Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner in der Beschwerdesache der A***B***GmbH, vormals vertreten durch RPC Reschenhofer & Partner Consulting Steuerberatung GmbH, 1010 Wien, Lichtenfelsgasse 5, betreffend die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2008, Körperschaftsteuer 2008 und Umsatzsteuer 2008, Steuernummer ***StNr*** den Beschluss:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung erließ das Finanzamt die angefochtenen Bescheide, mit welchem gegenüber der beschwerdeführenden GmbH Kapitalertragsteuer von € 35.109,33, geltend gemacht, bzw Körperschaftsteuer von € 26.266,45 und Umsatzsteuer von € 15.719,60 festgesetzt wurde.
Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden.
Das Finanzamt erließ abweisende Beschwerdevorentscheidungen, die beschwerdeführende GmbH stellte einen Vorlageantrag.
Mit Beschluss des zuständigen Gerichtes vom **.3.2022 wurde über das Vermögen der beschwerdeführenden GmbH der Konkurs eröffnet.Mit Beschluss des zuständigen Gerichtes vom **.2.2023 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.Am **.5.2023 erfolgte im Firmenbuch die Eintragung der amtswegigen Löschung der beschwerdeführenden GmbH gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit (jeweils Firmenbuchauszug vom 30.7.2025).
Der Rückstand der beschwerdeführenden GmbH am Abgabenkonto beträgt zur Zeit € 200.765,82 (Rückstandsausweis vom 10.6.2025) und betrifft zum Großteil Zeiträume vor der Eröffnung des Konkurses, darin enthalten ist die streitgegenständliche Kapitalertragsteuer mit einem Betrag von € 35.109,33 (Abfrage im Abgabeninformationssystem AIS am 31.7.2025).Die im Streitfall strittige Abgabennachforderungen wurden daher jedenfalls im Umfang von € 35.109,33 nicht entrichtet.
Im Streitfall ist angesichts des Gesamtrückstandes von € 200.765,82 und der strittigen Abgabennachforderung von € 77.095,38 von der Vermögenslosigkeit der beschwerdeführenden GmbH auszugehen, da es keine denkmögliche Konstellation gibt, in der eine Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der gelöschten beschwerdeführenden GmbH führen könnte.
Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind (zB VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035 mwN).
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch so lange erhalten, als noch Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide ergehen daher grundsätzlich rechtswirksam (VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035 mwN).
Ob noch Abwicklungsbedarf besteht, ergibt sich aus dem Umstand, ob bei sonstiger Vermögenslosigkeit die Abgabenfestsetzung in irgendeiner denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann (nochmals VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035).
Aus diesem Grund ist zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der beschwerdeführenden GmbH ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit der beschwerdeführenden GmbH insoweit als fortdauernd anzusehen wäre (VwGH 24.2.2011, 2007/15/0112 sowie nochmals VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035).
Da im Streitfall die strittige Abgabenschuld den Gesamtrückstand um ein mehrfaches übersteigt, besteht selbst bei einer vollinhaltlichen Stattgabe keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch bzw führte eine solche Stattgabe zu keinem Aktivvermögen der beschwerdeführenden GmbH. Das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens und eines sich daraus ergebenden Abwicklungsbedarfes kann im Hinblick auf das oben dargelegte Ergebnis des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen werden. Damit ist aber davon auszugehen, dass die Rechtspersönlichkeit der aufgelösten und amtswegig gelöschten beschwerdeführenden GmbH bereits weggefallen ist. Es liegt daher im Streitfall eine Vollbeendigung der beschwerdeführenden GmbH vor.
§ 278 Abs 1 BAO sieht vor, dass in den Fällen, in denen eine Bescheidbeschwerde zurückgenommen ( § 256 Abs 3 BAO) oder dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde ( § 261 Abs 1 BAO), die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als gegenstandlos zu erklären ist.
Da das Verfahren nach dem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Partei nicht fortgeführt werden kann, ist es nach der Rechtsprechung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen (VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035 mwN).
Ist demnach von der Vollbeendigung der GmbH auszugehen, so ist im Sinne der genannten Rechtsprechung § 278 Abs 1 BAO sinngemäß anzuwenden und die Bescheidbeschwerden mit Beschluss als gegenstandlos zu erklären.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da die Beurteilung der Rechtsfrage, wann vom Vorliegen der Vollbeendigung einer amtswegig gelöschten GmbH auszugehen und wie in diesem Fall vorzugehen ist, im Einklang mit der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.10.2014, Ro 2014/13/0035) vorgenommen wurde, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Wien, am 29. August 2025
Rückverweise
Keine Verweise gefunden