JudikaturBFG

RV/3100453/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
27. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** über die Beschwerde vom 22. Dezember 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 9. Dezember 2024 betreffend die Einschränkung der Vollstreckung, St.-Nr.: ***1***,

I. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. der Beschluss gefasst:

Der Antrag auf Ersatz von Kosten wird als unzulässig zurückgewiesen.

Zu I und II.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am 11. November 2024 stellte das Finanzamt gemäß § 229 BAO zur Einbringung der auf dem Steuerkonto Nr. ***1*** ausgewiesenen und mit 8. März 2024 vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 774,46 (€ 696,66 an Rückforderung der Familienbeihilfe und € 77,80 an Aussetzungszinsen) einen Rückstandsausweis aus.

Mit Bescheid vom 12. November 2024 pfändete das Finanzamt hierfür gemäß § 65 AbgEO die dem Beschwerdeführer gegen den Drittschuldner zustehenden Forderungen (Pensionsansprüche) zuzüglich der Pfändungsgebühren und des Auslagenersatzes in Höhe von insgesamt € 17,75.

Mit weiteren Bescheid vom 12. November 2024 setzte das Finanzamt Stundungszinsen in Höhe von € 53,06 mit Fälligkeit 18. Dezember 2024 fest.

Nach Begleichung des Betrages von € 792,21 mit Wirkung 20. November 2024 schränkte das Finanzamt mit Bescheid vom 9. Dezember 2024 die Vollstreckung gemäß § 17 AbgEO auf € 53,06 ein.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Dezember 2024, eingelangt am 23. Dezember 2024, fristgerecht Beschwerde.

Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der der Vollstreckung zugrunde liegende Abgabenbescheid vom Bundesfinanzgericht unrichtigerweise bestätigt und das Wiederaufnahmeverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Somit sei die Pfändung samt Kosten und der Folgebescheid über die Einschränkung der Vollstreckung gegenstandslos. Im Übrigen fehle es dem Bescheid an der Nachvollziehbarkeit.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 17. Juni 2025 als unbegründet ab. Ausgehend davon, dass der vollstreckbare Rückstand € 845,27 betragen habe, begründet das Finanzamt die Einschränkung damit, dass nach Bezahlung eines Betrages von € 792,21 am 20. November 2024 die Vollstreckung auf den noch offenen Betrag von € 53,06 einzuschränken gewesen sei.

Mit Eingabe vom 27. Juni 2025, eingelangt am 30 Juni 2025, beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Ergänzend wurde vorgebracht, dass nach dem AVG die Behörde unverzüglich, spätestens jedoch nach 6 Monaten eine Entscheidung zu erstellen und zu versenden habe. In der Beschwerdevorentscheidung sei der Hergang der Forderung des Finanzamtes Österreich nicht erkennbar. Es liege kein rechtskräftiger Beschluss vor. Es werde mit keinem Wort auf sein ausführliches Vorbringen eingegangen. Er stelle sich die Frage, weshalb von ihm eine Begründung verlangt werde, wenn in der Erledigung nicht darauf eingegangen werde. Er erwarte, dass die Vorlage alle Dokumente enthalte, die bislang vorgebracht worden seien und zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit der zwangsweisen Geldforderung heranzuziehen seien. Für den bisherigen Aufwand an Zeitversäumnis und Schreibkosten werde eine Forderung von € 140,00 gestellt.

Wegen Fehlens der Unterschrift auf der Beschwerde vom 22. Dezember 2024 wurde der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 2. September 2025 aufgefordert, gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO den Mangel zu beheben. Mit Schreiben vom 8. September 2025 wurde der Mangel durch Rücksendung des Schriftsatzes der Beschwerde behoben. Ergänzend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31. Jänner 2024, RV/3100027/2024 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge rechtskräftig abgewiesen.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 17. März 2025, RV/3100007/2025, rechtskräftig abgewiesen.

Aufgrund des Terminverlustes im Rahmen der gewährten Ratenzahlung wurde der Restbetrag in Höhe von € 696,66 und die Aussetzungszinsen in Höhe von € 77,80 zuzüglich der Pfändungsgebühren und des Auslagenersatzes in Höhe von € 17,75 durch Pfändung der Pensionsansprüche mit Bescheid vom 12. November 2024 vollstreckt.

In der Folge wurde am 20. November 2024 der gepfändete Betrag von € 792,21 überwiesen.

Mit Bescheid vom 11. November 2024 wurden Stundungszinsen in Höhe von € 53,06 mit einer Fälligkeit 18. Dezember 2024 festgesetzt.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2024 wurde die Einschränkung der Vollstreckung auf € 53,06 verfügt.

Beweiswürdigung

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Einbringungsakt des Finanzamtes und der Gebarung auf dem Steuerkonto St.-Nr.: ***1***.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 226 erster Satz Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:

"§ 226. Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar;"

§ 229 BAO lautet:

"§ 229. Als Grundlage für die Einbringung ist über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, daß die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren."

§ 4 der Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) lautet:

§ 4. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

§ 17 Abs. 1 AbgEOlautet:

§ 17. (1) Treten die in den §§ 12 bis 14 oder 16 bezeichneten Einstellungsgründe nur hinsichtlich einzelner der in Vollstreckung gezogenen Gegenstände oder eines Teiles des vollstreckbaren Anspruches ein, so hat statt der Einstellung eine verhältnismäßige Einschränkung stattzufinden."

§ 65 Abs. 1 AbgEO lautet:

"§ 65. (1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben."

Der gegenständlichen Forderungspfändung nach § 65 AbgEO liegt der mit der Vollstreckbarkeitsklausel versehene Rückstandsausweis vom 11. November 2024 betreffend eines Teilbetrages der Rückforderung der Familienbeihilfe in Höhe von € 696,66 und der Aussetzungszinsen in Höhe von € 77,80 zugrunde.

Die Entrichtung der genannten Abgabenschuldigkeiten (einschließlich der Pfändungsgebühr und des Auslagenersatzes) am 20. November 2024 hob den Abgabenanspruch im Sinne des § 12 AbgEO auf.

Die Vollstreckung wäre daher anstatt nach § 17 AbgEO einzuschränken einzustellen gewesen. Das Finanzamt ging aber fälschlicherweise von einem vollstreckbaren Rückstand von € 845,27 aus. Dieser Betrag umfasst zusätzlich zu den im Rückstandsausweis enthaltenen Abgabenschuldigkeiten auch die am 11. November 2011 vorgeschriebenen Stundungszinsen, welche jedoch erst am 18. Dezember 2024 fällig geworden sind und deshalb weder vom hier maßgeblichen Rückstandsausweis, noch vom Pfändungsbescheid umfasst waren.

Die Einschränkung der Vollstreckung als Folge der Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten war deshalb nicht erforderlich. Sie erweist sich somit als rechtswidrig, der Bescheid war daher aufzuheben.

Dem Beschwerdeführer geht es aber erkennbar darum, die Entscheidung des zugrunde liegenden Abgabenanspruches anzufechten, die er als rechtswidrig ansieht. Dabei übersieht er aber, dass Einwendungen gegen den Abgabenanspruch als solchen im Vollstreckungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl. Liebeg, Die Abgabenexekutionsordnung2, § 12 Rz 8 mwH zur Rechtsprechung). Es braucht daher auf das diesbezügliche Vorbringen nicht weiter eingegangen zu werden.

Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die erst in einem die Beschwerde (oder den Vorlageantrag) ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung; dies gilt auch für einen Antrag, der in einem Schreiben zur Mängelbehebung gestellt wird (vgl. hierzu Ritz/Koran, BAO8 § 274 BAO Rz. 3 mwN).

Aufgrund dessen konnte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

Gemäß § 313 BAO haben die Parteien die ihnen im Abgabenverfahrens und im Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten. Der Antrag auf Ersatz von entstandenen Kosten war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist vom Wortlaut des jeweiligen Gesetzes und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Es liegt auch sonst kein Grund vor, der auf eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schließen lassen würde. Die Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am 27. September 2025