JudikaturVwGH

Ra 2025/06/0158 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
12. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der S V, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 2. April 2025, LVwG 318 91/2023 R11, betreffend Aufhebung eines Bescheides in einer baurechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Tschagguns; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22. Mai 2023, mit welchem gemäß § 33 Abs. 1 Baugesetz (BauG.) festgestellt worden war, dass die angezeigten Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten beim Maisäß Stallgebäude sowie die Änderung der Verwendung von Gebäudeteilen dieses Maisäß Stallgebäudes auf näher bezeichneten Grundstücken der KG T. gemäß § 18 Abs. 1 BauG. bewilligungspflichtig seien, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht unter anderem fest, dass die damaligen Eigentümer mit Bauanzeige vom 27. Mai 1977 Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten bei dem betreffenden Maisäß dem Bürgermeister angezeigt hätten. Diese Bauanzeige sei bei der Gemeinde in Verstoß geraten und es habe diese nicht darauf reagiert. Dieses Bauanzeigeverfahren sei aufgrund der Übergangsvorschrift des § 56 Abs. 2 BauG. nach jenen Rechtsvorschriften zu beenden, welche vor Inkrafttreten des BauG. am 1. Jänner 2002 gegolten hätten. Nach dem demgemäß anzuwendenden § 24 Abs. 2 Baugesetz idF LGBl. Nr. 39/1972 habe die Behörde innerhalb eines Monats nach Einlangen der Anzeige entweder feststellen müssen, dass das Bauvorhaben bewilligungspflichtig sei, oder das Bauvorhaben untersagen müssen. Das damals geltende Baugesetz habe demnach keine Regelung enthalten, dass die Feststellung der Bewilligungspflicht auch nach Ablauf der einmonatigen Frist zulässig sei, weshalb die Baubehörde im Revisionsfall nicht mehr berechtigt gewesen sei, die Bewilligungspflicht der in der Bauanzeige vom 27. Mai 1977 angezeigten Maßnahmen festzustellen und der angefochtene Bescheid ersatzlos habe aufgehoben werden müssen. Weiters wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dies bedeute nicht, dass die angezeigten Baumaßnahmen als bewilligt gälten; wenn die Baubehörde zum Ergebnis komme, dass die angezeigten Baumaßnahmen bewilligungspflichtig gewesen seien, könne sie die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes anordnen.

3 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu den Revisionspunkten ausgeführt, die Revisionswerberin erachte sich jeweils in ihrem Recht verletzt, dass sie „bei einer Bauanzeige, welche sie ... eingebracht hat und welcher weitere Pläne angeschlossen waren als bewilligt gelten und die Baubehörde nicht berechtigt ist, die Wiederherstellung des vorigen Zustandes anzuordnen“, dass „die Wiederherstellung des Vorzustandes auch dann angeordnet werden darf, wenn die Bauanzeige seit dem 27.05.1977 nicht bescheidmäßig als baubewilligungspflichtig eingestuft wurde“, dass bei Rechtskraft des angefochtenen Erkenntnisses „e contrario ... rechtskräftig und mit Bindungswirkung festgestellt ist, dass kein baubewilligungspflichtiges Bauvorhaben“ vorliege, dass das Verwaltungsgericht die Auffassung vertrete, „dass die Wiederherstellung des vorigen Zustandes von der Baubehörde angeordnet werden kann, obwohl das Bauvorhaben als nicht bewilligungspflichtig eingestuft wurde“, und dass „innerhalb eines Monats des § 24 Abs 2 Vlbg BauG, LGBl Nr. 39/1972 ein Wiederherstellungsauftrag für rechtens empfunden wird“.

4 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in dem die revisionswerbende Partei verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

5 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 11.12.2024, Ra 2022/06/0214, mwN).

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde der Revisionswerberin Folge gegeben und der die Bewilligungspflicht der gegenständlichen Baumaßnahmen feststellende Bescheid der belangten Behörde ersatzlos aufgehoben. Ein baupolizeilicher Auftrag zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes wurde ihr mit dieser Entscheidung hingegen nicht erteilt, weshalb die Revisionswerberin schon deshalb nicht in den von ihr insoweit geltend gemachten Rechten verletzt sein kann. Im Übrigen geht aus dem zum Revisionspunkt erstatteten Vorbringen nicht hervor, in welchem konkreten, aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Recht sich die Revisionswerberin als verletzt erachtet. Ein subjektiv öffentliches Recht auf eine „e contrario“ Rechtswirkung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes existiert nicht, weshalb auch mit dem sich darauf beziehenden Vorbringen kein tauglicher Revisionspunkt dargelegt wird.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

7 Abgesehen davon wird zum Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision ausgeführt, dass dieses dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht entspricht, weil sich diesem nicht entnehmen lässt, welche konkrete Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die vorliegende Revision beantworten soll (vgl. etwa VwGH 23.4.2025, Ra 2025/06/0104 und 0105, mwN). Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass aus § 24 Abs. 2 Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, nicht geschlossen werden kann, dass durch den Ablauf der darin genannten Frist ein genehmigungspflichtiges zu einem anzeigepflichtigen Bauvorhaben würde und damit keiner Baubewilligung mehr bedürfte (vgl. VwGH 23.2.1995, 94/06/0246, mwN).

Wien, am 12. August 2025