JudikaturVwGH

Ra 2025/20/0144 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer, Hofrat Mag. Eder und Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, in der Rechtssache der Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2025, W191 22924881/6E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (Mitbeteiligter: H A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 14. November 2022 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5. April 2024 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Mitbeteiligten jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

3Der Mitbeteiligte wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 26. April 2024 des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen und dafür mit einer Geldstrafe belegt.

4 Das Bundesverwaltungsgericht gab der vom Mitbeteiligten gegen die Abweisung seines Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis statt, erkannte ihm den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revisionnach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

8 In der Begründung für die Zulässigkeit der Revision verweist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf die gegen den Mitbeteiligten seitens des Bezirksgerichts Salzburg ergangene Verurteilung. Er habe dem Urteil zufolge am 15. Jänner 2024 eine falsche Urkunde, nämlich einen total gefälschten afghanischen Polizeidienstausweis, dem „Bundesamt für Fremden und Asylwesen Salzburg“ vorgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Tatsache jedoch „offenkundig in Zweifel gezogen“ und damit gegen jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, wonach die materielle Rechtskraft des Schuldspruches eines Strafurteiles bewirke, dass damit vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens mit absoluter Wirkung und somit gegenüber jedermann bindend festgestellt sei, dass „die schuldig gesprochene Person die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils rechtswidrig und schuldhaft begangen“ habe. Bei der Frage der Echtheit dieses Ausweises handle es sich um einen für die Beurteilung wesentlichen Umstand. Die Vorlage eines gefälschten Beweismittels zeuge nach dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut regelmäßig von der Unglaubwürdigkeit der zum zu beweisenden Sachverhalt getätigten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht habe seine Beweiswürdigung zur Tätigkeit des Mitbeteiligten als Polizist tragend auf die von diesem vorgelegten Schriftstücke gestützt. Hätte es berücksichtigt, dass eines davon gefälscht gewesen sei, hätte es ebenso wie zuvor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom 5. April 2024 zum Ergebnis kommen müssen, dass der Mitbeteiligte in Afghanistan nicht als Polizist tätig gewesen sei.

9 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der zur Rechtskontrolle berufeneVerwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 19.4.2023, Ra 2021/20/0293, mwN).

10 Die in der Amtsrevision vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getätigten Überlegungen stützen sich auf die Prämisse, dass letztlich die Frage der Echtheit jenes vom Mitbeteiligten vorgelegten Ausweises, der vom Strafgericht als Fälschung eingestuft wurde, für sich genommen den Ausschlag gegeben habe, warum das Bundesverwaltungsgericht den Angaben des Mitbeteiligten gefolgt sei.

11 Das trifft aber auf dem Boden des Inhalts der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts auch wenn einzuräumen ist, dass diese hätte klarer ausfallen können nicht zu. Es gelingt der revisionswerbenden Behörde nicht darzutun, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts, die auch auf wesentliche weitere Umstände Bedacht nehmen, in ihrer Gesamtheit als unvertretbar einzustufen seien. Darauf, dass anhand der vorliegenden Beweise auch die Feststellung eines anderen Sachverhalts in schlüssiger Weise möglich gewesen wäre, kommt es im Revisionsverfahren nach der zitierten Rechtsprechung nicht an.

12 In der Revision wird sohin keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 12. Mai 2025