JudikaturVwGH

Ra 2025/08/0085 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
25. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des A M, vertreten durch Mag. Martin Rützler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2025, I412 23056221/10E, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber gemäß § 113 ASVG zur Zahlung eines Beitragszuschlags in der Höhe von € 1.000, verpflichtet, weil er zumindest am 29. Mai 2024 einen Dienstnehmer ohne Anmeldung bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) beschäftigt habe.

2Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

3 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Unter diesem Gesichtspunkt macht die Revision zunächst geltend, es existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob einebei ihrer Verletzung durch einen Beitragszuschlag nach § 113 ASVG sanktionierteAnmeldepflicht gemäß § 33 ASVG bestehe, wenn eine Person eine „kurzfristige, spontane und mutmaßlich unentgeltliche Tätigkeit im Betrieb eines nahen Angehörigen (hier: Cousin)“ ausführe, diese Person aber auf Grund ihres aufenthaltsrechtlichen Status als Asylwerber rechtlich gar nicht beschäftigt werden dürfe und somit die Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses sowie eine Anmeldung vor Arbeitsantritt „rechtlich und faktisch unmöglich“ seien.

7Mit diesem Vorbringen übersieht der Revisionswerber die bereits seit Jahrzehnten gefestigte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Sozialversicherungspflicht des in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigten Ausländers auch bei unerlaubten (gegen § 3 AuslBG verstoßenden) Beschäftigungsverhältnissen zu bejahen ist (vgl. grundlegend VwGH 12.11.1991, 91/08/0125). Aus der Sozialversicherungspflicht resultiert aber auch die Verpflichtung zur Anmeldung gemäß § 33 Abs. 1 ASVG.

8 Soweit der Revisionswerber auf eine „mutmaßliche“ Unentgeltlichkeit der Beschäftigung abstellt, entfernt er sich von den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Beschäftigung mangels gegenteiliger Vereinbarung entgeltlich erfolgt ist.

9 Der Revisionswerber bringt des Weiteren vor, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Die Rechtsprechung, wonach es am Dienstgeber gelegen sei, durch wirksame Kontrollsysteme eine unbefugte Tätigkeit zu verhindern, sei für Fälle entwickelt worden, in denen es um die „Verhinderung von regulärer Schwarzarbeit durch potenziell anstellbare Personen“ gehe. Die Übertragung dieser Judikatur auf den vorliegenden Fall, „wo ein naher Familienangehöriger, der nicht angestellt werden kann, aus einem spontanen Impuls heraus eine minimale Hilfestellung leistet“, stelle eine unsachliche und überschießende Auslegung dar. Die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Gefälligkeitsdiensten wiederum erfordere eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles. Diese Würdigung habe das Bundesverwaltungsgericht unterlassen, indem es die „alles entscheidende rechtliche Unmöglichkeit der Beschäftigung“ als irrelevant abgetan und die „familiäre Spontansituation“ undifferenziert einer „geplanten illegalen Beschäftigung“ gleichgestellt habe.

10 Es spielt aber weder für die Erforderlichkeit eines wirksamen Kontrollsystems noch für die Abgrenzung von Gefälligkeitsdiensten eine Rolle, aus welchen Gründen die Anmeldung des Beschäftigten unterlassen wurde. Entscheidend ist nur, dass durch die nicht durch ein effektives Kontrollsystem verhinderte Arbeitsaufnahme ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem betreffenden Dienstgeber zustande kommt. Dass das Bundesverwaltungsgericht dies im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Revisionswerber und dem Beschäftigten bejaht hat, erscheint auf Basis der insoweit unstrittigen Feststellungen, wonach der Beschäftigte im Gebrauchtwagenhandelsbetrieb des Revisionswerbers bei Arbeiten an einem Auto betreten wurde, zumindest nicht unvertretbar.

11 Schließlich rügt der Revisionswerber, dass das Bundesverwaltungsgericht tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt habe, indem es dem Revisionswerber in seiner Aufforderung zur Stellungnahme vom 5. Mai 2025 aufgetragen habe, darzulegen, weshalb „die eindeutigen Ermittlungsergebnisse bzw. der festgestellte Sachverhalt“ in der Beschwerdevorentscheidung nicht zutreffend seien. Diese Formulierung stelle eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung dar, womit das Gericht bereits vor der mündlichen Verhandlung signalisiere, dass es die Beweislage als geklärt und die Ergebnisse als eindeutig ansehe. Dies erwecke den Anschein der Voreingenommenheit und verletze die Unschuldsvermutung, indem es die Beweislast „faktisch auf den Revisionswerber umkehrt“.

12 Das Bundesverwaltungsgericht hat aber alle beantragten Beweise (die Einvernahme des Beschäftigten und des Revisionswerbers selbst) in der mündlichen Verhandlung aufgenommen und in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise gewürdigt. Was die Aufforderung zur Stellungnahme betrifft, so diente sie dazu, dem Revisionswerber Gelegenheit zu geben, seine in der Beschwerde unsubstantiiert gebliebene Bestreitung der Feststellungen der ÖGK näher zu konkretisieren. Dass in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Kontrollmitteilung des Amtes für Betrugsbekämpfung und die aufgenommenen Lichtbilder von „eindeutigen Ermittlungsergebnissen“ die Rede war, lässt noch nicht auf eine Befangenheit der erkennenden Richterin schließen.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 25. August 2025