JudikaturVwGH

Ra 2025/18/0267 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
09. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. Kronegger als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des A E, vertreten durch Mag. a Hela Ayni Rahmanzai, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Jänner 2025, W204 2175875 3/36E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem Revisionswerber, einem afghanischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 4. Oktober 2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

2 Ab dem Jahr 2019 wurde der Revisionswerber mehrfach wegen gerichtlich strafbarer Handlungen darunter Delikte gegen Leib und Leben verurteilt.

3Mit dem angefochtenen Erkenntnis erkannte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den subsidiären Schutzstatus des Revisionswerbers im zweiten Rechtsgang und in teilweiser Bestätigung eines Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28. September 2022 gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, entzog dem Revisionswerber die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

4 In der Begründung seiner Entscheidung wies es außerdem darauf hin, dass die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan im angesprochenen behördlichen Bescheid mangels Bekämpfung in (Teil )Rechtskraft erwachsen sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 5. Juni 2025, E 1388/2023 5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10Die vorliegende Revision wendet sich erkennbar gegen die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend, das BVwG sei im Zusammenhang mit der Gefährdungsprognose gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 14.3.2019, Ra 2018/20/0387, und VwGH 28.3.2023, Ra 2022/20/0137) abgewichen; es fehle die „Heranziehung der persönlichen Interessen des Revisionswerbers im ausreichenden Umfang, vor allem vor dem Hintergrund seines beinahe zehnjährigen Aufenthaltes in Österreich sowie [seines] bestehenden Privatlebens und seiner Integrationsbemühungen“.

11Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 22. Oktober 2020, Ra 2020/20/0274, näher damit befasst, unter welchen Voraussetzungen einer schutzberechtigten Person der Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werden darf, wenn sie gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 „eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt“. Es kann daher dazu gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden.

12Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung der Frage, ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 darstellt, eine Gefährdungsprognose, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Z 3 und § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005; § 53 Abs. 2 und Abs. 3 FPG; § 66 Abs. 1 FPG; § 67 FPG). Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 23.4.2024, Ra 2023/18/0150, mwN).

13Im vorliegenden Fall führte das BVwG eine fallbezogene Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 durch. Dabei bezog es das konkrete Fehlverhalten des Revisionswerbers, das zu insgesamt sechs strafgerichtlichen Verurteilungen geführt habe, sowie dessen Persönlichkeitsbild mit ein, nachdem es sich vom Revisionswerber im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck verschafft hatte. Es legte dar, dass aufgrund der mangelnden Tateinsicht, des Verharmlosens der begangenen Straftaten, der nicht gegebenen ernsthaften Absicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen, sowie des (noch) fehlenden Wohlverhaltenszeitraums davon auszugehen sei, dass der Revisionswerber auch zukünftig eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen werde, und erachtete die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten insbesondere im Lichte der vom Revisionswerber ausgehenden Gefahr als verhältnismäßig.

14Die Revision zeigt mit ihrem oben wiedergegeben Vorbringen nicht auf, dass das BVwG bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

15In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 9. September 2025