JudikaturBFG

RV/7300061/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
02. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 1025-2 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***Bf1***, geboren 1961, ***Bf1-Adr***, vertreten durch intertax Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., Praterstraße 29, 1020 Wien, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Amtsbeauftragten vom 19. August 2024 gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom 12. Juni 2024, SpS-1, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 2. September 2025 in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom 12. Juni 2024, SpS-1, wurde das gegen Herrn ***Bf1*** zu *FV-1* geführte Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

(Anmerkung: aufgrund der angeführten FV-Zahl ist damit - um auch eine "Sache" des Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 161 Abs. 1 FinStrG zu definieren - gemeint: das gegen Herrn ***Bf1*** geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG für Umsatzsteuer 2016 von € 12.450,37Umsatzsteuer 2017 von € 10.580,69Umsatzsteuer 2018 von € 10.569,57Umsatzsteuer 2019 von € 10.897,27Umsatzsteuer 2020 von € 8.970,91Umsatzsteuer 2021 von € 11.253,46Umsatzsteuer 2022 von € 14.522,38Einkommensteuer 2019 von € 1.045,02Einkommensteuer 2020 von € 1.375,88 gesamt: € 81.665,56.)

Als Begründung wurde ausgeführt:

"Der finanzstrafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getretene Beschuldigte ist rumänischer Staatsbürger und bezieht als Selbständiger ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von € 1.500.-. Er ist vermögenslos ohne Sorgepflichten.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes steht nachstehender Sachverhalt fest:

Der Beschuldigte betreibt sechs Escort Agenturen, in denen Damen zur Begleitung vermittelt werden. Bisher wurde - nach steuerberaterlichem Rat - die Leistung des Beschuldigten als eine Vermittlungsleistung erachtet und dementsprechend nur sein Anteil (erste Stunde 50%, jede weitere 40%) der Umsatzsteuer unterzogen.

Zum Geschäftsvorgang:

Der Kunde bezahlt für die Leistungen der Damen in bar bzw. Kreditkarte und diese händigen nach Beendigung der Geschäftstätigkeit dem Beschuldigten seinen Anteil (Vermittlungsprovision) aus. Dieser wiederum stellt der Dame hierfür eine Rechnung aus. Bei Zahlung mit Bankomat- bzw. Kreditkarte erhält der Beschuldigte den vollen Betrag und zahlt der Dame ihren Anteil in bar aus. Nur die Vermittlungsprovision wird beim Beschuldigten als Einnahme erfasst und der Umsatzsteuer unterzogen.

Auf den Homepages der Escort-Agenturen wird darauf hingewiesen, dass eine Dame nur telefonisch oder über ein Onlinebuchungsformular gebucht werden kann. Alternativ ist eine Buchung per Email oder SMS möglich, hierbei wird man im Anschluss von der Agentur kontaktiert. Obendrein kann noch eine Nachricht verfasst werden und genaue Angaben über das Hotel sowie Zimmernummer gemacht werden. Nach Absenden des Buchungsformulars erhält der Kunde ein Bestätigungsmail. Die Buchung einer Dame ist ausdrücklich über die jeweilige Agentur möglich und wird auf den Homepages wie folgt erwähnt: "Nachdem Sie eine Reservierung vorgenommen haben wird Ihre ausgewählte Escort Dame kontaktiert und über Ihre Wünsche informiert."

Die Dame wird sodann vom Beschuldigten oder einem Mitarbeiter zum Buchungsort gefahren. Nachdem die Escort Dame mit dem Kunden die gebuchte Zeit verbracht hat, nimmt sie das Entgelt entgegen und liefert dieses zum Teil an ***Bf1*** ab.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung im Bericht vom 28.07.2023 seien die gesamten Umsätze Herrn ***Bf1*** zuzurechnen und der Umsatzsteuer zu unterziehen.

Der Beschuldigte behandelte sie dagegen - nach Einholung eines diesbezüglichen Rates seines Steuerberaters und nach einem Vergleich der in der Branche üblichen Vorgangsweise bei ca. acht Konkurrenzunternehmen - lediglich anteilig als Vermittlungsprovision.

Dass der Beschuldigte bei Abgabe der unrichtigen Erklärungen zur Einkommen- sowie Umsatzsteuer für die im Spruch bezeichneten Zeiträume eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bzw. eine Verkürzung der entsprechenden Abgaben ernstlich für möglich gehalten hätte bzw. sich damit abgefunden hätte, konnte im Zweifel nicht festgestellt werden.

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im Bericht vom 28.7.2023.

Der Beschuldigte hat sich zu den angelasteten Vorwürfen nicht schuldig bekannt und glaubwürdig und nachvollziehbar im Wesentlichen ausgeführt, dass er mit seinem damaligen Steuerberater die umsatzsteuerliche Problematik besprochen habe und habe ihm dieser zur gewählten Vorgangsweise geraten.

Mangels entgegenstehender Beweisergebnisse konnte diese Verantwortung den Feststellungen bedenkenlos zu Grunde gelegt werden.

Dazu hat der Spruchsenat erwogen: […]

Laut Judikatur des VwGH kann sich der Beschuldigte, welcher sich bei einem befugten Parteienvertreter erkundigt, jedoch eine falsche Auskunft erhalten hat, idR mit Erfolg auf schuldausschließenden Irrtum berufen (VwGH 16.11.1984, 82/17/0040, 19.04.1988, 86/14/0049), weshalb ein vorsätzliches Handeln des Beschuldigten ausscheidet.

Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (2 Ob 115/78, 8 Ob 229/78). Selbst die Missachtung einer grundlegenden Norm muß noch kein schweres Verschulden begründen. Schweres Verschulden (grobe Fahrlässigkeit) liegt demnach nicht schon vor, wenn das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit überschritten wird; das Verhalten des Täters muß vielmehr eine das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit beträchtlich übersteigende Sorglosigkeit erkennen lassen (9 Os 17,18/78).

Der Steuerpflichtige darf sich auf einen erteilten Rat verlassen, wenn er bei der Auswahl der Auskunftsperson entsprechend sorgfältig vorgeht. Durch die Rechtsprechung ist klargestellt, dass als geeignete Auskunftsstelle nicht nur die zuständige Abgabenbehörde, sondern insbesondere auch ein befugter Parteienvertreter in Betracht kommt (VwGH 17.10.2010, 2006/17/0061.

Ein grob fahrlässiges, geschweige denn vorsätzliches Verhalten des Beschuldigten konnte daher nicht festgestellt werden.

Es war daher mit einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 136 FinStrG vorzugehen."

In der dagegen fristgerecht am 19. August 2024 eingebrachten Beschwerde des Amtsbeauftragten wird wie folgt ausgeführt:

"Streitpunkte:

Die Beschwerde richtet sich gegen die Einstellung gemäß § 136 FinStrG.

Sachverhalt:

Der Beschuldigter betreibt sechs Escort Agenturen, in denen Damen zur Begleitung vermittelt werden. Bisher wurde aus Sicht der Umsatzsteuer die Leistung des Beschuldigten als eine Vermittlungsleistung erachtet und dementsprechend wurde nur sein Anteil (erste Stunde 50%, jede weitere 40%) der Umsatzsteuer unterzogen. Im Zuge der Sachverhaltsermittlung hat sich herausgestellt, dass die Geschäftstätigkeit des Beschuldigten und dessen Rahmenbedingungen sich nicht bloß auf eine reine Vermittlungsleistung beschränken und ihm daher die gesamten Umsätze zuzurechnen sind.

Zum Geschäftsvorgang kann Folgendes berichtet werden:

Der Kunde bezahlt für die Leistungen der Damen in bar bzw. Kreditkarte. Bei Barzahlung händigen die Damen nach Beendigung der Geschäftstätigkeit dem Beschuldigten seinen Anteil (Vermittlungsprovision) aus. Dieser wiederum stellt der Dame hierfür eine Rechnung aus. Bei Zahlung mit Bankomat- bzw. Kreditkarte erhält der Beschuldigte den vollen Betrag und zahlt der Dame ihren Anteil in bar aus. Nur die Vermittlungsprovision wird beim Beschuldigten als Einnahme erfasst und der Umsatzsteuer unterzogen.

Auf den Homepages der Escort-Agenturen wird darauf hingewiesen, dass eine Dame nur telefonisch oder über ein Onlinebuchungsformular gebucht werden kann. Alternativ ist eine Buchung per Email oder SMS möglich, hierbei wird man im Anschluss von der Agentur kontaktiert. Obendrein kann noch eine Nachricht verfasst werden und genaue Angaben über das Hotel sowie Zimmernummer gemacht werden. Nach Absenden des Buchungsformulars erhält der Kunde ein Bestätigungsmail. Die Buchung einer Dame ist ausdrücklich über die jeweilige Agentur möglich und wird auf den Homepages wie folgt erwähnt: "Nachdem Sie eine Reservierung vorgenommen haben wird Ihre ausgewählte Escort Dame kontaktiert und über Ihre Wünsche informiert."

Der Kunde kann ausschließlich über die Agentur mit einer Dame in Kontakt treten und bekommt dies auf den jeweiligen Webseiten deutlich mitgeteilt.

Die Dame wird sodann vom Beschuldigten oder einem Mitarbeiter zum Buchungsort gefahren. Nachdem die Escort Dame mit dem Kunden die gebuchte Zeit verbracht hat, nimmt sie im Namen der Agentur das Entgelt entgegen und liefert dies an den Beschuldigten ab. Die interne Aufteilung des Honorars zwischen Escort Damen und dem Beschuldigten wird gegenüber dem Kunden nicht kommuniziert.

Bei der eigentlichen Begleitleistung dient die gebuchte Dame somit lediglich als Erfüllungsgehilfin. Der Chauffeur wartet die ganze Zeit über im Auto, um die Dame nach Beendigung ihrer Tätigkeit wieder nachhause zu fahren und dient somit als Aufpasser.

Die am 13.06.2023 gegenüber dem Prüforgan vorgelegten Unterlagen (E-Mails und Verträge mit den Damen) bestätigen, dass der Kunde eine Leistungsbeziehung mit der jeweiligen Agentur eingeht. In den E-Mails ist deutlich erkennbar, dass nur die Agentur Kontakt zu dem Kunden hat, Ungewissheiten von dieser aufgeklärt und weitere Organisationen stattfindet. In den Verträgen mit den Damen heißt es, dass eine direkte Kontaktaufnahme zum Kunden strikt untersagt wird und dies zudem mit einer Strafe geahndet wird.

Vom Besuch der Homepage bis zur Zahlung nach der verbachten Zeit mit der Dame bekommt der Kunde den Eindruck, dass die jeweilige Agentur (**U-1**.; der Beschuldigte) der Vertragspartner ist. Aufgrund dem äußeren Erscheinungsbild ist dem Kunden von Anfang bis Ende ersichtlich, dass eine Leistungsbeziehung mit der jeweiligen Agentur eingegangen wird.

Hiermit stellte das Prüforgan im Bericht vom 28.07.2023 fest, dass die gesamten Umsätze dem Beschuldigten zuzurechnen sind und der Umsatzsteuer zu unterziehen, entgegen der bisherigen Vorgehensweise sie lediglich anteilig als Vermittlungsprovision zu unterziehen. Die Zahlungen an die Damen sind ertragssteuerlich als Betriebsausgabe anzusetzen.

Die gekennzeichneten Beträge in der Anlastung mussten aufgrund eines Rechenfehlers modifiziert werden. Der Sicherheitszuschlag von 5% wurde in der Anlastung nicht berücksichtigt.

Anlässlich des dargelegten Sachverhalts wurde am 04.03.2024 das Finanzstrafverfahren gegen den Beschuldigten eröffnet. Die Zustellung der Einleitung ist durch persönlich Übernahme am 08.03.2024 ausgewiesen.

Das Erkenntnis vom Spruchsenat vom 12.06.2024 lautete auf Einstellung gemäß § 136 FinStrG. Dahingehend wurde am 18.06.2024 die Beschwerde seitens des Amtsbeauftragten angemeldet. Die Zustellung des Erkenntnisses ist durch persönliche Übernahme des Amtsbeauftragen am 18.07.2024 ausgewiesen.

Beweismittel:

Siehe vorgelegter Strafakt

Stellungnahme des Beschuldigten:

Hierzu wird auf die Rechtfertigung vom 21.03.2024 verwiesen. Ferner gab der Beschuldigte im Zuge der Verhandlung an, dass er sich mit dem damaligen Steuerberater die umsatzsteuerliche Behandlung besprochen habe und dieser zu der oben geschilderten Vorgehensweise geraten habe. Zu diesem Entschluss ist der Steuerberater gekommen, indem der Beschuldige 6-10 Konkurrenzunternehmen angesehen und die AGBs dieser dem Steuerberater vorgelegt hat, dass die Begleitdamen selbstständig agieren. Schlussendlich sind somit der Steuerberater und der Beschuldigte der Ansicht gefolgt, dass die geschilderte Materie so handzuhaben wäre.

Stellungnahme des Amtsbeauftragten:

Aus Sicht der Finanzstrafbehörde lässt sich aus der Rechtfertigung kein entschuldbarer Irrtum ableiten.

Im gegenständlichen Fall ist die Frage des Entgeltlichkeitszusammenhanges zu prüfen und somit kommt es grundsätzlich darauf an, was der Kunde aufzuwenden hat bzw. tatsächlich aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Feststeht, dass der Kunde zunächst mit einer der sechs Escort-Webseiten des Beschuldigten in Kontakt tritt und sein Interesse an einer der Damen bekundet. Der Kunde wird von der Agentur in Kenntnis gesetzt, wann die gewünschte Dame verfügbar ist. Die Dame wird von der Agentur ebenfalls verständigt, zu welchem Kunden und zu welcher Adresse sie bestellt wurde. Treffpunkt mit dem Kunden ist für gewöhnlich das von ihm ausgewählte Hotel, dessen Kosten der Kunde trägt. Ein Mitarbeiter oder der Beschuldigte selbst chauffieren die Damen sodann zum vereinbarten Treffpunkt. Zudem wird abgewartet bis die Dame mit der Erbringung der Leistung fertig ist. Hiermit will die Agentur Aufpasser bereitstellen, um die Sicherheit der Damen zu gewährleisten. Aus den unterschiedlichen Escort-Webseiten ist zu entnehmen, dass der Kunde für eine Stunde im Durchschnitt € 128,- sowie für jede weitere Stunde € 108,- an die Dame zu bezahlen hat. Beispielhaft ist aus den Vertragsbedingungen der Begleitagentur ersichtlich, dass die vertragliche Dienstleistung den persönlichen Einsatz der Dame zur gesellschaftlichen Begleitung und zur mündlicher Unterhaltung des Kunden fordert. Um die angebotenen Dienstleistungen der Begleitagenturen zu erhalten, muss der Kunde somit das volle Entgelt bezahlen. Es handelt sich hierbei nicht um voneinander unabhängige selbständige Leistungen. Das von den Damen vereinnahmte Entgelt ist als einheitliches Entgelt zu werten und nicht in Agenturanteil des Beschuldigten und den Anteil der Damen aufzuteilen.

Daher ist das volle Entgelt, welches der Kunde an die Dame bezahlt, als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer heranzuziehen und die von der Betriebsprüfung ermittelten Beträge dem Beschuldigten zuzurechnen.

Zudem wird hierbei auf den § 21 (1) BAO verwiesen wonach für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist.

Der Einwand des Beschuldigten, dass aufgrund des von ihm selbst angegeben Betriebsgegenstandes "Vermittlung von selbständigen Begleitpersonen" des Einzelunternehmens, der Glaube entstand, dass lediglich Vermittlungsleistungen zu Grunde lagen, ist nicht nachvollziehbar.

Wie zuvor ausgeführt spricht der Sachverhalt (Kontaktaufnahme, Terminkoordination, Begleitung zum Termin sowie auf die Damen aufzupassen) nicht für eine reine Vermittlungsleistung. Nach dem äußeren Erscheinungsbild - eindeutig durch Anbieten der Leistung auf den Escort-Webseiten des Beschuldigten - bekommt der Kunde den Eindruck, dass die jeweilige Agentur der Vertragspartner ist und nicht die Damen.

Eine der angebotenen Leistungen ist das Zustandekommen eines Treffens zwischen dem Kunden und einer Dame. Welche Leistung die Dame konkret erbringt und wie hoch das tatsächlich vereinnahmte Entgelt ist, ist für die Zurechnung der Leistung an den Beschuldigten im umsatzsteuerlichen Sinn nicht von wesentlicher Bedeutung. Aufgrund der vorliegenden Umstände lassen sich hierdurch Rückschlüsse zu einer Scheinselbstständigkeit ziehen, in dieser eine Person im erwerbsfähigen Alter als ein selbständig tätiger Unternehmer auftritt, obwohl sie eine Arbeit verrichtet, die der eines abhängig beschäftigten Arbeitnehmers gleichkommt.

Ein Dienstverhältnis liegt nach § 47 Abs. 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft - und somit nicht ein fertiges Produkt seiner Arbeit - schuldet. Das ist der Fall, wenn eine Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Selbstständigkeit liegt dagegen vor, wenn der Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr und unter eigener Verantwortung betrieben wird und der Steuerpflichtige das Unternehmerwagnis trägt.

Die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG enthält zwei Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die organisatorische und zeitliche Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.

Der Verwaltungsgerichtshof zeigte in ständiger Rechtsprechung weitere Kriterien auf, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen. Dazu gehört insbesondere das Fehlen des für eine selbstständige Tätigkeit typischen Unternehmerrisikos.

a) Weisungsgebundenheit

Weisungsgebundenheit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen.

Ein sachliches Weisungsrecht ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige dazu angehalten ist, innerhalb eines bestimmten örtlichen und zeitlichen Bereiches tätig zu werden. Ebenso spricht die Verpflichtung, eine Arbeit sach- und termingerecht fertig zu stellen, für eine sachliche Weisungsgebundenheit.

Das für ein Dienstverhältnis sprechende persönliche Weisungsrecht fordert dagegen einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit und ist durch eine weitreichende Ausschaltung der eigenen Bestimmungsfreiheit gekennzeichnet.

Eine beschäftigte Person wird aber nicht schon dadurch persönlich unabhängig, dass sich auf Grund ihrer Erfahrungen bzw. der Natur der zu verrichtenden Arbeiten Weisungen über die Reihenfolge und den näheren Inhalt der Arbeiten erübrigen. Dieser Personenkreis kann unter der stillen Autorität des Arbeitgebers - somit seinem Weisungs- und Kontrollrecht unterliegen. Unter diesen Umständen kann ein Dienstverhältnis auch vorliegen, wenn der Dienstgeber praktisch überhaupt nicht in den Arbeitsablauf eingreift; er muss lediglich potenziell die Möglichkeit haben, die Arbeit durch Weisungen zu organisieren. Für die Bejahung einer persönlichen Abhängigkeit genügt, wenn die übernommene Verpflichtung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, dass er über diese Zeit auf längere Zeit nicht frei verfügen kann und damit seine Bestimmungsfreiheit ausgeschaltet ist (VwGH 27.11.1990, 89/08/0178).

b) Eingliederung in den geschäftlichen Organismus

Eine Eingliederung in den organisatorischen Geschäftsbetrieb zeigt sich durch die Vorgabe des Arbeitsortes und die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers. Eine Eingliederung beinhaltet die Unterwerfung unter die betrieblichen Ordnungsvorschriften, wie beispielsweise die Regelung der Arbeitszeit, der Arbeitspause, Überwachung der Arbeit durch Aufsichtspersonen und eine disziplinäre Verantwortlichkeit. Zu berücksichtigen sind das zeitliche Ausmaß der Tätigkeit und die Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden. Eine faktische Bindung an die Arbeitszeit in einem Betrieb genügt (vgl. VwGH 23.9.1981, 2505/79). Die Planung und Vorbereitung der Tätigkeit übernimmt der Arbeitgeber.

Feststeht, dass der Kunde zunächst mit einer der sechs Escort-Webseiten des Beschuldigten in Kontakt tritt und sein Interesse an einer der Damen bekundet. Der Kunde wird von der Agentur in Kenntnis gesetzt, wann die gewünschte Dame verfügbar ist. Die Dame wird von der Agentur ebenfalls verständigt, zu welchem Kunden und zu welcher Adresse sie bestellt wurde. Treffpunkt mit dem Kunden ist für gewöhnlich das von ihm ausgewählte Hotel, dessen Kosten der Kunde trägt. Ein Mitarbeiter oder der Beschuldigte selbst chauffieren die Damen sodann zum vereinbarten Treffpunkt. Zudem wird abgewartet bis die Dame mit der Erbringung der Leistung fertig ist. Hiermit will die Agentur Aufpasser bereitstellen, um die Sicherheit der Damen zu gewährleisten.

Die ganze Vorgehensweise des Beschuldigten legt dar, dass die Damen in den geschäftlichen Organismus eingegliedert sind. Jegliche örtliche und zeitliche Bestimmung sowie die Regelung der Arbeitszeit und die Überwachung durch eine Aufsichtsperson wird vom Beschuldigten bestimmt.

c) Unternehmerwagnis

Unternehmerrisiko bedeutet, dass sich Erfolg und Misserfolg einer Tätigkeit unmittelbar auf die Höhe der Einkünfte auswirken.

Das Unternehmerwagnis besteht darin, dass ein Steuerpflichtiger die Höhe seiner Einnahmen beeinflussen und seine Ausgaben selbst bestimmen kann. Hängt der Erfolg einer Tätigkeit weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens ab, und muss ein Steuerpflichtiger für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen, sprechen diese Umstände für ein Unternehmerwagnis. Ebenso spricht für ein Unternehmerwagnis die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen und somit den Umfang des Tätigwerdens zu bestimmen.

Gegen ein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko spricht, dass durch die Vereinbarung eines Pauschalpreises. Hierdurch besteht offenbar keine Möglichkeit, seine Einkünfte durch entsprechende Leistungen zu steigern. Gerade diese fehlende Einflussnahme ist ein typisches Merkmal für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses.

Aus den unterschiedlichen Escort-Webseiten ist zu entnehmen, dass der Kunde für eine Stunde im Durchschnitt € 128,- sowie für jede weitere Stunde € 108,- an die Damen zu bezahlen hat. Hierbei handelt es sich um pauschalierte Stundensätze. Ein verbleibender Spielraum für eine eigene unternehmerische Gestaltung der Damen ist nicht erkennbar und daher tragen diese kein Unternehmensrisiko.

d) Vertretungsbefugnis

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber seine Leistung persönlich zu erbringen und kann sich nicht vertreten lassen. Kann sich dagegen ein Auftragnehmer generell - und nicht nur im Einvernehmen mit dem Auftraggeber und nur bei seiner Verhinderung - vertreten lassen. Wie zuvor ausgeführt wird der Kunde von der Agentur des Beschuldigten in Kenntnis gesetzt, wann die gewünschte Dame verfügbar ist. Die Dame wird von der Agentur ebenfalls verständigt, zu welchem Kunden und zu welcher Adresse sie bestellt wurde. Hierbei ist eine nicht einvernehmliche Vertretungsmöglichkeit gegeben. Der Kunde will diese bestimmte Dame. Diese kann sich nicht durch andere Damen ohne dies zuvor dem Beschuldigten sowie dem Kunden mitgeteilt zu haben, sich vertreten zu lassen.

e) Lohnzahlung

Werden fortlaufende, im Wesentlichen gleichbleibende Arbeiten mit einem fortlaufenden, gleichbleibenden Betrag entlohnt, spricht dieser Umstand für ein Dienstverhältnis. Aus den unterschiedlichen Escort-Webseiten ist zu entnehmen, dass der Kunde für eine Stunde im Durchschnitt € 128,- sowie für jede weitere Stunde € 108,- an die Damen zu bezahlen hat. Für die erste Stunde wird das Entgelt zu 50% unter dem Beschuldigten und der Dame aufgeteilt, jede weitere Stunde wird zu 40% an den Beschuldigten und zu 60% an die Dame aufgeteilt. Dies wiederspiegelt eine einheitliche Vorgehensweise bezüglich der Lohnzahlung.

Resümierend kann festgehalten werden hinsichtlich dem Einwand die Damen wären selbstständig tätig, dass keine der Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit als erfüllt anzusehen ist. Vielmehr erfüllt sind hiermit die Merkmale der unselbstständigen Arbeit. Im Allgemeinen kann von Betreibern einer Begleitagentur angenommen werden, dass zum Zwecke der Begleitung, Damen angeboten werden, die ihre Zeit dem Kunden zur Verfügung stellen. Damit hat aber die Leistungsbeziehung zwischen dem einzelnen Kunden und der Begleitagentur stattgefunden. Hier liegt kein wesentlicher, rechtlicher Unterschied zwischen einem Bordellbetrieb und einer Begleitagentur vor. Ob die Damen ihrerseits ihre Leistungen der Begleitagentur gegenüber als Dienstnehmerinnen oder als selbständig Tätige erbringen, ist ohne Bedeutung.

Es hätte ohne weiteres erkennbar sein müssen, dass es sich hierbei nicht um selbstständige Personen handelt. Die Versäumung dieser Erkenntnis führte zu einer erhöhten steuerlichen Ersparnis zu Gunsten des Beschuldigten.

Dass dieser Umstand nicht durch die steuerliche Vertretung erkannt wurde, lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass sich dieser durch die vom Beschuldigten vorgelegten AGBs der Konkurrenten in die Irre führen ließ.

Die Behauptung des Beschuldigten, aufgrund der AGBs von vergleichbaren Agenturen zu diesem Entschluss gekommen zu sein, dass es sich um eine reine Vermittlungsleistung handle, ist nicht nachvollziehbar.

Die seitens eines Unternehmens erstellten AGBs stellen keinen Maßstab für die geltenden gesetzlichen Bestimmungen dar. Dies muss insbesondere einer Person, die seit Jahren unternehmerisch tätig ist und selbst regelmäßig AGBs für seine eigene Webseiten erstellt und aktualisiert, bewusst sein.

AGBs legen die Geschäftsbedingungen eines Unternehmens fest, unter diese sie kontrahieren wollen, und ersetzen nicht die gesetzlichen Vorschriften.

Im Zuge der Spruchsenatsverhandlung wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte mit dem damaligen Steuerberater ungefähr 6-10 AGBs von Konkurrenzunternehmen angesehen haben. Dahingehend mussten sie erstmal überlegen wie die Versteuerung vorzunehmen ist. Aufgrund dieser Tatsache wurde dies im Erkenntnis des Spruchsenats dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige sich auf einen erteilten Rat verlassen darf, wenn er bei der Auswahl der Auskunftsperson entsprechend sorgfältig vorgeht. Durch die Rechtsprechung ist klargestellt, dass als geeignete Auskunftsstelle nicht nur die zuständige Abgabenbehörde, sondern insbesondere auch ein befugter Parteienvertreter in Betracht kommt (VwGH 17.10.2010, 2006/17/00061).

Aufgrund der im Laufe der Verhandlung dargelegte Ungewissheit des Steuerberaters über diese Thematik, kann hierbei nicht von einem befugten Parteienvertreter die Rede sein, der sich für diese Angelegenheit eindeutig nicht als die richtige Ansprechperson erwies. Der Beschuldigte hätte sich jemanden bedienen müssen, der in dieser Materie bewandert ist. Darüber hinaus wurde offensichtlich abgesehen Erkundigungen dahingehend zu betreiben, da bereits ähnliche Sachverhalte - wie der zugrundeliegender - seit vielen Jahren höchstgerichtlich ausjudiziert wurde. Dies wäre im vorliegenden Fall jedenfalls geboten gewesen.

Unstrittig ist, dass ein Geschäftsführer grundsätzlich auf die von diesem - in voller Kenntnis des richtigen Sachverhalts - erteilten Rechtsauskünfte vertrauen darf, solange diese nicht offensichtlich unrichtig wären oder an diesen bei Anwendung der objektiv zumutbaren Sorgfalt erhebliche Zweifel bestehen müssten (BFG 13.02.2020, RV/7400048/2018). In casu ist dies der Fall. Sowohl der Beschuldigte als auch der Steuerberater hegten über die richtige Vorgehensweise Zweifel, wodurch der Geschäftsführer dazu angehalten wäre, weitere Erkundigungen einzuholen.

Eine Einigung auf eine Vorgehensweise aufgrund von AGBs anderer Unternehmen legt keine sorgfältige Vorgehensweise dar.

Des Weiteren wird auf die AGBs eingegangen, um die weiteren Verfehlungen darzulegen.

Am 11.08.2020 finden sich folgende Bestimmungen wieder:

1.2. Die Begleitagentur haftet nicht für die Handlungen der vermittelten Person, die insoweit völlig eigenverantwortlich gegenüber dem Kunden auftritt und nicht als Erfüllungsgehilfe der Begleitagentur.

1.4. Unsere Begleitpersonen handeln eigenverantwortlich und NICHT nach unseren Anweisungen. Daher können wir auch keine Haftung für Handlungen unserer Begleitpersonen übernehmen.

1.5. Durch die Kontaktaufnahme zu den Escortdamen über Begleitagentur kommt ein Vertrag mit der jeweiligen Escortdamen zustande, nicht jedoch mit Begleitagentur!

3.1. Begleitagentur vermittelt für ihre Kunden ausschließlich auf Grundlage dieser Vereinbarung AGB eine selbständige Begleitperson.

3.3. Begleitagentur erhält von den Begleitpersonen ein fixes Honorar für diese Vermittlung und Administration und ist nicht prozentuell an deren Umsatz oder Einkommen beteiligt.

Am 26.01.2021 sowie am 14.04.2021 finden sich die selben Bestimmungen in den AGBs wieder.

Am 19.06.2021 wurden jedoch einige Ziffern wie folgt modifiziert:

1.2. So berät und verhandelt der Kunde auch mit der jeweiligen Begleitperson selbst vor Ort, bei dem Treffen mit der Begleitperson seine konkreten Kundenwünsche. Die Begleitagentur haftet nicht für die Handlungen der vermittelten Person, die insoweit völlig eigenverantwortlich gegenüber dem Kunden auftritt und nicht als Erfüllungsgehilfe der Begleitagentur. Aus dieser persönlichen Verhandlung, zwischen Kunde und Begleitpersonal, entsteht ein Vertrag- Zeit -Arrangement zwischen obigen beiden Vertragspartnern. Somit unterliegt die "Escort-Leistung", allein im Namen der Begleitperson. Erst nach Treffen und Verhandlung der beiden Vertragspartner (Kunde und Begleitpersonal), entsteht eine Dienstleistung, die selbständig, im Namen der jeweiligen Begleitdamen ausgeführt wird.

1.3. **U-1** bewirbt ausschließlich selbständige Personen. Dieser Internetauftritt ist eine Werbeplattform für Escort Damen. Alle Damen dieses Begleit- und Escort-services handeln und fakturieren in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Es wird ausdrücklich betont, dass **U-1** nicht der Arbeitgeber der Damen ist, die auf dieser Webseite dargestellt sind. Wir arbeiten ausschließlich auf Basis unseren allgemeinen Geschäftsbedingungen - AGB. Mündliche Absprachen in allen Punkten dieser AGB haben keinerlei Gültigkeit und können von uns nicht akzeptiert werden.

1.4. Die Escort Damen arbeiten selbständig und die Agentur vermittelt lediglich den Internetauftritt der jeweiligen Begleitdamen. Alle Escorts sind mindestens 18 Jahre alt und Handeln auf eigene Verantwortung und aus freier Entscheidung. Daher können wir auch keine Haftung für Handlungen unserer Begleitpersonen übernehmen.

1.5. Alle Auskünfte der Hotline und dieser Website erfolgen ausschließlich im Namen und Auftrag des jeweiligen Escorts und gelten wie von der Betreffenden selbst erteilt. Die **U-1** und der (Webmaster) können daher für erteilte Auskünfte nicht persönlich haftbar gemacht werden. Alle von **U-1** für die Durchführung der Vermittlung, Bewerbung der Begleitleistungen mitgeteilten Daten werden vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben.

3.1. **U-1** vermittelt für ihre Kunden ausschließlich auf Grundlage dieser Vereinbarung AGB eine selbständige Begleitperson.

3.3. **U-1** erbringt keinerlei Dienstleistungen sondern tritt lediglich als Vermittler und Administrator zwischen den Escorts und deren Kunden auf. **U-1** erhält von ihren Auftraggeberinnen ein fixes Honorar für die Vermittlung und deren Werbetätigkeiten und ist nicht prozentuell an deren Umsatz oder Einkommen beteiligt.

Hierdurch wird der Anschein erweckt, dass der Beschuldigte ab diesem Zeitpunkt vehement feststellen möchte, dass es sich um selbstständige Damen handelt und kein Vertrag zwischen dem Beschuldigten und dem Kunden entsteht. Zudem wird festgehalten, dass **U-1** nicht der Arbeitgeber der Damen ist. Die bis heute gültigen AGBs dieser Webseite wiederspiegelt dies weiterhin, dies trotz Kenntnis der Betriebsprüfung und dem Finanzstrafverfahren. Im Übrigen befinden sich auf den weiteren Escort Webseiten so gut wie dieselben AGBs. Neuerlich wird darauf verweisen, dass ein Geschäftsführer, der sich zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten eines Steuerberaters bedient, grundsätzlich auf die von diesem in voller Kenntnis des richtigen Sachverhaltes erteilten Rechtsauskünfte vertrauen darf.

Aufgrund der schon im Jahr 2020 erstellten AGBs ist nicht davon auszugehen, dass dem Steuerberater der wahre Sachverhalt mitgeteilt wurde. Die seit 2020 aktualisierten AGBs wiederspiegeln keinster Weise den wahren Sachverhalt wieder. Aussagen wie, dass **U-1** von ihren Auftraggeberinnen ein fixes Honorar für die Vermittlung und deren Werbetätigkeiten erhält und diese nicht prozentuell an deren Umsatz oder Einkommen beteiligt ist bzw. ein Vertrag ausschließlich mit der Escort Dame und dem Kunden zustande kommt, bekräftigen diese Annahme.

Zudem, dass die Begleitpersonen eigenverantwortlich handeln ohne die Anweisung des Beschuldigten und nicht als Erfüllungsgehilfe dienen wiederspiegelt nicht den wahren Sachverhalt.

Dass lediglich der Internetauftritt der jeweiligen Begleitdamen vermittelt wird, ist wie bereits in den obigen Ausführungen dargelegt, nicht richtig.

Nach § 9 FinStrG wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter grobe Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.

Der sogenannte bedingte Vorsatz, der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, dementsprechend als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist (VwGH 18.5.2006, 2005/16/0260).

Ob Handlungen mit dem Ziel erfolgen, Abgaben zu verkürzen, beruht auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang. Auf diesen kann nur aus dem Verhalten des Täters geschlossen werden, soweit es nach außen in Erscheinung tritt. Es sind dabei auch alle sonstigen Sachverhaltselemente zu würdigen, (vgl. hierzu etwa das hg. Erk. vom 17. September 1992, ZI. 91/16/0093).

Der Beschuldigte legte im Zuge der Verhandlung dar, dass es eine Ungewissheit über die Handhabung über seine Geschäftsvorgänge bestand und dieser daher einen Steuerberater aufsuchte. Unter Bekanntgabe eines unrichtigen Sachverhaltes riet dieser zu der fälschlichen Handhabung dieser Vorgänge. Dass der wahre Sachverhalt dem Beschuldigten bekannt ist und die Damen - mangels Voraussetzungen der Selbstständigkeit, welcher der Beschuldigte allein durch Vergleich an seinen Gegebenheiten als Selbstständiger feststellen hätte konnte- als Scheinselbstständige agieren. Zudem wurden die Formulierungen der AGBs dahingehend gewählt, dass diese deutlich hervorheben möchten, dass die Damen selbstständig agieren und kein Vertrag zwischen den Kunden und dem Beschuldigten abgeschlossen wird. Dies lässt den Anschein erwecken, dass der Beschuldigte sich durchaus über die wahren Gegebenheiten bewusst war, da explizit versucht wurde einen anderen Anschein zu wahren. Durch Kenntnis über den wahren Sachverhalt (Kontaktaufnahme mit dem Kunden, Terminkoordination, Begleitung zum Termin sowie auf die Damen aufzupassen) ist es offensichtlich, dass die Damen nicht selbstständig handeln und es sich nicht rein um eine Vermittlung der Damen beläuft. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes ist für den Kunden von Anfang bis Ende ersichtlich, dass eine Leistungsbeziehung mit der jeweiligen Agentur eingegangen wird. Gegenteilige Anhaltspunkte fehlen vollkommen. Aufgrund dessen hält der Beschuldigte die Herbeiführung eines verpönten Zustandes für möglich. Die jahrelang aufrechterhaltene Sorglosigkeit über diesen Umstand legt dar, dass dieser den Erfolg hinzunehmen gewillt ist. Hat der Abgabepflichtige Zweifel hinsichtlich der Rechtslage, hat er Auskunft von einer kompetenten Stelle einzuholen, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Entschuldbarkeit des Verbotsirrtums der Steuerpflichtige nicht allein bei seinem Steuerberater, sondern (auch) bei der zuständigen Behörde nachzufragen hat (s. VwGH 15.5.1997, 95/15/0184, VwGH 18.12.1997, 97/16/0083, 0084; VwGH 28.2.2015, 2012/16/0039).

Die Unkenntnis des Gesetzes wird nur dann als unverschuldet angesehen, wenn dem Normadressaten die Rechtsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Jedoch kann dem Täter die mangelnde Erkundung nur dann vorgeworfen werden, wenn ihm Zweifel kommen mussten (VwGH 17.9.1986, 83/13/0033, ÖStZB 1987, 184).

Im gegenständliche Finanzstrafverfahren wurde bereits der Zweifel über die Geschäftsvorgänge festgestellt. Außerdem sind keine Erkundigungen bei der zuständigen Behörde dahingehend erfolgt, somit mangels Einhaltung der zumutbaren Sorgfalt ein entschuldbarer Irrtum nicht zu bejahen ist.

Folgt das Gericht nicht der Ansicht einer vorsätzlichen Begehung und der Ausführung es läge kein Irrtum vor, darf hierbei ausgeführt werden, dass sodann zumindest ein unentschuldbarer Irrtum gegeben ist.

Bei einem unentschuldbaren Irrtum ist dem Täter grobe Fahrlässigkeit zuzurechnen und somit die Bewirkung des Tatbestandes nach § 34 (1) FinStrG.

Gemäß § 8 Abs. 2 FinStrG handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

Gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Der Beschuldigte ließ als Einzelunternehmer in ungewöhnlicher und auffallender Weise die Sorgfalt außer Acht, zu der er verpflichtet gewesen wäre. Ein pflichtbewusster Einzelunternehmer hätte sich über die jahrelange höchstgerichtliche Judikatur erkundigt, bzw. weitergehende Nachforschungen betrieben wie eine Anfrage bei der Behörde. Das Vertrauen auf die richtige Vorgehensweise aufgrund der Vorlage von AGBs der Mitwerber stellt keine ausreichende Wahrung der Sorgfaltspflichten dar.

Im gegenständlichen Fall ist erkennbar, dass der Beschuldigte schuldhaft gehandelt hat, durch nicht Offenlegung des wahren Sachverhaltes und der Beiziehung eines unbefugten Parteienvertreters. Durch keine weiteren Erkundigungen seitens des Beschuldigten in voller Kenntnis der ungewissen Vorgehensweise legt der Beschuldigte eine beträchtliche Sorglosigkeit zu tage. Das fehlende Wissen über eine seit Jahren in Geltung stehende Rechtslage stellt zweifellos einen besonders groben Sorgfaltsverstoß dar. Jemand, der es unterlässt, geeignete Erkundigungen über die Rechtslage anzustellen, kann sich nicht erfolgreich auf entschuldigenden Rechtsirrtum stützen (VwGH 19.12.2001, 2001/13/0064; VwGH vom 22.4.2015, 2013/16/0208). Gesetzesunkenntnis oder irrtümlich objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (vgl. VwGH 23.05.2007, 2004/13/0073; VwGH 23.07.2009, 2007/13/0005, 0006 und 0007). Das Risiko des Rechtsirrtums trägt der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (vgl. VwGH 21.11.2013, 20013/16/0203; VwGH 26.6.2014, 2013/16/0030). Das Argument des Vertrauens auf den zugezogenen Steuerberater geht somit ins Leere.

Antrag:

Es ergehen folgende Anträge:

1.) Der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Erkenntnis aufheben und eine schuld- und tatangemessene Strafe zu verhängen

2.) Durchführung einer mündlichen Verhandlung."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Festgestellter Sachverhalt:

Der Beschuldigter betrieb in den Tatzeiträumen sechs Escort Agenturen, in denen Damen zur Begleitung vermittelt worden. Die Leistung des Beschuldigten wurde von ihm als eine Vermittlungsleistung angesehen und nur sein Anteil (für die erste Stunde gehen 50% an den Beschuldigten, für jede weitere Stunde 40%) der Umsatzsteuer unterzogen. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung hat sich herausgestellt, dass sich die Geschäftstätigkeit des Beschuldigten und dessen Rahmenbedingungen sich nicht bloß auf eine reine Vermittlungsleistung beschränken und ihm daher die gesamten Umsätze zuzurechnen sind.

Die Damen, die bei diesen Agenturen als Begleitpersonen angeboten werden, sind selbstständig tätig und fallen alle unter die Kleinunternehmerregelung. Jede Agentur hat einen eigenen fixen Stundenpreis. Dieser wird dann unter dem Beschuldigten und der jeweiligen Dame wie folgt aufgeteilt: für jede erste Stunde gehen 50% an den Beschuldigten, für jede weitere Stunde 40%. An die jeweilige Dame gehen logischerweise ebenfalls 50% für jede erste Stunde und 60% für jede weitere Stunde.

Auf dem Gebiet der Umsatzsteuer sind Leistungen demjenigen zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt; Leistender ist, wer im Außenverhältnis zur Leistungserbringung verpflichtet ist.

Demnach sind die gesamten Umsätze dem Beschuldigten zuzurechnen und der Umsatzsteuer zu unterziehen und nicht wie bisher nur die Vermittlungsprovision.

Laut Abgabenkonto wurden (objektiv) folgende Verkürzungen bewirkt:

Umsatzsteuer 2016: Erstbescheid 21.12.2017 mit Nachforderung von € 9.567,78, laut BP weitere Nachforderung mit Bescheid vom 27.07.2023 von € 13.618,17; strafbestimmender Wertbetrag: € 12.450,37Umsatzsteuer 2017: Erstbescheid 30.10.2018 mit Nachforderung von € 8.359,60, laut BP weitere Nachforderung mit Bescheid vom 27.07.2023 von € 11.577,50; strafbestimmender Wertbetrag: € 10.580,69Umsatzsteuer 2018: Erstbescheid 07.10.2019 mit Nachforderung von € 7.684,85, laut BP weitere Nachforderung mit Bescheid vom 27.07.2023 von € 11.587,84; strafbestimmender Wertbetrag: € 10.569,57Umsatzsteuer 2019: Erstbescheid 18.01.2021 mit Nachforderung von € 7.684,85, laut BP weitere Nachforderung mit Bescheid vom 27.07.2023 von € 11.587,84; strafbestimmender Wertbetrag: € 10.897,27Umsatzsteuer 2020: Erklärung (fristgerecht) eingereicht am 30.09.2022, allerdings die laut BP "geänderte" Vorgangsweise nicht berücksichtigt; Erstbescheid laut BP vom 27.07.2023 von € 16.536,69; strafbestimmender Wertbetrag: € 8.970,91Umsatzsteuer 2021: erklärungsgemäße Veranlagung mit Bescheid vom 2.2.2024 mit einer Gutschrift von € 1.260,00; strafbestimmender Wertbetrag: € 11.253,46Umsatzsteuer 2022: Erklärung eingelangt am 8.04.2024, Erstbescheid vom 9.4.2024 mit einer Nachforderung von € 1.656,67; strafbestimmender Wertbetrag von € 14.522,38Einkommensteuer 2019: Erstbescheid 18.01.2021 mit Nachforderung von € 1.002,00, laut BP weitere Nachforderung mit Bescheid vom 27.07.2023 von € 1.539,00; strafbestimmender Wertbetrag: € 1.045,02Einkommensteuer 2020: Erklärung (fristgerecht) eingereicht am 30.09.2022, allerdings die laut BP "geänderte" Vorgangsweise noch nicht berücksichtigt; Erstbescheid laut BP vom 27.07.2023 mit € 2.660,00, strafbestimmender Wertbetrag von € 1.375,88.

Durch die unrichtigen Jahreserklärungen ist es zu den oben dargestellten unrichtigen Abgabenbescheides gekommen, womit Abgabenhinterziehungen mit der Zustellung des jeweils unrichtigen Erstbescheides bewirkt wurden

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem BP-Bericht vom 28.7.2023, den vorgelegten Unterlagen sowie den home-pages der Begleitagenturen im Internet.

Festzuhalten ist, dass die Jahressteuerklärungen für Umsatz- und Einkommensteuer 2020 nach Besprechungen mit dem Betriebsprüfer am 22.12.2021 und 26.1.2022 bzw. im Juni 2022 eingereicht wurden. Dabei wurde die Ansicht der Betriebsprüfung aber (noch) nicht berücksichtigt, da laut Aussage der Zeugin **V1** im Rahmen dieser Besprechungen "nur" Buchhaltungsunterlagen an den Betriebsprüfer übergeben wurden.

Da die Umsatz- und Einkommensteuer 2020 im Rahmen der Betriebsprüfung mit Bescheid vom 27.07.2023 erstmals festgesetzt wurden, würde "nur" Versuch einer Abgabenhinterziehung vorliegen.

Die Erklärungen zur Umsatz- und Einkommensteuer 2021 wurden am 30.01.2024 eingereicht und erklärungsgemäß mit Bescheid vom 2.2.2024 veranlagt. Die Erklärungen zur Umsatz- und Einkommensteuer 2022 wurden am 8.04.2024 elektronisch eingereicht; Erstbescheid vom 9.4.2024, somit jeweils nach Abschluss der Betriebsprüfung und in Kenntnis der korrekten Umsatzsteuersituation erstellt. Für allfällige Verkürzungen der Jahre 2021 und 2022, die sich allein auf Umsatzsteuervoranmeldungen beziehen könnten, ist ein Finanzvergehen gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG nicht verwirklicht worden, sodass für 2021 und 2022 die Beschwerde ohnehin als unbegründet abzuweisen war. Einer möglichen Bestrafung für Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stand die Rechtslage und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach es der Rechtsmittelbehörde versagt ist, dem Beschuldigten eine andere Tat bzw. ein anderes Verhalten zu unterstellen als die Finanzstrafbehörde und damit die "Sache" dieses Verfahrens auszuwechseln (vgl. VwGH 17.12.2009, 2009/16/0122).

Laut Betriebsprüfung ergeben sich folgende Nachforderungen (bei den strafbestimmenden Wertbeträgen wurden jeweils Sicherheitszuschläge schon abgerechnet, sodass "nur" die dem Beschuldigten vorwerfbaren Verkürzungen dargestellt werden):

Umsatzsteuer 2016 von € 12.450,37Umsatzsteuer 2017 von € 10.580,69Umsatzsteuer 2018 von € 10.569,57Umsatzsteuer 2019 von € 10.897,27Einkommensteuer 2019 von € 1.045,02, gesamt € 45.542,92Umsatzsteuer 2020 von € 8.970,91 (Versuch)Einkommensteuer 2020 von € 1.375,88, (Versuch) gesamt: € 10.346,79.

Abgabenrechtlich können diese Beträge bei eigenständiger Würdigung durch den Finanzstrafsenat als strafbestimmende Wertbeträge dem Finanzstrafverfahren zugrunde gelegt werden.

Von den finanzstrafrechtlich vorwerfbaren strafbestimmenden Wertbeträgen haftet am Abgabenkonto des Beschuldigten nur mehr die E 2019 (Stand: 2.9.2025) offen aus, darüber hinaus ist Schadensgutmachung erfolgt.

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG macht sich der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer die im § 33 Abs. 1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht; § 33 Abs. 3 gilt entsprechend.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Abgabenrechtlich, objektiver Tatbestand:

Der Umsatzsteuer unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 Lieferungen und sonstige Leistungen die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Der Umsatz wird gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Nicht zum Entgelt gem. § 4 Abs. 3 UStG gehören jene Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten).

Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn sind jenem Unternehmer zuzurechnen, der sie im eigenen Namen erbringt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer das unternehmerische Risiko aus dem Geschäft trägt, ob er also auf eigene oder auf fremde Rechnung tätig wird. Entscheidend dafür, ob der Unternehmer im eigenen oder fremden Namen tätig wird, ist sein Auftreten nach außen.

Die im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten Nachforderungen sind unter Abzug von Sicherheitszuschlägen als strafbestimmende Wertbeträge unstrittig.

Subjektive Tatseite:

Im vorliegenden Beschwerdefall war zu prüfen, ob dem Beschuldigten ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.

Bei Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit ist es Aufgabe des Unternehmers, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen oder sich bei einem befugten Parteienvertreter kundig zu machen (Hinweis E 15.5.1997, 95/15/0184; VwGH 22.09.2000, 96/15/0200).

Wer seine abgabenrechtlichen Agenden nicht selbst wahrnehmen will, kann sich zu diesem Zweck eines befugten Parteienvertreters bedienen. Dabei macht es für die Beurteilung der subjektiven Tatseite keinen Unterschied, ob dieser "Parteienvertreter" für die Vornahme der übernommenen abgabenrechtlichen Handlungen tatsächlich befugt ist oder er diese Agenden gar nicht ausüben hätte dürfen, wenn dies für den Abgabenpflichtigen selbst gar nicht erkennbar ist (BFG vom 08.04.2025, RV/7300017/2024).

Bedient sich ein Abgabepflichtiger für die Berechnung der Umsatzsteuervorauszahlungen und für die Erstellung der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen eines berufsmäßigen Parteienvertreters, welchem er sämtliche für die Steuerberechnung erforderlichen Unterlagen und Belege übergeben hat und von dem ihm in der Folge monatlich Erlagscheine mit - offenkundig ohne sein Wissen - zu gering berechneten Umsatzsteuervorauszahlungen übermittelt wurden, die er dann pünktlich bis zum Fälligkeitstag einbezahlt hat, so kann ihm eine vorsätzliche Handlungsweise nicht angelastet werden (ähnlich UFSW vom 09.11.2004, FSRV/0085-W/04).

Dabei ist ein Steuerpflichtiger, der sich zur Besorgung seiner steuerlichen Angelegenheiten dritter Personen bedient, gehalten, bei der Auswahl dieser Personen sorgsam vorzugehen und sie auch entsprechend zu beaufsichtigen. Das Ausmaß der notwendigen Überwachung wird durch den Grad der Zuverlässigkeit und die Fachkunde des Erfüllungsgehilfen bestimmt. Weiters trifft den Abgabepflichtigen - ungeachtet einer beruflichen Beanspruchung - die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information der mit den abgabenrechtlichen Agenden betrauten Person (VwGH 29.09.1993, 89/13/0051). Die im Falle der Übertragung von Obliegenheiten bestehende Verpflichtung des Vollmachtgebers zur inhaltlichen Kontrolle zur Durchführung des ihm erteilten Auftrages findet im Regelfall dort ihre Grenzen, wo sich der Normadressat eines berufsmäßigen Parteienvertreters bedient und diesen mit der Durchführung der vom Gesetz gebotenen Rechtshandlungen beauftragt (BFG vom 18.10.2022, RV/1300010/2019).

Schon in der Rechtfertigung vom 21.03.2024 führte der Beschuldigte aus, dass "er sich auf den Rat und die Anleitung meiner Steuerberater verlassen habe. Er habe sich auch dafür interessiert und gesehen, dass andere Agenturen in diesem Bereich genauso arbeiten wie er bisher und wie seine Steuerberater ihn beraten haben.

Er habe sich bei seinen beiden Steuerberatern informiert und sie gebeten, die Nachforschungen anzustellen und ihm genau zu sagen, wie er vorgehen soll. Er habe sich auch die AGB und die anderen Escort-Agenturen in Wien angeschaut und gesehen, dass sie alle auf Provisionsbasis arbeiten, die sie von den vermittelten Begleitpersonen erhalten.

Aufgrund der deutschen Sprachbarriere fragte er nicht nach und verließ sich nur auf die Informationen und Anweisungen, die er von dem Steuerberater erhielt."

In der Verhandlung vor dem Spruchsenat am 12. Juni 2024 wiederholte der Beschuldigte seine Aussagen: "Ich habe mit meinen damaligen Steuerberatern die umsatzsteuerliche Behandlung besprochen und er hat mir zu dieser Vorgangsweise geraten. Ich habe mir die steuerliche Behandlung dieser Umsätze bei ca. 6-10 Konkurrenzunternehmen angesehen und die hatten alle in die ABG verankert, dass die Begleitdamen selbständig agieren. Also habe ich es auch so gehandhabt."

Die in den verfahrensgegenständlichen Jahren mit der Vertretung beauftragte damalige Steuerberaterin **V1** hat als Zeugin in der mündlichen Verhandlung Folgendes ausgesagt:

"Ich habe den Beschuldigten 2016 vom Kollegen Dkfm. **V2** übernommen, der bis dahin die steuerliche Bereitung innehatte. Ich habe die steuerlichen Belange wie bisher weitergeführt. Beim Beschuldigten handelt es sich um Vermittlungsleistungen. Ich habe das am Gewerbeschein geprüft und dort bestätigt gefunden.

Soweit ich mich erinnere, wurden damals fixe Preise für die Vermittlung pro Stunde vorgegeben. Je nachdem wer kassiert hat, ist der volle Betrag oder nur ein Teilbetrag auf das Konto überwiesen worden. Auszahlungen an die Damen wurden davon abgerechnet. Es wurden die vollen Einnahmen gebucht. Es gibt jedoch Möglichkeiten eine Erlösminderung zu buchen. Nur die saldierte Differenz wurde in den UVAs aufgenommen.

Aus Gesprächen mit Herrn **V2** ist mir bekannt, dass Herr **V2** nur die an den Beschuldigten ausbezahlten Beträge der Umsatzsteuer zu unterziehen waren. Ob das mit dem Finanzamt so abgesprochen war, wie von Herrn **V2** behauptet, ob das Herr **V2** war oder der Beschuldigte, das kann ich nicht. Herr **V2** hat diese Vorgangsweise dem Beschuldigten so mitgeteilt.

Für mich war wichtig, dass es sich um Vermittlungsleistungen handelt. Das ist im Gewerbeschein so nachgewiesen. Und wichtig war auch, dass das offensichtlich von meinem Vorgänger mit dem Finanzamt so vereinbart war. Ich habe das einfach so weitergeführt, weil ich gewusst habe, dass diese Vorgangsweise mit dem Finanzamt so vereinbart war. Was tatsächlich vereinbart wurde, weiß ich nicht, aber es gab eine Vereinbarung.

Bei der Übernahme des Klienten habe ich mir den Betrieb angesehen, der wird aus der Wohnung betrieben. Dabei habe ich auch die Vorgangsweise gefragt. Daraus habe ich geschlossen, dass die Vermittlungen so wie in den Erklärungen beim Beschuldigten zu verusten sind."

Festzuhalten ist, dass die damals betraute Vertreterin Steuerberaterin und somit befugte Parteienvertreterin ist, somit ein Auswahlverschulden nicht vorliegen kann. Der Betrauung solcherart befugter Personen hat im vorliegenden Fall somit zweifelsfrei und unwiderlegt stattgefunden. Das gegenständliche Finanzstrafverfahren hat auch keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschuldigte seiner Verpflichtung, die von ihm beauftragte steuerliche Vertreterin vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren, unvollständig bzw. mangelhaft nachgekommen wäre.

Allerdings kann man von Abgabepflichtigen nicht verlangen, sich jeweils an ausgewiesene Spezialisten für bestimmte (ihre) Berufsgruppen zu wenden, da davon ausgegangen werden darf, dass sich Parteienvertreter mit der entsprechenden Materie (hier die umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit Begleitagenturen) umfangreich auseinandersetzen und nicht nur ihre Klienten vorerst beruhigen wollen.

Dass die eingeschrittene damalige Steuerberaterin nach Prüfung einiger Voraussetzungen wie der Frage der Vermittlungsleitungen die Vorgehensweise ihres Vorgängers übernommen hat, ist jedenfalls nicht dem Beschuldigten zum Vorwurf zu machen.

Unabhängig davon, dass Steuerberater die entsprechende höchstgerichtliche Judikatur zur Besteuerung der Umsätze von Begleitagenturen kennen sollten, ist dieses Wissen im vorliegenden Fall von den befugten Parteienvertretern - aus welchen Gründen auch immer -nicht angewendet worden.

Zusammengefasst hat sich der Beschuldigte bei der Wahrnehmung seiner abgabenrechtlichen Pflichten auf seine damalige Steuerberaterin verlassen (und als befugte Parteienvertreterin auch verlassen können), nach deren Vorgaben die hier gegenständlichen Jahressteuererklärungen erstellt wurden.

Der Senat ist daher zum Schluss gekommen, dass mit der für ein Finanzstrafverfahren geforderten Sicherheit - zumal nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschuldigte seine Steuerberater über wesentliche Informationen seines Unternehmens nicht vollständig informiert hätte - weder ein vorsätzliches noch ein grob fahrlässiges Verhalten des Beschuldigten festgestellt werden konnte.

Die Beschwerde des Amtsbeauftragten war daher als unbegründet abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entscheidungsrelevant war bzw. die anzuwendende (zitierte) höchstgerichtliche Judikatur eindeutig ist, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Der Finanzstrafbehörde, vertreten durch den Amtsbeauftragten, steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine außerordentliche (§ 28 Abs. 3 VwGG) Revision (eine ordentliche Revision nur, wenn sie zugelassen wurde) an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung gemäß § 24 Abs. 1 VwGG beim Bundesfinanzgericht einzubringen.

Wien, am 2. September 2025