Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätinnen Dr. in Sembacher und Mag. Dr. Kusznier als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision 1. des B B, und 2. der I B, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwälte in Linz, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juli 2025, 1. L515 2301176 2/2E und 2. L515 2301178 2/2E, jeweils betreffend Abweisung eines Wiederaufnahmeantrages (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Zur Vorgeschichte wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2025, Ra 2025/14/0171 bis 0172 10, verwiesen.
2 Mit Schriftsätzen vom 30. Mai 2025 beantragten die Revisionswerber nun beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) jeweils die Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren und legten dazu eine Bestätigung des armenischen Innenministeriums über die Verleihung der armenischen Staatsbürgerschaft und die Ausstellung armenischer Reisepässe in den Jahren 2013 und 2014 in Kopie als Beweismittel vor.
3 Mit den nunmehr angefochtenen Erkenntnissen wies das BVwG die Anträge auf Wiederaufnahme jeweils als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4Begründend führte das BVwG einerseits aus, dass es sich bei dem von den Revisionswerbern vorgelegten Beweismittel um ein im Lichte des § 32 Abs. 1 VwGVG unbeachtliches „novum productum“ handle. Andererseits führte das vorgelegte Schreiben voraussichtlich kein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbei, zumal auf dessen Basis feststehe, dass den Revisionswerbern in der Vergangenheit die armenische Staatsbürgerschaft verliehen und bereits zu diesem Zeitpunkt armenische Reisepässe ausgestellt worden seien. Auch vermöge es den Umstand der persönlichen Antragstellung nicht zu entkräften.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revisionswerber wenden sich in der Zulässigkeitsbegründung der Revision gegen die Qualifikation des vorgelegten Beweismittels als unbeachtliches „novum productum“ und bringen vor, dass Rechtsprechung dazu fehle, unter welchen Voraussetzungen eine nach Abschluss des Verfahrens erlangte amtliche Auskunft, die sich auf bereits zum ursprünglichen Entscheidungszeitpunkt bestehende Tatsachen beziehe, als „novum repertum“ und nicht als „novum productum“ anzusehen sei.
9Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhalt erscheinen lassen. Gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf „alte“ d.h. nicht ebenfalls erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandeneTatsachen beziehen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhalts gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. VwGH 15.7.2024, Ra 2023/14/0052, mwN).
10 Die Revision übersieht einerseits diese oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Frage, andererseits aber auch, dass das BVwG im angefochtenen Erkenntnis unabhängig von seiner Qualifikation der Bestätigung des armenischen Innenministeriums als „novum productum“ diese Bestätigung dahingehend prüfte, ob diese zu einem anderen Ergebnis im Verfahren über die Wiederaufnahmeanträge der Revisionswerber geführt hätte. Dies verneinte das BVwG mit näherer Begründung, gegen deren Vertretbarkeit sich die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht wendet.
11 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass sie von der Lösung der in der Zulässigkeitsbegründung geltend gemachten Rechtsfrage abhängt.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 5. September 2025
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