BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Herbert Schober BA in der Rechtssache ***Dr.H***, betreffend Vorlageerinnerung und Säumnisbeschwerden in Bezug auf die vom Einschreiter in seiner Eingabe vom 23. Juli 2025 genannten Abgabenverfahren des Finanzamtes Österreich beschlossen:
I. Die Vorlageerinnerung vom 23. Juli 2025 gilt gem. § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 86a Abs. 1 letzter Satz BAO als zurückgenommen.
II. Die beiden Säumnisbeschwerden vom 23. Juli 2025 gelten gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.
III. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Sachverhalt:
Am 23. Juli 2025 langte beim Bundesfinanzgericht folgende Eingabe des Herrn Dr. ***H*** ein:
"zu ***1***
A.
1. Beschwerdevorentscheidungen des FA Ö vom 030325, zugestellt am 050325 zu den Bescheiden vom 040724 und 080724
2. Vorlageanträge vom 050325, pers eingebracht am 050325 beim FA Ö in Eisenstadt.
3. Seither nix mehr
4. Vorlageerinnerung wird eingebracht
5. Das LVwG bgld als Organ des Landes hat keine Gebührenpflicht moniert
B
1. Gebührenbescheide des FAÖ vom 040724 und 080724, zugestellt am 150724
2. Beschwerden und Anträge auf Aussetzung der Einhebung und Aufhebung vom 150724, pers eingebracht am 180724 beim FAÖ in Eisenstadt
3. Binnen 6 Monaten keine Entscheidungen
4 Säumnisbeschwerden werden erhoben
5 Punkt A Ziffer 5 gilt sinngemäß
C
1. Gebührenbescheide vom 08/09/101024, zugestellt am 15/17/1024
2. Beschwerden und Anträge auf Aussetzung der Einhebung und auf Aufhebung vom 151024 und 171024, pers eingebracht am 231024 beim FAÖ in Eisenstadt.
3. Gleichzeitig wurde die Erlassung eines Abrechnungsbescheids und die Ausstellung einer Rückstandsbescheinigung beantragt
4. Binnen 6 Monaten keine Entscheidungen
5. Säumnisbeschwerden werden erhoben
6. Punkt A Ziffer 5 gilt sinngemäß
**Dr.H** m.p.
P.S Erkläre an Eides statt, dass der Einschreiter mit **Dr.H** ident ist."
Herr Dr. ***H*** bediente sich bei der Übermittlung dieses Anbringens offensichtlich eines sogenannten "e-Fax Systems". Die Eingabe war nicht unterschrieben.
Mit dem an Herrn Dr. ***H*** gerichteten Beschluss vom 29. Juli 2025 erging seitens des Bundesfinanzgerichts nachtstehender Mängelbehebungsauftrag:
"Der beschwerdeführenden Partei wird gemäß § 85 Abs. 2 BAO iVm § 2a BAO aufgetragen, folgende Mängel zu beheben:
Der Eingabe vom 23. Juli 2025 fehlen:
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Die Behebung der angeführten Mängel wird innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses aufgetragen.
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt das Anbringen als zurückgenommen."
Die Zustellung dieses Mängelbehebungsauftrages an Herrn Dr. ***H*** erfolgte laut vorliegendem Rückscheinabschnitt am 01.08.2025.
Herr Dr. ***H*** reagierte nach der Aktenlage auf diesen Mängelbebungsauftrag nicht.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Eingabe des Dr. ***H***, die weder eine Unterschrift aufweist noch die im Mängelbehebungsauftrag erwähnten Angaben wie z.B. zutreffende Erfassungsnummer bzw. Steuernummer und das korrekte Datum aller bezughabenden Bescheide des Finanzamtes vollständig enthält. Das Bundesfinanzgericht konnte daher unbedenklich von einem berechtigten Mängelbehebungsauftrag ausgehen, dem seitens des Einschreiters nicht nachgekommen war.
Rechtslage:
§ 278 BAO:
(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
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so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 85 BAO:
(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
(3) Die Abgabenbehörde hat mündliche Anbringen der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenzunehmen,
a) wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen, oder
b) wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist, oder
c) wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann.
Zur Entgegennahme mündlicher Anbringen ist die Abgabenbehörde nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden verpflichtet, die bei der Abgabenbehörde durch Anschlag kundzumachen sind.
[…]
§ 86a BAO:
(1) Anbringen können im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird. Durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen kann zugelassen werden, daß sich der Einschreiter einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, daß das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt. Die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht können jedoch, wenn es die Wichtigkeit des Anbringens zweckmäßig erscheinen läßt, dem Einschreiter die unterschriebene Bestätigung des Anbringens mit dem Hinweis auftragen, daß dieses nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
(2) Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung im Sinn des Abs. 1 erster Satz bestimmen,
a)
unter welchen Voraussetzungen welche Arten der Datenübertragung an Abgabenbehörden und an Verwaltungsgerichte zugelassen sind,
b)
daß für bestimmte Arten von Anbringen bestimmte Arten der Datenübertragung ausgeschlossen sind und
c)
welche Unterlagen wie lange vom Einschreiter im Zusammenhang mit bestimmten Arten der Datenübertragung aufzubewahren sind.
(3)
Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung im Sinn des Abs. 1 erster Satz bestimmen, dass zum Zweck der erstmaligen Aufnahme einer Person in den Datenbestand der Bundesfinanzverwaltung oder der Ausstellung von Zugangsdaten zu FinanzOnline oder deren Rücksetzung ein videogestütztes elektronisches Verfahren zur Feststellung der Identität einer betroffenen Person (Online-Identifikation) eingesetzt werden darf. Die Online-Identifikation darf nur auf Antrag der betroffenen Person erfolgen. Zum Zweck der Identitätsfeststellung dürfen folgende Daten verarbeitet werden:
1. in Zusammenhang mit der Online-Identifikation übermittelte Dokumente und Unterlagen,
2. im Rahmen der Online-Identifikation angefertigte Videoaufnahmen,
3. im Rahmen der Online-Identifikation angefertigte Bildschirmkopien.
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zulassung von Telekopierern zur Einreichung von Anbringen an das Bundesministerium für Finanzen, an die Verwaltungsgerichte sowie an die Finanzämter, das Zollamt Österreich und das Amt für Betrugsbekämpfung (BGBl. Nr. 494/1991 idF BGBl II 579/2020) lautet auszugsweise:
§ 1 Für Anbringen im Sinn des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO, die in Abgaben-, Monopol- oder Finanzstrafangelegenheiten an das Bundesministerium für Finanzen, an die Verwaltungsgerichte, an ein Finanzamt, an das Zollamt Österreich oder an das Amt für Betrugsbekämpfung gerichtet werden, wird die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) zugelassen.
[…]
§ 3 Wird ein Anbringen gemäß § 1 unter Verwendung eines Telekopierers eingereicht, so ist der Einschreiter verpflichtet, das Original des Anbringens vor Einreichung zu unterschreiben und durch sieben Jahre zu Beweiszwecken aufzubewahren. Diese Frist läuft vom Schluß des Kalenderjahres, in dem das betreffende Anbringen unter Verwendung eines Telekopierers eingereicht worden ist.
Erwägungen:
Fehlt es an einem eigenhändig unterschriebenen Original des Anbringens iSd § 3 der Verordnung für die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers, wird das Anbringen aber nicht wie ein E-Mail, sondern mittels eines Telefaxgeräts oder gleich zu haltender Fax-Software an das Finanzamt, nämlich dessen Telefax-Anschlussstelle übermittelt, so liegt eine mangelhafte Eingabe vor. In diesem Fall kommt die allgemeine Regelung des § 85 Abs. 2 BAO zur Anwendung, wonach Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung berechtigen. Es ist mit einem Mängelbehebungsauftrag vorzugehen (§ 2a iVm § 85 Abs. 2 BAO - VwGH 29.5.2018, Ro 2017/15/0024).
Die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen sind laut ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sinngemäß im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu beachten.
Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber unzureichend entsprochen, gilt die Bescheidbeschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen. Der Eintritt dieser Folge wird durch den auf diese Rechtstatsache Bezug nehmenden, vom BFG im Sinne des § 278 Abs. 1 lit. b BAO zu erlassenden Beschluss nicht begründet, sondern festgestellt, und kann somit durch nach Fristablauf vorgenommene (verspätete) Mängelbehebungen nicht mehr beseitigt werden (VwGH 23.2.2023, Ra 2022/15/0083).
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 29. Juli 2025 wurde Herrn Dr. ***H*** gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO aufgetragen, die aufgezeigten Mängel (u.a. die fehlende Unterschrift) innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Der vorgenannte Beschluss (Mängelbehebungsauftrag) wurde am 01.08.2025 zugestellt.
Die seitens des Bundesfinanzgerichts festgesetzte Frist zur Mängelbehebung verstrich fruchtlos. Die beiden Säumnisbeschwerden gelten daher mit Ablauf der gesetzten Frist als zurückgenommen.
Gleiches gilt gem. § 86a Abs. 1 letzter Satz BAO hinsichtlich der o.a. Vorlageerinnerung.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Beschlusses des VwGH vom 28.5.2014, Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.
Obiter Dictum:
Nach der Aktenlage und laut Rücksprache mit dem Finanzamt besteht beim Finanzamt Österreich kein Verwaltungsverfahren unter der von Herrn Dr. ***H*** angeführten "Referenzzahl" ***1***.
Aktenkundig sind zwei seitens des Finanzamts Österreichs an den Einschreiter ergangene Bescheide vom 04.07.2024 und vom 08.07.2024. Die beiden dagegen erhobenen Beschwerden wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidungen vom 03.05.2025 als verspätet eingebracht zurück. Mangels Einbringung entsprechender Vorlageanträge durch Dr. ***H*** erwuchsen diese Zurückweisungen in Rechtskraft.
Wien, am 2. September 2025