LandesrechtVorarlbergVerordnungenVerordnung über die Europaschutzgebiete (Natura 2000 Gebiete) „Verwall“ und „Wiegensee“

Verordnung über die Europaschutzgebiete (Natura 2000 Gebiete) „Verwall“ und „Wiegensee“

In Kraft bis 30. November 2030
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§ 1 § 1 Schutzgebiete

Die in den Anlagen 1 und 2, einschließlich den Erläuterungen dazu, rot dargestellten Gebiete in den Gemeinden Silbertal, Gaschurn, St. Gallenkirch und Klösterle sind nach dieser Verordnung als Europaschutzgebiete (Natura 2000 Gebiete) geschützt.

§ 2 § 2 Schutzzweck

(1) Zweck der Errichtung der Schutzgebiete ist es,

a) den günstigen Erhaltungszustand jener wildlebenden Vogelarten, Tier- und Pflanzenarten sowie der natürlichen Lebensräume, für die diese Gebiete ausgewiesen sind, nach der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen bzw. der Richtlinie 2009/147/EG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten mit Rücksicht auf die Erhaltungsziele der Gebiete zu bewahren bzw. wiederherzustellen;

b) die weitgehend ursprüngliche und ungestörte Gebirgslandschaft sowie die über Jahrhunderte durch Bewirtschaftung geprägte Kulturlandschaft in ihrer Eigenart und Schönheit sowie Lebensraum- und Artenvielfalt zu bewahren und Räume für natürliche Prozesse als besondere Charaktereigenschaft der Gebirgslebensräume zu sichern.

(2) Für das Erreichen des Schutzzwecks nach Abs. 1 kann die Landesregierung Managementpläne erstellen oder sonstige Vereinbarungen abschließen.

§ 3 § 3 Schutzmaßnahmen

(1) In den Schutzgebieten dürfen keine Veränderungen oder sonstigen Einwirkungen vorgenommen werden, die geeignet sind, den Schutzzweck nach § 2 zu beeinträchtigen. Danach ist es insbesondere verboten,

a) Anlagen, wie Gebäude, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Straßen und Wege, Ankündigungen und Werbeanlagen, Leitungen und Einfriedungen zu errichten oder zu ändern; davon ausgenommen sind Beschilderungen im Auftrag der Behörde, Wegmarkierungen sowie ortsübliche Weidezäune und Anlagen, die der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen, forstlichen oder jagdlichen Bewirtschaftung dienen;

b) Geländeveränderungen und nachhaltige Eingriffe in die gewachsene Bodenstruktur im Ausmaß von mehr als 100 m² vorzunehmen; davon ausgenommen sind Wiederherstellungsarbeiten nach Naturereignissen; § 25 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung bleibt davon unberührt;

c) flächendeckende Schwendarbeiten im Ausmaß von mehr als 1.000 m² vorzunehmen oder vor dem 1. August Sträucher oder Gehölze zu schwenden; davon ausgenommen sind Fälle, in denen die Gebietsbetreuung vorab bestätigt, dass eine Beeinträchtigung des Schutzzweckes nicht zu erwarten ist;

d) nicht heimische und nicht standorttypische Pflanzen durch Säen oder Anpflanzen einzubringen;

e) Holzarbeiten in der Zeit vom 1. April bis 10. Juli durchzuführen; davon ausgenommen sind Arbeiten von besonderer Dringlichkeit (z.B. Borkenkäfer-, Naturkatastropheneinsätze) in Absprache mit der Gebietsbetreuung;

f) neue Wildfutterplätze einzurichten; davon ausgenommen ist die Anordnung von Kirrungen und Sondermaßnahmen zur Bekämpfung von Wildkrankheiten und -seuchen nach den jagdrechtlichen Vorschriften;

g) die Forststraßen und Güterwege, ausgewiesenen Wanderwege und Rastplätze in den in der Nutzungskarte in der Anlage 3, einschließlich den Erläuterungen dazu, violett schraffierten Bereichen zu verlassen;

h) im Wiegensee zu baden;

i) in der Zeit der Schneebedeckung die in der Nutzungskarte in der Anlage 3, einschließlich den Erläuterungen dazu, blau und violett schraffierten Bereiche, mit Ausnahme der Forststraßen und Güterwege, zu betreten oder mit Wintersportgeräten zu befahren;

j) das Variantenfahren mit Wintersportgeräten im freien Gelände auszuüben; davon ausgenommen sind Abfahrten von der Bergstation der Glattingratbahn in das Nenzigasttal außerhalb der in der Nutzungskarte in der Anlage 3, einschließlich den Erläuterungen dazu, blau schraffierten Bereiche;

k) den Wintersport in der Nachtzeit auszuüben;

l) zu lagern, zu zelten, Feuer anzufachen oder Abfälle zurückzulassen; davon ausgenommen sind die wie bisher durchgeführten Sonnwendfeuer;

m) ohne zwingenden Grund Störungen durch Lärm, Licht oder auf sonstige Weise zu erregen;

n) mit Fahrzeugen, gleich welcher Art, zu fahren; davon ausgenommen sind Nutzungsberechtigte sowie Fahrten mit Fahrrädern auf den in der Nutzungskarte in der Anlage 3, einschließlich den Erläuterungen dazu, grün gekennzeichneten Routen in der Zeit vom 15. Juni bis 15. Oktober, auf der Strecke „Gieslaalpe – Silbertaler Winterjöchle“ jedoch in der Zeit vom 15. Juni bis 15. September, jeweils von 07:00 bis 20:00 Uhr;

o) das Gelände mit bemannten oder unbemannten Luftfahrzeugen (z.B. Drohnen) sowie Luftfahrtgeräten in einer Höhe von weniger als 300 m zu überfliegen.

(2) In den Schutzgebieten sind Hunde an einer Leine zu führen, die nicht länger als drei Meter ist.

(3) Beeren dürfen nur in der Zeit vom 08:00 bis 17:00 Uhr und nur in einer Menge von höchstens 2 kg Frischgewicht je Person und Tag gesammelt werden. Hinsichtlich des Sammelns von Pilzen wird auf § 4 Abs. 1 der Naturschutzverordnung verwiesen.

§ 4 § 4 Zulässige Einwirkungen

(1) Nachstehende Maßnahmen sind von den Schutzmaßnahmen nach § 3 ausgenommen:

a) im Hinblick auf § 3 Abs. 1 lit. g, i, l, n und o sowie Abs. 2 notwendige Pflege- und Managementmaßnahmen, Kartierungen, Evaluierungen, Monitorings und die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten im Auftrag des Landes;

b) im Hinblick auf § 3 Abs. 1 lit. a, b, g, i und n die zweckgemäße Benützung und Instandhaltung rechtmäßig bestehender Anlagen.

(2) Die Verbote des § 3 Abs. 1 lit. g, i, l, n und o sowie Abs. 2 gelten nicht für die übliche land- und forstwirtschaftliche, jagdliche und fischereiliche Nutzung, für Dienstverrichtungen von Organen der Behörde, für notwendige Verrichtungen in Ausübung des Grundeigentums sowie für die notwendige Versorgung von Schutzhütten; in der Zeit vom 1. April bis 10. Juli gilt die Ausnahme von § 3 Abs. 1 lit. o nur für unbedingt notwendige Flüge, wobei vorab das Einvernehmen mit der Gebietsbetreuung herzustellen ist.

(3) Unbeschadet der Ausnahmen nach Abs. 2 ist eine land- und forstwirtschaftliche, jagdliche und fischereiliche Nutzung der Schutzgebiete zulässig, soweit diese mit dem Schutzzweck nach § 2 vereinbar ist, die standorttypische Charakteristik des jeweiligen Biotoptyps nicht beeinträchtigt wird und der Schalenwildbestand in einer den natürlichen Gegebenheiten entsprechenden Bestandesdichte, Alters- und Geschlechterverteilung gehalten und sichergestellt wird, dass auch besonders verbissgefährdete Gehölzarten möglichst aufkommen können.

§ 5 § 5 Natura 2000 Beirat Verwall

(1) Der Natura 2000 Beirat Verwall ist von der Landesregierung einzurichten und hat die Landesregierung in allen wesentlichen Angelegenheiten zu beraten, die die Natura 2000 Gebiete „Verwall“ und „Wiegensee“ betreffen.

(2) Der Natura 2000 Beirat Verwall hat

a) der Landesregierung bei der Erstellung und Durchführung des Monitoringkonzeptes und der Erstellung von Managementplänen unterstützend zur Seite zu stehen und

b) die von der Landesregierung gemäß dem 2. Abschnitt der Naturschutzverordnung getroffenen Maßnahmen und Vereinbarungen auf deren Einhaltung, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit zu beurteilen und der Landesregierung das Ergebnis der Beurteilung mitzuteilen.

(3) Der Natura 2000 Beirat Verwall setzt sich zusammen aus

a) je einem von der Gemeindevertretung namhaft gemachten Grundeigentümer- oder Bewirtschaftervertreter aus den Gemeinden Silbertal, Gaschurn, St. Gallenkirch und Klösterle,

b) je einem Vertreter der für Umwelt- und Klimaschutz, Jagd, Landwirtschaft sowie Forstwesen zuständigen Abteilungen des Amtes des Vorarlberger Landesregierung,

c) einem Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Bludenz,

d) einem Vertreter der Naturschutzanwaltschaft für Vorarlberg,

e) einem Vertreter des Standes Montafon

f) einem Vertreter von BirdLife Österreich, Landesgruppe Vorarlberg,

g) einem Vertreter der Vorarlberger Jägerschaft,

h) einem Vertreter der Landwirtschaftskammer Vorarlberg,

i) einem Vertreter des Tourismus aus dem Montafon oder Klostertal,

j) einem Vertreter des Naturschutzvereins Verwall-Klostertaler Bergwälder,

k) den für die Gebiete bestellten Gebietsbetreuern.

(4) Der Natura 2000 Beirat Verwall ist bei Bedarf sowie auf begründeten Antrag eines Mitglieds von der Landesregierung einzuberufen. Sofern dies im Hinblick auf die zu behandelnden Themen zweckmäßig ist, kann die Landesregierung weitere Personen zu den Sitzungen beratend hinzuziehen.

§ 6 § 6 Bewilligung von Ausnahmen

(1) Von den Schutzmaßnahmen des § 3 können auf Antrag oder von Amts wegen Ausnahmen erteilt werden, wenn ein Vorhaben

a) aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zwingend notwendig ist, oder

b) die Natur oder Landschaft, insbesondere im Hinblick auf den Schutzzweck gemäß § 2, nicht langfristig wesentlich beeinträchtigt und andere öffentliche Interessen überwiegen.

(2) Durch Bedingungen, Auflagen oder eine Befristung der Bewilligung ist sicherzustellen, dass die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes, insbesondere im Hinblick auf den Schutzzweck nach § 2, nicht oder möglichst wenig beeinträchtigt werden.

(3) Pläne und Projekte in den Schutzgebieten unterliegen einem Verfahren gemäß § 15 der Naturschutzverordnung, soweit sich dies aus der genannten Bestimmung ergibt.

§ 7 § 7 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. April 2024 in Kraft.

§ 8 § 8 Außerkrafttreten

Die Verordnung tritt mit 30. November 2030 außer Kraft.

Anl. 1

Anhänge

Anlage 1
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Anl. 1/EB

Anl. 2

Anhänge

Anlage 2
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Anl. 2/EB

Anl. 3

Anhänge

Anlage 3
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Anl. 3/EB