IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin Holzapfel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 6. September 2023 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 23. August 2023 über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO (Steuernummer ***BF1StNr1***) zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Beim Bundesfinanzgericht war unter der GZ RV/7105286/2018 ein Rechtsmittel der Beschwerdeführerin (im Weiteren "BF") unter anderem gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 anhängig. Am 27. August 2019 wurde die Einhebung der Umsatzsteuer 2014 gemäß § 212a BAO ausgesetzt. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. August 2023 als unbegründet abgewiesen.
Anlässlich dieser Entscheidung erließ das Finanzamt Österreich den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid vom 23. August 2023 über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer 2014.
Dagegen erhob die BF die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 6. September 2023, in der sie vorbrachte, der Bescheid sei aufgrund einer weiteren "Berufung" an den VfGH und VwGH aufzuheben.
Mit "Bescheid" vom 15. September 2023 wies das Finanzamt Österreich die Beschwerde als unbegründet ab.
Dagegen brachte die BF am 4. Oktober 2023 eine weitere Beschwerde ein, die das Finanzamt Österreich als Vorlageantrag interpretierte. Der angefochtene Bescheid sei aufgrund der am 3. Oktober 2023 beim VfGH eingebrachten Beschwerde obsolet. Er sei aufzuheben, weil das Verfahren noch nicht endgültig abgeschlossen sei.
Mit Beschluss des VfGH vom 11. Juni 2024 zu GZ E 3113/2023-5 wurde die Behandlung dieser im Vorbringen der BF erwähnten Erkenntnisbeschwerde abgelehnt. Die Beschwerde wurde dem VwGH zur Entscheidung abgetreten, wo derzeit zu GZ Ra 2024/13/0095 eine außerordentliche Revision anhängig ist. Der diesbezügliche Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom 4. September 2024 zu GZ AW/7100018/2024 abgewiesen.
Das Finanzamt Österreich legte die verfahrensgegenständliche Beschwerde am 10. April 2025 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Am 27. August 2019 wurde die Einhebung der Umsatzsteuer 2014 gemäß § 212a BAO ausgesetzt. Gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 war zu diesem Zeitpunkt unter der GZ RV/7105286/2018 eine Beschwerde beim Bundesfinanzgericht anhängig.
Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. August 2023 als unbegründet abgewiesen.
Anlässlich dieser Entscheidung erließ das Finanzamt Österreich den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid vom 23. August 2023 über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer 2014.
Gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. August 2023 ist derzeit eine außerordentliche Revision zu GZ Ra 2024/13/0095 beim VwGH anhängig.
Die vom Finanzamt Österreich als Beschwerdevorentscheidung über die verfahrensgegenständliche Beschwerde intendierte Erledigung vom 15. September 2023 trägt die Überschrift "Bescheid". Ihr Spruch lautet: "Die Beschwerde von "***Bf1***" vom 06.09.2023, eingebracht am 06.09.2023 betreffend den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung der Umsatzsteuer 2014 nach einem BFG-Erkenntnis vom 21.08.2023 wird als unbegründet abgewiesen." Die beigefügte Rechtsmittelbelehrung besagt, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem oben im Bescheid angeführten Amt das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht werden kann.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf die vorgelegten Aktenbestandteile, sowie den Inhalt des Abgabeninformationssystems der Finanzverwaltung.
Die Geschäftszahl, unter der die außerordentliche Revision anhängig ist, wurde den Zusatzinformationen zum Erkenntnis GZ RV/7105286/2018 in der Findok entnommen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Zum Vorliegen einer wirksamen Beschwerdevorentscheidung:
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Das Finanzamt Österreich hat dieses Formgebot verletzt, indem es den Bescheid, mit dem es über die Beschwerde absprach, nicht als Beschwerdevorentscheidung bezeichnet hat. Die fehlende Bezeichnung als Beschwerdevorentscheidung ist jedoch dann unschädlich für die Wirksamkeit einer Erledigung, wenn sich aus dem Inhalt kein Zweifel am normativen Gehalt ergibt (vgl. dazu die Ausführungen zur fehlenden Bezeichnung als Bescheid in Ritz/Koran, BAO8, § 93 Tz 4). Eine Beschwerdevorentscheidung setzt für ihre Wirksamkeit voraus, dass die Bescheidausfertigung erkennen lässt, über welchen Abgabenbescheid die Abgabenbehörde abspricht.
Aus dem Spruch des Bescheides vom 15. September 2023 geht unzweifelhaft hervor, dass damit über die Beschwerde gegen den Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung vom 23. August 2023 abgesprochen werden sollte. Auch die mangelhafte bzw. unrichtige Rechtsmittelbelehrung stellt zwar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, steht jedoch der Annahme der Bescheidqualität der Erledigung nicht entgegen.
Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Beschwerde vom 6. September 2023 liegt somit aufgrund der wirksamen Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung und anschließenden, fristgerechten Einbringung eines Vorlageantrags beim Bundesfinanzgericht.
Zum Ablauf der Aussetzung der Einhebung:
Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294 BAO). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde ergehenden
a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder
b) Erkenntnisses (§ 279 BAO) oder
c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen.
Der Ablauf ist zwingend vorzunehmen (VwGH 20.2.1996, 94/13/0266, 95/13/0020; 22.1.2001, 2000/17/0266; 16.12.2009, 2007/15/0294).
Sowohl aus dem insoweit klaren Wortlaut der Bestimmung des § 212a Abs. 5 BAO als auch aus der zitierten Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass anlässlich jeder Beschwerdevorentscheidung, jedes Erkenntnisses und jeder anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zwingend zu verfügen ist.
Eine Aussetzung der Einhebung steht nur im Beschwerdeverfahren nach der BAO zur Verfügung. Im Beschwerdeverfahren vor dem VfGH und im Revisionsverfahren vor dem VwGH kann sie nicht mehr verfügt werden. In diesem Zusammenhang stehen die Instrumente der aufschiebenden Wirkung gemäß § 85 VfGG bzw. § 30 VwGG zur Verfügung.
Im gegenständlichen Fall wurde die Aussetzung der Einhebung aufgrund eines vor dem Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens verfügt. Dieses Beschwerdeverfahren wurde mit dem Erkenntnis vom 21. August 2023 abgeschlossen.
Die Verfügung des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung war daher zwingende Folge der Beschwerdeerledigung. Die spätere Einbringung einer Erkenntnisbeschwerde bzw Revision hat darauf keinen Einfluss. Der angefochtene Bescheid erging somit rechtskonform, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Zur Zustellung dieses Erkenntisses:
Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. zB VwGH 26.6.2024, Ra 2023/15/0015). Eine (nur) vor der Abgabenbehörde ausgewiesene Vollmacht ist gegenüber dem Verwaltungsgericht nicht wirksam (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 83 BAO Rz 8).
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist die BF bisher ausschließlich selbst eingeschritten. Der steuerliche Vertreter, der im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung als Empfänger bezeichnet wurde, ist in diesem Verfahren nicht eingeschritten und hat sich somit gegenüber dem Bundesfinanzgericht auch nicht auf eine Zustellvollmacht berufen.
Da die über das Verfahren FinanzOnline gegenüber dem Finanzamt Österreich bekanntgegebene Zustellvollmacht gegenüber dem Bundesfinanzgericht nicht wirksam ist, ist dieses Erkenntnis - im Gegensatz zu den Erledigungen des Finanzamtes - der BF als Empfängerin zuzustellen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Verfahren waren keine Rechtsfragen zu lösen, zu denen es noch an Rechtsprechung des VwGH fehlt, bzw. diese uneinheitlich ist. Die Entscheidung weicht auch nicht von der in der Begründung zitierten Rechtsprechung des VwGH ab.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am 8. Mai 2025