JudikaturBFG

RV/7101024/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
26. März 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 30. Jänner 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 12. Jänner 2023 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2021 Rehabilitationsgeld von der Österreichischen Gesundheitskasse. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2022 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2021 bis spätestens 25. November 2022 einzureichen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Mit Bescheid vom 12. Jänner 2023 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2021 mit einer Nachforderung in Höhe von 5.112,00 Euro fest und verwies darauf, dass mangels Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung eine Berechtigung zur Schätzung gemäß § 184 BAO gegeben sei. Die Veranlagung sei auf Basis der vorliegenden Lohnzettel erfolgt.

Mit Schreiben vom 30. Jänner 2023 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid und legte Auszahlungsbestätigungen der Österreichischen Gesundheitskasse vom 23. Jänner 2023 sowie die Abrechnung einer einbehaltenen Nachzahlung von 01.01.2021 bis 31.05.2021 (Schreiben vom 10. Juni 2021) bei.

Mit Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom 18. Juli 2023 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2021 in Höhe von 2.959,00 Euro fest und berücksichtigte dabei die sich aus dem Schreiben vom 10. Juni 2021 ergebende Rückzahlung an das Arbeitsmarktservice in Höhe von 4.684,80 Euro als Werbungskosten.

Am 17. August 2023 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht und führte begründend aus, dass er im Jahr 2021 eine Nachzahlung des Rehabilitationsgeldes von 1. Februar 2020 bis 31. Dezember 2020 erhalten habe. Das für das Kalenderjahr 2020 nachgezahlte Rehabilitationsgeld sei mit der Meldung L3 (Bezugszeitraum 01.01.-01.01.2021) in Höhe von 15.659,78 Euro zur Gänze im Kalenderjahr 2021 erfasst worden. Es werde daher beantragt, die Werbungskosten in Höhe von 15.659,78 Euro im beschwerdegegenständlichen Jahr 2021 zu berücksichtigen, da es sich um Rehabilitationsgeld aus dem Jahr 2020 gehandelt habe.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde vom 30. Jänner 2023 am 14. März 2024 zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vor und beantragte deren Abweisung als unbegründet. Ergänzend wurde wie folgt Stellung genommen:"Wurde das Rehabilitationsgeld entsprechend der Rechtslage vor BGBl. I Nr. 108/2022 im Jahr des Zuflusses versteuert, ist es nach § 124b Z 399 EStG 1988 möglich, die Rückzahlung an das AMS bzw. den Krankenversicherungsträger, ebenfalls im Jahr der Versteuerung des Rehabilitationsgeldes als Werbungskosten zu berücksichtigen. Für das Jahr 2021 lagen keine weiteren Abrechnungen vor. Somit konnten auch keine weiteren Werbungskosten berücksichtigt werden."

Nach entsprechender Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes teilte die belangte Behörde mit, dass die Nachzahlung für das Jahr 2020 (1. Februar bis 31. Dezember) am 21. Juni 2021 durchgeführt worden sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erhielt laut vorgelegter Bestätigung der Österreichischen Gesundheitskasse Rehabilitationsgeld ab 1. Februar 2020 bis 31. Jänner 2022. Die Auszahlung erfolgte monatlich im Nachhinein.

Im Jahr 2021 wurde von der Österreichischen Gesundheitskasse u.a. ein Lohnzettel übermittelt, in welcher für den Bezugszeitraum 01.01.2021 bis 01.01.2021 steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 15.659,78 angegeben waren.

Die sich auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Abrechnung einer einbehaltenen Nachzahlung vom 10. Juni 2021 ergebenden Änderungen wurden von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom 18. Juli 2023 entsprechend berücksichtigt.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Einnahmen sind gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gelten gemäß Abs. 2 leg.cit. Nachzahlungen u.a. von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden (BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2022).

§ 124b Z 399 EStG 1988 enthält folgende Regelung:"§ 19 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 108/2022 ist für Zahlungen und Rückzahlungen ab 1. Jänner 2022 anzuwenden und über Antrag des Steuerpflichtigen auf alle offenen Veranlagungsverfahren. Eine Änderung auf Antrag des Steuerpflichtigen in einem offenen Veranlagungsverfahren betreffend das Kalenderjahr der Zahlung oder Rückzahlung stellt hinsichtlich der Kalenderjahre, für die der Anspruch besteht, ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO dar. Wurde eine Zahlung nicht in dem Kalenderjahr steuerlich berücksichtigt, für das die Zahlung getätigt wurde, kann eine Rückzahlung abweichend von § 19 Abs. 2 in dem Kalenderjahr als abgeflossen gelten, in dem die Zahlung steuerlich berücksichtigt worden ist.

Die Erläuterungen zum Abgabenänderungsgesetz 2022 (ErläutRV 1534 der Beilagen XXVII. GP) enthalten zu § 19 EStG 1988 folgende Aussagen:"Da beispielsweise bis zur Entscheidung über das Rehabilitationsgeld in vielen Fällen ein Vorschuss des AMS geleistet wird, sollen auch das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld, das Umschulungsgeld, die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen in dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, als zugeflossen gelten.Die Zurechnung zum Anspruchsjahr soll ebenso für Rückzahlungen der genannten Leistungen gelten.Die Änderungen sollen für Zahlungen, Nachzahlungen und Rückzahlungen ab 1. Jänner 2022 gelten. Um beim Übergang vom Zufluss- zum Anspruchsprinzip steuerliche Nachteile zu vermeiden, soll für Rückzahlungen eine Übergangsregelung geschaffen werden. Wenn bei einer Rückzahlung das Kalenderjahr, für das der Anspruch bestand bzw. für das die Zahlung getätigt worden ist, nicht mit dem Kalenderjahr der steuerlichen Berücksichtigung der Einnahmen übereinstimmt, kann die Rückzahlung dem Jahr der Versteuerung zugerechnet werden (z. B. Zufluss 2021 für das Jahr 2020, Versteuerung im Zuflussjahr 2021, Rückzahlung August 2022; ohne Übergangsregelung wäre die Rückzahlung dem Anspruchsjahr 2020 zuzurechnen, aufgrund der Übergangsregelung kann die Rückzahlung dem Jahr der steuerlichen Berücksichtigung 2021 zugerechnet werden). Die Neuregelung soll bei offenen Veranlagungsfällen auch über Antrag des Steuerpflichtigen möglich sein. Ist lediglich das Jahr des Zuflusses noch nicht rechtskräftig veranlagt, das Anspruchsjahr hingegen schon, soll die antragsgemäße Umstellung auf das Anspruchsprinzip für die vorangegangenen Jahre ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO darstellen, sodass dann sämtliche Zahlungen und Rückzahlungen entsprechend der neuen Rechtslage dem Anspruchsjahr zugeordnet werden können. Wenn z. B. im Jahr 2020 Rehabilitationsgeld für die Jahre 2018 und 2019 nachgezahlt wird, soll ein Antrag auf Anwendung der Neuregelung auch dann möglich sein, wenn lediglich das Jahr 2020 noch nicht rechtskräftig veranlagt ist."

Entsprechend dieser Rechtslage ist dem Beschwerdebegehren auf Berücksichtigung des im Jahr 2021 ausbezahlten und versteuerten Rehabilitationsgeldes 2020 in Höhe von 15.659,78 Euro als Werbungskosten im beschwerdegegenständlichen Veranlagungsjahr 2021 zu folgen.

Die sich auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Abrechnung einer einbehaltenen Nachzahlung vom 10. Juni 2021 ergebenden Änderungen werden wie in der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 18. Juli 2023 berücksichtigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am 26. März 2025