Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 2. September 2025 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 28. August 2025 betreffend Abweisung eines Antrages auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2024 gemäß § 295a BAO zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Die Beschwerdeführerin reichte am 26.3.2025 die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2024 elektronisch beim Finanzamt ein und beantragte darin unter anderem den Alleinerzieherabsetzbetrag. Das Finanzamt erließ am 29.4.2025 den Einkommensteuerbescheid 2024, ohne den Alleinerzieherabsetzbetrag zu berücksichtigen. Die Beschwerde vom 30.4.2025 wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 6.8.2025 mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin habe die Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages im Streitjahr nicht erfüllt.
Am 27.8.2025 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, den Einkommensteuerbescheid 2024 gemäß § 295a BAO abzuändern. Sie legte eine Bestätigung ihres ehemaligen Ehegatten vor, in der dieser angab, den gemeinsamen Wohnsitz mit der Beschwerdeführerin am Wochenende des 29./30. Juni 2024 aufgegeben zu haben. Er habe seinen Wohnsitzwechsel binnen drei Tagen bei der Meldebehörde angezeigt.
Das Finanzamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 28.8.2025 ab und begründete dies damit, dass kein Ereignis eingetreten sei, welches abgabenrechtliche Wirkung auf den Bestand oder Umfang des Abgabenanspruches habe. In ihrer Beschwerde vom 2.9.2025 gegen den Abweisungsbescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe nicht mehr als 6 Monate in Gemeinschaft mit ihrem Ehepartner gelebt.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 9.9.2025 ab und verwies - nach Ausführungen zu den Anspruchsvoraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag - wiederum auf § 295a BAO. Die Beschwerdeführerin beantragte am 16.9.2025 die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus, es seien 181 Tage bis zum 30.6. und sie habe mehr als das halbe Jahr allein mit ihren Kindern im Haushalt gelebt. Das Finanzamt legte die Beschwerde am 16.10.2025 dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, sie abzuweisen.
§ 295a BAO lautet: "(1) Ein Bescheid kann auf Antrag der Partei (§ 78) oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat.
(2) Die Entscheidung über die Abänderung steht der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des abzuändernden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu."
Streitgegenstand im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Bescheid, in dem ein Antrag auf Bescheidänderung nach § 295a BAO abgewiesen wird, sind ausschließlich die Anspruchsvoraussetzungen des § 295a BAO. Entscheidungswesentlich ist nur, ob ein Ereignis eingetreten ist, welches abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang des Abgabenanspruches hat. Die materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag waren daher nicht zu prüfen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Ereignisse im Sinne des § 295a BAO sachverhaltsändernde tatsächliche oder rechtliche Vorgänge, von denen sich - aus den die steuerlich relevanten Tatbestände regelnden Abgabenvorschriften - eine abgabenrechtliche Wirkung für bereits entstandene Abgabenansprüche ergibt (VwGH 1.9.2015, Ra 2015/15/0035 mwN). § 295a BAO ist nur der Verfahrenstitel zur Durchbrechung der (materiellen) Rechtskraft von vor Eintritt des Ereignisses erlassenen Bescheiden. § 295a BAO ist anwendbar, wenn ein Ereignis nachträglich (nach Erlassung des Bescheids) eintritt (VwGH 20.3.2024, Ro 2023/15/0016 mwN). Es ist eine Frage des Inhalts bzw. der Auslegung der materiell-rechtlichen Abgabenvorschriften, welchen Ereignissen Rückwirkung (bezogen auf den Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruchs) zukommt (VwGH 20.3.2024, Ro 2023/15/0017 mwN). § 295a BAO dient nicht zur Nachholung unterlassener Rechtsbehelfe gegen eine rechtskräftige Erledigung (VwGH 1.3.2022, Ra 2021/13/0134 mwN).
Ob jemand in einem Kalenderjahr mehr als sechs Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt, steht beim Entstehen des Abgabenanspruches bei der Einkommensteuer (§ 4 Abs. 2 lit. 2 BAO: mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird) unverrückbar fest. Die von der Beschwerdeführerin mit dem Antrag auf Bescheidänderung nach § 295a BAO vorgelegte Bestätigung des ehemaligen Gatten über dessen Auszug aus dem gemeinsamen Haushalt ist ein Beweismittel (eine Urkunde, § 168 BAO). Die Vorlage eines Beweismittels, welches die Anspruchsvoraussetzung für den Alleinerzieherabsetzbetrag ("…mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben…") betrifft, vermag an der Erfüllung des Tatbestandselementes nachträglich nichts zu ändern und ist daher gerade kein Ereignis mit abgabenrechtlicher Wirkung für die Vergangenheit im Sinn des § 295a BAO.
Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die rechtliche Würdigung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Innsbruck, am 20. Oktober 2025
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