JudikaturBFG

RV/1100128/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom 1. April 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom 12. März 2025 betreffend Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz ( B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist ein Kreditinstitut im Sinne des § 1 BWG und unterliegt dem Stabilitätsabgabegesetz. Als Mitglied des XYsektors ist die Beschwerdeführerin der Z AG als Zentralinstitut angeschlossen und damit gemäß § 27a BWG verpflichtet, zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen (Liquiditätsverbund). Dazu muss die Beschwerdeführerin bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Euro-Einlagen halten.

In der Stabilitätsabgabeerklärung 2024 wurde die Liquiditätsreserve nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen und damit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019) entsprochen. Die Stabilitätsabgabe 2024 wurde mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 12.3.2025 erklärungsgemäß festgesetzt.

In der am 1.4.2025 auf elektronischem Weg (FON) eingebrachten Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid beantragte die Beschwerdeführerin die Kürzung der Bemessungsgrundlage um den Betrag der Liquiditätsreserve.

Bei Anwendung der Kürzungsbestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a Stabilitätsabgabegesetz ( StabAbgG) würde sich die Bemessungsgrundlage von EUR 461.675.299,33 um EUR 101.740.895,89 auf EUR 359.934.403,44 und die Stabilitätsabgabe 2024 von EUR 38.802,07 auf EUR 14.384,26 vermindern (vgl Pkt II. der Beschwerde).

In der Begründung der Beschwerde führt die Beschwerdeführerin aus, dass lediglich die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behauptet werde. Nach der Entscheidung des VwGH vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, sei eine Kürzung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe um die von der Beschwerdeführerin beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve gemäß § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG unzulässig. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei diese Rechtslage verfassungswidrig und wäre die Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe nach Aufhebung von Teilen des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG durch den Verfassungsgerichtshof um die gehaltene Liquiditätsreserve zu kürzen. Beantragt werde die Abänderung des bekämpften Bescheides, weil dieser auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe. Die Kürzungsbestimmungen des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf die Liquiditätsreserve in den zweistufigen Sektoren nicht anzuwenden stelle einen unsachlichen Systembruch, eine unsachliche Differenzierung zwischen Einlagensicherung und Liquiditätsverbund, eine sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen, eine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören müssen, sowie eine gleichheitswidrige Differenzierung innerhalb der dezentralen Sektoren dar.

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht aufgrund § 262 Abs 3 BAO ohne Beschwerdevorentscheidung zur Entscheidung vor.

II. Rechtslage und Erwägungen:

1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zur Anwendbarkeit des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf die vorliegende Fallkonstellation hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, ua Nachstehendes ausgesprochen (vgl Rz 29 und 31):

"Da […] eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, da nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen.

Bei einem (wie hier vorliegenden) zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor."

Das Höchstgericht hat im vorgenannten Erkenntnis dargelegt, dass die fragliche Kürzungsbestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Bei einem zweistufigen Bankenverbund liegen nicht beim selben Kreditinstitut sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor.

Gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag eines Gerichts.

Nach Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 135 Abs 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens auf Antrag eines Gerichts ist somit davon abhängig, dass das Gericht die angefochtene Vorschrift in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte (vgl Grabenwarter/Frank, B-VG, Art 140 Rz 18).

Das Bundesfinanzgericht sieht sich nicht veranlasst, die von der Beschwerdeführerin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken aufzugreifen bzw an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, zumal die Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG nach der vom erkennenden Gericht geteilten Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist und auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, keine derartigen Bedenken geäußert hat (vgl dazu bspw auch BFG 10.3.2025, RV/1100071/2024; 10.3.2025, RV/1100202/2024; 9.4.2025, RV/2100234/2025; 24.4.2025, RV/7101091/2025; 25.4.2025, RV/3100220/2025; 29.4.2025, RV/7101114/2025; 2.5.2025, RV/6100172/2025; 14.5.2025, RV/1100152/2025).

Aus den vorgenannten Gründen war - der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend - spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Rechtsfrage ist durch VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, gelöst. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor, weswegen die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Feldkirch, am 26. Juni 2025