Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofräte Dr. Terlitza und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Schimpfhuber, über die Revision des Q Z, vertreten durch Mag. a Hela Ayni Rahmanzai, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2025, L506 14304564/23E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Nebenaussprüchen sowie eines Einreiseverbots (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein pakistanischer Staatsangehöriger, beantragte am 5. März 2023 die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK in Form einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005.
2 Mit Bescheid vom 18. November 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag ab, erließ eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbot gegen den Revisionswerber, stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Pakistan fest, räumte dem Revisionswerber keine Frist für eine freiwillige Ausreise ein und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer hier nicht wesentlichen Maßgabe als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig. Begründend ging das Bundesverwaltungsgericht soweit für das Revisionsverfahren wesentlich davon aus, dass gegen den Revisionswerber eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung aus vorangegangenen Asylverfahren vorliege und er sich der Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet wiederholt entzogen sowie gefälschte Dokumente verwendet habe. Bei der durch den Revisionswerber geschlossenen Ehe zu einer italienischen Staatsangehörigen, die den gemeinsamen Wohnsitz mit dem Revisionswerber im Bundesgebiet aufgegeben habe und wieder in Italien lebe, handle es sich um eine Aufenthaltsehe. Mit Blick auf diese Vorgangsweisen des Revisionswerbers sei das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthalts besonders schwer zu gewichten, sodass es seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet jedenfalls überwiege und auch Verhängung wie Bemessung des Einreiseverbots gerechtfertigt seien.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
8In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
9 Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung der Verfahrensmängel in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist fallbezogen in konkreter Weise darzulegen. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung der Verfahrensmängel als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 23.12.2024, Ra 2024/17/0163, mwN).
10 Als Verfahrensmängel wird in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision gerügt, dass es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen habe, jene italienische Staatsangehörige einzuvernehmen, mit welcher der Revisionswerber die als Aufenthaltsehe qualifizierte Verbindung einging. Diesbezüglich wird nicht konkret angegeben, welche anderslautenden Feststellungen bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu treffen gewesen wären und inwiefern ein für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Dasselbe gilt bezüglich der nicht näher ausgeführten Behauptung unzureichender Ermittlungen zu der Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers im Bundesgebiet. Daher fehlt der Darlegung die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes notwendige Darstellung der Relevanz der gerügten Verfahrensmängel, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
11Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
12Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFAVG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
13Das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
14 Der Revisionswerber verweist für den Vorwurf der Rechtswidrigkeit der durch das Bundesverwaltungsgericht angestellten Interessenabwägung in der Darlegung der Zulässigkeit der Revision auf die Dauer seines Aufenthalts. Vor dem Hintergrund, dass diese gemäß der vorzitierten Rechtsprechung nicht alleine maßgeblich ist und das Bundesverwaltungsgericht fallbezogen eine Reihe weiterer Aspekte wie sein bisheriges Unterlaufen der Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet, die Verwendung gefälschter Dokumente sowie sein Eingehen einer Aufenthaltsehe berücksichtigte, legt der Revisionswerber nicht dar, dass diese Interessenabwägung mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Fehler belastet wäre, zumal sich der Revisionswerber von den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses entfernt, soweit er das Eingehen einer Aufenthaltsehe in Abrede stellt.
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Juli 2025