Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Helmut Haderer, Bahngasse 6, 2500 Baden, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22. August und am 3. Oktober 2025 über die Beschwerde vom 10. Mai 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom 12. April 2019 betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Nach einer Betriebsprüfung (Schlussbesprechung: 14. Juli 2016) erließ die belangte Behörde (bB) am 22. August 2018 einen an die ***Bf*** adressierten Feststellungsbescheid gemäß § 188 Bundesabgabenordnung (BAO) für das Jahr 2015. Allerdings war die ***Bf*** mit 17. März 2017 aus dem Firmenbuch gelöscht worden.
Gegen den Feststellungsbescheid erhob der Beschwerdeführer (Bf) am 19. September 2018 Bescheidbeschwerde nach § 243 BAO. Darin begehrte er die Anerkennung von Materialaufwand als Betriebsausgaben, den er erstmals in einem Schreiben vom 31. Juli 2017 (schriftlich) vorgebracht hatte. Darüber hinaus machte er geltend, "dass im bekämpften Bescheid die Gewinnfreibeträge falsch berechnet wurden und die vorgenommene Einkünfteverteilung nicht richtig ist". Die Tatsache, dass der Feststellungsbescheid 2015 an einen nicht mehr existierenden Bescheidadressaten gerichtet war, wurde nicht releviert.
Am 20. März 2019 erließ die bB eine an die ***Bf*** adressierte teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung, die die Grundfreibeträge und Einkünfteverteilung korrigierte, die Anerkennung des Materialaufwands aber weiterhin versagte. Am 10. April 2019 erließ die bB eine neue, jetzt an ***Ges1*** und ***Ges2*** als ehemalige Gesellschafter der ***Bf*** adressierte Beschwerdevorentscheidung, die die Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückwies: Denn es handle sich bei der Beschwerde aufgrund der Nennung eines nicht mehr existierenden Bescheidadressaten um ein Schriftstück ohne Bescheidcharakter, und Beschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter seien unzulässig. Die Beschwerdevorentscheidung vom 20. März 2019 hob die bB am selben Tag nach § 299 BAO auf. Gleichzeitig erließ sie einen neuen Feststellungsbescheid 2015, der inhaltlich dem ursprünglichen Feststellungsbescheid entsprach.
Gegen den neuen Feststellungsbescheid erhob der Bf am 10. Mai 2019 Bescheidbeschwerde, in der er die Versagung des Materialaufwands als Betriebsausgaben, die Berechnung der Gewinnfreibeträge und die Einkünfteverteilung bekämpfte. Die am 22. Juli 2019 erlassene Beschwerdevorentscheidung korrigierte die Grundfreibeträge und Einkünfteverteilung, versagte aber nach wie vor die Anerkennung des Materialaufwands. Dagegen brachte der Bf einen rechtzeitigen Vorlageantrag ein.
Am 22. August und am 3. Oktober 2025 wurde eine mündliche Verhandlung abgeführt.
Die ***Bf*** war eine Kommanditgesellschaft, die Pools veräußerte. Rechtsnachfolger der ***Bf*** ist seit dem 17. März 2017 der im Firmenbuch protokollierte Einzelunternehmer ***eU*** (Inhaber: ***Ges1***).
(1.) Als Ergebnis der Betriebsprüfung wurden dem Bf im Jahr 2015 Umsätze zugeschätzt, weil der Bf die Ausgangsrechnungen - ordnungswidrig - mit Microsoft Word anstelle eines Rechnungsprogramms erstellt hatte. Der Bf konnte die Ausgangsrechnungen auch nicht numerisch gereiht vorlegen; vielmehr hatte er diese "in diversen Ordnern im Computer mit Namen abgelegt", weswegen eine Vollständigkeitsprüfung von vornherein unmöglich war. Darüber hinaus fanden sich Ausgangsrechnungen mit gleicher Nummer, aber unterschiedlichen Kunden bzw Beträgen. Überdies hatte der Bf Bareinnahmen von Kunden nicht als Bareinnahmen erfasst.
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}(2.) Die Umsatzzuschätzung wird vom Bf nicht bekämpft.
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}(3.) Allerdings bringt der Bf vor, dass er im streitgegenständlichen Jahr zwei Pools (nicht nur verkauft, sondern auch) montiert habe. Dafür schätzt er einen Materialaufwand iHv 3.494 € (Pflastersteine, Schotter, Zement, Fliesenkleber, Silikontuben, Schalsteine, Eisenmatten und -stangen).
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}(4.) Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass der vom Bf nachträglich geltend gemachte Materialaufwand iHv 3.494 € nicht angefallen ist.
(1.) Die Feststellungen ergeben sich aus dem Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom 25. August 2016.
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}(2.) Die Feststellung ergibt sich aus der Bescheidbeschwerde vom 10. Mai 2019 (S 2). Der Bf irrt mit seiner Auffassung, dass die Umsatzzuschätzung "die Montagekosten von je einem Pool des Kunden ***1*** […] und des Kunden ***2*** […] [betrifft" (Schreiben vom 31. Juli 2017). Die Umsatzzuschätzung erfolgte aus den in II.1.(1.) genannten Gründen, stand daher in keinerlei Zusammenhang mit bestimmten Kunden des Bf. In der Bescheidbeschwerde führte der Bf aus, dass es "[a]uf Grund des Gesamtbildes und der Lebenserfahrung […] unzweifelhaft [ist], dass den zugeschätzten Umsatzerlösen, die gegenständlich nicht bekämpft werden, Material- und Leistungsaufwendungen gegenüberstehen müssen" (S 4). Damit verkennt der Bf den Zweck von Umsatzzuschätzungen: Umsätze werden zugeschätzt, weil Abgabepflichtige die Erfassung von (gewinnerhöhenden) Einnahmen "vergessen" haben. Im Gegensatz zu Einnahmen verbuchen Abgabepflichtige (gewinnmindernde) Ausgaben gewöhnlich sehr wohl.
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}(3.) Die Feststellungen ergeben sich aus dem der Bescheidbeschwerde vom 10. Mai 2019 beigelegten Schreiben vom 31. Juli 2017.
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}(4.) Der Sachverhalt ist ähnlich wie derjenige der Beschwerdesache RV/7100173/2019 gelagert. Auch in der Beschwerdesache RV/7100173/2019 hat der Bf, nachdem ihm in der Betriebsprüfung des Jahrs 2016 ebenso für die Jahre 2012 bis 2014 Umsätze zugeschätzt worden waren, nach Umsatzzuschätzung noch Betriebsausgaben geltend gemacht.
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"Das Bundesfinanzgericht hält es für unglaubwürdig, dass der vom Bf geltend gemachte Materialaufwand iHv 3.494 € angefallen ist. Der Bf präsentierte dem Gericht insgesamt drei unterschiedliche Varianten seiner Geschäftstätigkeit: (1.) Bei einer Betriebsbesichtigung am 8. Juni 2016 erklärte der Bf, nur Pools zu verkaufen, diese aber nicht zu montieren. Er kaufe auch keine Montageleistungen zu; die Kunden hätten sich den Pooleinbau selbst zu organisieren (Beschwerdevorentscheidung vom 18. Juli 2018 [RV/7100173/2019], S 2). (2.) Während derselben Betriebsbesichtigung erklärte der Bf zu einem späteren Zeitpunkt, dass Pools von einem Fremdleister eingebaut worden seien, wobei die Bezeichnungen des Fremdleisters variieren (***Fa*** oder ***Fa***; Beschwerdevorentscheidung vom 18. Juli 2018 [RV/7100173/2019], S 2 f). (3.) In der gegenständlichen Beschwerdesache behauptet der Bf als mittlerweile dritte Variante, zwei Pools selbst eingebaut zu haben (Schreiben vom 31. Juli 2017). Das Bundesfinanzgericht kann nicht nachvollziehen, dass der Bf nicht zweifelsfrei angeben kann, wie er seine Geschäfte abwickelt. Die Varianten sind in sich widersprüchlich. Es ist mehr als bemerkenswert, dass sich ein Unternehmer hinsichtlich der Frage, wie er seine Leistungen erbringt, in Widersprüche verstrickt."
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"Der Bf hat - auch nach Vorhalt - keinerlei Nachweis über den geltend gemachten Materialaufwand iHv 3.494 € führen können. Beim genannten Materialaufwand handelt es sich ausweislich des Schreibens vom 31. Juli 2017 um eine bloße Schätzung des Bf. Die das Schätzungsergebnis bedingenden Überlegungen hat der Bf nicht offengelegt. Auch in den beiden mündlichen Verhandlungen vom 22. August und vom 3. Oktober 2025 hat der Bf diesbezüglich nichts weiter ausgeführt."
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"Den beiden Kunden, deren Pooleinbau den genannten Materialaufwand verursacht haben soll, wurde kein Material in Rechnung gestellt. Die an den Kunden ***2*** gelegte Rechnung (12. Mai 2015) weist lediglich einen Schwimmbeckenbausatz, eine Liegebank und eine Treppe aus. Die zwei an den Kunden ***1*** gelegten Rechnungen weisen einerseits nur einen Pool, eine Ecktreppe und Beckenrandsteine (19. Mai 2015) sowie andererseits nur Platten (19. Mai 2015) aus. Auch die Bestellblätter bzw Kostenvoranschläge enthalten keinerlei Material. Das Bestellblatt bzw der Kostenvoranschlag ***2*** nennt nur einen \"Bausatz (Folie, Filterung, Einbauteile, Verrohrung)\", eine Liegebank und eine Treppe, das Bestellblatt bzw der Kostenvoranschlag ***1*** nur einen \"Beckenpreis samt Standardfolie türkisblau inkl. MWSt\", eine Treppe und Beckenrandsteine. Das Bundesfinanzgericht hält es für unglaubwürdig, dass der Bf, hätte er die beiden Pools montiert, den Materialaufwand nicht fakturiert hätte. Es widerspricht der Lebenserfahrung, dass Unternehmer ihren Kunden angefallenen Aufwand nicht in Rechnung stellen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine vom Bf mit einem Kunden vereinbarte Poolmontage im Bestellblatt bzw Kostenvoranschlag und/oder in der Rechnung ihren Niederschlag gefunden hätte. Nebenbei sei angemerkt, dass der Betrag der Rechnung ***2*** (13.280,00 €) nicht mit dem auf dem Bestellblatt bzw Kostenvoranschlag ***2*** ausgewiesenen Betrag (12.280,00 €) übereinstimmt."
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"Der Bf führt im Schreiben vom 31. Juli 2017 aus, dass \"die Materialaufwendungen […] bei österreichischen Unternehmen zugekauft worden [sind], die Besteuerung dieser Einnahmen […] sichergestellt [ist] und daher […] auch diese Aufwendungen […] anzuerkennen [sind]\". Allerdings hat er zu keinem Zeitpunkt Eingangsrechnungen über das vorgeblich verbrauchte Material vorgelegt. Der behauptete Materialaufwand ist somit weder anhand von Eingangs- noch von Ausgangsrechnungen belegbar."
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"Im Schreiben des Bf vom 14. Juli 2016 (RV/7100173/2019) - die Schlussbesprechung der Betriebsprüfung, mit der dem Bf für die Jahre 2012 bis 2015 Umsätze zugeschätzt wurden, fand an diesem Tag statt - wurden erstmals (schriftlich) Pools erwähnt, die nicht nur verkauft, sondern auch eingebaut worden sein sollen. Das Schreiben erwähnt indes nur Pools, die angeblich zwischen 2012 und 2014 von einem Fremdleister im Auftrag des Bf montiert wurden; die Pools, die der Bf 2015 selbst montiert haben will, finden keine Erwähnung. Sie werden erst im Schreiben vom 31. Juli 2017 erstmals erwähnt."
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"Aus all den vorstehend genannten Gründen gelangt das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung zur Auffassung, dass der vom Bf nachträglich geltend gemachte Materialaufwand iHv 3.494 € nicht angefallen ist. "
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}Betriebsausgaben sind Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG 1988). Nach § 138 Abs. 1 BAO hat der Abgabepflichtige auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung seiner Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt seiner Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Der Nachweis einer Betriebsausgabe hat, soweit dies möglich und zumutbar ist, durch einen schriftlichen Beleg zu erfolgen (VwGH 29.1.1991, 89/14/0088; 30.10.2001, 97/14/0140). Eigenbelege sind nur dann anzuerkennen, wenn unter den gegebenen Umständen Fremdbelege regelmäßig nicht zu erhalten sind (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG25 § 4 Rz 269/1 [Stand 1.1.2025, rdb.at]; EStR 2000 Rz 1100).
Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG25 § 4 Rz 269 [Stand 1.1.2025, rdb.at]; Jakom/Marschner EStG, 2025, § 4 Rz 279). Die Glaubhaftmachung hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (VwGH 28.5.2008, 2006/15/0125; 22.12.2011, 2008/15/0164). Sie setzt die schlüssige Behauptung aller maßgeblichen Umstände durch den Abgabepflichtigen voraus (VwGH 26.4.1989, 89/14/0027). Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalls dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (VwGH 14.9.1988, 86/13/0150).
Der Bf konnte hinsichtlich des von ihm behaupteten Materialaufwands keinerlei Nachweis erbringen. Eine Unzumutbarkeit der Beweiserbringung lag aus Sicht des Bundesfinanzgerichts nicht vor, weswegen eine Glaubhaftmachung in casu ausschied. Doch selbst wenn eine Glaubhaftmachung gegenständlich zulässig gewesen wäre, wäre es dem Bf nicht gelungen, den von ihm behaupteten Materialaufwand zu plausibilisieren. Das Gericht hält es in freier Beweiswürdigung wie ausgeführt für unglaubwürdig, dass der Materialaufwand tatsächlich angefallen ist. Die bB hat die Anerkennung des Materialaufwands als Betriebsausgaben sohin zu Recht versagt.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gegenstand der vorliegenden Beschwerdesache war eine Tatsachenfrage (Betriebsausgabennachweis): Für die Klärung von Tatsachenfragen ist eine Revision grundsätzlich nicht vorgesehen.
Salzburg, am 20. November 2025
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