LandesrechtSalzburgLandesesetzeGemeinde-Haftungsobergrenzengesetz 2018

Gemeinde-Haftungsobergrenzengesetz 2018

GemHOG 2018
In Kraft seit 01. Januar 2018
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§ 1 Ziele und Anwendungsbereich

§ 1 § 1

(1) Dieses Gesetz dient folgenden Zielen:

1. der Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts der Gemeinden und

2. der Sicherstellung von nachhaltig geordneten Finanzen der Gemeinden.

(2) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten, soweit in Abs 3 nicht anderes vorgesehen ist, für

1. die Stadt Salzburg;

2. alle anderen Gemeinden im Land Salzburg; sowie

3. alle außerbudgetären Einheiten, die im Sinn des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010) dem Sektor Staat (Teilsektor Gemeinden) zugerechnet werden, soweit die Regelung von deren Organisation in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fällt.

(3) Bei der Hinzurechnung von Haftungen außerbudgetärer Einheiten nach § 2 kommt es nicht auf die Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Regelung von deren Organisation an. Die §§ 3 Abs 1 und 2 sowie (§) 6 gelten nur für die in Abs 2 Z 1 und 2 bezeichneten Gebietskörperschaften.

§ 2 Haftungsobergrenze

§ 2 § 2

(1) Die Summe der nominellen Haftungen (Art 13 Abs 2 Österreichischer Stabilitätspakt 2012) aller Gemeinden des Landes Salzburg einschließlich der ihnen im Sinn des Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010) zurechenbaren außerbudgetären Einheiten darf die gemäß Abs 2 errechnete Haftungsobergrenze nicht übersteigen.

(2) Die Haftungsobergrenze HOG(t) wird nach folgender Formel errechnet:

HOG(t) = 75/100 x Bemessungsgrundlage

Als Bemessungsgrundlage gelten die Einnahmen bzw Einzahlungen der Gemeinden an öffentlichen Abgaben nach Abschnitt 92 und 93 des zweitvorangegangenen Jahres (t-2) gemäß Anlage 2 der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 – VRV 2015. Die Einnahmen bzw Einzahlungen der Gemeinden berechnen sich ohne Landesumlage.

Ausweis von Haftungen, Ermittlung des Haftungsstandes

§ 3 § 3

(1) Die Gemeinden haben in ihren Jahresrechnungen Haftungen mit dem Nominalwert transparent und jeweils bezogen auf

1. den jeweiligen Haftungsrahmen;

2. den jeweiligen Ausnützungsstand (Stand aller Haftungen am Beginn des Haushaltsjahres [Rechnungsjahres], die Veränderungen während des Jahres [Zugänge und Abgänge] und den Stand am Schluss des Jahres)

auszuweisen.

(2) Innerhalb der gemäß § 2 Abs 2 errechneten Haftungsobergrenze sind die folgenden Untergruppen zu bilden und auszuweisen:

Position 1: Haftungen für Kredit- und Finanzinstitute gemäß § 1 Bankwesengesetz

Position 2: grundbücherlich besicherte Haftungen für Wohnbau-Darlehen

Position 3: sonstige Wirtschaftshaftungen

(3) Die Anrechnung von Haftungen auf die Obergrenze erfolgt zum Nominalbetrag des Haftungsstandes und ohne Gewichtung.

(4) Solidarhaftungen werden anteilig und nicht mit dem jeweils vollen Nominale in die Haftungsobergrenzen eingerechnet.

(5) Die relevanten Haftungsstände werden insbesondere zur Vermeidung von Doppelanrechnungen nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise gemäß der Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten ermittelt.

(6) Ausgliederungen, das sind außerbudgetäre Einheiten, die gemäß ESVG 2010 im Sektor Staat klassifiziert werden, werden nach den gleichen Regeln erfasst.

§ 4 Eingehen neuer Haftungen; Risikovorsorge

§ 4 § 4

(1) Neue Haftungen dürfen nur eingegangen werden

1. nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes sowie der sonst für Haftungen geltenden Bestimmungen und

2. wenn die Sicherstellung von nachhaltig geordneten Finanzen dadurch nicht beeinträchtigt wird.

(2) Für Haftungen, bei denen eine Inanspruchnahme zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen wird (insbesondere bei Inanspruchnahme in der Vergangenheit häufig und über einen längeren Zeitraum), sind Risikovorsorgen durch Rückstellungen in der Vermögensrechnung zu bilden. Die Höhe der Risikovorsorge muss dabei in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko einer Inanspruchnahme stehen. Für das Risiko einer Inanspruchnahme ist einerseits auf Erfahrungen der Vergangenheit und andererseits auf mögliche künftige Entwicklungen Bedacht zu nehmen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Eintretens ist für jede übernommene Haftung grundsätzlich einzeln zu beurteilen. Gleichartige Haftungen können hinsichtlich der Einschätzung der Risikovorsorge auch zu Gruppen vergleichbaren Risikos zusammengefasst werden. Die Ermittlung der Risikovorsorgen für Risikogruppen erfolgt an Hand der Erfahrungswerte der zumindest letzten fünf Finanzjahre.

§ 5 Überschreitungen der Haftungsobergrenze

§ 5 § 5

(1) Überschreitungen der Haftungsobergrenze sind ohne unnötigen Verzug wieder auf einen Wert unter der jeweiligen Haftungsobergrenze zu reduzieren. Dazu sind Verringerungen der Haftungsstände bis zum Erreichen der Haftungsobergrenzen nur zu 20 % neuerlich zu vergeben.

(2) Umklassifizierungen im Rahmen des Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010) und dadurch veränderte Zurechnungen von Haftungen und sonstige Passivüberschreitungen gelten nicht als Überschreitungen einer Haftungsobergrenze. Eine Reduktion unter die Haftungsobergrenze ist nach Maßgabe der wirtschaftspolitischen Möglichkeiten binnen angemessener Frist anzustreben. Abs 1 letzter Satz ist in diesem Fall nicht anzuwenden.

§ 6 Sanktionen

§ 6 § 6

Bei Verletzung der Bestimmungen für Haftungsobergrenzen und die Bildung diesbezüglicher Risikovorsorgen durch Gemeinden entscheidet das Landes-Koordinationskomitee (Art 14 Abs 1 lit b Österreichischer Stabilitätspakt 2012) über etwaige Sanktionen oder sonstige Maßnahmen im Einzelfall.

§ 7 Verweisungen

§ 7 § 7

(1) Die in diesem Gesetz enthaltenen Verweisungen auf bundesrechtliche Vorschriften gelten, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird, als Verweisungen auf die letztzitierte Fassung:

Bankwesengesetz – BWG, BGBl Nr 532/1993; Gesetz BGBl I Nr 118/2016.

(2) Die Verweisungen auf die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 – VRV 2015, BGBl II Nr 313/2015, gelten als solche auf die jeweils geltende Fassung.

§ 8 In- und Außerkrafttreten, Übergangsbestimmungen

§ 8 § 8

(1) Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf die Rechnungsjahre ab 2018 anzuwenden.

(2) Mit dem im Abs 1 bezeichneten Zeitpunkt tritt § 5f des Landeshaushaltsgesetzes 2017 – LHG 2017, LGBl Nr 19/2017, in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 10/2018, außer Kraft.

(3) Bis zur Anwendung der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 – VRV 2015 (§ 40 Abs 2 Z 1 oder 2 VRV 2015) gelten die folgenden Übergangsbestimmungen:

1. abweichend von § 2 darf die Summe der nominellen Haftungen im Verantwortungsbereich der Gemeinden nach dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG) die gemäß § 2 Abs 2 errechnete Haftungsobergrenze nicht übersteigen;

2. abweichend von § 4 Abs 2 sind weiterhin die Instrumente der Risikovorsorge gemäß § 5f Abs 4 des Landeshaushaltsgesetzes 2017 – LHG 2017, LGBl Nr 19/2017, in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 10/2018 (zweckgewidmete Rücklagen, Zweckwidmung sonstiger Vermögenswerte, Vorsorge von Ausgabeverpflichtungen in den folgenden Haushaltsjahren im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung) maßgeblich;

3. § 3 Abs 2 und 6 ist nicht anzuwenden.