Abkommen zwischen der Slowakei und Österreich über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen
Anwendungsbereich
Art. 2Benachrichtigung
Art. 3Umweltverträglichkeitserklärung und Gutachten
Art. 4Mitwirkung der Öffentlichkeit der betroffenen Partei
Art. 5Öffentliche Erörterung
Art. 6Konsultationen
Art. 7Abschließender Standpunkt und Genehmigungsentscheidungen
Art. 8Nachkontrolle
Art. 9Grundsätze für die Festsetzung und Einhaltung von Fristen
Art. 10Sprachen
Art. 11Form der Übermittlung von Dokumenten
Art. 12Aufwendungen
Art. 13Gemeinsame Projekte
Art. 14Zuständigkeit
Art. 15Verhältnis zu anderen Verträgen
Art. 16Streitbeilegung
Art. 17Schlussbestimmungen
Vorwort
Artikel 1
Art. 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Abkommen findet auf Vorhaben Anwendung, bei denen eine Vertragspartei auf Grund ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführt (im Folgenden „Ursprungspartei“) und die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die Umwelt der anderen Vertragspartei (im Folgenden „betroffene Partei“) haben könnten.
(2) Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung gem. Abs. 1 (im Folgenden „grenzüberschreitende UVP“) sind die Artikel 2 bis 7 der Espoo-Konvention gemeinsam mit den in den Artikel 2 bis 14 dieses Abkommens bestimmten näheren Regelungen anzuwenden.
Artikel 2
Art. 2 Benachrichtigung
(1) Die Ursprungsparteien benachrichtigen sich gegenseitig über Vorhaben gemäß Artikel 1 Abs. 1 dieses Abkommens.
(2) Im Rahmen der Benachrichtigung übermittelt die österreichische Seite als Ursprungspartei der slowakischen Seite:
a) grundlegende Angaben über das Vorhaben, insbesondere:
Bezeichnung des Vorhabens, Bezeichnung und Sitz des Projektwerbers, Zweck, Charakter und Standort des Vorhabens, kurze technische Beschreibung, voraussichtliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen, Pläne, in slowakischer Sprache;
b) das Konzept der Umweltverträglichkeitserklärung in deutscher Sprache; findet kein Vorverfahren statt: die Umweltverträglichkeitserklärung und den Genehmigungsantrag in deutscher Sprache;
c) eine Information über die Art der Genehmigung in slowakischer Sprache;
d) eine Information über das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich in slowakischer Sprache;
e) allenfalls andere vorliegende entscheidungsrelevante Unterlagen in deutscher Sprache
und setzt eine dem beantragten Vorhaben angemessene, jedoch vier Wochen nicht überscheitende Frist für die Übermittlung der Antwort der betroffenen Partei in slowakischer Sprache.
(3) Im Rahmen der Benachrichtigung übermittelt die slowakische Seite als Ursprungspartei der österreichischen Seite:
a) grundlegende Angaben über das Vorhaben, insbesondere:
Bezeichnung des Vorhabens, Bezeichnung und Sitz des Projektwerbers, Zweck, Charakter und Standort des Vorhabens, kurze technische Beschreibung, voraussichtliche grenzüberschreitende Umweltauswirkungen, Pläne, in deutscher Sprache;
b) die gesamte Anzeige des Vorhabens in slowakischer Sprache;
c) eine Information über die mögliche Art der Genehmigung in deutscher Sprache;
d) eine Information über das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Slowakei in deutscher Sprache;
e) allenfalls andere vorliegende entscheidungsrelevante Unterlagen in slowakischer Sprache
und setzt eine dem beantragten Vorhaben angemessene; jedoch vier Wochen nicht überschreitende Frist für die Übermittlung der Antwort der betroffenen Partei in deutscher Sprache.
(4) Die Angaben nach Abs. 2 und 3 werden wie folgt übermittelt:
a) Ist die österreichische Seite Ursprungspartei, so übersendet die zuständige österreichische Landesregierung oder das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, jeweils in Abstimmung mit dem österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, die Benachrichtigung gem. Abs. 2 dieses Artikels dem Umweltministerium der Slowakischen Republik;
b) ist die slowakische Seite Ursprungspartei, so übersendet das Umweltministerium der Slowakischen Republik die Benachrichtigung nach Abs. 3 dem österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
(5) Die Benachrichtigung wird übermittelt:
a) Ist die österreichische Seite Ursprungspartei: nach Beantragung des Vorverfahrens durch den Projektwerber spätestens zum Zeitpunkt, in dem die zuständige Behörde andere Behörden benachrichtigt; wenn kein Vorverfahren stattfindet: nach Übermittlung der Umweltverträglichkeitserklärung spätestens zum Zeitpunkt der Kundmachung der öffentlichen Auflage;
b) ist die slowakische Seite Ursprungspartei: nach Anzeige des Vorhabens durch den Projektwerber spätestens zum Zeitpunkt, in dem die Beteiligten des Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung benachrichtigt werden.
(6) Sofern dies möglich und sinnvoll ist, gibt die Ursprungspartei der betroffenen Partei die Möglichkeit, sich in einem allfälligen Feststellungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung zu äußern.
(7) Die betroffene Partei teilt ohne unnötigen Aufschub, jedoch spätestens zu dem in der Benachrichtigung angegebenen Zeitpunkt in der eigenen Sprache mit, ob sie an der Umweltverträglichkeitsprüfung teilnehmen will oder nicht. Beteiligt sich die betroffene Partei, so teilt sie gleichzeitig mit, wer Kontaktorgan ist (einschließlich Kontaktpersonen mit deren Telefon- und Faxnummern usw.) und welche weiteren Informationen sie wünscht und übermittelt nach Möglichkeit vorhandene Angaben über das betroffene Gebiet.
(8) Hat die betroffene Partei mitgeteilt, dass sie sich an der grenzüberschreitenden UVP beteiligt, so legt die Ursprungspartei in Abstimmung mit der betroffenen Partei Termine und Fristen für einzelne Abschnitte des grenzüberschreitenden Verfahrens fest, soweit solche Termine und Fristen nicht durch diese Abkommen definiert sind.
(9) Bei Bedarf tauschen die Vertragsparteien weitere für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt relevante Informationen aus, die ihnen zur Verfügung stehen.
(10) Ist eine der beiden Vertragsparteien der Ansicht, dass sie durch eine grenzüberschreitende Auswirkung eines unter Artikel 1 Abs. 1 fallenden Vorhabens erheblich betroffen sein kann und wurde sie nicht gemäß Abs. 1 benachrichtigt, so kann sie um die Beteiligung an einer grenzüberschreitenden UVP ersuchen. Ist die Ursprungspartei damit einverstanden, so übermittelt sie der betroffenen Partei die im Abs. 1 genannten Angaben. Die betroffene Partei nimmt in der Folge an der grenzüberschreitenden UVP teil wie in diesem Abkommen vorgesehen.
Artikel 3
Art. 3 Umweltverträglichkeitserklärung und Gutachten
(1) Sobald die Ursprungspartei im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung die Umweltverträglichkeitserklärung und den Genehmigungsantrag oder die Genehmigungsanträge erhält, übermittelt sie diese ohne unnötigen Aufschub der betroffenen Partei.
(2) In gleicher Weise wird nach Erhalt weiterer Dokumente vorgegangen:
a) die österreichische Seite übermittelt der slowakischen Seite das Umweltverträglichkeitsgutachten/die Zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen und gegebenenfalls weitere relevante Fachgutachten;
b) die slowakische Seite übermittelt der österreichischen Seite das Umweltverträglichkeitsgutachten und gegebenenfalls weitere relevante Fachgutachten.
(3) Die für die Identifikation der Auswirkungen auf die Umwelt der betroffenen Partei erforderlichen Teile der in Abs. 1 und 2 genannten Dokumente werden in der Sprache der betroffenen Partei übermittelt.
Artikel 4
Art. 4 Mitwirkung der Öffentlichkeit der betroffenen Partei
(1) Die betroffene Partei stellt sicher, dass sich die Öffentlichkeit an der grenzüberschreitenden UVP im selben Umfang und unter denselben Bedingungen wie die Öffentlichkeit der Ursprungspartei beteiligen kann.
(2) Die betroffene Partei informiert ihre Öffentlichkeit über Möglichkeiten und Formen der Beteiligung an der grenzüberschreitenden UVP, insbesondere über die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme zum geplanten Vorhaben sowie über Zeit und Ort ihrer Abgabe.
(3) Die betroffene Partei übermittelt der Ursprungspartei eine Zusammenfassung der eingebrachten Stellungnahmen der an der grenzüberschreitenden UVP Beteiligten in der Sprache der Ursprungspartei und alle Stellungnahmen im Original.
Artikel 5
Art. 5 Öffentliche Erörterung
(1) Organisiert die Ursprungspartei eine öffentliche Erörterung des Vorhabens, so teilt sie dies der betroffenen Partei mit und ermöglicht der Öffentlichkeit der betroffenen Partei die Teilnahme.
(2) Äußert die betroffene Partei Interesse an einer öffentlichen Erörterung auf ihrem Staatsgebiet, so stellt die Ursprungspartei nach Möglichkeit die Teilnahme des Antragstellers, der Autoren der Gutachten und gegebenenfalls weiterer an er grenzüberschreitenden UVP beteiligter Fachleute sicher.
(3) Diejenige Vertragspartei, die die öffentliche Erörterung organisiert, fertigt von der Erörterung ein Protokoll an und legt es innerhalb von sechs Wochen der jeweils anderen Vertragspartei in deren Sprache vor.
(4) Ist die österreichische Seite Ursprungspartei und findet nach österreichischem Recht keine öffentliche Erörterung statt, so ermöglicht die zuständige österreichische Behörde Vertretern der Slowakischen Republik die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ohne Beteiligung der Öffentlichkeit.
Artikel 6
Art. 6 Konsultationen
(1) Konsultationen können in jedem Stadium der Umweltverträglichkeitsprüfung und des Bewilligungsverfahrens nach gegenseitiger Vereinbarung zwischen Ursprungspartei und betroffener Partei stattfinden. Zu Beginn der Konsultationen vereinbaren diese Zeitplan, Inhalt und Teilnehmer.
(2) Inhalt der Konsultationen kann insbesondere sein:
a) Die gegenseitige Unterrichtung über den eigenen Standpunkt;
b) eine Präzisierung der Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung grenzüberschreitender Umweltauswirkungen;
c) gemeinsame Maßnahmen, soweit möglich,
d) die Sicherstellung gegenseitiger Information;
e) eine Nachkontrolle.
(3) Teil der Konsultationen kann auch die Behandlung des Vorhabens in bestehenden gemeinsamen Organen sein (z. B. Grenzgewässerkommission).
Artikel 7
Art. 7 Abschließender Standpunkt und Genehmigungsentscheidungen
(1) Die Ursprungspartei übermittelt der betroffenen Partei
a) wenn die österreichische Seite Ursprungspartei ist: alle Genehmigungsentscheidungen sowie gegebenenfalls die Trassenverordnung und allfällige gerichtliche Entscheidungen in der Sache,
b) wenn die slowakische Seite Ursprungspartei ist: den Abschließenden Standpunkt, alle Genehmigungsentscheidungen und allfällige gerichtliche Entscheidungen in der Sache.
(2) Die in Abs. 1 genannten Dokumente werden ohne unnötigen Aufschub, spätestens innerhalb von vier Wochen nach ihrer Erlassung übermittelt. Die Schlussfolgerungen (beim Abschließenden Standpunkt), der Spruch, die Maßnahmen und die für die betroffene Partei wesentlichen Teile der Begründung werden in der Sprache der betroffenen Partei, das gesamte Dokument in der Sprache der Ursprungspartei übermittelt.
Artikel 8
Art. 8 Nachkontrolle
Auf Verlangen der Ursprungspartei oder der betroffenen Partei wird festgelegt, ob eine Nachkontrolle durchgeführt wird und wenn ja, in welchem Ausmaß. Dabei ist auf mögliche negative grenzüberschreitende Umweltauswirkungen, die Gegenstand der grenzüberschreitenden UVP waren, Bedacht zu nehmen. Es ist nach Artikel 7 der Espoo-Konvention vorzugehen.
Artikel 9
Art. 9 Grundsätze für die Festsetzung und Einhaltung von Fristen
(1) Die Tage des Postenlaufes werden in die Fristen nach diesem Abkommen nicht eingerechnet.
(2) Bei der Festlegung von Fristen ist auf Fristen, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Ursprungspartei festgelegt sind, und auf die Komplexität der grenzüberschreitenden UVP (Charakter des Vorhabens, Übersetzungen usw.) Rücksicht zu nehmen.
Artikel 10
Art. 10 Sprachen
Für die Übersetzung bei Konsultationen und Gesprächen einschließlich der öffentlichen Erörterung ist die einladende Vertragspartei verantwortlich, sofern sich die Vertragsparteien nicht auf eine gemeinsame Sprache einigen.
Artikel 11
Art. 11 Form der Übermittlung von Dokumenten
Alle Dokumente werden in Papierform und, soweit möglich, auch in elektronischer Form übermittelt.
Artikel 12
Art. 12 Aufwendungen
(1) Aufwendungen für die Übersetzung der Unterlagen der Ursprungspartei in die Sprache der betroffenen Partei und Aufwendungen in Verbindung mit Konsultationen und Gesprächen einschließlich der öffentlichen Erörterung auf dem Staatsgebiet der Ursprungspartei trägt die Ursprungspartei.
(2) Aufwendungen in Verbindung mit der Organisation und Sicherstellung einer öffentlichen Erörterung trägt die einladende Vertragspartei. Ihre eigenen Aufwendungen trägt jede Vertragspartei selbst.
Artikel 13
Art. 13 Gemeinsame Projekte
Bei Vorhaben, bei denen beide Vertragsparteien zugleich Ursprungspartei und betroffene Partei sind, bemühen sind beide Parteien um eine gleichzeitige und soweit möglich auch gemeinsame Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und Erfüllung dieses Abkommens.
Artikel 14
Art. 14 Zuständigkeit
Zuständig für die Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens sind
a) für die slowakische Seite das Umweltministerium der Slowakischen Republik.
b) für die österreichische Seite das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und die zuständigen Landesregierungen.
Artikel 15
Art. 15 Verhältnis zu anderen Verträgen
Bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen der Vertragsparteien bleiben durch dieses Abkommen unberührt.
Artikel 16
Art. 16 Streitbeilegung
Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens oder der Espoo-Konvention versuchen die Vertragsparteien zunächst auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Wenn eine solche Lösung nicht zustande kommt, kann eine der Streitparteien ein Schiedsverfahren gemäß Anhang VII der Espoo-Konvention einleiten. Ein solches Schiedsverfahren kann nur dann eingeleitet werden, wenn beide Vertragsparteien eine Erklärung gemäß Artikel 15 Abs. 2 lit. b der Espoo-Konvention abgegeben haben.
Artikel 17
Art. 17 Schlussbestimmungen
(1) Dieses Abkommen unterliegt der Genehmigung gemäß den innerstaatlichen Vorschriften der Vertragsparteien. Das Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf den Tag der Zustellung der späteren Note folgt, in der die Vertragsparteien einander mitteilen, dass die für das In-Kraft-Treten des Abkommens durch innerstaatliche Rechtsvorschriften festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Die Vertragsparteien informieren einander über Änderungen innerstaatlicher Rechtsvorschriften, die für dieses Abkommen wesentlich sind. Dieses Abkommen kann nach gegenseitiger Vereinbarung der Vertragsparteien geändert und ergänzt werden. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform.
(3) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jede Vertragspartei kann dieses jedoch schriftlich auf diplomatischem Weg kündigen. Vor der Kündigung des Abkommens ist die Vertragspartei, die eine Kündigung erwägt, verpflichtet, mit der anderen Vertragspartei Gespräche über die Gründe der für die Kündigung und mögliche Lösungen außerhalb der Beendigung des Abkommens durch Kündigung zu führen. Die Gültigkeit dieses Abkommens endet nach Ablauf von sechs Monaten nach Notifizierung der Kündigung durch die andere Vertragspartei.
(4) Die grenzüberschreitende UVP für diejenigen Vorhaben, bei denen es bei Ende der Gültigkeit dieses Abkommens bereits zu einer Benachrichtigung gemäß Artikel 2 Abs. 1 dieses Abkommens gekommen ist, und bei denen bereits die Stellungnahme der betroffenen Partei gemäß Artikel 2 Abs. 7 existiert, ist gemäß den Bestimmungen dieses Abkommens zu Ende zu führen.
GESCHEHEN zu Luxemburg, am 14.10.2004 in zwei Urschriften in slowakischer und deutscher Sprache, wobei beide Sprachfassungen gleichermaßen authentisch sind.