JudikaturBFG

RV/7106558/2019 – BFG Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom 7. Juni 2019 gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 10. Mai 2019 betreffend Wiederaufnahme § 303 BAO / ESt 2014 bis 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer beantragteam 4. Jänner 2017 die Arbeitnehmerveranlagung für 2014,am 4. Jänner 2017 die Arbeitnehmerveranlagung für 2015,am 20. Juni 2018 die Arbeitnehmerveranlagung für 2016,am 20. Juni 2018 die Arbeitnehmerveranlagung für 2017 und am 9. Februar 2019 die Arbeitnehmerveranlagung für 2018.

Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 17. Jänner 2017,mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom 17. Jänner 2017,mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom 13. Juli 2018,mit Einkommensteuerbescheid 2017 vom 13. Juli 2018 undmit Einkommensteuerbescheid 2018 vom 15. März 2019

wurde jeweils eine negative Einkommensteuer festgesetzt.

Am 2. April 2019 wurden jeweils Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 1 BAO eingebracht.

Am 15. April 2019 ersuchte das Finanzamt zwecks Nachweises

um Vorlage eines Fahrtenbuches,um Vorlage der Auflistung der erhaltenen Tagesgelder sowie Fahrtkostenersätze undum Vorlage der Auflistung der Differenz zu den erhaltenen Reisekosten.

Am 19. April 2019 übermittelte der Beschwerdeführer eine Aufstellung der Tagesgeldauszahlungen und teilte mit, dass kein Fahrtenbuch vorgelegt werden könne.

Mit Bescheiden vom 10. Mai 2019 wurden die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass mangels Vorlage von geeigneten Unterlagen nicht ausgeschlossen werden könne, dass die angefahrenen Orte keinen weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit darstellten.

Mit Beschwerden vom 7. Juni 2019 beantragte der Beschwerdeführer unter Verweis auf die Routenpläne die Aufhebung der Abweisungsbescheide betreffend 2014 bis 2018 und die Berücksichtigung der Reisekosten.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 3. Oktober 2019 wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde angeführt, dass die Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vorlägen.

Am 27. Oktober 2019 beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einreichung der Erklärungen die Möglichkeit der Beantragung der Differenztagesgelder beim Finanzamt nicht bekannt gewesen sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer beantragte

am 4. Jänner 2017 die Arbeitnehmerveranlagung für 2014,am 4. Jänner 2017 die Arbeitnehmerveranlagung für 2015,am 20. Juni 2018 die Arbeitnehmerveranlagung für 2016,am 20. Juni 2018 die Arbeitnehmerveranlagung für 2017 und am 9. Februar 2019 die Arbeitnehmerveranlagung für 2018.

Es wurden im Zuge der Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für 2014 bis 2018 jeweils keine Reisekosten als Werbungskosten geltend gemacht. Der Beschwerdeführer wusste im Zeitpunkt der Beantragung der Arbeitnehmerveranlagung nicht von der Möglichkeit der Geltendmachung von Reisekosten. Der Beschwerdeführer wurde erklärungsgemäß veranlagt.

Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 17. Jänner 2017,mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom 17. Jänner 2017,mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom 13. Juli 2018,mit Einkommensteuerbescheid 2017 vom 13. Juli 2018 undmit Einkommensteuerbescheid 2018 vom 15. März 2019

wurde jeweils eine negative Einkommensteuer festgesetzt, woraus sich

für 2014 EUR 293,00,für 2015 EUR 405,00,für 2016 EUR 277,00,für 2017 EUR 293,00 undfür 2018 EUR 338,00

jeweils eine Abgabengutschrift ergeben hat.

Am 2. April 2019 wurden jeweils Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 1 BAO eingebracht und Reisekosten geltend gemacht.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Aktenteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann gemäß § 303 Abs. 1 BAO auf Antrag einer Partei wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind also Tatsachen oder Beweismittel, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (VwGH vom 26. November 2015, Ro 2014/15/0035; VwGH vom 18. Dezember 2017, Ra 2016/15/0071). Ob diese Tatsachen oder Beweismittel "neu hervorgekommen" sind, ist aus der Sicht der jeweiligen Verfahrenspartei - hier also aus der Sicht des Beschwerdeführers - zu beurteilen.

Keine Wiederaufnahmsgründe (keine Tatsachen) sind etwa neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden (Ritz/Koran, BAO8 § 303 BAO Rz 23 mit Hinweis auf VwGH vom 19. Mai 1993, 91/13/0224; VwGH vom 19. November 1998, 96/15/0148; VwGH vom 31. März 2011, 2008/15/0215; BFG vom 7. August 2023, RV/7100262/2023; BFG vom 26. August 2024, RV/6100169/2024).

Der Beschwerdeführer gibt im Vorlageantrag an, dass im Zeitpunkt der Einreichung der Erklärungen die Möglichkeit der Beantragung der Differenztagesgelder beim Finanzamt nicht bekannt gewesen sei. Erst durch eine firmeninterne Fahrerbesprechung erfuhr der Beschwerdeführer von der rechtlichen Möglichkeit der Geltendmachung von Reisekosten beim Finanzamt. Dass der Beschwerdeführer Tagesgelder durch den Arbeitgeber nicht in vollem Ausmaß erhalten hatte, war dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung bekannt. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde jeweils gestellt, um rückwirkend nicht beanspruchte Reisekosten (Differenztagesgelder) geltend zu machen. Die spätere Erkenntnis der Möglichkeit der Geltendmachung ist allerdings keine Tatsache, die die Wiederaufnahme der Verfahren rechtfertigen kann, denn "vergessene" Werbungskosten begründen ebenso wenig wie eine nach Rechtskraft der Bescheide eingetretene bessere Rechtskenntnis des Beschwerdeführers über Werbungskosten einen Wiederaufnahmegrund aus dem Titel neuhervorgekommener Tatsachen (vgl BFG vom 6. Oktober 2022, RV/2100686/2021 mit Hinweis auf BFG vom 7. August 2022, RV/2100557/2021; BFG vom 19. November 2020, RV/2100667/2020; BFG vom 28. Februar 2020, RV/7105764/2019; BFG vom 12. März 2015, RV/7104909/2014).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH vom 19. Mai 1993, 91/13/0224; VwGH vom 19. November 1998, 96/15/0148; VwGH vom 31. März 2011, 2008/15/0215; VwGH vom 26. November 2015, Ro 2014/15/0035; VwGH vom 18. Dezember 2017, Ra 2016/15/0071), weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am 14. Juli 2025