JudikaturVwGH

Ra 2025/15/0008 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
15. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der S GmbH in G, vertreten durch die PKF Corti Partner GmbH in 8020 Graz, Neubaugasse 55, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. Dezember 2024, Zl. RV/2100299/2020, betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2018 und Körperschaftssteuer 2015 bis 2018, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der revisionswerbenden GmbH wurde nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) mit Bestandsvertrag vom 11. August 2014 durch den Gesellschafter Geschäftsführer auf unbestimmte Zeit das Recht eingeräumt, auf einer näher bezeichneten Fläche ein Wohn- und Geschäftsgebäude als Superädifikat zu errichten. Hierfür wurde ein monatlicher Bestandszins vereinbart, welchen die Revisionswerberin erst ab dem Jahr 2016 an den Gesellschafter Geschäftsführer bezahlte; im Zeitraum August 2014 bis Dezember 2015 erfolgten keine Bestandszinszahlungen. Mit Mietvertrag vom 1. Oktober 2015 vermietete die Revisionswerberin „die im Gebäude befindliche Wohnung“ an den Gesellschafter Geschäftsführer. Für die Errichtung des Gebäudes machte sie Vorsteuern geltend.

2 Aufgrund einer Außenprüfung ergingen mit 13. November 2019 Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2015 bis 2018 und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2018, mit denen diese Abgaben neu festgesetzt wurden, weil die Vermietungstätigkeit Liebhaberei darstelle.

3 Gegen sämtliche dieser Bescheide erhob die Revisionswerberin Beschwerde und stellte nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das BFG die Bescheide gemäß § 279 BAO ab und setzte die Höhe der Abgaben neu fest. Begründend führte es aus, die Vermietungstätigkeit des Gebäudes unterliege nicht der Umsatzsteuer, weshalb auch kein Vorsteuerabzug zustehe. Dem Mietvertrag sei weder zu entnehmen, worin der Mietgegenstand konkret bestehe, noch, ob und welche Räumlichkeiten des Gebäudes der Nutzung durch die Revisionswerberin für Bürozwecke vorbehalten sein sollen. Aufgrund dieses Mietverhältnisses liege auch eine verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter Geschäftsführer vor und seien Aufwendungen betreffend das Gebäude von der Revisionswerberin nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.

5 Das Erkenntnis wurde der Revisionswerberin laut dem in den Verwaltungsakten einliegenden Rückschein am 16. Dezember 2024 übergeben.

6 Die Revisionswerberin brachte eine Ausfertigung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten außerordentlichen Revision am 27. Jänner 2025 (fälschlich) direkt beim Verwaltungsgerichtshof ein.

7 Die Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof daraufhin an das zuständige BFG weitergeleitet, wo sie am 30. Jänner 2025 einlangte. Ebenso langte postalisch am 30. Jänner 2025 beim BFG eine mit 28. Jänner 2025 datierte außerordentliche Revision ein.

8 Mit Vorlagebericht vom 3. Februar 2025, mit dem die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde, merkte das BFG an, dass auf dem Rückschein als Übernahmedatum des Erkenntnisses der 16. Dezember 2024 vermerkt und dieser von einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertreterin der Revisionswerberin unterschrieben worden sei.

9 In einer Stellungnahme vom 13. Februar 2025 gab die Revisionswerberin hierzu an, dass am 16. Dezember 2024 das Büro der steuerlichen Vertreterin aufgrund einer bürointernen Veranstaltung wie auf einem Aushang an der Kanzleitüre auch Tage im Voraus kenntlich gemacht frühzeitig geschlossen worden sei. Die Zustellerin sei erst nach Geschäftsschluss bei den Büroräumlichkeiten angekommen. Aus Kulanz habe die Mitarbeiterin die Sendung entgegengenommen. Bei einer Übernahme einer Sendung nach Geschäftsschluss gelte erst der Folgetag, in casu der 17. Dezember 2024, als Zustelltag. Die Revision sei am 27. Jänner 2025 dem Verwaltungsgerichtshof direkt elektronisch übermittelt worden, wobei man erst am 28. Jänner 2025 die Rechtsmittelbelehrung (hinsichtlich einer Einbringung beim BFG) bemerkt habe, wobei auch dieser Tag für die Revisionserhebung noch rechtzeitig gewesen sei.

10 Die Revision erweist sich aus nachfolgenden Erwägungen als verspätet und deshalb unzulässig.

11 Gemäß § 13 Abs. 4 des Zustellgesetzes ist dann, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, die Sendung in deren Kanzlei zuzustellen und darf an alle dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden; durch Organe der Post darf an bestimmte Angestellte nicht oder nur an bestimmte Angestellte zugestellt werden, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich bei der Post verlangt hat. Dies gilt auch für einen steuerlichen Vertreter, weil es sich bei diesem um eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person handelt (vgl. VwGH 24.1.1996, 93/13/0207).

12 Die in § 13 Abs. 4 Zustellgesetz genannten „Angestellten des Parteienvertreters“ sind keine Ersatzempfänger; an sie dürfen daher auch solche Sendungen zugestellt werden, bezüglich deren eigenhändige Zustellung angeordnet ist. Eine Zustellung an die Angestellten ist zulässig und wirksam, unabhängig davon, ob sich der Parteienvertreter selbst an der Abgabestelle aufhält (vgl. VwGH 21.10.1986, 86/07/0135).

13 Durch die Übernahme der das angefochtene Erkenntnis enthaltenden Sendung durch Angestellte des Parteienvertreters gilt dieses der revisionswerbenden Partei gegenüber als zugestellt. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens der Sendung an die Revisionswerberin kommt es nicht mehr an (vgl. VwGH 19.4.1989, 89/02/0018).

14 Laut dem im Akt befindlichen Rückschein ist das angefochtene Erkenntnis wie die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme auch selbst angibt einer Angestellten ihrer steuerlichen Vertreterin am 16. Dezember 2024 zugestellt worden.

15 Nach der eben zitierten Rechtsprechung ist daher dieser Tag als Zustellzeitpunkt anzusehen und von diesem an die sechswöchige Revisionsfrist zu berechnen.

16 Eine Regelung, wonach angenommene Sendungen bei einer Annahme nach Geschäftsschluss wie von der Revisionswerberin behauptet stets erst am Folgetag als zugestellt gälten, besteht im ZustellG nicht. Eine erst am folgenden Tag wirksame Zustellung, wie es bei einer Ersatzzustellung im Falle einer Abwesenheit von der Abgabenstelle in § 16 Abs. 5 Zustellgesetz vorgesehen ist (vgl. VwGH 24.2.1993, 92/03/0011, mwN), kommt nicht in Betracht, weil es sich bei der Angestellten der steuerlichen Vertreterin um keine Ersatzempfängerin handelt (vgl. erneut VwGH 21.10.1986, 86/07/0135).

17 Der Ablauf der Revisionsfrist ist demnach der 27. Jänner 2025.

18 Gemäß § 33 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 62 Abs. 1 VwGG werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet. Diese Vorschrift gilt jedoch nur dann, wenn die Sendung richtig, also an die zuständige Stelle, zur Post gegeben worden ist (vgl. VwGH 31.10.1991, 91/16/0069, mwN). Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die für die Erhebung der Revision geltende Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Revision noch innerhalb der Frist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird oder bei dieser einlangt (vgl. VwGH 2.12.2024, Ra 2024/15/0053, mwN).

19 Die (fälschlich) direkt beim Verwaltungsgerichtshof am 27. Jänner 2025 eingebrachte Revision wurde dem zuständigen BFG vom Verwaltungsgerichtshof am 30. Jänner 2025 elektronisch übermittelt. Die Revision ist daher nach dem Ablauf der Revisionsfrist am 27. Jänner 2025 dort eingelangt.

20 Ebenso ist somit die mit 28. Jänner 2025 datierte Revision, welche direkt an das BFG gerichtet war, nach Ablauf der Revisionsfrist eingebracht worden.

21 Die Revision war daher wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 15. April 2025