LandesrechtBurgenlandKundmachungenErrichtung einer Landwirtschaftskrankenkasse

Errichtung einer Landwirtschaftskrankenkasse

In Kraft seit 29. April 1924
Up-to-date

§ 1

Im Sinne des § 5 der VII. Novelle zum K.B.G. (Bundesgesetz vom 21. Oktober 1921, B.G.Bl. Nr. 581 über die Ausdehnung der Krankenversicherung) und der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 11. April 1924, B.G.Bl. Nr. 27 (VII. Durchführungsverordnung zur VII. Krankenversicherungsnovelle) wird eine Landwirtschaftskrankenkasse für das Burgenland mit dem Sitze in Sauerbrunn mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1924 errichtet.

§ 2

Versicherungspflichtig sind bei dieser Kasse alle ausschließlich oder vorwiegend in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigten Arbeiter und Angestellten mit Ausnahme der in den staatlichen Forstbetrieben Beschäftigten, welch Letztere bei der Landeskrankenkasse versicherungszuständig sind.

Als in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt gelten auch jene Personen, die in der Jagd und Fischerei, in nicht gewerbsmäßigen Gärtnereien, in land- oder forstwirtschaftlichen Nebenbetrieben oder als Hausgehilfen bei einem land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmer beschäftigt sind.

§ 3

Versicherungsfrei sind die Kinder (eheliche, uneheliche, Wahlkinder), Kindeskinder, Eltern, Großeltern eines land- und forstwirtschaftlichen Unternehmers, wenn außer solchen Personen noch mindestens eine versicherungspflichtige Arbeitskraft regelmäßig im Betriebe verwendet wird.

§ 4

Die land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeber können im Sinne des § 4 des K.B.G. in der Fassung der XIX. Novelle (Gesetz vom 26. September 1924, B.G.Bl. Nr. 539) bei den politischen Behörden erster Instanz bezüglich der mit ihnen in Hausgemeinschaft lebenden unverheirateten Kinder (eheliche, uneheliche, Wahlkinder) und Kindeskinder, ferner bezüglich der mit Ihnen in Hausgemeinschaft lebenden Eltern und Großeltern um Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit bis 31. Dezember 1924 einschreiten. Solche Ansuchen müssen bis 1. Juli 1924 bei der politischen Bezirksbehörde einlangen und sich auf alle vom Arbeitgeber beschäftigten Angehörigen der bezeichneten Art erstrecken. Sie müssen die schriftliche Verpflichtung enthalten, im Falle der Erkrankung den Unterhalt und die Krankenfürsorge für die von der Versicherungspflicht Befreiten aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

§ 5

Die in einem landwirtschaftlichen Nebenbetriebe eines gewerblichen Unternehmens Beschäftigten können, wenn ihre Zahl nicht mehr als 20 beträgt, geschlossen bei der burgenländischen Landeskrankenkasse versichert werden.

§ 6

Die Beiträge fallen dem Arbeitgeber und Versicherten je zur Hälfte zur Last, soweit sie von ihnen verhältnismäßig zu tragen sind. Im Sinne der Bestimmungen der XIV. Novelle zum K.B.G. (Gesetz vom 7. Juli 1922, B.G.Bl. Nr. 447) hat jeder Arbeitgeber, dessen Personal im Sinne des § 1 dieser Kundmachung jetzt zum erstenmal angemeldet wird, für den 1. Beitragsmonat nach Errichtung der Kasse innerhalb 8 Tagen nach dem 1. Mai 1924 für jede bei ihm beschäftigte versicherungspflichtige Person einen Beitragsvorschuß von 10.000 Kronen zu leisten.

Die Arbeitgeber sind berechtigt, den von ihnen beschäftigten Personen die auf dieselben entfallenden Beiträge bei jeder regelmäßigen Lohn- oder Gehaltszahlung mit dem Betrage in Abzug zu bringen, welcher auf diese Lohn- oder Gehaltszahlungsperiode anteilweise entfällt. Macht der Arbeitgeber von dem ihm zustehenden Abzugsrechte bei einer Lohn- oder Gehaltszahlung keinen Gebrauch, so kann er bei späteren Lohn- oder Gehaltszahlungen dieses Recht bezüglich der seinerzeit nicht zurückbehaltenen Quote nur insofern ausüben, als seit der betreffenden Lohn- oder Gehaltszahlungen nicht mehr als ein Monat verflossen ist. (§ 36 K.B.G.).

§ 7

Die erstmalige Anmeldung hat bei der Vermeidung der Straffolgen des § 67 des K.B.G. bis längstens 15. Mai 1924 bei der Landwirtschaftskrankenkasse für das Burgenland in Sauerbrunn auf den bei allen Gemeindeämtern erhältlichen Durcksorten zu erfolgen.

§ 8

Bis zur Durchführung der ersten Wahl wird eine provisorische Delegiertenversammlung gebildet, welche den Kassenvorstand, den Aufsichtsrat und das Schiedsgericht zu wählen hat.

Die Delegiertenversammlung besteht aus 30 vom Landeshauptmann nach Anhörung der Berufsvertretungen und in ihrer Ermangelung von Vertrauensmännern der in der Landwirtschaft beschäftigten Versicherten sowie der Land- und forstwirtschaftlichen Hauptkörperschaften des Landes ernannten Personen.

Die Wahl in die Delegiertenversammlung, in den Vorstand, Überwachungsausschuß und das Schiedsgericht erfolgt in dem Verhältnisse, daß drei Fünftel der Mandate den Versicherten und zwei Fünftel den Arbeitgebern zufallen.

In die Delegiertenversammlung sind daher 12 Vertreter von den Organisationen der Arbeitgeber und 18 von denjenigen der Arbeitnehmer zu entsenden. Beide Gruppen haben auch die gleiche Anzahl von Ersatzmännern vorzuschlagen.

Bis zur Durchführung der ersten Wahlen haben die von der provisorischen Delegiertenversammlung eingesetzten Körperschaften alle gesetzlichen Funktionen auszuüben.

§ 9

Im übrigen werden die Rechte und Pflichtten der Mitglieder und Arbeitgeber, sowie die Geschäftsführung durch das im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erlassene Statut, sowie durch die provisorische Geschäftsordnung bestimmt.

§ 10

Zur Übung der Aufsicht der Bundesregierung über die Landwirtschaftskrankenkasse ist in erster Instanz der Landeshauptmann berufen.