BundesrechtInternationale VerträgeDoppelbesteuerung – Einkommen-, Vermögens- und Erbschaftssteuer (Liechtenstein)

Doppelbesteuerung – Einkommen-, Vermögens- und Erbschaftssteuer (Liechtenstein)

In Kraft seit 26. September 1956
Up-to-date

I. Abschnitt

Zweck und Umfang des Abkommens

Artikel 1

Art. 1

(1) Dieses Abkommen soll den Steuerpflichtigen der beiden Staaten Schutz vor der Doppelbesteuerung gewähren, die sich ergeben könnte aus der gleichzeitigen Anwendung der österreichischen und der liechtensteinischen Gesetze über die ordentlichen und außerordentlichen Steuern:

a) vom Einkommen und vom Vermögen;

b) von Erbschaften beim Ableben einer Person, die im Zeitpunkt ihres Todes in einem der beiden Staaten ihren Wohnsitz hatte.

(2) Als Steuern im Sinne dieses Abkommens gelten:

a) vom Einkommen und vom Vermögen solche Steuern, die auf Grund der österreichischen oder der liechtensteinischen Gesetzgebung vom Gesamteinkommen oder Teilen desselben und vom Gesamtvermögen oder Teilen desselben erhoben werden, mit Einschluß der Steuern vom Gewinn aus der Veräußerung beweglichen oder unbeweglichen Vermögens (Kapital- und Liegenschaftsgewinn) sowie vom Wert- und Vermögenszuwachs;

b) von Erbschaften solche Steuern, die auf Grund der österreichischen oder liechtensteinischen Gesetzgebung von Todes wegen in Form von Erbanfall- oder Nachlaßsteuern erhoben werden.

(3) Das Abkommen bezieht sich auf die für Rechnung eines der beiden Staaten, der Bundesländer, Bezirke, Gemeinden und der Gemeindeverbände erhobenen, insbesondere auf die in den Anlagen I (österreichische Gesetzgebung) und II (liechtensteinische Gesetzgebung) angeführten Steuern sowie auf künftige Steuern gleicher oder ähnlicher Art, die neben diese oder an deren Stelle treten. Das Abkommen gilt auch für Steuern, die in Form von Zuschlägen erhoben werden.

III. Abschnitt

Erbschaftssteuern

Artikel 11

Art. 11

(1) Unbewegliches Vermögen (einschließlich des Zubehörs sowie des einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden lebenden und toten Inventars) ist den Erbschaftssteuern nur in dem Staate unterworfen, in dem sich dieses Vermögen befindet. Artikel 3 Absätze 2 bis 5 finden entsprechende Anwendung.

(2) Das in Unternehmen von Handel, Industrie und Gewerbe jeder Art angelegte bewegliche Vermögen unterliegt den Erbschaftssteuern nur in dem Staate, in dem das Unternehmen eine Betriebsstätte hat. Die Bestimmungen des Artikels 4 finden entsprechende Anwendung.

(3) Das in ständigen Einrichtungen angelegte, der Ausübung eines freien Berufes in einem der beiden Staaten dienende bewegliche Vermögen unterliegt den Erbschaftssteuern nur in dem Staate, in dem sich diese Einrichtungen befinden.

Artikel 12

Art. 12

(1) Das nicht nach Artikel 11 zu behandelnde Nachlaßvermögen unterliegt den Erbschaftssteuern nur in dem Staate, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz hatte.

(2) Für den Begriff des Wohnsitzes sind die Bestimmungen des Artikels 2 Absätze 2 und 3 maßgebend.

Artikel 13

Art. 13

Nachlaßschulden werden im Verhältnis der in jedem Staate der Steuer unterliegenden Teile der rohen Nachlaßaktiven zum gesamten vom Erblasser hinterlassenen Rohvermögen in Abzug gebracht.

IV. Abschnitt

Schlußbestimmungen

Artikel 14

Art. 14

(1) Legt ein Steuerpflichtiger dar, daß die Maßnahmen der Steuerbehörden in den beiden Staaten für ihn die Wirkung einer Besteuerung haben, die den Grundsätzen dieses Abkommens widerspricht, so kann er dagegen beim Staate seines Wohnsitzes Einspruch erheben. Wird der Einspruch für begründet erachtet, so soll die oberste Verwaltungsbehörde dieses Staates, wenn sie auf ihren eigenen Steueranspruch nicht verzichten will, mit der obersten Verwaltungsbehörde des anderen Staates eine Verständigung versuchen, um in billiger Weise eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

(2) Zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen in Fällen, die in diesem Abkommen nicht geregelt sind, sowie auch in Fällen von Schwierigkeiten oder Zweifeln bei der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden sich die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Staaten verständigen.

Artikel 15

Art. 15

Dieses Abkommen, das in zwei Urschriften ausgefertigt ist, soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen baldmöglichst in Wien ausgetauscht werden.

Artikel 16

Art. 16

Dieses Abkommen tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft; seine Bestimmungen finden erstmals Anwendung:

a) auf die Steuern vom Einkommen und Vermögen, die für die Zeit nach dem 31. Dezember 1955 erhoben werden,

b) auf die im Abzugswege an der Quelle erhobenen Steuern von Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen, die im Kalenderjahre 1956 fällig werden,

c) auf die Erbschaftssteuern von Nachlässen der Personen, die nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden sterben.

Artikel 17

Art. 17

Dieses Abkommen bleibt in Kraft, solange es nicht von einem der beiden Staaten gekündigt worden ist. Jeder der beiden Staaten kann das Abkommen oder einen der Abschnitte II oder III unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf das Ende des betreffenden Kalenderjahres kündigen. In diesem Falle wird das Abkommen letztmals angewendet:

a) auf die nicht unter lit. b fallenden Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die für die Zeit vor Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Ende die Kündigung erfolgt ist, erhoben werden;

b) auf die im Abzugswege an der Quelle erhobenen Steuern von Einkünften aus beweglichem Kapitalvermögen, die während des Kalenderjahres fällig werden, auf dessen Ende die Kündigung erfolgt ist;

c) auf die Erbschaftssteuern von Nachlässen der Personen, die vor Ablauf des Kalenderjahres sterben, auf dessen Ende die Kündigung erfolgt ist.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten dieses Abkommen unterzeichnet und mit Siegeln versehen.

Gegeben in doppelter Urschrift zu Vaduz, den 7. Dezember 1955.

Anlage I

Anl. 1

(Österreichische Steuergesetzgebung)

Das Abkommen bezieht sich insbesondere auf die folgenden österreichischen Steuern:

a) Einkommensteuer,

b) Körperschaftsteuer,

c) Vermögensteuer,

d) Beitrag vom Einkommen zur Förderung des Wohnbaues und für Zwecke des Familienlastenausgleichs,

e) Aufsichtsratsabgabe,

f) Gewerbesteuer,

g) Grundsteuer,

h) Erbschaftssteuer.

Anlage II

Anl. 2

(Liechtensteinische Steuergesetzgebung)

Das Abkommen bezieht sich insbesondere auf die folgenden liechtensteinischen Steuern:

a) Erwerbssteuer,

b) Gesellschaftssteuer,

c) Vermögenssteuer,

d) Couponsteuer,

e) Nachlaß- und Erbanfallsteuer.

Schlußprotokoll

Anl. 3

Bei der Unterzeichnung des heute zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Erbschaftssteuern haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende übereinstimmende Erklärungen abgegeben, die einen integrierenden Bestandteil des Abkommens bilden:

Zu Artikel 1

(1) Die in den Anlagen I und II enthaltene Aufzählung der Steuern, auf die das Abkommen Anwendung findet, ist nicht abschließend. Die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Staaten, das sind österreichischerseits das Bundesministerium für Finanzen und liechtensteinischerseits die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, werden sich am Ende jedes Jahres die in der Steuergesetzgebung eingetretenen Änderungen mitteilen.

(2) Allfällige Zweifel über die Frage, auf welche Steuern das Abkommen Anwendung zu finden habe, werden die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Staaten im Einvernehmen klären.

(3) Das Abkommen findet keine Anwendung auf die Besteuerung von Schenkungen und von solchen Zweckzuwendungen unter Lebenden, die nicht der Erbschaftssteuer unterliegen; vorbehalten bleibt die Verständigung nach Artikel 14 Absatz 2.

(4) Durch die Bestimmungen dieses Abkommens erfahren die Begünstigungen, die den Steuerpflichtigen nach der Gesetzgebung jedes der beiden Staaten oder auf Grund von zwischenstaatlichen Abmachungen zukommen, keine Einschränkung.

Zu Artikel 11

Die Bestimmungen des Schlußprotokolls zu den Artikeln 3 und 4 finden auf Artikel 11 entsprechend Anwendung.

Zu Artikel 11 und 12

Dieses Abkommen beschränkt nicht die Befugnis der beiden Staaten, die Erbschaftssteuern auf den ihnen zur ausschließlichen Besteuerung zugewiesenen Teilen eines Nachlasses nach dem Satze zu berechnen, der Anwendung fände, wenn der ganze Nachlaß oder Erwerb von Todes wegen in diesem Staate der Steuer unterläge.

Zu Artikel 14

(1) Die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 14 Absatz 1 ist einerseits von der Erschöpfung des Rechtsweges durch den Steuerpflichtigen nicht abhängig und hindert anderseits den Steuerpflichtigen nicht an der Geltendmachung der gesetzlichen Rechtsmittel.

(2) Der Steuerpflichtige soll seinen Einspruch nach Artikel 14 Absatz 1 in der Regel innerhalb Jahresfrist nach Ablauf des Kalenderjahres erheben, in dem er, sei es durch Zustellung von Steuerrechnungen (Steuerbescheiden) oder durch Eröffnung anderer amtlicher Verfügungen, Kenntnis vom Bestehen einer Doppelbesteuerung erhalten hat.

Zu Artikel 16

Für die Steuern, die für die Zeit bis zum 31. Dezember 1955 erhoben werden, sind die Bestimmungen des am 28. Juni 1950 vereinbarten Gegenrechtsverhältnisses zum Zwecke der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der einmaligen Abgaben vom Vermögenszuwachs und vom Vermögen anzuwenden.

Gegeben in doppelter Urschrift zu Vaduz, den 7. Dezember 1955.