BundesrechtInternationale VerträgeVertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen

Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen

In Kraft seit 21. August 2015
Up-to-date

ARTIKEL I

Art. 1

Jeder Atomwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, an keinen wie immer gearteten Empfänger Kernwaffen oder andere nukleare Sprengvorrichtungen oder die Kontrolle über derartige Waffen oder Sprengvorrichtungen direkt oder indirekt zu übertragen, noch auf irgendeine Weise einen Nichtatomwaffenstaat zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Kernwaffen oder andere nukleare Sprengvorrichtungen herzustellen oder auf andere Weise zu erlangen oder die Kontrolle über derartige Waffen oder Sprengvorrichtungen zu erlangen.

ARTIKEL II

Art. 2

Jeder Nichtatomwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, eine Übertragung von Atomwaffen oder anderen nuklearen Sprengvorrichtungen oder der Kontrolle über derartige Waffen oder Sprengvorrichtungen weder direkt noch indirekt von einem wie immer gearteten Übergeber anzunehmen, keine Atomwaffen oder anderen nuklearen Sprengvorrichtungen herzustellen oder auf andere Weise zu erlangen, keine Unterstützung für die Herstellung von Atomwaffen oder anderen nuklearen Sprengvorrichtungen anzustreben oder anzunehmen.

ARTIKEL III

Art. 3

1. Jeder Nichtatomwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich zur Annahme der Sicherheitskontrollen, die in einem mit der Internationalen Atomenergieorganisation entsprechend dem Statut der Internationalen Atomenergieorganisation und dem Sicherheitskontrollsystem dieser Organisation auszuhandelnden und abzuschließenden Vertrag festgelegt werden und die dem ausschließlichen Zweck einer Überprüfung der Einhaltung seiner im Rahmen dieses Vertrages übernommenen Verpflichtungen dienen, um zu verhindern, daß Atomenergie von friedlichen Verwendungszwecken für Atomwaffen oder andere nukleare Sprengvorrichtungen abgezweigt wird. Die Maßnahmen für die auf Grund dieses Artikels vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen sind in bezug auf Ausgangsmaterial oder besonderes spaltbares Material durchzuführen, gleichgültig, ob es in einer eigentlichen Kernenergieanlage hergestellt, aufgearbeitet oder verwendet wird oder sich außerhalb einer solchen Anlage befindet. Die in diesem Artikel vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen sind auf jedes Ausgangsmaterial oder besondere spaltbare Material bei allen friedlichen Arbeiten mit Atomenergie anzuwenden, die innerhalb des Gebietes des betreffenden Staates, unter seiner Gerichtsbarkeit oder irgendwo unter seiner Kontrolle durchgeführt werden.

2. Jeder Staat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich,

a) Ausgangs- oder besonderes spaltbares Material oder b) Ausrüstung oder Material, die bzw. das für die Aufarbeitung, Verwendung oder Herstellung von besonderem spaltbarem Material besonders konstruiert oder vorbereitet ist, einem Nichtatomwaffenstaat für friedliche Zwecke nur dann zu liefern, wenn das Ausgangs- oder besondere spaltbare Material den in diesem Artikel vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen unterworfen wird.

3. Die in diesem Artikel vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen sind derart durchzuführen, daß Artikel IV dieses Vertrages eingehalten und eine Behinderung der wirtschaftlichen oder technischen Entwicklung der Vertragsparteien oder eine internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Kernenergie, einschließlich des internationalen Austausches von Kernmaterial und Einrichtungen für die Aufarbeitung, Verwendung oder Herstellung von Kernmaterial für friedliche Zwecke, entsprechend den Bestimmungen dieses Artikels und dem in der Präambel des Vertrages festgehaltenen Sicherheitsprinzip vermieden wird.

4. Nichtatomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, schließen mit der Internationalen Atomenergieorganisation Verträge ab, um den Bestimmungen dieses Artikels entweder einzeln oder zusammen mit anderen Staaten gemäß dem Statut der Internationalen Atomenergieorganisation zu entsprechen. Die Verhandlungen über diese Verträge haben innerhalb von 180 Tagen ab dem ursprünglichen Inkrafttreten dieses Vertrages zu beginnen. Für Staaten, die ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden nach der 180tägigen Frist hinterlegen, beginnen die Verhandlungen über diese Verträge spätestens mit dem Tage dieser Hinterlegung. Diese Verträge treten spätestens achtzehn Monate nach dem Zeitpunkt der Aufnahme der Verhandlungen in Kraft.

ARTIKEL IV

Art. 4

1. Keine Bestimmung dieses Vertrages darf dahin ausgelegt werden, daß sie das unveräußerliche Recht aller Vertragsparteien berührt, die Atomforschung und die Erzeugung und Verwendung von Atomenergie für friedliche Zwecke ohne Diskriminierung und in Übereinstimmung mit Artikel I und II dieses Vertrages zu entwickeln.

2. Alle Vertragsparteien verpflichten sich, einen möglichst vollständigen Austausch von Ausrüstung und Material sowie von wissenschaftlichen und technischen Informationen für die friedliche Verwendung der Atomenergie zu ermöglichen, und sind berechtigt, sich an einem solchen Austausch zu beteiligen. Die Vertragsparteien, die hiezu in der Lage sind, arbeiten auch zusammen, um allein oder zusammen mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen zur Weiterentwicklung der Verwendungsmöglichkeiten der Atomenergie für friedliche Zwecke insbesondere in den Gebieten der Nichtatomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, unter gebührender Berücksichtigung der Erfordernisse der Entwicklungsgebiete der Welt beizutragen.

ARTIKEL V

Art. 5

Jede Vertragspartei verpflichtet sich, geeignete Maßnahmen zu treffen, um zu gewährleisten, daß im Sinne des vorliegenden Vertrages die potentiellen Vorteile aus jeglicher friedlichen Verwendung von Kernexplosionen unter einer geeigneten internationalen Beobachtung und im Wege geeigneter internationaler Verfahren den Nichtatomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, ohne jede Diskriminierung zugänglich gemacht werden und daß die diesen Vertragsparteien für die verwendeten Sprengvorrichtungen erwachsenden Kosten so niedrig wie möglich sind und jegliche Kosten für Forschung und Entwicklung ausschließen. Nichtatomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, müssen solche Vorteile auf Grund eines oder mehrerer internationaler Sonderverträge im Wege eines geeigneten internationalen Gremiums, in dem Nichtatomwaffenstaaten entsprechend vertreten sind, erlangen können. Die Verhandlungen hierüber beginnen so bald wie möglich nach dem Inkrafttreten des Vertrages. Nichtatomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, können, wenn sie dies wünschen, diese Vorteile auch im Rahmen bilateraler Abkommen erlangen.

ARTIKEL VI

Art. 6

Jede der Vertragsparteien verpflichtet sich, in gutem Glauben Verhandlungen über wirksame Maßnahmen betreffend die baldige Beendigung des Wettrüstens mit Atomwaffen und die nukleare Abrüstung sowie über einen Vertrag betreffend eine allgemeine und vollständige Abrüstung unter einer strengen und wirksamen internationalen Überwachung zu führen.

ARTIKEL VII

Art. 7

Durch keine der Bestimmungen des vorliegenden Vertrages wird das Recht einer Staatengruppe berührt, regionale Verträge abzuschließen, um zu gewährleisten, daß in ihren jeweiligen Gebieten keinerlei Kernwaffen vorhanden sind.

ARTIKEL VIII

Art. 8

1. Jede Vertragspartei kann Abänderungen zu diesem Vertrag vorschlagen. Der Text jeder vorgeschlagenen Abänderung ist den Regierungen der Depositarmächte zu unterbreiten, die sie an alle Vertragsparteien aussenden, worauf die Depositarmächte auf Ersuchen von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien eine Konferenz zur Beratung über eine derartige Abänderung einberufen, zu der sämtliche Vertragsparteien einzuladen sind.

2. Jede Abänderung dieses Vertrages muß mit der Mehrheit der Stimmen aller Vertragsparteien, darunter den Stimmen aller Atomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, sowie aller anderen Vertragsparteien angenommen werden, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abänderung ausgesandt wird, Mitglieder des Gouverneursrates der Internationalen Atomenergieorganisation sind. Die Abänderung tritt für jede Vertragspartei, die ihre Ratifikationsurkunde über die Abänderung hinterlegt, mit Hinterlegung solcher Ratifikationsurkunden durch eine Mehrheit aller Vertragsparteien in Kraft, einschließlich der Ratifikationsurkunden aller Atomwaffenstaaten, die Vertragsparteien sind, sowie aller anderen Vertragsparteien, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abänderung ausgesandt wird, Mitglieder des Gouverneursrates der Internationalen Atomenergieorganisation sind. Hernach tritt sie für jede andere Vertragspartei mit Hinterlegung der Ratifikationsurkunde über die Abänderung in Kraft.

3. Fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages ist in Genf, Schweiz, eine Konferenz der Vertragsparteien zur Überprüfung der Durchführung dieses Vertrages abzuhalten, um sicherzustellen, daß die Ziele der Präambel und die Bestimmungen des Vertrages verwirklicht werden. Hernach kann eine Mehrheit der Vertragsparteien in Zeitabständen von fünf Jahren durch Unterbreitung eines diesbezüglichen Vorschlages an die Regierungen der Depositarmächte die Einberufung weiterer Konferenzen zum gleichen Zweck der Überprüfung der Durchführung dieses Vertrages erwirken.

ARTIKEL IX

Art. 9

1. Dieser Vertrag steht allen Staaten zur Unterzeichnung offen. Ein Staat, der den Vertrag nicht vor dessen Inkrafttreten gemäß Absatz 3 dieses Artikels unterzeichnet, kann ihm jederzeit beitreten.

2. Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation durch die Signatarstaaten. Die Ratifikationsurkunden sowie die Beitrittsurkunden sind bei den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken zu hinterlegen, die hiermit zu Depositarmächten bestimmt werden.

3. Dieser Vertrag tritt nach seiner Ratifikation seitens der Depositarmächte und 40 weiterer Signatarstaaten des Vertrages und nach Hinterlegung von deren Ratifikationsurkunden in Kraft. Im Sinne dieses Vertrages ist unter einem Atomwaffenstaat ein Staat zu verstehen, der eine Atomwaffe oder eine andere nukleare Sprengvorrichtung vor dem 1. Jänner 1967 hergestellt und zur Explosion gebracht hat.

4. Für jene Staaten, deren Ratifikations- oder Beitrittsurkunden nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages hinterlegt werden, tritt er am Tage der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunden in Kraft.

5. Die Regierungen der Depositarmächte haben allen Signatarstaaten und beitretenden Staaten unverzüglich den Tag jeder Unterzeichnung, den Tag der Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Beitrittsurkunde, den Tag des Inkrafttretens dieses Vertrages und den Tag des Erhaltes jedes Ersuchens um Einberufung einer Konferenz oder anderer Mitteilungen bekanntzugeben.

6. Dieser Vertrag ist von den Regierungen der Depositarmächte gemäß Artikel 102 der Satzung der Vereinten Nationen einzutragen.

ARTIKEL X

Art. 10

1. Jede Vertragspartei hat in Ausübung ihrer staatlichen Souveränität das Recht, von dem Vertrag zurückzutreten, wenn sie zu dem Schluß kommt, daß außerordentliche, mit dem Gegenstand dieses Vertrages in Zusammenhang stehende Ereignisse die obersten Interessen ihres Landes gefährden. Sie hat allen anderen Vertragsparteien und dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen drei Monate im voraus von diesem Rücktritt Mitteilung zu machen. Diese Mitteilung muß eine Darstellung der außerordentlichen Ereignisse enthalten, die ihrer Ansicht nach ihre obersten Interessen gefährden.

2. Fünfundzwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertrages wird eine Konferenz zur Entscheidung darüber einberufen, ob der Vertrag unbegrenzt in Kraft bleiben oder für einen weiteren bestimmten Zeitraum oder bestimmte Zeiträume verlängert werden soll. Dieser Beschluß wird mit Mehrheit der Vertragsparteien gefaßt.

ARTIKEL XI

Art. 11

Dieser Vertrag, dessen englische, russische, französische, spanische und chinesische Fassung gleichermaßen authentisch ist, ist in den Archiven der Regierungen der Depositarmächte zu hinterlegen. Die Regierungen der Depositarmächte haben den Regierungen der Signatarstaaten und beitretenden Staaten ordnungsgemäß beglaubigte Abdrucke dieses Vertrages zu übermitteln.

ZU URKUND DESSEN haben die gehörig bevollmächtigten Unterfertigten diesen Vertrag unterzeichnet.

GESCHEHEN in drei Urschriften in Washington, London und Moskau am 1. Juli 1968.