BundesrechtInternationale VerträgeAbkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen (Marokko)

Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen (Marokko)

In Kraft seit 01. Juli 1995
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ARTIKEL 1

Definitionen

Art. 1

Für die Zwecke dieses Abkommens

(1) umfaßt der Begriff „Investition“ alle Vermögenswerte und insbesondere, aber nicht ausschließlich:

a) bewegliche und unbewegliche Sachen sowie sonstige dingliche Rechte, wie Hypotheken, Pfandrechte, dingliche Sicherungsrechte, Nutzungsrechte und ähnliche Rechte;

b) Aktien und andere Arten von Beteiligungen an Unternehmen;

c) Ansprüche auf Geld oder Ansprüche auf eine Leistung, die einen wirtschaftlichen Wert hat;

d) Urheberrechte, gewerbliche Schutzrechte, wie Erfinderpatente, Handelsmarken, gewerbliche Muster und Modelle sowie Gebrauchsmuster, technische Verfahren, Knowhow, Handelsnamen und Goodwill;

e) öffentlich-rechtliche Konzessionen für die Aufsuchung und die Gewinnung von Naturschätzen;

diese Investitionen müssen in Übereinstimmung mit den in den Gastländern in Kraft stehenden Rechtsvorschriften erfolgen;

(2) bezeichnet der Begriff „Investor“:

für die Republik Österreich

a) jede natürliche Person, die die Staatsangehörigkeit der Republik Österreich besitzt und eine Investition auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei tätigt;

b) jede juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts, die in Übereinstimmung mit der Gesetzgebung der Republik Österreich errichtet wurde, ihren Sitz im Hoheitsgebiet der Republik Österreich hat und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt; für das Königreich Marokko

a) jede natürliche Person, die die marokkanische Staatsangehörigkeit in Übereinstimmung mit der im Königreich Marokko in Kraft befindlichen Gesetzgebung besitzt und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt;

b) jede juristische Person, Personengesellschaft, sonstige Vereinigung oder Einrichtung, deren Statut auf der marokkanischen Gesetzgebung beruht, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet des Königreiches Marokko hat und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt;

(3) bezeichnet der Begriff „Erträge“ diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, und insbesondere, aber nicht ausschließlich Gewinne, Zinsen, Dividenden, Tantiemen, Lizenzgebühren, deren Vertragsgrundlagen von den zuständigen Behörden, soweit dies nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Gastlandes erforderlich ist, genehmigt wurden.

ARTIKEL 2

Förderung und Schutz von Investitionen

Art. 2

(1) Jede Vertragspartei fördert nach Möglichkeit in ihrem Hoheitsgebiet Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei, läßt diese in Übereinstimmung mit ihren Rechtsvorschriften zu und behandelt sie gerecht und billig.

(2) Investitionen gemäß Absatz 1 und ihre Erträge genießen den vollen Schutz dieses Abkommens. Gleiches gilt, unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 1, im Falle der Wiederveranlagung dieser Erträge.

(3) Die Erweiterung, Veränderung oder Umwandlung einer Investition, die in Übereinstimmung mit den im Gastland in Kraft stehenden Rechtsvorschriften vorgenommen wurden, gelten als neue Investition.

ARTIKEL 3

Behandlung von Investitionen

Art. 3

(1) Jede Vertragspartei behandelt die Investoren der anderen Vertragspartei und deren Investitionen nicht weniger günstig als die Investoren von Drittstaaten und deren Investitionen.

(2) Die Bestimmungen dieses Abkommens, eine nicht weniger günstige Behandlung zu gewähren, als sie Investoren eines Drittstaates und deren Investitionen eingeräumt wurde, können nicht dahin gehend ausgelegt werden, daß sie eine Vertragspartei verpflichten, den Investoren der anderen Vertragspartei den gegenwärtigen oder künftigen Vorteil einer Behandlung, einer Präferenz oder eines Privilegs einzuräumen, welcher sich ergibt aus

a) einer Zollunion, einem gemeinsamen Markt, einer Freihandelszone oder der Zugehörigkeit zu einer Wirtschaftsgemeinschaft,

b) einer im Rahmen eines bilateralen Investitionsschutzabkommens eingeräumten Inländergleichbehandlung;

c) einem internationalen Abkommen oder einer bilateralen Vereinbarung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit über Steuerfragen;

d) Regelungen zur Erleichterung des Grenzverkehrs;

e) allen Beihilfen, Zuwendungen, Darlehen, Versicherungen und Garantien, welche ihren eigenen Staatsbürgern oder Gesellschaften im Rahmen der Tätigkeiten und Programme der nationalen Entwicklung vorbehalten sind.

ARTIKEL 4

Enteignung

Art. 4

(1) Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnet der Begriff Enteignung auch eine Verstaatlichung oder jede andere der Enteignung in ihrer Wirkung und Art gleichkommende Maßnahme.

(2) Die Enteignung der Investitionen von Investoren einer Vertragspartei darf von der anderen Vertragspartei nur auf Grund eines rechtmäßigen Verfahrens, gegen Entschädigung, in nicht diskriminierender Weise und nur im öffentlichen Interesse vorgenommen werden. Die Vertragspartei, die eine solche Maßnahme getroffen hat, leistet dem Anspruchsberechtigten innerhalb angemessener Frist eine angemessene und effektive Entschädigung, die dem Wert der Investition unmittelbar vor dem Zeitpunkt entsprechen muß, in dem die Enteignung öffentlich bekannt wurde. Spätestens im Zeitpunkt der Enteignung muß in geeigneter Weise für die Festsetzung und Leistung der Entschädigung Vorsorge getroffen sein.

(3) Enteignet eine Vertragspartei die Vermögenswerte einer Gesellschaft, die gemäß Artikel 1 Absatz 2 dieses Abkommens als ihre eigene Gesellschaft anzusehen ist und an welcher ein Investor der anderen Vertragspartei Anteile besitzt, so wendet sie die Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels dergestalt an, daß die angemessene Entschädigung dieses Investors sichergestellt wird.

(4) Dem Investor steht das Recht zu, die Rechtmäßigkeit der Enteignung durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, überprüfen zu lassen.

(5) Dem Investor steht das Recht zu, die Höhe der Entschädigung entweder durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, oder durch das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten überprüfen zu lassen.

ARTIKEL 5

Überweisungen

Art. 5

(1) Jede Vertagspartei (Anm.: richtig: Vertragspartei) gewährleistet den Investoren der anderen Vertragspartei ohne ungebührliche Verzögerung den Transfer in konvertierbarer Währung der im Zusammenhang mit einer Investition stehenden Zahlungen, insbesondere, aber nicht ausschließlich:

a) der Investition;

b) der Erträge;

c) der Rückzahlung von in Devisen gewährten Darlehen;

d) des Erlöses im Falle vollständiger oder teilweiser Liquidation oder Veräußerung der Investition;

e) von Entschädigungen gemäß Artikel 4 Absatz 2.

(2) Die Überweisungen gemäß diesem Artikel erfolgen in konvertierbarer Währung zu den Wechselkursen, die am Tage der Überweisung gelten.

ARTIKEL 6

Eintrittsrecht

Art. 6

Leistet eine Vertragspartei oder eine von ihr hiezu ermächtigte Institution einem Investor Zahlungen auf Grund einer Garantie für eine Investition im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei, so erkennt diese andere Vertragspartei, unbeschadet der Rechte des Investors der erstgenannten Vertragspartei gemäß Artikel 8 und der Rechte der erstgenannten Vertragspartei gemäß Artikel 9, die Übertragung aller Rechte oder Ansprüche dieses Investors kraft Gesetzes oder auf Grund eines Rechtsgeschäftes auf die erstgenannte Vertragspartei an. Die zweitgenannte Vertragspartei erkennt auch das Eintrittsrecht der erstgenannten Vertragspartei in alle diese Rechte oder Ansprüche an, welche diese Vertragspartei in selben Umfange ausüben kann wie der frühere Anspruchsberechtigte. Für den Transfer der an die betreffende Vertragspartei auf Grund der übertragenen Rechte zu leistenden Zahlungen gelten Artikel 4 und Artikel 5 sinngemäß.

ARTIKEL 7

Andere Verpflichtungen

Art. 7

(1) Ergibt sich aus den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei oder aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, die neben diesem Abkommen zwischen den Vertragsparteien bestehen oder in Zukunft begründet werden, eine allgemeine oder besondere Regelung, durch die den Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung als nach diesem Abkommen zu gewähren ist, so geht diese Regelung dem vorliegenden Abkommen insoweit vor, als sie günstiger ist.

(2) Jede Vertragspartei hält jede vertragliche Verpflichtung ein, die sie gegenüber den Investoren der anderen Vertragspartei in bezug auf von ihr genehmigte Investitionen in ihrem Hoheitsgebiet übernommen hat.

ARTIKEL 8

Meinungsverschiedenheiten ans Investitionen

Art. 8

(1) Entstehen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei Meinungsverschiedenheiten aus einer Investition, so werden diese, soweit wie möglich, zwischen den Streitparteien freundschaftlich beigelegt.

(2) Kann eine solche Meinungsverschiedenheit nicht innerhalb von sechs Monaten vom Zeitpunkt einer schriftlichen Mitteilung von Ansprüchen beigelegt werden, wird die Meinungsverschiedenheit auf Antrag der Vertragspartei oder des Investors der anderen Vertragspartei zur Durchführung eines Vergleichsverfahrens oder eines Schiedsverfahrens dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, welches durch die am 18. März 1965 in Washington zur Unterzeichnung aufgelegte Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsangehörigen anderer Staaten geschaffen wurde, unterbreitet. Im Falle eines Schiedsverfahrens stimmt jede Vertragspartei auch ohne Vorliegen einer individuellen Schiedsvereinbarung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor durch dieses Abkommen unwiderruflich im vorhinein zu, solche Meinungsverschiedenheiten dem Zentrum zu unterbreiten und den Schiedsspruch als bindend anzuerkennen. Diese Zustimmung beinhaltet den Verzicht auf das Erfordernis, daß das innerstaatliche Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren erschöpft worden ist.

(3) Die Entscheidung ist endgültig und bindend; sie wird nach innerstaatlichem Recht vollstreckt; jede Vertragspartei stellt die Anerkennung und Druchsetzung (Anm.: richtig: Durchsetzung) der Schiedssprüche in Übereinstimmung mit ihren einschlägigen Rechtsvorschriften sicher.

(4) Eine Vertragspartei, die Streitpartei ist, macht in keinem Stadium des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens oder der Durchsetzung eines Schiedsspruchs als Einwand geltend, daß der Investor, der die andere Streitpartei bildet, auf Grund einer Garantie bezüglich einiger oder aller seiner Verluste eine Entschädigung erhalten hat.

ARTIKEL 9

Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien

Art. 9

(1) Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens sollen, soweit wie möglich, durch freundschaftliche Verhandlungen beigelegt werden.

(2) Kann eine solche Meinungsverschiedenheit innerhalb von sechs Monaten nicht beigelegt werden, so kann sie auf Verlangen einer Vertragspartei einem Schiedsgericht unterbreitet werden.

(3) Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall gebildet. Jede Vertragspartei bestellt je ein Mitglied. Diese auf diese Weise bestellten beiden Mitglieder wählen einen Angehörigen eines Drittstaates als Vorsitzenden des Gerichtes. Die Mitglieder sind innerhalb von zwei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei der anderen mitgeteilt hat, daß sie die Meinungsverschiedenheit einem Schiedsgericht unterbreiten will, der Vorsitzende innerhalb von weiteren zwei Monaten zu bestellen.

(4) Werden die in Absatz 3 genannten Fristen nicht eingehalten, so kann in Ermangelung einer anderen Vereinbarung jede Vertragspartei den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes bitten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Präsident des Internationalen Gerichtshofes die Staatsangehörigkeit einer der beiden Vertragsparteien oder ist er aus einem anderen Grund verhindert, diese Funktion wahrzunehmen, so kann der Vizepräsident oder, im Falle seiner Verhinderung, das dienstälteste Mitglied des Internationalen Gerichtshofes unter denselben Voraussetzungen eingeladen werden, die Ernennungen vorzunehmen.

(5) Das Schiedsgericht regelt sein Verfahren selbst.

(6) Das Schiedsgericht entscheidet auf Grund dieses Abkommens sowie auf Grund der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts. Es entscheidet mit Stimmenmehrheit; die Entscheidung ist endgültig und bindend.

(7) Jede Vertragspartei trägt die Kosten ihres Mitglieds und ihrer Vertretung in dem Schiedsverfahren. Die Kosten des Vorsitzenden sowie die sonstigen Kosten werden von den beiden Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen. Das Gericht kann jedoch in seiner Entscheidung eine andere Kostenregelung treffen.

ARTIKEL 10

Inkrafttreten und Dauer

Art. 10

(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation und tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der dem Monat folgt, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht wurden.

(2) Das Abkommen bleibt zehn Jahre lang in Kraft; nach deren Ablauf wird es auf unbegrenzte Zeit verlängert, sofern nicht eine der beiden Vertragsparteien das Abkommen zwölf Monate vor seinem Ablauf schriftlich kündigt.

(3) Für Investitionen, die vor dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Abkommens vorgenommen worden sind, gelten die Artikel 1 bis 9 noch für weitere zehn Jahre vom Tage des Außerkrafttretens des Abkommens an.

GESCHEHEN zu Rabbat, am 2. November 1992, in zwei Urschriften, jede in deutscher, arabischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen authentisch ist. Bei unterschiedlicher Auslegung hat der französische Wortlaut Vorrang.