IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***,***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom 15. Mai 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nun Finanzamt Österreich) vom 16. April 2019 betreffend Haftungsbescheid / Sonstige 2019, ***St-Nr***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert, als ***Bf*** nicht zur Haftung für den Dienstgeberbeitrag 12/2014 in Höhe von EUR 227,29 und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2014 in Höhe von EUR 21,21, fällig jeweils am 15. Jänner 2015, in Anspruch genommen wird. Der Haftungsbetrag wird mit EUR 31.096,28 neu festgesetzt.Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Beschluss des ***LG*** vom ***Dezember*** 2014, ***GZ***, wurde über die ***GmbH*** das Konkursverfahren eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst. Nach Schlussverteilung wurde der Konkurs aufgehoben und die Firma ***2017*** gelöscht.Geschäftsführerin der Firma war laut Firmenbuchauszug ***FN*** bis zur Konkurseröffnung ***Bf***, seit Eheschließung ***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet).
Mit Schreiben des Finanzamtes vom 29. Jänner 2019 ist die Bf unter Anschluss einer Rückstandsaufgliederung darüber informiert worden, dass am Konto der oa Gesellschaft Abgabenbeträge in Höhe von insgesamt EUR 32.601,73 als uneinbringlich aushaften und sie gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO als Vertreter zur Haftung herangezogen wird. Sie wurde daher ersucht, eine Reihe von Fragen zu beantworten und ua die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle Gläubiger der Primärschuldnerin bekannt zu geben bzw nachzuweisen, wie viel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden sind und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger der Primärschuldnerin noch Befriedigung erlangten. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Fall der Nichterbringung der Nachweise davon ausgegangen werden muss, dass die Bf ihre Verpflichtungen, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt hat.Der Vorhalt ist innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Freist nicht beantwortet worden.
Mit Haftungsbescheid vom 16. April 2019, Abgabenkontonummer: ***St-Nr***, ist die Bf als Haftungspflichtige für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der GmbH in Anspruch genommen und aufgefordert worden, den Betrag von insgesamt EUR 31.344,78 (Umsatzsteuer 08-10/2014, Lohnsteuer 10/2014, Körperschaftsteuer 10-12/2014, Kammerumlage 07-09/2014, Dienstgeberbeitrag 10-12/2014, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10-12/2014) zu entrichten.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2019 hat die Bf durch ihren damaligen Vertreter Beschwerde gegen den Haftungsbescheid erhoben. Als Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, die Bf habe einen Antrag auf Konkurseröffnung gestellt; die Pflicht des Vertreters, die vom Vertretenen geschuldeten Abgaben zu entrichten, bestehe nur insoweit, als hiefür liquide Mittel vorhanden seien. Dies sei nicht der Fall gewesen. Dem Abgabenbescheid sei nicht schlüssig zu entnehmen, worin die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten konkret bei der Bf vorliege. Es werde daher beantragt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 5. September 2019 wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und der Haftungsbetrag mit EUR 31.096,29 neu festgesetzt. Die Haftungsinanspruchnahme für den Dienstgeberbeitrag 12/2014 und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2014, jeweils fällig am 15. Jänner 2015, wurde aufgehoben.Der Nachweis der Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger sei nicht erbracht worden. Die Abgabenbehörde sei nicht verpflichte, die Beachtung des Gleichbehandlungsgebots von Amts wegen zu prüfen.
Mit Eingabe vom 4. Oktober 2019 wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch das Finanzgericht beantragt (Vorlageantrag) und vorgebracht, die Einschreiterin habe keinen Überziehungsrahmen bei ihrer Bank mehr gehabt, um die erforderlichen Zahlungen zu leisten.Gleichzeitig hat der Vertreter der Bf die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mitgeteilt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Laut Aktenlage ist unstrittig, dass die Bf bis zur Eröffnung des Konkursverfahren Geschäftsführerin der ***GmbH*** (Primärschuldnerin) gewesen ist, und trotz Aufforderung zu den in der mitübermittelten Rückstandsaufgliederung dargestellten Abgabenrückständen nicht entsprechend Stellung genommen, keinen Gläubigergleichbehandlungsnachweis in geeigneter Form angetreten sowie kein Vermögensverzeichnis eingereicht hat. Der Haftungsvorhalt vom 29. Jänner 2019 blieb unbeantwortet. Eine Gläubigergleichbehandlung oder gar eine Begünstigung des Finanzamtes kann nicht festgestellt werden.
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich allesamt aus den genannten, dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen im Verwaltungsakt bzw aus dem Firmenbuch: Die Feststellungen zur Geschäftsführertätigkeit der Bf bei der Primärschuldnerin sowie zum Konkursverfahren und der Löschung im Firmenbuch ergeben sich aus den entsprechenden Firmenbucheinträgen. Die Feststellung zu Höhe und Abgabenart der Haftungsbeträge ergibt sich aus dem angefochtenen Haftungsbescheid.Eine Auflistung, wie von der Judikatur gefordert und von der belangten Behörde im Haftungsvorhalt, im angefochtenen Haftungsescheid und in der Beschwerdevorentscheidung dargestellt, hat die Bf nicht vorgelegt. Es wurde lediglich unter Verweis auf PV und den Akt des ***LG*** vorgebracht, die Primärschuldnerin habe keine liquiden Mittel gehabt, um die Abgaben zu entrichten. Ein solches Vorbringen ist nicht geeignet, die geforderte Darstellung eines Gleichbehandlugnsnachweises in Form der Darstellung der einzelnen Beträge und Gläubiger und Verhältnisrechnungen darzutun. Ein Verweis auf die Ausschöpfung des Überziehungsrahmens der Einschreiterin ist ebensowenig geeignet, einen Gläubigergleichbehandlungsnachweis zu ersetzen.
§ 9 Abs 1 BAO bestimmt:
"Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können."
§ 20 BAO lautet:
"Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen."
Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
§ 224 Abs 1 BAO lautet:
"Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten."
Nach der im Folgenden näher dargestellten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 9 Abs 1 BAO voraus, dass
1. die als haftungspflichtige Person in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO gehört (Vertreterstellung),
2. eine uneinbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht (Uneinbringlichkeit),
3. ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliegt (Verschulden) und
4. die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (Kausalität).
Die Bf war im haftungsrelevanten Zeitraum wie festgestellt handelsrechtliche Geschäftsführerin der Primärschuldnerin und gehörte damit zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO. Zu ihren Pflichten als Geschäftsführerin der GmbH gehörte es daher, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft wahrzunehmen und für die Entrichtung der Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu sorgen (siehe VwGH 22.9.1999, 96/15/0049; 3.9.2008, 2006/13/0121; 29.4.2010, 2008/15/0085).
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus (VwGH 22.9.1999, 96/15/0049).Die verfahrensgegenständlichen Abgaben sind bei der Primärschuldnerin uneinbringlich, da das über die Primärschuldnerin mit dem Beschluss vom ***Dezember*** 2014 eröffnete Konkursverfahren ***2017*** nach Schlussverteilung aufgehoben und die Gesellschaft ***2017*** im Firmenbuch amtswegig gelöscht wurde.
Der Dienstgeberbeitrag 12/2014 und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2014 waren jeweils erst am 15. Jänner 2015 und damit nach Konkurseröffnung fällig. Die Bf haftet demnach nicht für diese Abgaben. Die anderen im Haftungsbescheid aufgelisteten und vor Konkurseröffnung fälligen Beträge verbleiben in der Haftung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden die Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen ("Gleichbehandlungsgrundsatz"; VwGH 22.12.2015, Ra 2015/16/0128).
Sind die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten und die Vertreterstellung gegeben, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache der Vertreterin, im Rahmen der ihr obliegenden qualifizierten Mitwirkungspflicht darzulegen, weshalb sie nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war. Nur der Vertreter wird in der Regel jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (VwGH 23.3.2010, 2007/13/0137).
Aufgabe des Geschäftsführers ist es, im Verwaltungsverfahren allfällige Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert haben, die Abgabenschulden am oder nach dem Fälligkeitstag zu begleichen. Er hat darzustellen, dass ab dem Zeitpunkt, an welchem die von der Haftungsinanspruchnahme erfassten Abgaben fällig geworden sind, keine Geldmittel der Gesellschaft mehr vorhanden waren. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel.
Der Vertreter haftet nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat.Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt allerdings dem Vertreter. Weist er nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe allerdings zur Gänze vorgeschrieben werden (VwGH 23.3.2010, 2007/13/0137).
Der Bf wurden die Rechtslage und die Rechtsprechung wiederholt dargelegt. Ihr wurde bereits im Rahmen des Haftungsvorhaltes vom 29. Jänner 2019 die Möglichkeit eingeräumt, ihrer Behauptungs- und Beweispflicht nachzukommen, sodass auch keine Verletzung des Parteigehörs vorliegt. Zum Haftungsvorhalt wurde nicht Stellung genommen; auch im Rahmen ihrer Beschwerde und im Vorlageantrag hat die Bf die Gläubigergleichbehandlung nicht entsprechend der in der Judikatur gesetzten Kriterien nachgewiesen und hat auch keine Liquiditätsrechnung vorgelegt, die die in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben der GmbH zur Verfügung gestandenen Mittel, ihre offenen Verbindlichkeiten und die von ihr geleiteten Zahlungen enthält (VwGH 23.3.2010, 2007/13/0137). In die Liquiditätsrechnung sind jedenfalls die gesamte Einnahmesituation (VwGH 5.4.2002, 99/15/0253), die gesamte Liquiditätssituation (VwGH 24.2.2011, 2009/16/0108), die freiwillig geleisteten Zahlungen (VwGH 27.8.2008, 2006/15/0010), die im Wege der Exekution entrichteten Beträge (VwGH 27.8.2008, 2006/15/0010), die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (wie etwas "Zug-um-Zug Geschäfte"; VwGH 28.5.2008, 2006/15/0032; 18.10.2007, 2006/15/0073) sowie die von der Gesellschaft getätigten "systemerhaltenden" Ausgaben (VwGH 28.9.2004, 2001/14/0176), einzubeziehen.
Insgesamt gesehen gelangt das Bundesfinanzgericht daher zur Ansicht, dass die Uneinbringlichkeit der in der Haftung verbliebenen Abgaben bei der Primärschuldnerin auf ein schuldhaftes Verhalten der Bf zurückzuführen ist. Als schuldhaft gilt jede Form des Verschuldens, somit auch leichte Fahrlässigkeit (vgl. VwGH 18.10.1995, 91/12/0037). Die Bf konnte mit ihrem Vorbringen nicht dartun, weshalb sie nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtete, weshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf.
Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Pflichtverletzung ist demnach kausal für die Uneinbringlichkeit (VwGH 17.10.2001, 2001/13/0127).
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen.Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (VwGH 25.6.1990, 89/15/0067).Von der Bf wurde nicht aufgezeigt, dass die Haftung wegen ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geltend gemacht werden dürfe. Eine allfällige Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen stünde im Übrigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen (vgl. zB VwGH 25.11.2009, 2008/15/0220 mwN).
Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung anderseits ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Umstand, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf. Ein solcher Umstand kann jedoch auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab (vgl. zuletzt VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027, mwN).Im vorliegenden Fall wurden mit Haftungsbescheid vom 16. April 2019 Abgaben für Zeiträume ab August 2014 geltend gemacht. Über die Primärschuldnerin wurde das Konkursverfahren am ***Dezember*** 2014 eröffnet; dieser Konkurs wurde ***2017*** nach Schlussverteilung aufgehoben worden. Ein im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigender langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld (oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit) und der Inanspruchnahme zur Haftung liegt damit hier nicht vor.
Sonstige Gründe, die eine Ermessensübung zugunsten der Bf bewirken könnten, sind nicht hervorgekommen.
Der Beschwerde ist aus den dargelegten Gründen teilweise stattzugeben und die Haftung entsprechend einzuschränken.
Zur Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu die zitierte Rechtsprechung, der die Entscheidung folgt); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Salzburg, am 31. März 2025