JudikaturBFG

RV/3100009/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Wirtschaftsrecht
30. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Irmgard Richter, die Richterin Ri_2 sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Karner und Mag. Katrin Kirchebner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom 22. November 2024 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 11. November 2024 betreffend Zwangsstrafen 2024 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, dass die Zwangsstrafe mit EUR 3.000,00 festgesetzt wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

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Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 13.6.2024 forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, die Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des WiEReG bis 5.8.2024 nachzuholen. Das Finanzamt drohte eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 für den Fall an, dass der Aufforderung nicht Folge geleistet werde. Mit Bescheid vom 30.8.2024 setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 fest und forderte sie erneut auf, bis 21.10.2024 die unterlassene Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer vorzunehmen. Das Finanzamt drohte eine weitere Zwangsstrafe von EUR 4.000,00 für den Fall an, dass der Aufforderung wiederum nicht Folge geleistet werde.

Mit Bescheid vom 11.11.2024 setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 4.000,00 fest und verwies begründend darauf, dass die Beschwerdeführerin die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer unterlassen habe.

Mit Schreiben vom 21.11.2024 (beim Finanzamt eingelangt am 22.11.2024) erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen "die Bescheide über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom 30.8.2024 und vom 11.11.2024". Sie führte aus, der Komplementär und Geschäftsführer habe "die elektronische Zustellung dieser Bescheide übersehen". Erst durch die postalische Zustellung des Mahnschreibens vom 11.11.2024 an seine Privatadresse habe er Kenntnis von der Einleitung des WiEReG-Zwangsstrafenverfahrens erlangt. Die Zwangsstrafenbescheide seien seinem persönlichen USP-Konto zugestellt worden, bei dem keine E-Mail-Benachrichtigung eingestellt war. Das USP-Konto der Beschwerdeführerin werde regelmäßig von der Sekretärin abgerufen, das private USP-Konto des Geschäftsführers aber nicht. Das Erinnerungsschreiben vom 13.6.2024 sei in die Databox des Geschäftsführers zugestellt worden, in der eine E-Mail-Benachrichtigung nicht aktiviert gewesen sei. Die Höhe der Zwangsstrafen stelle eine erhebliche Härte dar.

Am 21.11.2024 erstattete die Beschwerdeführerin die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 7.1.2025 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den (ersten) Festsetzungsbescheid vom 30.8.2024 als verspätet eingebracht und damit unzulässig zurück.

Mit weiterer Beschwerdevorentscheidung vom 7.1.2025 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den (zweiten) Festsetzungsbescheid vom 11.11.2024 als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin sei verpflichtet gewesen, binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung (§ 3 Abs. 3 WiEReG) im Jahr 2024 die festgestellten Änderungen zu melden bzw. die gemeldeten Daten zu bestätigen. Die Zustellung der Androhung der Zwangsstrafe, des ersten Zwangsstrafenbescheides sowie des gegenständlichen Zwangsstrafenbescheides sei jeweils im Wege von Finanz Online in die Databox erfolgt. Auf die tatsächliche Einsichtnahme in die Databox komme es nicht an. Eine unterbliebene Information per E-Mail sei ebenfalls unerheblich. Ausführlich begründet wurde auch die Ermessensübung.

Die Beschwerdeführerin beantragte am 10.1.2025 die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Entscheidung darüber durch den Senat. Der Geschäftsführer und Komplementär der Beschwerdeführerin habe am 21.11.2024 erstmals Kenntnis von den Zwangsstrafenbescheiden vom 30.8.2024 (über EUR 1.000,00) und vom 11.11.2024 (über EUR 4.000,00) erlangt, nachdem ihm ein Mahnschreiben über diese Beträge per Post an seine Privatadresse zugestellt worden sei.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am 15.1.2025 dem Bundesfinanzgericht vor und replizierte auf das Vorbringen im Vorlageantrag, dass es im Verantwortungsbereich der Organe der Beschwerdeführerin gelegen war, eine Kanzleiorganisation derart einzurichten, dass Unterlassungen wie die verfahrensgegenständlichen verhindert würden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine im Firmenbuch zu FN eingetragene Kommanditgesellschaft, an der die L GmbH als Kommanditistin beteiligt ist. Vertretungsbefugter Komplementär ist K. Die Kommanditgesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 28.12.2022 gegründet und am 4.1.2023 im Firmenbuch eingetragen.

Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2023 zunächst keine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erstattet. Sie wurde mit Erinnerungsschreiben des Finanzamtes vom 2.2.2023 unter Androhung einer Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 zur Erstattung der Meldung aufgefordert. Da weiterhin keine Meldung erstattet wurde, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 29.3.2023 eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 fest und forderte die Beschwerdeführerin unter Androhung einer weiteren Zwangsstrafe von EUR 4.000,00 zur Erstattung der Meldung auf. Am 15.5.2023 erstattete die Beschwerdeführerin die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer.

Die Beschwerdeführerin hat auch im Jahr 2024 zunächst keine Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erstattet. Das Finanzamt forderte sie mit Mahnung vom 13.6.2024 (elektronisch zugestellt an K am selben Tag) unter Androhung einer Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 zur Erstattung der Meldung auf. Dieses Mahnschreiben wurde am 12.8.2024 gelesen.

Die Festsetzungsbescheide über eine Zwangsstrafe von EUR 1.000,00 vom 30.8.2024 und über eine Zwangsstrafe von EUR 4.000,00 vom 11.11.2024 wurden ebenfalls an die Beschwerdeführerin zu Handen K zugestellt. Die Zustellung erfolgte am 30.8.2024 bzw. am 11.11.2024. Beide Bescheide wurden am 21.11.2024 gelesen. Am 21.11.2024 erstattete die Beschwerdeführerin die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer.

Diese Umstände sind zwischen den Parteien unstrittig, durch den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten zweifelsfrei belegt und entsprechen den Ergebnissen der von der Richterin vorgenommenen Abfragen im Register der wirtschaftlichen Eigentümer sowie in der elektronische Verfahrensdokumentation des Bundesministeriums für Finanzen "WIEREG Zwangs- und Ordnungsstrafen".

2. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Nach § 1 Abs. 2 Z 2 WiEReG sind Kommanditgesellschaften Rechtsträger iSd WiEREG. Nach § 3 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen und angemessene Maßnahmen zur Überprüfung seiner Identität zu ergreifen, so dass sie davon überzeugt sind zu wissen, wer ihr wirtschaftlicher Eigentümer ist; dies schließt die Ergreifung angemessener Maßnahmen mit ein, um die Eigentums- und Kontrollstruktur zu verstehen. […] Nach Abs 3 leg. cit. haben die Rechtsträger die Sorgfaltspflichten gemäß Abs. 1 zumindest jährlich durchzuführen und dabei angemessene, präzise und aktuelle Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, einzuholen und zu prüfen haben, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind. Nach § 5 Abs. 1 WiEReG haben Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 3 WiEReG, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht. Nach Abs. 2 leg cit muss vor Verhängung einer Zwangsstrafe der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die einzelne Zwangsstrafe darf zufolge Abs. 3 leg cit den Betrag von EUR 5.000,00 nicht übersteigen.

Nach § 16 Abs. 1 WiEReG kann das Finanzamt die Vornahme einer (unterbliebenen) Meldung durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen (§ 5b Abs. 1 der FinanzOnline-Verordnung 2006). Jeder FinanzOnline-Teilnehmer hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung von Erledigungen wird durch die Nichtangabe, die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert (§ 5b Abs. 2 FOnV 2006). Die Nichtangabe einer E-Mailadresse (bzw. die nicht erteilte Zustimmung) zur Verständigung über die Zustellung per E-Mail hindert nach § 5b Abs. 2 FOnV 2006 die Wirksamkeit der Zustellung nicht (VwGH 26.1.2023, Ra 2022/16/0112 mwN; Ritz/Koran, BAO, 7.A., Rz 4 zu § 98 mit Judikaturhinweisen).

Die Beschwerdeführerin hat die Meldung gemäß § 5 WiEReG trotz vorangegangener Erinnerung unter Androhung einer Zwangsstrafe nicht fristgerecht erstattet. Daher ist der Tatbestand des § 16 Abs. 1 WiEReG erfüllt. Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Ermessensübung hat innerhalb jener Grenzen zu erfolgen, welche das Gesetz festlegt (§ 20 BAO).

Sinn und Zweck der Regelung des § 5 WiEReG über die Meldung der Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer ist es, einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu leisten. In Umsetzung der 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie sollen dadurch die hinter Unternehmen und Vermögensmassen stehenden Eigentümer transparent und überprüfbar gemacht werden. Das Register der wirtschaftlichen Eigentümer erfordert, dass es mit den notwendigen Daten befüllt wird, was ohne Meldepflichten wohl unmöglich wäre. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit ist daher die zeitgerechte Einhaltung der Meldeverpflichtungen gemäß § 5 WiEReG durch die Androhung und gegebenenfalls die Festsetzung von Zwangsstrafen durchzusetzen.

Das Interesse der Beschwerdeführerin, nicht durch eine Zwangsstrafe finanziell belastet zu werden, steht im gegenständlichen Fall hinter dem Gewicht der Zweckmäßigkeit zurück. Dem Grunde nach war daher eine Zwangsstrafe festzusetzen.

Die "einzelne" Zwangsstrafe darf nach § 111 Abs. 3 BAO den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen. Unter einer "einzelnen" Zwangsstrafe ist die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen. Auch bei der Festlegung der Höhe der Zwangsstrafen sind Ermessenskriterien zu berücksichtigen (VwGH 15.12.2022, Ra 2022/13/0023).

Für den gegenständlichen Fall ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin schon im ersten Jahr ihres Bestehens (2023) mit der Erstattung der Meldung säumig war und die Meldung erst nach Verhängung einer Zwangsstrafe nachgeholt hat. Andererseits ist der Beschwerdeführerin die Aufforderung zur Erstattung der Meldung für das Jahr 2024 jedenfalls am 12.8.2024 zur Kenntnis gelangt, da die dem Komplementär zugestellte Aufforderung an diesem Tag in der Databox gelesen wurde. Ein diesbezügliches sorgloses Verhalten bzw. Verschulden des Vertreters ist keine Entschuldigung für die Nichtbeachtung der Meldepflicht nach dem WiEReG und ist jedenfalls der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Die Beschwerdeführerin hatte seit dem 12.8.2024 und damit vor Ergehen des ersten Zwangsstrafen-Festsetzungsbescheides am 30.8.2024 Kenntnis von ihrer Säumnis.

Aufgrund der kurzen Lebensdauer der Beschwerdeführerin ist eine Beurteilung der bisherigen Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten durch sie unmöglich. Zu berücksichtigen ist jedoch der Umstand, dass sie für das Jahr 2023 einen Verlust aus Gewerbebetrieb erklärt hat, was gegen eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit spricht. Aus diesem Grund erscheint dem Senat die Reduktion der festgesetzten Zwangsstrafe auf insgesamt EUR 4.000,00 sachgerecht, um den Normzweck zu erfüllen und die Beschwerdeführerin in Zukunft dazu zu verhalten, ihren Meldepflichten nachzukommen. Der angefochtene Bescheid war dahin abzuändern, dass die Zwangsstrafe mit EUR 3.000,00 festgesetzt wird.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen, zumal nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind.

Innsbruck, am 30. April 2025