JudikaturVwGH

Ra 2025/08/0014 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
07. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des M P in W, vertreten durch die Riedmüller Mungenast Rechtsanwälte OG in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. Dezember 2024, LVwG303633/7/BZ, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wels), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Straferkenntnis vom 5. Oktober 2023 sprach der Bürgermeister der Stadt Wels aus, der Revisionswerber habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der N GmbH zu verantworten, dass die N GmbH als Dienstgeberin vier namentlich genannte, in der Kranken , Unfallund Pensionsversicherung vollversicherte Personen, darunter die viertgenannte J L, als „Arbeiter (Reinigung von Einkaufswagen)“ beschäftigt und die Meldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger nicht vor dem Arbeitsantritt (der J L am 10. Jänner 2023 um 6:00 Uhr), sondern verspätet (für J L am 10. Jänner 2023 um 11:24 Uhr) erstattet habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen iSd § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG wurde jeweils eine Geldstrafe von € 3.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen und 9 Stunden) verhängt. Außerdem wurde der Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 1.200,00 verpflichtet.

2 Der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem (im „abweislichen Teil“) angefochtenen Erkenntnis hinsichtlich der Beschäftigung der erst bis drittgenannten Personen Folge und stellte das Verwaltungsstrafverfahren insoweit ein. Hinsichtlich der Beschäftigung der viertgenannten Person J L wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde „im Schuldspruch“ als unbegründet ab, setzte die Geldstrafe auf € 1.090,00 sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 73 Stunden herab und reduzierte den vom Revisionswerber zu leistenden Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf € 109,00. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6Die vorliegende außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, die N GmbH habe von der E GmbH einen „Unternehmensteil“ gekauft, der insbesondere durch im Kaufvertrag angeführte Dienstnehmer, darunter J L, definiert gewesen sei. Vertragsgemäß sei der Kaufgegenstand mit Ablauf des 9. Jänner 2023 auf die N GmbH übergegangen. Im Rahmen eines Betriebsüberganges aufgrund eines Unternehmensverkaufes gehe nach den Bestimmungen des AVRAG auch „das Dienstverhältnis“ auf den neuen Unternehmer über. Es entstehe kein neues Dienstverhältnis; das bestehende Dienstverhältnis werde durch den Betriebsübergang nicht unterbrochen. Daher sei bei einem Betriebsübergang eine Anmeldung der Dienstnehmer durch den „neuen Unternehmer“ nicht erforderlich; es bedürfe lediglich einer Änderungsmeldung im Sinne des § 34 ASVG, die innerhalb von sieben Tagen zu erfolgen habe. Der Revisionswerber habe die Meldung noch am „Vertragsstichtag“ erstattet und daher den ihm vorgeworfenen Straftatbestand nicht verwirklicht. Soweit ersichtlich, liege „dazu“ noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

7 Dem ist zu entgegnen, dass nach den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Erkenntnisses, denen die Revision nicht entgegentritt, der zwischen der E GmbH als Verkäuferin und der N GmbH als Käuferin am 10. Jänner 2023 abgeschlossene Kaufvertrag zwar vorsah, dass die Verkäuferin Gewähr dafür leiste, dass die betroffenen Arbeitnehmer ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet wurden. Allerdings sei die Dienstnehmerin J L von der E GmbH am 3. Jänner 2023 mit diesem Tag von der Sozialversicherung abgemeldet worden. Die N GmbH habe J L erst wieder am 10. Jänner 2023 um 11:24 Uhr zur Sozialversicherung angemeldet, nachdem J L bereits am 10. Jänner 2023 um 6:00 Uhr zu arbeiten begonnen habe. In der rechtlichen Würdigung hält das Landesverwaltungsgericht insbesondere fest, die vertraglich vorgesehene Gewährleistung der E GmbH für die ordnungsgemäße Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung sei verwaltungsstrafrechtlich nicht relevant.

8Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision nicht darzulegen, dass Bestimmungen des AVRAG eine (Neu)Anmeldung der Dienstnehmerin J L zur Sozialversicherung durch die N GmbH vor ihrem Arbeitsantritt am 10. Jänner 2023 im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG entbehrlich gemacht und eine „Änderungsmeldung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 ASVG ausreichen hätten lassen. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen wie vorliegend klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG vor, auch wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 2.10.2024, Ro 2021/08/0018, mwN).

9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. März 2025