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§127 StGB – Diebstahl

Wann ist ein Diebstahl strafrechtlich relevant? 🧐

Sijin Sun

Legal & Marketing

Femininum

Willkommen zu unserer einfachen Erklärung des §127 Strafgesetzbuch (StGB), in dem es um den Diebstahl geht.


Objektiver & subjektiver Tatbestand

Wer eine

  • fremde, bewegliche Sache einem anderen (= Tatobjekt)

  • mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (= Eventualvorsatz, Zueignungsvorsatz & Bereicherungsvorsatz)

  • wegnimmt, (= Tathandlung)

ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Tatobjekt

  • Eine fremde, Die Sache muss zumindest im Miteigentum einer anderen Person stehen, sprich du darfst entweder nicht allein oder gar nicht über die Sache verfügen.

  • bewegliche & körperliche Die Sache muss beweglich und körperlich sein, sprich man muss sie tatsächlich von einem Ort an einen anderen Ort bewegen können. Darunter fallen z.B. Autos, Taschen, Laptops, Geld… Es genügt auch, dass durch die Tat die Sache erst zu einer beweglichen wird, z.B. Baum wird abgesägt und gestohlen. Körperlich muss die Sache sein, da sonst eine “Wegnahme”, also die Tathandlung, nicht möglich ist. Nicht körperliche Sachen sind zum Beispiel Forderungen, weil man sie nicht “wegnehmen” und daher auch kein Gewahrsam an ihnen begründen kann.

  • Sache, Das Strafgesetzbuch hat keine eigene Definition, was eine “Sache” ist, somit wird auf die des §285 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) gegriffen. Demnach ist eine Sache “Alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt.”

  • die einen nicht unerheblichen Tauschwert hat. Warum die gestohlene Sache einen Tauschwert aufweisen muss, hängt mit dem benötigten Bereicherungsvorsatz zusammen, welcher unten erläutert wird. Man kann sich mit der Wegnahme einer Sache nur bereichern, wenn diese einen Wert hat und somit das Vermögen erhöhen kann. Eine Sache besitzt Tauschwert, wenn man sie verkaufen könnte. Keinen Tauschwert besitzen personenbezogene Urkunden wie Führerscheine und Reisepässe. Lies dir dazu unseren Artikel “§229 Strafgesetzbuch – einfach erklärt” zur Urkundenunterdrückung durch! Es scheitert also sehr selten am Tauschwert, nämlich nur bei völlig unnützlichen Sachen, wofür kein Mensch Geld bezahlen würde. Zu denken ist beispielsweise an unleserlich beschriebene Notizzettel.

Sonderfall: Weggeworfene Sachen

Grundsätzlich kann jede Eigentümerin ihre Sachen wegwerfen. Im rechtlichen Sinn nennt man diesen Akt auch “Dereliktion”, also das freiwillige Aufgeben des Eigentums an einer Sache. Ein solcher Wille darf aber im Zweifel nicht angenommen werden. Wird eine Sache derelinquiert, fehlt es bereits an der Fremdheit der Sache, weil sie niemanden mehr gehört. Sprich diese Sache kann nicht gestohlen werden.

Nach herrschender Ansicht ist Hausmüll in der Mülltonne derelinquiert und kann daher nicht gestohlen werden. Aber Container die erkennbar zum Sammeln von bestimmten Sachen aufgestellt werden, wie Altpapier-, Glas- oder Lebensmittelcontainer, können sehr wohl als fremd angesehen werden, weil sie mit Einwurf in den Container ins Eigentum der Containerbetreiber bzw. Müllabfuhrunternehmer fallen.

Eine weitere Problematik stellt sich auch bei der Frage des “nicht unerheblichen Tauschwerts” weggeworfener Sachen. Übrig gebliebene Essensportionen haben wohl keinen wirtschaftlichen Tauschwert mehr. Aber originalverpackte Lebensmittel vom Supermarkt möglicherweise schon. Hier müsste auf die Qualität und Menge abgestellt werden. In dieser Konstellation ist auch die Privilegierung des §141 Strafgesetzbuch (StGB) (siehe unten) zu beachten, da diese auf geringwertige Tatobjekte abstellt.

Tathandlung

Die Tathandlung ist die Wegnahme der Sache. Es muss zu einem Gewahrsamsbruch kommen, sprich die Sache hat den Herrschaftsbereich der bestohlenen Person zu verlassen.

Bei kleineren Sachen wird der Gewahrsamsbruch in der Regel vorliegen, sobald die Täterin die Sache körperlich an sich bringt. Zum Beispiel ist mit dem Einstecken von Schmuckstücken der Gewahrsamsbruch erfolgt. Nach Rechtsprechung kann auch durch das Verstecken einer Sache Diebstahl erfolgreich begangen werden, weil dann nur noch die Täterin faktischen Zugriff auf die Sache hat.

Bei größeren Sachen reicht es in der Regel aus das Gebäude, aus dem man es gestohlen hat, zu verlassen. Die Sache muss also aus dem Macht- und Kontrollbereich der eigentlich berechtigen Person genommen werden.

Eventualvorsatz, Zueignungsvorsatz & Bereicherungsvorsatz

Nun kommen wir zum subjektiven Tatbestand. Auf alle Tatbestandselemente muss die Täterin Eventualvorsatz nach §5 Abs 1 Strafgesetzbuch (StGB) haben, sprich sie muss es für ernstlich möglich halten und sich damit abfinden, dass die Sache fremd, beweglich und einen Tauschwert hat. Weiters, dass durch die Wegnahme der Gewahrsamsbruch eintreten wird.

Neben dem Eventualvorsatz muss die Täterin auch einen Zueignungsvorsatz haben. Sie hat einen Zueignungsvorsatz, wenn sie die gestohlene Sache wie die Eigentümerin nutzen und darüber verfügen will.

Es muss ebenfalls, der bereits oben erwähnte, Bereicherungsvorsatz vorliegen. Die Täterin muss also mit der Wegnahme der Sache beabsichtigen ihr eigenes oder das Vermögen einer dritten Person unrechtmäßig zu vermehren.

Qualifikationen

Bestimmte Umstände wirken sich “qualifizierend” auf den Diebstahl aus, sprich der Strafrahmen erhöht sich. Der Hintergedanke liegt im erhöhten Unrecht des Diebstahls. Die Täterin ist jedoch nur dann nach den qualifizierenden Straftatbeständen zu bestrafen, wenn die bestimmten Umstände (z.B Wertqualifikationen) von ihrem Vorsatz gedeckt waren.

Zu nennen sind die Tatbestände des

In diesem Blog-Post wird nur auf den schweren Diebstahl näher eingegangen.

§128 StGB Schwerer Diebstahl

Einen “schweren Diebstahl”, im Sinne des §128 Strafgesetzbuch (StGB), begeht die Täterin, wenn sie beispielsweise einen Diebstahl

  • während bestimmter Naturkatastrophen begeht, wie einer Überschwemmung oder einer Feuersbrunst, oder

  • eine allgemein anerkannte Sache mit wissenschaftlichem, volkskundlichem, künstlerischem oder geschichtlichem Wert stehlt oder

  • an einer Sache, deren Wert 5000 Euro übersteigt.

In diesen Fällen droht ihr eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren.

Nach §128 Abs 2 Strafgesetzbuch (StGB) droht eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren, wenn die Sache einen Wert von 300 000 Euro übersteigt. Hierfür wird die Summe der gestohlenen Sachen herangezogen, siehe dazu §29 Strafgesetzbuch (StGB).

Strafprivilegierung

Eine Strafprivilegierung mindert die angedrohte Freiheitsstrafe bestimmter Straftaten unter bestimmten Voraussetzungen.

§141 StGB Entwendung

Ein in allen Tatbestandsmerkmalen erfüllter Diebstahl kann gemäß §141 Strafgesetzbuch (StGB) privilegiert werden, wenn

  • aus Not, Unbesonnenheit oder zur Befriedigung von Gelüsten Zu denken ist an fehlender finanzieller Deckung von lebensnotwendigen Sachen wie Lebensmitteln oder Kleidung, momentane Willensimpulse und gegenwärtigen Bedürfnissen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Tathandlung.

  • eine Sache geringen Wertes einem anderen Die Rechtsprechung zieht die Grenze etwa bei 100 Euro. Zu beachten ist, dass es hier keinesfalls zu einer Zusammenrechnung im Sinne des §29 Strafgesetzbuch (StGB) kommt, weil der geringe Wert nicht ziffernmäßig bestimmt ist.

  • entzogen oder sich oder einem Dritten zugeeignet wird

  • und es sonst nach einer der aufgezählten Straftaten zu bestrafen wäre Darunter fällt auch der Diebstahl nach §127 Strafgesetzbuch (StGB).

§166 StGB Begehung im Familienkreis

Wenn ein Diebstahl unter Angehörigen begangen wird, gilt §166 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß. Siehe dazu auch unseren Artikel “§166 Strafgesetzbuch – einfach erklärt”. Beachte, dass nur das Grunddelikt des Diebstahls durch §166 Strafgesetzbuch (StGB) begünstigt werden kann.


Hast du etwas Neues gelernt? Lies dir unsere anderen Artikeln im Themenbereich “Strafrecht” durch, wie zum Beispiel “§57 Strafgesetzbuch – einfach erklärt” im welchen es um die Verjährung von Straftaten geht.