegeben, der im Jahr 2024 bereits über 71 Jahre sei, in ***A*** keine Kontakte oder Netzwerke habe und für den ein Umzug nach ***A*** negative gesundheitliche und psychische Folgen hätte. Überdies sei es dem Ehemann der Bf. in ***A*** nicht mehr möglich, zu seinen Ärzten in ***B*** zu gehen und die engen Kontakte zu seinen Kindern aufrecht zu halten.
- Eine Unzumutbarkeit infolge der besonderen Wohn- und Lebenssituation sei gegeben, weil das 205 m2 große Haus in ***B***, welches als Familienwohnsitz dient, bereits in dritter Generation im Eigentum der Familie des Ehegatten der Bf. stehe. Eine Vermietung bis zur Pensionierung der Bf. sei aus tatsächlichen Gründen wohl kaum möglich und würde dem Gedanken der Pflege und des Erhalts für die Erben nicht gerecht werden. Zudem sei das Haus in ***A*** (105 m²) zu klein, um genügend Platz für eine Zusammenlegung der Haushalte zu bieten. Der Ehegatte besitze Vermögensgegenstände wie eine Kunstsammlung, Oldtimer und Bücher, die einer kontinuierlichen Pflege (Temperatur und Luftfeuchtigkeit) bzw. Aufsicht (Stichwort Einbruch) bedürften, was in ***A*** nicht möglich sei. Außerdem habe sich der Ehegatte in ***B*** eine Werkstatt eingerichtet.
Die Umstände seien durch eine Einvernahme der Ehegatten, die Vorlage des Testaments bzw. der behandelnden Ärztin zu belegen.
Zur Höhe der Kosten führte die Bf. aus, dass die für die doppelte Haushaltsführung angesetzten Beträge von 1.300 Euro pro Monat im Jahr 2020 und 1.000 Euro pro Monat im Jahr 2021 für den Haushalt in ***A*** angemessen seien.
Mit Schreiben vom 20. November 2024 zog die Bf. den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. hat seit 1. September 1997 an der Adresse ***Straße A*** ihren Hauptwohnsitz, seit 19. Juni 2012 hat sie an der Adresse ***Gasse B*** ihren Nebenwohnsitz (ZMR Nummer).
Laut eigenen Angaben (Vorhaltsbeantwortung betr. Arbeitnehmerveranlagung 2012 vom 26. November 2014) ist die Wohnung in ***B*** seit der Eheschließung am 25. Mai 2012 die gemeinsam bewohnte Familienwohnung. Das 205 m2 große Haus in ***B*** ist bereits in dritter Generation im Eigentum der Familie des Ehegatten der Bf. (Schreiben vom 30. August 2024). Auch die Kinder des Ehegatten sind in ***B*** wohnhaft.
Laut den Aufzeichnungen der Bf. verbrachte sie im Jahr 2020 insgesamt 92 Tage (47 Werktage) und im Jahr 2021 insgesamt 99 Tage (49 Werktage) am Familienwohnsitz in ***B***.
Die Bf. ist am Tag 1962 geboren und war damit in den Streitjahren 58 bzw. 59 Jahre alt. Sie ist als Beamtin beschäftigt und muss ihre Regelpension daher mit 65 Jahren antreten.
[...]
Im Jahr 2024 war sie das gesamte Jahr unselbständig beschäftigt.
Die Bf. hat am Familienwohnsitz zahlreiche Kontakte mit namentlich genannten Freunden aus der Wirtschaft.
Der Ehegatte der Bf ist seit Jänner 2018 in Pension und war in den Beschwerdejahren 67 bzw. 68 Jahre alt.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu den Wohnsitzen ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister, die näheren Angaben (Größe des Hauses usw.) aus den unwidersprochenen Angaben der Bf. in den angegebenen Schriftsätzen.
Das Alter der Bf. ergibt sich aus ihren Steuerakt, das ihres Ehegatten aus ihren Angaben, die insofern plausibel sind, als sie bei Annahme des Regelpensionsalters von 65 Jahren mit dem Pensionsantritt des Ehegatten übereinstimmen.
Die Umstände betr. Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung, die die Bf. in ihrem Schreiben vom 30. August 2024 bekannt gegeben hat, entsprechen dem bisher Vorgebrachten und bedürfen keines weiteren Beweises. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist gem. § 183 BAO nämlich abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtslage
§ 16 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. (…)
§ 20 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. (…)
3.2. Doppelte Haushaltsführung
Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind gem. § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 grundsätzlich nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z.B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist (VwGH 28.3.2000, 96/14/0177). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann, wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum EStG 1988 vertritt, kann die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ihre Ursache nicht nur in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehegatten (zB VwGH 26.7.2007, 2006/15/0047), sondern auch in der privaten Lebensführung haben (zB VwGH 21.4.2023, Ro 2021/15/0037 oder VwGH 20.12.2018, Ra 2016/13/0016 zur Betreuung unmündiger Kinder oder VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0075, VwGH 20.9.2007, 2006/14/0038 zur Pflegebedürftigkeit von Angehörigen).
Die Unzumutbarkeit, den Familienwohnsitz aufzugeben, muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (zB VwGH 3.8.2004, 2000/13/0083, VwGH 28.3.2000, 96/14/0177, vgl. auch VwGH 10.3.2016, 2013/15/0146, mwN). Sie ist immer aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. VwGH 25.2.2022, Ra 2022/13/0010, mwN).
Im Beschwerdefall gilt für die einzelnen vorgebrachten Unzumutbarkeitsgründe Folgendes:
- Unzumutbarkeit wegen der unerlässlichen beruflichen Kontakte in ***B***
Abgesehen davon, dass eine Anwesenheit in ***B*** wohl für eine Vielzahl verschiedener Berufstätigkeiten gute und förderliche Kontaktmöglichkeiten bietet, ist auf die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und 2a EStG 1988 zu verweisen:
Demnach dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Angehörigen aufgewendeten Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den Einkünften nicht abgezogen werden. Die organisatorische Gestaltung der Privatsphäre gehört selbst dann zur (steuerlich unbeachtlichen) Einkommensverwendung, wenn eine Erwerbstätigkeit dadurch erst ermöglicht oder erleichtert wird (VwGH 20.7.1999, 99/13/0018, mwN).
Auch wenn die erwähnten Kontakte in ***B*** für ihre Berufsausübung förderlich sind, ist der Abzug von Aufwendungen für die Haushaltsführung gem. § 20 EStG 1988 genau für diesen Fall zu versagen.
- Unzumutbarkeit aufgrund des Alters der Bf. bzw. Befristung (mögliche frühere Pensionierung)
Die Bf. hat im Streitjahr 2020 das 58. Lebensjahr, im Streitjahr 2021 das 59. Lebensjahr vollendet. Nach Ansicht des VwGH 3.3.1992, 88/14/0081 ist eine Verlegung des Wohnsitzes dann nicht zumutbar, wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit auf vier bis fünf Jahre befristet ist. Daher ist einem Arbeitnehmer nach Erreichen des 60. Lebensjahres idR die Wohnsitzverlegung nicht zumutbar, wenn davon auszugehen ist, dass er die Berufstätigkeit - wie dies der allgemeinen Übung entspricht - spätestens mit Erreichen des 65. Lebensjahres einstellen wird (VwGH 26.11.1996, 95/14/0124 unter Hinweis auf seine Vorjudikatur).
Die Bf. hat in den Streitjahren das 60. Lebensjahr noch nicht erreicht, weshalb anzunehmen ist, dass sie noch mehr als 4-5 Jahre berufstätig sein wird.
Bei der Anwendung der Frist von vier bis fünf Jahren ist auch davon auszugehen, dass der VwGH typische Eventualitäten wie die vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses oder auch eine nur in Betracht gezogene vorzeitige Pensionierung, auch wenn sie in manchen Fällen wahrscheinlicher sind als bei anderen, mitberücksichtigt hat, sodass diese nicht zu einer weiteren Verlängerung der Frist führen (vgl BFG 23.10.2024, RV/2100662/2023 zu einem anderen Streitjahr der Bf; so auch VwGH 17.02.1999, 95/14/0059 oder VwGH 26.11.1996, 95/14/0124). Überdies ist im Beschwerdefall zu bedenken, dass die Bf. ohnedies eine starke Bindung zum Beschäftigungsort hat, da sie bereits seit 1997 in ***A*** mit Hauptwohnsitz gemeldet ist und auch nach der Begründung des Familienwohnsitzes im Jahr 2011 überwiegend in ***A*** gewohnt hat.
Anderes kann nur gelten, wenn mit Gewissheit angenommen werden kann, dass sie ihre berufliche Tätigkeit vorzeitig beenden wird. Dafür gibt es außer dem Vorbringen der Bf., dass "die Möglichkeit bestehe", keine Anhaltspunkte. Auch war die Bf. laut Daten ihres Steueraktes im Jahr 2024 durchgehend nichtselbständig beschäftigt. Eine Unzumutbarkeit aus Gründen ihres Alters ist daher nicht gegeben.
- Unzumutbarkeit aus Gründen des Alters ihres Ehemannes (negative gesundheitliche und psychische Folgen)
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hat sich die Behörde bzw. das BFG mit dem im Einzelfall aufgezeigten Unzumutbarkeit, die in der privaten Lebensführung begründet ist, auseinanderzusetzten; wird einem vorgebrachten Umstand von vornherein keine Bedeutung beigemessen, so entspricht dies nicht der Rechtslage (VwGH 20.12.2018, Ra 2016/13/0016). Vielmehr hat das BFG fallbezogen zu prüfen, ob die vorgebrachten Gründe von so erheblichem objektivem Gewicht sind, dass sie zu einer Unzumutbarkeit führen (VwGH 21.4.2023, Ro 2021/15/0037).
Soweit die Bf. vorbringt, dass eine Wohnsitzverlegung ihrem in den Streitjahren 2020 und 2021 67- bzw. 68-jährigen Ehegatten nicht zumutbar sei, weil er in ***A*** keine Kontakte oder Netzwerke habe bzw. es ihm in ***A*** auch nicht mehr möglich sei, die engen Kontakte zu seinen Kindern aufrecht zu halten, handelt es sich um eine Beeinträchtigung der "persönlichen Befindlichkeit" oder der Verlust des "sozialen Umfeldes" des Partners, die steuerlich unbeachtlich sind (VwGH 25.2.2022, Ra 2022/13/0010, VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0075, VwGH 10.3.2016, 2013/15/0146 mwN).
Es ist auch nicht zu erkennen, warum es dem Ehegatten unzumutbar sein soll, sich ein neues soziales Umfeld in der Stadt seiner Ehegattin aufzubauen, zumal es sich bei ***A*** um eine Landeshauptstadt handelt, die mit umfangreichem (den Interessen des Ehegatten entsprechendem) Kulturangebot, Kulinarik oder Landschaft aufwarten kann. In privater Hinsicht ist anzunehmen, dass die Bf. aufgrund ihrer Lebenssituation in ***A*** über einen Freundeskreis verfügt, in den ihr Ehegatte leicht integrierbar wäre, sofern er dies nicht bereits ist. Auch der Kontakt zu volljährigen Kindern ist über eine Distanz von ca 200 km angemessen aufrechtzuerhalten.
Außer dem pauschalen Verweis auf Ärztemangel gibt es keinen Anhaltspunkt dafür anzunehmen, dass eine angemessene ärztliche Versorgung des Ehegatten in ***A*** nicht möglich ist. Selbst (nicht vorgebrachte) schwere Erkrankungen könnten wohl an der Universitätsklinik in ***A*** behandelt werden.
Die so vorgebrachte Unzumutbarkeit ist als Beeinträchtigung der "persönlichen Befindlichkeit" bzw. Verlust des "sozialen Umfeldes" des Partners steuerlich unbeachtlich.
- Eine Unzumutbarkeit infolge der besonderen Wohn- und Lebenssituation
Diese sei gegeben, weil das Haus in ***B***, welches als Familienwohnsitz dient, bereits in dritter Generation im Eigentum der Familie des Ehegatten der Bf. sei. Eine Vermietung bis zur Pensionierung der Bf. sei aus tatsächlichen Gründen wohl kaum möglich und würde dem Gedanken der Pflege und des Erhalts für die Erben nicht gerecht werden. Zudem sei das Haus in ***A*** (105 m²) zu klein, um genügend Platz für eine Zusammenlegung der Haushalte zu bieten.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist es unbeachtlich, wenn es sich beim Familienwohnsitz um ein Eigenheim handelt (VwGH 26.5.2004, 2000/14/0207, VwGH 26.4.1989, 86/14/0030, VwGH 31.03.1987, 86/14/0165). Der Erhalt des Erbes ist eine ebenso höchst private Angelegenheit wie der Wunsch nach großer Wohnfläche (die sich im Übrigen auch durch Anmietung eines entsprechen großen Hauses verwirklichen ließe). Soweit auf rechtliche Verpflichtungen (gegenüber den Kindern des Ehegatten) verwiesen wird, so wurden diese rechtsgeschäftlich begründet und somit freiwillig eingegangen. Überdies steht es im Interesse eines jeden Immobilieneigentümers, sein Objekt für sich und seine Angehörigen in möglichst gutem Zustand zu erhalten. Auch die "testamentarische Verpflichtung" ist der Ehegatte der Bf. freiwillig eingegangen. Diese kann als einseitiger Willensakt zudem jederzeit widerrufen werden.
Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung vermag auch die "besondere Wohn- und Lebenssituation" nicht zu begründen.
3.3. Familienheimfahrten
Mangels beruflicher Veranlassung der doppelten Haushaltsführung können auch die Kosten für die Familienheimfahrten - abgesehen davon, dass sie nicht nachgewiesenen werden konnten - nicht in Abzug gebracht werden (vgl. Jakom/Lenneis, EStG, 2020, § 16 Rz 56).
3.4. Werbungskosten
Bezüglich der Abzugsfähigkeit der übrigen Werbungskosten wurden weder in der Revision, noch in dem ergänzenden Schreiben zum fortgesetzten Verfahren Einwendungen gemacht.
Daher gilt, wie im (aufgehobenen) Erkenntnis des BFG vom 7. Juli 2023, RV/2100165/2023 ausführlich dargestellt, dass sich die Werbungskosten wie folgt berechnen:
Werbungskosten 2020 | |
Internetkosten (50% wie beantragt) | 203,45 |
Krankheitskosten wie beantragt | 671,21 |
Summe 2020 | 874,66 |
Kein Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer, da die Kosten weder nachgewiesen wurden noch das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit der Bf. bildet. | |
Werbungskosten 2021 | |
Internetkosten (50% wie beantragt) | 273,06 |
Handyreparatur (50% wie beantragt) | 42,25 |
Druckerpatronen (101,97) und Büromaterial (19,30) 60% | 72,76 |
Laptop (AK 699) 60% berufl.= 419,40 abzügl 300 Homeofficepauschale | 119,40 |
Krankheitskosten (wie beantragt) | 734,24 |
Summe 2021 | 1.241,71 |
Die angefochtenen Bescheide waren daher wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
3.5. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall erging ein VwGH Erkenntnis, dem entsprochen wurde. Die Revision ist daher nicht zulässig.
Graz, am 25. Juni 2025